Leichpredigt /
Geschehen bey der
Begrebnus / des Ehrenuesten
Achtparn vnd
Hochgelarten Herren Do-
ctoris Conrad Heinemans / Fürstlichen
Braunschweigischen
Hoff Rhats zu Wolf-
fenbüttel / So in der Heinrichstadt den 12.
Decembris Anno
1602 . in Christo selig
entschlaffen / Vnd den folgenden 15. desselben
Monats in
der Kirchen daselbst
Christlich zur Erden be-
stattet worden.
M. Paulus Musaeus , Pfarrer vnd Superin-
tendens generalis zu
Wolffenbüttel .
Heinrichstadt
Durch Conrad Horn / Anno 1603 .
Philip : I. Schreibt der Apostel Paulus . Ich habe lust abzuscheiden / vnd bey
Christo zu sein .
GEliebte im HErren : Wir lesen im 116. Psalm ein schon Sprüchlein des heiligen
Geists / welcheswol werdt ist / das es auff aller Christen Grabstein vnd
Epitaphia geschrieben werde . Das lautet also . Der Todt seiner Heiligen ist werdt
gehalten für dem HErren .
Denn in diesen Worten hören wir Erstlich / das kein Mensch für dem Todt gesichert
sey : Weil auch die grosse Heiligen / Adam / Seth / Mathusalem / Noah / Abraham /
Isaac / Jacob / Dauid / die lieben Propheten vnnd Apostel haben sterben müssen :
Welche eins theils mit GOtt selber geredt / vnd viel hundert Jahr gelebt haben .
Darumb sagt der 89. Psalm recht . Wo ist jemandt der da lebt / vnd den
Todt nicht sehe ? Der seine Seele errettet aus
der Hellen Handt ? Ja alles Fleisch verschleust wie ein Kleidt / denn es ist der
alte Bundt du must sterben . Syr : 14 .
Zum Andern : Weil aber der Todt von der Sünd herkömpt / vnd derselben Sold ist /
Rom. 6. Werden wir dabey erinnert : Das vorgedachte Heiligen GOttes ohne Sünd
nicht gewesen sein / so wenig als wir / sonst würde der Todt mit seinem Stachel
/ welcher die Sünde ist / 1. Cor : 15. an jhnen nicht haben hefften können . Weil
aber durch einen Menschen die Sünde ist in die Welt kommen / ist auch durch die
Sünde der Todt hindurch gedrungen zu allen Menschen / dieweil sie alle
gesündiget haben . Daher kömpt es das alle Menschen durch die banck / durch
GOttes gerechten Zorn / wie die Feldblumen verwelcken vnd sterben / nach Moises
Klag Psal : 90 . Das macht dein Zorn / das wir so vergehen / vnd dein Grim / das
wir so plötzlich dauon müssen . Denn vnser Missethat stellestu vor dich / vnd
vnser vnerkante Sünde ins Licht für dein Angesicht . Darumb fahren alle vnser
Tage dahin durch deinen Zorn / etc .
Zum Dritten . Soll gleichwol die Sünde den Gleubigen nicht schaden . Denn Christus
hat sich selbest für sie gegeben / auff das er sie erlöste von aller
Vngerechtigkeit / vnd heiligte jhm selber ein Volck zum Eigenthumb / das
fleissig were zu guten Wer-
cken. Tit : 2.
Auff des Todt seind sie getaufft Rom. 6. vnd haben in der Tauff durch den
Glauben Christum angezogen Gal : 3. Seindt abgewaschen / geheiliget / vnd gerecht
worden / durch den Nahmen des HErren JEsu / vnnd durch den Geist GOttes / 1.
Cor : 6. Darumb ist nichts verdamliches an jhnen Rom : 8. Sondern sie sein vnd
heissen heilige Kinder GOttes / vnd Miterben JEsu Christi Rom : 8. Gal : 3.
Vnd ist / zum Vierten / hibey diß sonderlich tröstlich / das GOtt seine Christen
nicht allein in jhrem Leben mit solchen schonen Ehrentitel / Rhum vnnd Nahmen
zieret / sondern bekent sich auch zu jhnen / wenn sie schon verstorben /
verfault vnd verweset sein . Denn damit werden wir versichert / der tröstlichen
verheissung Christi Joh : 10 . Ich gebe meinẽ Schaffen das ewig
Leben / vnd niemand wird sie aus meiner Handt reissen . Joh : 8. Warlich warlich
ich sage euch / so jemandt mein Wort wird halten / der wird den Todt nicht sehen
ewiglich . Vnd das S. Paulus sagt Rom : 8. Ich bin gewiß / das weder Todt noch
Leben / weder Engel / noch Fürstenthumb / noch Gewaldt / weder gegenwertiges
noch zukünfftiges / weder hohes noch tieffes / noch kein ander Creatur mag vns
scheiden von der Liebe GOttes / die in Christo JEsu ist vnserm HErren . Denn GOtt
ist nicht ein Gott der Todten / sondern der Lebendigen schleust
Christus wieder die Sadduceer Matth . 22.
Solcher gestalt nennet er sich auch Abrahams Isaacs vnd Jacobs GOtt / Exod : 3.
Weil sie für jhm leben / ob sie wol für viel hundert Jahren gestorben waren .
Denn ob schon der Leib sampt seinen Gliedmassen / vmb der Sünde willen / wie ein
alt jrdisch Hauß zerbrochen / vnd wie ein vnsauber Kleidt eingeeschert vnd in
die Erden verscharret wird : So lebt doch die Seele / vnd wird für dem HErren
eingebunden / im Bündlein der Lebendigen 2. Sam : 25. biß auff den Jüngsten tag /
da GOtt vns wieder ruffen / vnser vermodderte Gebein vnd Aschen wieder zusamen
klauben / vnd auß denselben ein new Hauß / so nicht mit Henden gemacht sey /
wieder auffrichten wird 2. Cor : 5. Da wird sein dies restitutionis omnium , wenn
wir in volkomener Gerechtigkeit Vnschuldt vnd Heiligkeit / nach Gottes Bilde
erwachen / vnd das Bildt des Himlischen an vns tragen werden Psal : 27. 1. Cor :
15 . Da wird GOTT vnnd Mensch / Leib vnd Seel / vnd alles was durch die Sünde
getrennet gewesen / wieder zusamen kommen / vnd in ewiger Frewd beysamen sein
vnd bleiben . Da werden auch vnsere Werck / so alhier im Glauben geschehen / vnd
mit vns begraben worden / wieder auffgesucht vnd belohnet werden . Wem wolt bey
solchem Trost fur sterben grauwsen ?
Zum Fünfften folget auch aus diesem Spruch / das ein grosser vnterscheid sey /
zwischen dem Todt der Fromen vnd Gottlosen . Denn von den Gottlosen stehet im 34.
Psalm / nach der alten version mors impiorum pessima , Ihr Todt sey ein
abscheulicher Todt : Item das sie eine Schmach sein vnter den Todten Sap : 4. Denn
wie sie in verachtung Gottes / mit bösem Gewissen gelebt / Also gehen sie auch
durch GOttes Zorn vnter / vnd nehmen ein Ende mit schrecken Psal : 73. vnd werden
in die Helle begraben / da sie der Todt naget . Psal : 49. Luc : 16. Ihr Leib wird
geplaget mit Fewer vnd Würmen / vnd müssen brennen vnd heulen in Ewigkeit /
Judith 16 . Aber von der Gleubigen Todt sagt der H. Geist / preciosa mors
sanctorum eius , Ihr Todt ist heilig / heer vnd werdt / Nicht zwar für der
Vernunfft : Denn die helt den Todt in gemein pro re abominabili & perniciosa
für ein abschewlich vnd schedlich ding / Sonderlich wenn er die Leute / durch
vorgehende schmertzliche Kranckheiten zimlich hart mit nimpt : Wie auch Christen
bißweilen erfahren : Oder wird jhnen von den Tyrannen vmb der Bekentnus willen /
mit grosser Schmach vnd Pein vnschüldig angethan . Aber für GOtt ist er preciosa
heilig vnd werdt / er sey gleich wie er wolle .
Denn Erstlich sterben sie nicht ohn gefehr : Sondern GOtt fodert sie von diesem
Leben ab / vnd
legt sie in jhr Kemmerlein
schlaffen Psal : 90. Esa : 26. Drumb seindt sie des HErren / sie leben oder
schlaffen Rom : 14 .
Zum Andern wiederfehrt jhnen durch den Todt nichts böses / sondern sie werden
weggerafft für dem Vnglück / vnd komen zum frieden . Esa : 56 .
Zum Dritten / weil jhre Leiber seindt vasa preciosa heilige ehren Gefeß / Tempel
vnd Wergzeug des heiligen Geistes gewesen / gefallen auch die zerbrochene
Scherben GOtt wol / wenn sie schon im Grabe liegen / faulen vnd stincken . Er
bewart jhnen alle jhre Gebeine / das derselben nicht eins zerbrochen wird /
Psal : 34 .
Zum Vierten / gehet GOtt dem HErren durch der Christen Todt nichts abe / sondern
es stirbt jhm ein stadtlich vnd herrlich Kleinot zu / Nemlich die Seele die
durch Christi Blut erkaufft ist / Psal : 31 . Mit welcher GOtt so sehr pranget /
das sie die H. Engel mit einer stadtlichen procession , wie mit Lazaro geschach /
Luc : 16. in Abrahams Schoß tragen müssen .
Zum Fünfften / verlieren auch die Christen selbest nichts im Tode / sondern an
stadt des jrdischen nichtigen vnd sterblichen Cörpers / bekomen sie einen
vnsterblichen Himlischen verklerten Leib / der dem Verklerten Leibe Christi
ehnlich sey / 1. Cor : 15 . Phil : 3 . An stadt dieser nichtigen vergenglichen Güter
/ ein E-
wiges vnbeflecktes vnd
vnuerwelcktes Erb : etc . Darumb heist jhr Todt billich kein Verlust / sondern ein
Gewin / Phil : 1 .
Weil nu GOtt dem HErren an der Christen Todt so viel gelegen / werden wir zum
Sechsten erinnert / Das wir vnsers Leibes warten vnd schonen Rom : 13. vnd vns
durch keinerley weiß / für der zeit das Leben kürtzen sollen . Denn so jemand den
Tempel GOttes verterbet / den wird GOtt verterben / 1. Cor : 3. Item das sich ja
bey leib niemandt mit Christen Blut besudele : Weil Gott nach jhrem Blut gedenckt
vnd fragt / vnd rechnets zumahlen hoch vnd genauw / Psal : 9. Item das wir die
vnsern / wenn sie GOtt weg nimpt / nicht allein gerne vnd willig folgen lassen /
Sondern auch vns selbest / in vnserm gantzem Leben eines heiligen vnd
bußfertigen Lebens befleissigen / vnd mit den klugen Jungfrauwen wachen / wenn
vnser Stündtlein kömpt / das wir vnsere Seele / dem HErrn zu trewen Henden
vberantworten / Vnd entlich das wir auch mit den Leichnamen vnserer in GOtt
verstorbenen Mitchristen ehrlich vmbgehen / vnd dieselbe als Sanctas exuuias vnd
werde Heiligthumb Gottes / die Christus durch sein Menschwerdung geheiliget /
vnd GOtt der H. Geist regieret / Die auch am Jüngsten tag für GOtt ewig leben
sollen / Christlich zur Erden bestatten sollen / nach dem Spruch Syrachs / 38 .
Wenn dir je-
mandt stirbet / so verhülle
seinen Leib gebürlicher weise / vnd bestatte jhn Ehrlich zum Grabe .
Weil wir denn solche letzte Ehr vnd Dienst / diesem vnsern verstorbenen Mitbruder
jtzo erzeigt : Wollen wir nu ferner zu vnserm Trost vnd vnterricht / das
verlesene schöne Sprüchlein S. Pauli vor vns nehmen / vnd daraus nachfolgende
zwey Stücklin mit einander erwegen .
Das Erste sol sein die Erklerung der Wort vnd vrsachen / so den Apostel Paulum
bewogen / sich nach der aufflösung seines Leibes so hertzlichen zu sehnen .
Zum Andern / wollen wir hören / wie auch wir dieses Sprüchlein vns zu nutz machen
vnd gebrauchen sollen . Der getrewe GOtt verleihe / das wir in Christlicher
bereitschafft vnsers Sterbstündtleins warnehmen / vnd weñ
dasselbige kömpt / mit S . Paulo vnd allen Heiligen / auß diesem Jamerthal /
frölich zu Christo ins ewige Vaterlandt wandern mögen .
Das Erste Stück .
ICH begere oder habe lust abzuscheiden / sagt der Apostel / vnd bey Christo zu
sein . Diese Wort müssen wir etwas außwickeln / weil sie fast seltzam lauten /
vnd sonst von den Leuten seltzam gehört werden .
In der Welt findet man bey den Menschen Kindern ein grossen vnterscheidt der
Naturen : Da einer zu diesem / der ander zu was anders geneigt ist / Das die
Alten gesagt haben / Quot capita tot sensus , So manch Kopff / so manch Sinn .
Item Trahit sua quenq ; voluptas , Wozu ein jeder geartet oder in der jugent
gezogen ist / darzu hat er lust vnd zuneigung / das wünscht vnd begert er /
darmit gehet er stets vmb . Grosser Herren lust / stehet gemeiniglich in beitzen
jagen vnd dergleichen kurtzweilen : Etzliche haben lust zu turnieren vnd
Ritterspiel / Etzliche zu Kriegen / Etzliche zu bawen / Etzliche zur Music vnd
mancherley Künsten / Die Gelerten haben lust zu guten Büchern / so jhrer
profession gemeß sein / Die Kriegsleute zu guten Pferden / Wehr vnd Waffen / Der
Kauffleute lust ist / das sie durch die Land reisen vnd jhren Gewinn suchen /
Der Geitzigen wunsch ist / das sie teglich mit Geldt vmbgehen / vnd groß Gut
zusamen schlagen / Der Epicureer / das sie stets frölich sein / fressen sauffen
/ vnd in Fleischlichen wollüsten sich weltzen / Der Frawen vnd Jungfrawen / das
sie rennlich hergehen vnd schöne Kleider tragen mögen . Des dinges ist vnentlich
viel / wie die tegliche erfahrung außweiset . In gemein aber henckt allen
Menschen diß an / das sie lust haben lange zu leben / vnd wollen nicht gerne
sterben / mögen auch võ Todt
nicht viel hören / Das macht das die Natur / nicht zum Todt sondern zum Leben
erschaffen ist .
Wie kompt es deñ / das der Apostel Paulus hier sagt / Er habe lust
abzuscheiden oder zu sterben ? Ist er dẽ des lebens so müde ? Oder
so vngedultig vnd kleinmütig vber dem vielẽ Creutz vnd verfolgung
/ so er in seinem Ambt müssen außstehẽ / das er Gott den Sack für
die Thür wirfft / vnd nicht lenger begert zu leben ? Nein die gelegenheit hats
nicht mit jhm / Denn er sagt selbest / das jhm beydes hart anliege / vnd wisse
schier nicht / welches er wehlen solle . Was sein Person anlangt / habe er viel
lieber lust zu sterben / als zu leben / damit er einmahl zur Ruhe keme : Weil jhn
aber gleichwol GOtt zum Apostelambt beruffen hab / das er das Euangelion
predigen / vnd der Kirchen dienen solle / könne vnd wolle er dieselbe / vmb
seines eignen nutzes willen / auch nicht verlassen . Darumb redet er diese Wort /
Ich habe lust abzuscheiden / nicht als ein Apostel vnd Ambtsperson / die vmb
keiner mühe willen jhr Ambt verlassen sollen / sondern als ein priuat Person vnd
Mensch / der dieses elenden Lebens satt ist / vnd sagt das er sich für dem Todt
nicht allein nicht fürchte / Sondern begere nichts liebers / wenn es GOttes
wille were / vnd ohne nachtheil der Kirchen geschehen könte / als das er je ehr
je lieber auß dieser mühseligen Welt möge abscheiden .
Die rechte vrsach aber solches Wunsches / stehet in den beyden Wörtern /
Abscheiden vnd bey Christo sein .
Daß Wort abscheiden hat vielerley bedeutung / welche alzumal des Apostels Gemüt
zuerklerẽ dienen .
Denn Erstlich heist es so viel / als auffbrechen vnd abfahren / Wie etwa gute
Freunde / nach dem sie ein zeitlang beysamen gewesen / sich letzen vnd von
einander ziehen / ein jglicher an seinen Ort / Oder wie Kauffleute / so in
frembden Landen gewesen / sich wieder nach hauß begeben .
In dieser bedeutung erinnert er sich vnd vns / das wir hier in diesem Leben nicht
zu hauß gehören / sondern sein Geste vnnd Frembdlinge / 2. Par : 30. Vnser Wandel
vnd Vaterlandt aber ist im Himmel / Phil : 3. da gehören wir zu hause / Ehe wir
dahin kommen / haben wir gar ein gefehrlichen mühseligen vnd schlipfferigen Weg
zu wandern / do wir mancher Pfützen die Augen außtreten / vnd allerhandt
Vngewitter vber vns gehen lassen müssen : Wenig vnd böß sagt Jacob Gen : 47. ist
die zeit meiner Walfart / Alle deine Wellen vnnd Wasserwogen gehen vber mich /
klagt Dauid Psal : 42 : Wir müssen durch viel Trübsal ins ewige Leben eingehen /
Acto : 14. Darumb heist die Kirche eine elende vnd trostlose / vber welche alle
Wetter gehen / Esa : 54 .
Denn es fühlen die Christen nicht allein jhre
eigne Schwachheit / sondern es ligt jhnen auch der leidide Teuffel im Wege / als
ein Heilischer Strassenreuber / vnd versucht sich teglich an jhnen / wie er sie
niederwerffen / fellen / vnd des Schatzes jhrer Seligkeit / so sie in schwachen
jrdischen Gefessen tragen / berauben möge / 2. Cor : 4. 1. Pet : 5.
Gleich wie nu die Wandersleute so lange zeit in frembden Landen gewesen sein /
vnd viel gefahr außgestanden haben / mit verlangen zu hauß eilen : Also wünschet
Paulus auch / vnd ein jglicher Christ / das er aus diesem elenden Jammerthal vnd
Mordtgrube / zu hauß in sein rechtes Vaterlandt kommen möge . Wie er auff
dergleichen schlag redet / 2. Cor : 5 . So lange wir in diesem Leben sein / wallen
wir dem HErren / Denn wir wandeln im Glauben / vnd nicht im scheuwen / Wir sind
aber getrost / vnd haben vielmehr lust ausser dem Leibe zu wallen / vnd daheime
zu sein bey dem HErren . Daher heist der Christen Todt in der Schrifft eine
Heimfart / Luc : 2. Gen : 15 . Eine Versamlung zu den Vätern / 2. Chronic : 34 . Ein
Weg den wir alle wandern müssen / Josu : 23. 1. Reg : 2.
Zum Andern / heist das Wort , so viel als von einander
trennen vnd scheiden was beysamen ist . Dieser bedeutung nach ist der Todt nichts
anders / als eine aufflösung vnd trennung der zweyer guten Freunde / Leibs vnd
der Seelen / so Gott durch
ein wunderlich
Bandt / zusamen geschürtzt vnd verbunden hat / das sie beysamen bleiben müssen /
biß er sie wieder von einander löset / es geschehe gleich durch einen
natürlichen oder gewaltsamen Todt / so muß sich ein Christ darein ergeben vnd
wissen / das es einmal gescheiden sein muß / Nihil enim tam est secundum
naturam , quam vt quae colligauit natura eadem vicissim dissoluat sagt Cicero . In
solcher meinung braucht der Apostel dieses Wort / Rom : 8. Wir sehnen vns bey vns
selbest / nach der Kindtschafft / vnd warten auff vnsers Leibes erlösung / Vnd
wil so viel sagen / GOtt hat ein gewisse zeit vnd Ziel gesatzt vnd bestimbt /
wie lange mein Leib vnd Seel / in dieser Welt beysamen sein soll . Ist nun die
bestimbte zeit da / das sie vmb der Sünde willen / durch den Todt wider sollen
gescheiden werden : Das der Leib in die Erde gelegt werde / ruhe vnd schlaffe /
biß jhn der Sohn GOttes am Jungsten tag wieder aufferwecke / die Seele aber zu
dem / der sie gegeben hat komme / Eccles : 12. Wolan so geschehe des HErren wille
/ ich bin bereit vnd willig / Lehret vns mit seinem Exempel / das niemandt vor
der zeit sich selber das Leben kürtzen / vnd das Bandt so Leib vnd Seele zusamen
helt trennen soll : Wenn aber GOtt ein Schnidt dardurch thut / sol mans gerne
geschehen lassen / Weil solche trennung nicht ewig wehren soll .
Zum Dritten / pflegt man das jenige auffzulösen so gebunden wird / Wie etwan
gefangene Leut / so im Stock gelegen sein / an Hend vnd Füssen angeschlossen /
dermal eins durch begnadigung von jhrer Hafft vnd Banden entlediget / vnd auff
freyen Füssen loß gelassen werden . Also ist dieses Leben S . Paulo vnd allen
Christen / nichts anders als ein beschwerliche Gefengnus / darin der Mensch
liegen muß / gebunden an allen Gliedmassen / durch die Sünde / welche vnser
gantze Natur Leib vnd Seel / sampt allen vnsern vermögen / Krefften / Sinn vnd
Gedancken / dermassen eingenomen vnd besessen hat / das wir vnser selbest nicht
mechtig sein / sondern müssen wieder vnsern willen / den Begierden vnsers
sündlichen Fleisches folgen / Das erfahren nicht allein die Vngleubigen vnd
Gottlosen / von welchen 2. Tim : 2. stehet / das sie vons Teuffels Stricken
zusamen willen / gefangen gehalten werden / Sondern es erfahrens auch frome
Christen / vnd müssen mit S. Paulo klagen / Rom : 7. Ich weiß das in mir / das
ist in meinem Fleische wohnet nichts gutes / Wollen habe ich wol / aber
volnbringen das gute / finde ich nicht / denn das gute das ich wil thue ich
nicht / sondern das böse das ich nicht wil thue ich . Item ich sehe ein ander
Gesetz in meinen Gliedern / das wiederstreitet dem Gesetze in meinem Gemüth /
vnd nimbt mich gefangen in der Sünden Gesetz / welches ist in meinen
Gliedern . Hierüber klagt auch Hiob Cap. 7.
Meine Seele wünscht den Todt / ich begere nicht lenger zu leben / denn ich lein
mir selber eine Last . Daher betet Dauid / Psal : 142. Educ animam meam è carcere ,
Führe meine Seele aus dem Kercker / Das ist / erlöse mich von diesem bösen
Fleisch / darinne ich nichts anders thue / als das ich dich teglich erzürne .
Also hat D. Luther pflegẽ zu beten / Lieber GOtt würge doch jmmer
hin / den alten Adam vnd elenden Madensack / damit wir ein newen Leib bekommen /
der nicht also mit Sünden beschmeist sey . Gefangene Leut / seind arme Leute /
vnd werden jhres Lebens nicht froh : Wenn wir demnach kein ander vrsach hetten /
des Todtes zubegeren : Sols doch vmb der Sünde willen geschehen / das wir der loß
würden / Nach dem Exempel Pauli / Rom : 7. Ich elender Mensch / wer wil mich
erlösen von dem Leibe dieses Todtes / Das ist von der Sünde / welche erger ist
denn der Todt selber / Denn wer gestorben ist / der ist gerechtfertiget von der
Sünden / Rom : 7.
Es kan zum Vierten obberürtes Wort auch verdolmetschet werden / außspannen / wie
man einen müden Kerners Gaul außspannet . Ist auch ein feine bedeutung / vnd
erinnert vns / das diß Leben sey / ein rechte Esels arbeit / vnd Taglöhners
dienst / da man sich plagen vnd blewen muß / mit vieler Mühe vnd Arbeit / Syr :
40. so lange biß der Abend kömpt /
da vns
Gott vrlaub gibt vnd außspannet / Wie auch Hiob diß Gleichnus gebraucht Cap. 7.
Muß nicht der Mensch jmmer im streit sein auff Erden / vnd seine Tage sind wie
eines Tagelöners ? Wie ein Knecht sehnet sich nach dem Schatten / vnd ein
Tagelöner das seine Arbeit auß sey / Also hab ich wol gantze Monden vergeblich
gearbeitet . Weil denn nu S. Paulus sich auch eben müde gearbeitet / ist er wol
zu frieden / das jhn GOtt außspannet / vnd von aller Mühe vnd Arbeit / deren er
in seinem Apostelambt / in die 36. Jahr / genung gehabt erlöse / das er einmal
zur Ruhe komme .
Letzlich heist , alhier so viel / als abfertigen /
Zehrung vnd Prouiant mit auff den Weg ge / ben / damit einer auff der Reise
genung habe / vnd jhm nichts gebreche . Also wil er sagen / warte ich auch auff
meine abfertigung / das ich mag vrlaub bekommen / Vnd mein lieber HErr JEsus
Christus / an welches Wort ich mich halte / vnd des Leib vnd Blut ich zum
Zehrpfenning / des ewigen Lebens empfangen hab / mich von dieser Welt abfertige
/ vnd durch seine Engel als getrewe Geleitsleute / auß diesem Jammerthal / in
den Himlischen Frewdensal beleiten lasse . Welches auch 2. Tim : am letzten sein
Wunsch ist / Der HERR wird mich erlösen von allem vbel / vnd außhelffen zu
seinem Himlischen Reich .
Auß diesen ist nu die Erste vrsach zuersehen / die den Apostel zu seinem sterbens
Wunsch bewogen hat . Denn er diß Leben viel anders angesehen hat als die
Weltkinder / so alhier nur Frewde / Wollust vnd Kurtzweil suchen / Darumb
begeren sie nicht von hinnen. S. Paulus aber hat aus der erfahrung gelernet /
das es nichts anders sey / als ein Jammerthal / mühsame Gefengnus / vnd saure
Taglöners arbeit / Darinne nichts guts / sondern eitel Gefahr / Mühe vnd Vnlust
zu finden / Darumb hat er keine grosse lust hier lange zu hausen / sondern
sehnet sich von dannen : Welches auch aller Heiligen Wunsch vnd verlangen gewesen
/ die eben dasselb erfahren vnd bekant haben . Darumb sagt die Schrifft von jhnen
/ das sie gestorben sein / des Lebens satt .
Die Ander vrsach dieses Wunsches ist / das er möge bey Christo sein . Dieses
zuuerstehen / ist zu mercken / das die Christen auff Vierley weise bey Christo
sein .
Erstlich seind sie bey jhm / als Creaturen in der Handt des Töpffers / denn er
ist der Töpffer / wie der Thon von seiner Hende werck / Esa : 64 . Wie er nu alle
Creaturen in seiner Handt hat vnd erhelt sie / also sind wir auch in Christi
Handt / er ist nicht weit von einem jglichen vnter vns / denn in jhm leben weben
vnd sind wir / sagt Paulus Acto : 17 .
Zum Andern / seind wir bey Christo wie Kin-
der in der Hut jhres Vaters / das er vns schütze / beystehe / helffe
vnd errette aus aller Noth vnd Gefahr / Laut der tröstlichen verheissung / Psal :
91 . Ich bin bey jhm in der Noth / Esa : 41. Fürchte dich nicht / ich bin bey dir
/ weiche nicht / denn ich bin dein GOtt / Ich stercke dich / ich helffe dir auch
durch die rechte Handt meiner Gerechtigkeit / Cap : 43 . Ich habe dich bey deinem
Nahmen geruffen / du bist mein / so du durchs Wasser gehest / wil ich bey dir
sein / das dich die Ströme nicht sollen erseuffen / etc .
Zum Dritten / seind wir bey Christo Geistlich durch den Glauben / wenn wir sein
Wort hören / die Sacramenta gebrauchen / an jhn gleuben / bußfertig leben vnd
beten. Joh : 14. Wer mich liebet / wird mein Wort halten / vnd mein Vater wird
jhn lieben / vnd wir wollen zu jhm kommen / vnd Wohnung bey jhm machen . Matth :
18. Wo jhr zween vnter euch eins werden auff Erden / warumb es ist das sie
bitten wollen / das sol jhnen wiederfahren von meinem Vater / Vnd wo jhr zween
oder drey versamblet sein in meinem Nahmen / da bin ich mitten vnter jhnen . In
der heiligen Tauff ziehen wir jhn an / Gal : 3. vnnd werden jhm eingepflantzet /
Rom : 6. Im Abentmal essen wir sein Leib / vnd trincken sein Blut / Vnd werden
jhm dadurch voreiniget / Haec accepta & hausta faciunt vt Christus sit in
nobis & nos in Christo , sagt Hilarius . Das wir mit S. Paulo sagen können /
Gal : 2.
Was ich nicht lebe im Fleisch / das
lebe ich in dem Glauben / des Sohns GOttes / der mich geliebet / vnd sich
selbest für mich dargegeben hat .
Die Vierte weise bey Christo zu sein / dauon Paulus hier eigentlich redet / wird
nach diesem Leben in jener Welt angehen / Wenn wir werden dem HErren entgegen
gezückt werden / in den Wolcken des Himmels / in der Lufft / vnd bey dem HERren
sein allezeit / 1. Thes : 4. Werden jhn sehen wie er ist / 1. Joh : 3. Vnd das
wird geschehen Leiblich von Angesicht zu Angesicht / 1. Cor : 13. Ja wir werden
jhm gleich sein / 1. Joh : 3. Phil : 3. vnd mit jhm ein ewige Gemeinschafft
haben .
Was nu diß für ein grosse Frewd vnd Herrligkeit sein werde / bedenck ein jeder
bey sich selbest . Als GOtt dem Ertzvater Jacob bey Nacht erschien / vnd in
Menschlicher gestalt mit jhm rang / wird er so fro / das er die Stette hies
Pnuel / Denn ich habe GOtt von Angesicht zu Angesicht gesehen / sprach er / vnd
meine Seele ist genesen / Gen : 32 .
Wie hertzlich begert doch Moises GOttes Angesicht zu sehen / wiewol jhm in diesem
Leben damit wenig gedienet war / Exod : 33. Do die Apostel nur einen Blick
derselben Herrligkeit auff dem Berge Thaber sahen / wird jhnen so wol / das sie
sich gerne aller Frewde dieser Welt begeben wollen / damit sie nur bey Christo
bleiben mögen / Matth : 17 . Was
wird geschehen
im ewigen Leben / vbi purissimum lumen purissimis oculis inluebimur , Wie
Bernhardus redet / vnsere Augen werdẽ den König sehen in seiner
schöne . Esa : 33. Et illius praesentia animae & corporis implebit appetitus
sagt Cyprianus / Seine gegenwertigkeit wird alle in der begierde / Leibs vnd der
Seel erfüllen vnd setigen .
Denn wer bey Christo ist / der ist auch bey GOtt Vater vnd heiligem Geist / bey
allen heiligen Engeln / vnd hat mit allen ausserwelten Heiligen / ein fröliche
Gemeinschafft / nicht schlechts auff Zehen / Hundert oder Tausent Jahr / Sondern
in alle Ewigkeit : Er ist an dem Ort / da kein Sünde / sondern eitel Herrligkeit
/ kein Leid / sondern eitel Frewd / kein gebrechlicher schwacher Lazarus /
sondern eitel starcke / gesunde / verklerte Menschen sein werden / die weder
Speiß noch Trangk / noch Kleidung / weder Silber noch Goldt / weder Hauß noch
Hoff / noch einiger zeitlichen Güter bedürffen / Sondern an Christo alles was
sie wünschen vnd begeren / haben werden / Vnd solche Frewd / die kein Auge
gesehen vnd kein Ohr gehört / 1. Cor : 2. Darumb mag ein Christ wol sagen / zu
Christo kommen vnd bey jhm sein macht / das ich von der Welt scheiden nicht acht
/ Vnd Augustinus sagt / Ama vnum bonum in quo sunt omnia bona & sufficit .
Ibi est quidquid amas , ibi quidquid desideras .
Nach dieser Seligkeit verlanget Paulum / der denn so viel sagen wil / Ob ich
schon Christi erkaufftes Eigenthumb bin / vnd hab an jhm ein getrewen beystandt
vnd Schutzherren in aller Noth / so ist mirs doch noch nicht genung / sondern
mein Leben ist hie verborgen mit Christo / in GOtt : Wenn aber Christus mein
Leben sich offenbaren wird / deñ werde auch ich mit jhm offenbar
werdẽ in der Herrligkeit / Col : 3 . Nach solchem Tag hab ich
ein verlangen / vnd wolte gern / das er je ehr je lieber angehen möge . Eben wie
auch Dauid Psal : 42 wünschet : Wie der Hirsch sich sehnet nach einem frischen
Wasser / Also dürstet meine Seel nach GOtt : Nach dem lebendigen Gott / Wenn
werde ich einmal dahin kommen / das ich sein Angesicht schawe ?
Diß ist die Ander vrsach dieses sehnlichen Wunsches S. Pauli / Ich habe lust
abzuscheiden / vnd bey Christo zu sein . Es mögen ander Leut jhr lust suchen / wo
sie wollen / mein begier vnd verlangen stehet nur nach Christo allein / wenn ich
den habe / so frage ich nichts nach Himmel vnd Erden / Psal : 73 . Denn ein Tag
bey jhm / ist besser als sonst viel Tausent / Psal : 84 . So viel kürtzlich vom
Ersten Stück .
Das Ander Stück .
ZVm Andern last vns hören / wie wir dieses Sprüchlein gebrauchen sollen / zu
vnser Lehre Trost vnd besserung .
Anfenglich lernen wir hier / wie sich ein Christ in sein leben vnd sterben recht
schicken soll / Denn da helt man selten gebürliche masse . Etzliche / sonderlich
denen es wol gehet / haben gar keine lust zu sterben / mögen vom Todt nicht
hören / sein vngedüldig / wenn sie GOtt mit Kranckheit angreifft / vermeinen
sich auch wol durch Artzeney wieder den Todt zu schützen / vnd gehet jhnen nach
Syrachs Spruch Cap. 41. O Todt / wie bitter bistu / wenn an dich gedencket ein
Mensch / der gute Tage vnd genung hat / vnd ohn Sorge lebt / vnd dem es wol
gehet in allen dingen / vnd noch wol essen mag .
Hinwieder findet man auch Leute / die des Todes gar zu sehr begeren / wans jhnen
nicht gehet nach jhrem Sinn / setzen GOtt den Stuel für die Thür / vnd wünschen
sich vnter die Erden / Wie auch Hiob that in seinem Creutz / der da sagt /
Suspendium elegit anima mea , Meine Seele begert erhangen zu sein / etc .
Daß taug nubeydes nicht / Denn wie es vnrecht ist / das man sich des Todes wieder
GOttes willen wegert : Also ists auch Sünde / das man sich durch kümmernüs vnd
gram selber das Leben kürtzt / vnd wil GOtt dem HERren für der zeit auß dem
dienst entlauffen .
Darumb lehret vns S. Paulus mit seinem Exempel / die rechte Mittelstraß halten /
Dergestalt : Das weil vns GOtt in diese Welt gesatzt hat / das
wir jhn erkennen / vnd eim andern dienen
sollen : Sollẽ wir auch vnsers Lebens zu seinen Ehren / vnd dem
gemeinen nutz gerne brauchen / vnd dasselb keines weges / vmb einiger Mühe
Arbeit vnd Gefahr willen auffgeben / ehe vnd zuuor er dasselbe von vns
abfordert .
Non nobis solum nati sumus hat Plato der Heid zu seiner zeit gesagt / sed partem
ortus nostri parentes , partem patria partem amici sibi vendicant . Wieviel mehr
sol vns Christen dieses bekant sein / das vnser keiner jhm selber lebt oder
stirbt / sondern wir leben vnd sterben dem HErren / Rom : 14. Vmb dieses HErren
willen / muß ein Christ als ein fromer Diener / viel thun vnd vber sich nehmen /
der sonst für sein Person / nicht ein Stundt begert zu leben / Nach dem Spruch
1. Petri 4. Lasset euch die Hitze / die euch begegnet / nicht befrembden /
sondern frewet euch / das jhr mit Christo leidet / etc . Dessen erinnert GOtt den
Propheten Eliam / 1. Reg : 19. als er vmb seines Eiuers willen must in die Wüsten
fliehen / vnd so kleinmütig ward / das er sprach : Es ist genung HERR / nim meine
Seele von mir / denn ich bin nicht besser denn meine Väter . Da erschein jhm GOtt
vnd sprach : Gehe wiederumb deines weges : Als wolt er sagen / Es ist noch nicht
zeit lieber Elia / das du außspannest : Du must noch ein zeitlang meiner Kirchen
dienen : Ich wil wol zeit vnd Stunde wissen / weñ ich dich sol
abfordern .
Also redet auch Paulus alhier von sich / Es lieget mir beydes an / Ich habe lust
abzuscheiden / vnd bey Christo zu sein : Aber vmb der lieben Kirchen willen / die
noch jung ist / vnd meines dienstes bedarff / ist es nützer das ich im Fleisch
bleibe . Zeigt also an / das jhm viel mehr an der Wolfart der Kirchen / als an
seinem eigenen Nutz gelegen sey / wo es ohne die were / wolle er lieber
abscheiden / als in dieser Welt lenger leben . Von dem fromen Bischoff Martino
lesen wir dergleichen : Do er sterben solte / vnd seine Brüder vmbher vber seinem
Abschied bekümmert waren / sagt er : Domine , si adhuc populo tuo sum necessarius
non recuso laborem , fiat voluntas tua .
Hierauß ist offenbar / das ein Christ wol vmb ein seligen Abschied vnd
Sterbstündlein bitten mag / allein das er GOtt nichts vorschreibe / sondern
stelle es zu seinen Väterlichen willen / vnd so ferne es ohne nachtheil des
gemeinen Nutzes / darauff man allezeit sehen muß / geschehen kan . Also ists auch
keine Sünde / wenn man GOtt vmb fristung vnd verlengung des Lebens bittet / wo
es nur GOttes wille ist / vnd zu seinen Ehren gereichen sol : Wie der Gottselige
König Hißkia thut / Esa : 38 . Die Todten HErr werden dich nicht loben / sondern
wir die wir leben / loben denn HErren / von nun an biß in Ewigkeit / HErr laß
vns leben / so wollen wir deine Lieder singen vnser lebenlang .
Ohn vnd wieder GOttes willen aber / sol ein Christ weder zu leben noch zu sterben
begeren : Wañ er schon tausent Jahr könt vmb einen Heller kauffen .
Drumb sagt Syrach / Cap : 41. Fürchte den Todt nicht / gedenck daß also vom HErrn
geordnet ist / vber alles Fleisch / beyde dere / die vor dir gewesen sein / vnd
nach dir kommen werden . Vnd was wegerstu dich wieder GOttes willen ? Du lebest
Zehen / Hundert oder Tausent Jahr ? Deñ im Tode fragt man nicht /
wie lange einer gelebt habe . Denn weil GOtt selber vnsers Lebens lenge ist /
Deut : 30. vnd einem jeden sein Ziel gesteckt hat / Job 14. wird er wol wissen /
wans vns am nützten ist / Vnd were freilich eine grosse vermessenheit / wenn der
Mensch sich vnterstehen wolt / dasselbe zuuerrücken .
Drumb bleibe es bey S. Paulo Spruch / Rom : 14. Vnser keiner lebt jhm selber / vnd
keiner stirbt jhm selber : Leben wir / so leben wir dem HErren / sterben wir / so
sterben wir dem HErren : Wir leben oder sterben / so sind wir des HErren . Das
ist : Wenn ein Christ bußfertig lebet / gleubet an Christum / schicket sich
teglich gegen ein seliges Ende / so sols jhm gleich viel sein / er lebe oder
sterbe / er ist doch selig / vnd Christus wird an seinem Leibe gepreiset / es
sey durch Leben oder Todt / Phil : 1. Solcher meinung antwortet Ambrosius / do er
in seiner Kranckheit gefraget ward / Ob er auch gerne sterben wolt /
Antworteter : Non sic vixi vt viuere
paeniteat : nec mortem recuso , quia bonum dominum habeo , Ich habe also gelebet /
das ich mich nicht scheme / nach GOttes willen ferner zu leben / Doch fürchte
ich mich auch fürm Tode nichts / weil ich an GOtt einen genedigen HErren
habe .
Weil aber den Menschen von Natur gemeiniglich die Vnarth anhanget / das sie jhnen
zwar den Todt wünschen / wans aber dazu kömpt / das sie sterben sollen / weichen
sie zu rücke / vnd wollen nicht fort : So pflegt jhnen GOtt bißweilen den willen
zu machen / wenn er jhnen dieses Leben durch viel Creutz vnd vorhergehende
Kranckheit / dermassen versaltzet / das sie es entlich müde werden / vnd mit
ernst ein verlangen bekommen / nach dem ewigen Vaterlandt .
Wie wir daher von den H. Vätern lesen / das sie gestorben seindt / des Lebens so
satt vnd vberdrüssig / gleich als hetten sie es mit Löffeln gessen . Denn da
heist es / wie Syr : Cap : 41. sagt / O Todt wie wol thustu dem Dürfftigen / der
da schwach vnd alt ist / der in allen sorgen stecket / vnd nichts bessers zu
hoffen noch zu gewarten hat .
Solcher Leute kommen vns offtmals für / die anfenglich vom Todte nicht gerne
hören mögen / werden aber entlich so müde / das sie GOtt dancken / vnd von
Hertzen fro werden / wens jhnen zum Sterbstündlein kommen mag . Das schickt nu
vnser
HErre GOtt also / das man sich seinem
willen desto williger ergebe / Do sonst mancher auß blinder begier vnd hoffnung
lenger zu leben / an seiner Busse möcht verkürtzt werden / sagt der alte lehrer
Gregorius , Secreto dei consilio fit vt vita haec varijs agitetur procellis : Via
quippe est , per quam ad patriam tendimus , ne viam pro vita eligamus .
Zum Andern / wil vns der Apostel mit seinem sehnlichen Wunsch lehren / das wir
auff Erden Pilgram sein / vnd keine bleibende stadt haben / Heb : 13. Müssen
diese Hütten dermal eins ablegen / 2. Pet : 1. vnd vnsern Fuß in ein ander Landt
setzen . Das predigt vns zwar auch die tegliche erfahrung / vnd die Exempel alle
der die vor vns gelebt haben / Daher nennet S. Paulus seinen Leib ein jrdisch
Hauß dieser Hütten / so ein mal zerbrochen werden muß . Vnd Dauid Psal : 39.
nennet sich GOttes Pilgram in dieser Welt .
Diß sollen wir wol mercken / damit wir nicht sicher werden / vnd vnser Rechnung
mit dem Nerrischen Reichen Luc : 12. auff lange Jahr machen . Das wir auch / wenn
wir in Ehren schweben / nicht hoffertig werden / als wenn wir ewig in solchem
stand zu bleiben hetten : Oder aber / do wir arm oder veracht sein / nicht
verzagen / Sondern gedencken / daß das Wesen in dieser Welt vergehet / 1. Cor :
7. Vnd das im Todt sich alles abschneidet / Glück vnd Vn-
glück / Armut vnd Reichthumb : Einer
gewint vnd verleuret so viel als der ander / weil wir nichts eigens in dieser
Welt besitzen : Vnd mussen eins so wol als das ander hinter vns lassen .
Darumb seinds freilich eitele Leute / die mit gesar vnd verlust der Seligkeit /
sich vber den zeitlichen vergenglichen Gütern so weit vertieffen : Das sie dabey
jhres Sterbstündleins vergessen / Psal : 39 . Aber ein grosser Gewinn ists / wer
Gottselig ist / vnd lest jhm genügen . Denn wir haben nichts in die Welt bracht /
werden auch nichts hinauß bringen / sagt Paulus 1. Tim : 6. Cap :
Zu dem haben wir hie / ein liebliche Beschreibung des Todes der Gleubigen / das
er nicht sey so ein terribile malum vnd grewlicher Menschenwürger / wie jhn die
Vernunfft achtet / Sondern ein selige hinfart auß diesem Jammerthal / zu Christo
ins ewige Vaterlandt . Item eine außspannung auß dem mühseligen Karn dieses
Lebens : Vnd zu letzt eine gute abfertigung / freier Paß vnd sicherer Zutrit für
Gottes Angesicht .
Das kömpt daher / das Christus diesen Feindt vberwunden / vnd jhm die Macht
genomen hat / das er den Christen nicht allein nichts kan schaden / sondern er
muß jhnen ein Thür vnd Weg sein zum ewigen Leben / Laut nachfolgender Sprüch : 2.
Tim : 1. Christus JEsus hat dem Todt die Macht genom-
men / vnd das Leben / vnd ein
vnuergengliches Wesen ans Liecht bracht . Heb : 2 . Er hat durch seinen Todt die
Macht genommen / dem der des Todes Gewalt hatte / das ist / dem Teuffel / vnd
erlöset die / so durch furcht des Todes / im gantzen Leben Knechte sein
müssen .
Denn was der Todt bitters / abschewliches vnd schedliches an sich hat / das kömpt
alles her von der Sünde / welche des Todtes Gifft / Macht vnd Stachel ist / 1.
Cor : 15. vnd den vntreglichen Zorn GOttes / sampt der ewigen Verdamnus auff dem
Rücken tregt : So die Schrifft den andern Todt nennet / Apocalip : 2. 20 . vnd 21 .
Cap :
Darumb ist dieser Feindt schrecklich genung / allen Vngleubigen vnnd
Vnbußfertigen Gottlosen Leuten / die in jhren Sünden vnter GOttes Zorn dahin
sterben / Wie Dauid Psal : 34. zeuget / weil er jhnen nicht allein ein entschafft
ist aller Frewd vnd Herrligkeit / dieses vergenglichen Lebens / sondern auch ein
anfang vnd Thür zur ewigen Qual vnd Pein / so sie von Gottes Angesicht
abgescheidẽ / in dem Pful der mit Schweffel brennet ewiglich
leiden werden / Do jhr Wurm nimmermehr sterben / vnd jhr Feuwer nicht verleschen
wird : Vnd werden allem Fleisch ein Greuel sein / Esa : 66 .
Aber den Gleubigen / so durch Christum vergebung der Sünden erlangt / vnd seines
Sieges im
Glauben teilhafftig wordẽ sein / ist er nicht allein nicht schrecklich / sondern lieblich
vnd heilsam : Denn weil jhm die Gifft vnd der Angel benomen / kan er jhnen nichts
mehr thun / als das er sie mit seiner eusserlichen Laruẽ vnd
Zehnen anblecket / vnd der Vernunfft nach etwas schrecket . Das vbrige was am
Tode ist / ist jhnen lauter Gewinn vnd Vortheil / weil er sie à malo culpae
& poenae von Sünd vnd Sünden straff / allem Jamer vnnd Elendt dieses Lebens
erlöset / vnd zu Christo führet / bey dem sie volle Frewde vnd lieblich Wesen
jmmer vnd ewiglich besitzen werden .
Darumb seind die Todten so im HErren sterben selig von nu an / Apoc : 14. vnd jhr
Todt ist werdt gehalten für dem HErren / Psal : 116 . Denn sie sehen den Todt
nicht / Joh : 8 . Sondern dringen durch den Todt zum Leben / Joh : 5. Daher
fürchten vnd entsetzen sich die Christen für dem Todt so sehr nicht / wie die
Gottlosen / von welchen der 73. Psalm sagt . Das sie vntergehen mit schrecken /
sondern sie seindt getrost allezeit / 2. Cor : 5. Vnd haben ein hertzliches
verlangen nach jhrem Sterbstündlein / Denn sie finden in dem Rachen dieses
grawsamen Menschenfressers / nicht allein keine Gifft / sondern Christum die
süssigkeit des Lebens / zu welchem sie kom̃en / Vnd sagen mit
Dauid auß dem 16. Psalm / Ich habe den HErren allezeit für Augen : Denn er ist
mir zur Rechten / darumb werde ich wol bleiben . Darumb
frewet sich mein Hertz vnd meine Ehre ist
frölich : Auch mein Fleisch wird sicher liegen . Denn du wirst meine Seele nicht
in der Hellen lassen / noch zugeben das dein Heiliger verwese . Du thust mir
kundt den Weg zum Leben / für dir ist Frewde die fülle / vnd lieblich wesen zu
deiner Rechten ewiglich .
Darumb ists viel ein anders / wenn ein Christ nach seinem Sterbstündlein sich
sehnet / als wenn ein Gottloser des Todes begeret . Das Simeon / S. Paulus / vnd
andere vmb die aufflösung jhres Leibes so sehnlich gebeten / ist nicht allein
auß blossen verdruß dieses Lebens geschehen / wie die Weltkinder jhnen etwa auß
vngedult den Todt wünschen / vnd bißweilen selber das Leben kürtzen / nur allein
das sie dieser zeitlichen Qual vnd Marter abkommen / ob sie schon nichts bessers
zu gewarten haben : Sondern auß hertzlichen verlangen nach Christo / welchen der
alte Simeon / damals nicht allein Leiblich in seinen Armen gehabt / sondern auch
Geistlich im Hertzen durch den Glauben / als seinen Heilandt erkant vnd
ergriffen hat . Zu dem hoffet er durch den Todt zu kommen / darumb nennet er jhn
ein friedsame Hinfart / auß diesem vergenglichen Jammerthal / zu seinem HErren
Christo / des Diener er sich bekennet / ins ewige Vaterlandt : Eben wie auch S.
Paulus hier thut : Ich habe lust abzuscheidẽ / vñ
bey Christo zu sein . Item der HErr JEsus wird mich erlösen von allem
vbel / vnd zu sich nehmen in sein ewig Reich
/ 2. Tim. am 4. Cap : Nach diesem HErren sehnet sich Dauid auch / do er Psal : 42
sagt / Meine Seele dürstet nach GOtt / nach dem lebendigen GOtt / Wenn werde ich
dahin kommen / das ich GOttes Angesicht schauwe ?
Vnd hierin stehet nu die rechte vnd sterbens Kunst /
nach welcher Augustus der Keyser / vnd andere vernünfftige Heiden sich so hoch
gesehnet / wiewol sie dieselbe / weils jhnen an der erkentnus Christi gemangelt
hat / nicht erlangt haben . Das der Mensch nicht allein dem Leibe nach / ohne
sonderliche Qual vnd Pein / sanfft still vnd getrost einschlaffe / vnd sich für
dem Todt nicht entsetze : Sondern das er im Hertzen Christum JEsum / den
vberwinder des Todes ergreiffe / vnd vnter seinem Geleit / in gewisser hoffnung
der versprochenen künfftigen Herrligkeit / durch das finstere Loch vnd Schatten
des Todes / zu jhm hindurch dringe ins ewige Leben / Vnd sage mit Hiob / Ich
weiß das mein Erlöser lebt / vnd er wird mich hernach auß der Erden
aufferwecken : Vnnd werde darnach mit dieser meiner Haut vmbgeben werden / vnd
werde in meinem Fleische GOtt sehen / denselben werde ich mir sehen / vnnd kein
frembder / Hiob 19 .
Entlich haben wir alhier die Lehr / wohin der Christen Seelen / nach jhrem
abscheid vom Leibe
kommen : Nemlich zu Christo
/ ins ewige Leben . Ich habe lust abzuscheiden / vnd bey Christo zu sein . Heute
wirstu bey mir im Paradiß sein / saget Christus zu dem einen Schecher am Creutz
/ Luc : 23 . Hier wird keines Fegfewers gedacht / darin die Seelen zuuor müssen
gequelt werden . Sondern wenn der Leib in die Erden begraben wird vnd verweset /
so wird die Seele strackes weges / durch die Engel getragen / in Abrahams Schoß
/ Luc : 16 . Da ruhen aller Gerechten Seelen / Sap : 3. biß an den Jüngsten tag /
do sie Christus als köstliche Kleinod oder Perlen wieder herfür suchen / vnd
damit für allen Engeln ewiglich prangen wird .
Denn darumb seindt wir anfenglich von GOtt erschaffen / durch Christum erlöset /
durch das Göttliche Wort vnterweiset / durch die Tauff new geboren / haben in
der Absolution vergebung der Sünden empfangen / vnd sind im H. Abentmal mit
Christi Leib vnd Blut gespeiset . Ja vmb dieses Guts vnd Kleinots willen / leiden
wir Christen in diesem Leben allerley Creutz vnd Trübsal / auch den Todt selbest
in gewisser hoffnung / das dieser zeit leiden nicht werdt sey der Herrligkeit /
so an vns offenbar werden sol / Rom : 8. Vnd das weder Todt noch Leben / vns
scheiden sol von der Liebe die in Christo JEsu ist .
Denn so wir nur in diesem Leben auff GOtt hoffeten / so weren wir die elendesten
vnter allen Cre-
aturen / sagt S. Paulus
1. Cor : 15 . Aber das ist vnser Trost / das vnser Leben hier verborgen ist in
Christo JEsu : Wenn aber Christus JEsus vnser Leben sich offenbaren wird / so
werden auch wir offenbar werden / mit jhm in der Herrligkeit / Col : 3. Denn
vnser wandel ist im Himmel / von dannen warten wir vnsers Heilandes JEsu Christi
/ das er vnsern nichtigen Leib verklere / damit er ehnlich werde seinem
verklerten Leibe / Phil : 3.
Mit dieser hoffnung haben sich alle Christen getröstet / vndalle Furcht des Todes
ritterlich vberwunden . Wie Christus Joh : 8. vom Abraham zeuget / das er habe
seinen Tag gesehen / vnd sich gefrewet . Dergleichen lesen wir vom Ertzvater
Jacob / Gen : 49. das er in seinen Todes zügen keinen andern Trost gewust / als
das er Christum ergriffen vnd gesagt : HErr ich hoffe auff dein Heil . Was des H.
Jobs Bekentnus vnd Glaube gewesen / ist kurtz hiebeuor berichtet worden . In des
H. Dauids Psalter / haben wir viel schöne Sprüche vnnd Zeugnus hiruon / Als das
er Psal : 17. sagt / Ich wil schawen dein Antlitz in Gerechtigkeit / vnnd wil
satt werden / wann ich erwache nach deinem Bilde . Psal : 27 . Ich gleube das ich
sehen werde das gute des HErren im Lande der Lebendigen . Psal : 116. Sey zu
frieden meine Seele / denn der HErr thut dir guts . Denn du hast meine Seele auß
dem Tode ge-
rissen / meine Augen von den
Trenen / meinen Fuß von dem gleiten . Ich wil wandeln für dem HErren im Lande der
Lebendigen . O HErr ich bin dein Knecht / Ich bin dein Knecht / deiner Magd Sohn
/ du hast meine Hende zerrissen . In dieses HErren Handt / losieret vnnd befielt
auch Stephanus seine Seele / Acto : 7. HErr JEsu nim meinen Geist auff .
Vnd also muß ein jglicher Christ in seinem Todeskampff diesen Trost ergreiffen
vnd fest halten . Ich werde auffgelöset werden / vnd bey Christo sein .
Wer aber dessen wil gewiß sein / der muß erstlich getaufft / vnnd durch den
Glauben dem HERrn JEsu CHristo einverleubt / vnd mit seinem Blute zeichnet sein
/ nach dem Spruch Christi / Joh : 3. Es sey das jemandt auffs newe geboren werde
/ durchs Wasser vnd den heiligen Geist / kan er nicht ins Reich GOttes kommen .
Rom : 6 . So wir sampt Christo durch die Tauffe gepflantzet sein zu gleichem Tode
/ so werden wir auch der Aufferstehung gleich sein . Item so viel ewer getaufft
sein / haben Christum JEsum angezogen / durch den Glauben .
Zum andern muß er sich befleissigen / eines bußfertigen Lebens / der Sünden
absterben / vnd GOtt loben in Christo Jesu / Rom : 6. Muß sein trost vnd hoffnung
nur auff Christum setzen / vnd mit Paulo sagen / Ich bin durchs Gesetz dem
Gesetz gestorben / auff das ich Gott lebe / ich bin mit Christo gecreutzi-
get . Ich lebe aber doch nu nicht ich /
sondern Christus lebt in mir . Denn was ich jtzt lebe im Fleisch / das lebe ich
in dem Glauben des Sohns GOttes / der mich geliebet hat / vnd sich selbest für
mich dagegeben / Gal : 2.
Zum Dritten muß er sich erinnern / der Vermahnung S. Pauli / Col : 3. Suchet was
droben ist / da Christus ist sitzent zu Rechten GOttes / trachtet nach dem das
droben ist / vnd nicht nach dem das auff Erden ist . Item Christus sagt Luc : 12.
Lasset euwre Lenden vmbgürtet sein / vnnd euwre Liechter brennen / Vnd seid
gleich den Menschen die auff jhren Herren warten / wenn er auffbrechen wird von
der Hochzeit / auff das wenn er kömpt vnd anklopffet / er jhm baldt auffthue /
etc .
Zum Vierten / wens nu zum scheiden kömpt / muß er frölich Christo seine Seele
befehlen / vnd sagen auß dem 31. Psalm / In deine Hende befehl ich meinen Geist
/ du hast mich erlöset / du getrewer GOTT .
Die jhr Leben also anstellen / die versichert Christus / das sie sein sollen sein
im Todt vnd Leben / Rom : 14. Sie sollen den Todt nicht sehen ewiglich Joh : 8.
Sie sollen leben ob sie gleich sterben / Joh : 11. Sie sollen nicht ins Gericht
kommen / Joh : 5 . Er wolle jhnen das ewige Leben geben / vnnd sol sie niemandt
auß seiner Handt reissen / Joh : 10 . Er wolle
sich auffschürtzen / sie zu Tische setzen / vnd jhnen dienen / Luc : 12 . Er wolle
jhnen bescheiden das Reich / wie jhm sein Vater bescheiden hat / Matth : 19. Sie
sollen sein da er ist / vñ seine Herrligkeit sehen. Joh : 17 . Er
wolle bey jhnen wohnen / vnd sie sollen sein Volck sein / Vnd er selbest GOtt
mit jhnen / wolle jhr GOtt sein / vnd abwischen alle Trenen von jhren Augen /
vnd sol kein Todt noch Leidt noch Geschrey noch Schmertz mehr von jhnen gehört
werden / Sondern er wolle sie trösten / wie ein Mutter jhr Kindt tröstet / Apoc :
21. Esa : 66 . Die können auch auff solchen Trost frölich sterben vnd sagen / Ich
weiß an wen ich gleube / vnd bin gewiß / das er mir kan meine beylage bewahren
biß an jenem Tag / 2. Tim : 1.
Solches Trostes aber / haben sich die vngetauffte Heiden / Jüden / Türcken . Item
alle Gottlose vnd Vnbußfertige / so jhr Leben in Sünde / Vnglauben vnnd
Sicherheit zubracht vnnd beschlossen / nicht anzumassen / Denn die kommen nach
dem Tode nicht zu Christo / sondern sie haben einen andern HErren / dem sie
gedienet / der jhnen auch lohnen wird / Nemblich den Teuffel / zu welchẽ sie Christus am Jüngsten tag in abgrundt der Hellen losieren vnd
weisen wird vnd sagen : Weichet von mir jhr Vbeltheter / ich kenne euch nicht /
Matth : 17. Item gehet hin jhr Vormaledeieten ins ewige Hellische Fewr / so
bereitet ist dem Teuffel vnd seinen Engeln / Mat : 25 .
Der getrewe GOtt behüte vns vor solcher
schrecklichen Sentens / vnnd bereite vns durch seinen Geist / durch ware Buß
vnnd Glauben zum seligen Ende / das wir in jhm sanfft vnd frölich einschlaffen /
Ihn in seiner letzten Zukunfft / mit vnerschrockenem Hertzen anschawen / vnd auß
seinem Munde hören mögen / die Holtselige Stim / Venite benedicti , Kompt her jhr
Gesegneten meines Vaters / vnnd ererbet das Reich / das euch von anbegin
bereitet ist / Amen .
WAs dann zum Beschluß / diesen begrabenen Herren Doctor anlanget / ist nicht not
/ seinen Lauff Leben vnd Wandel alhier nach der lenge zu erzehlen . Denn zu dem /
das er ein Mensch gewesen / so ohne Menschliche feil vnd gebrechen nicht gelebt .
Er / als ein Fürstlicher Hoffraht / dem auch zugleich das Landfiscalambt dieser
Fürstenthümbe vertrawet gewesen / In einem gar mühsamen Stand gelebet / darin er
sich leicht verstossen / vnd zu viel oder zu wenig thun können / wie er selber
solches erkant vnd offt beklaget .
Er hat abet gleichwol nicht gehöret vnter die zahl der Juristen / vber welche der
Prophet Esaias Cap : 5. vnd 10. mit grossem Zetergeschrey klaget / Das sie sich
den Geitz vnd die affecten blenden lassen / das sie Recht zuuerkeren / vnd auß
den Rechten wieder Recht zu disputiren vnd sprechen / Heissen das böse
gut / vnd das gute böse / machen auß
Finsternus Liecht / vnd auß Liecht Finsternus / auß saure süße / vnd auß süsse
saur . Sprechen den Gottlosen Recht vmb Geschencke willen / vnd wenden das Recht
der Gerechten von jhnen / Item das sie vnrechte Gesetz machen / vnd vnrecht
Vrtheil schreiben / auff das sie die Sache der Armen beugen / vnd Gewalt vben im
Recht der Elenden / das die Witwen jhr Raub / vnd die Weisen jhre Beute sein
müssen / Verkehren das Recht in Wermut / vnd stossen die Gerechtigkeit zu boden
/ Amos 5. Cap :
Sondern dieser Jurist hat ein Gewissen gehabt / vnd seines Dienstes vnd Ambtes
ohne Eigennutz vnd Ehrgeitz in der stille mit vleiß abgewartet / daneben auch
GOtt vnd sein Wort geliebet . So er vnter andern damit bezeuget / das er in
seiner Schwachheit diß am meisten betrauwret vnd beseuftzet / das er wegen
vieler Reisen vnd sonsten zu Hoff vnd auff Fürstlicher Rathstuben täglichs
fürfallender Geschefft / offt am gehör Göttliches Wortes sey gehindert worden /
deren er sich gleichwol künfftig / do jhm GOtt das Leben fristen würde / so viel
müglich zu entladen gemeint were .
Solche Juristen / sind treuwe vnd nütze Leute in der Welt / können viel guts thun
/ vnd haben viel herrliches Lobs vnd Zeugnus in GOttes Wort / können auch mit
warheit Sacerdotes justitiae , vnd bey-
der Rechte Doctores heissen / wann sie nicht allein in den Weltlichen
Rechten bewandert sein / vnd halten darüber mit ernst ohne Eigennutz / Sondern
haben auch in lege Domini , im Gesetz des HErren studieret / vnd lassen dasselb
jhrer Füsse Leuchte / vnd jhre Ratsleute sein / welches das rechte Ius canonicum
ist / darnach sich alle ander Rechte / Ratschlege vnd Hendel regulieren vnd
schicken müssen / Wie Dauid Psal : 119. von sich zeuget . Denn also beschreibet
der heilige Geist frome Juristen / Exod : 18 . Das sie sollen sein redliche Leute
/ die GOtt fürchten / warhafftig vnd dem Geitz feindt sein . Wol dem Lande so
solcher Leute viel hat / denn sie seind der Welt Heil / vnd des Volckes Glück /
sagt das Buch der Weißheit am 6. Cap :
Als aber GOtt der HErr / vnsern verstorbenen Herrn Doctor am nehern Sonnabent /
den 11. Decembr : Nach dem er ein zeithero sich vbel befunden / vnd fast Sechs
Wochen sich inhalten vnd danieder liggen müssen / durch einen hefftigen
zufallenden Flußheim gesucht / hat er sich nicht lange bedacht / sondern
alßbaldt denselben Abent / sich mit grosser Andacht vnd guter bescheidenheit /
zum seligen Abschied bereitet / sich mit GOtt durch hertzliche Buß vnd erkentnus
der Sünden außgesöhnet / alle seinen Wiederwertigen vergeben / sich mit der
Absolution vnd heiligen Abentmal versehen lassen / vnnd aller
Weltlichen hendel gentzlich begeben / Vnd ist
darauff noch dieselbe Nacht / in warer erkentnus vnd anruffung JEsu Christi /
vnter andern / mit diesem Spruch / Ich habe lust abzuscheiden / vnd bey Christo
zu sein / im HErren seliglich entschlaffen . GOTT verleihe jhm ein selige
Aufferstehung / vnd erhalte alle frome Juristen / bey schlecht vnd Recht / in
seiner furcht / das jhr Ambt vnd Dienst möge gereichen / zu seiner Kirchen Nutz
/ vnd erbauwung vnd gemeiner Wolfart dieses Landes / vmb seines geliebten Sohns
JEsu Christi willen .
DN . CONRADO HEINEMANO AESCHVVE gensi , V. J. D , Principali
Brunsuigio Consiliario ;
PRIMA AETATE BONIS MORIBVS OPTIMISQVE DISCIPLINIS EXCVLTO ; POSTEtiore
muneribus & honoribus aucto : Reverendissimo Illustrissimo Halberstad :
Episcopo , Ducique Brunsuic : & Lunaeb : &c . HENRICO IVLIO ob singularé in
negotijs tractandis fidem cum primis dilecto , collegisque perquam caro , ex
laudabili vitae praeclarae curriculo ad beatorum cum IESV CHRISTO consvetudinem
avocato ;
Multis cheu cum lacrymis SABINA RENANA VX OR VIDVA
MARITO FIDELISSImo & CATHARINA HEINE MANNA filia patri catissimo amoris
& luctus monumentum posuerunt .
OBIIT SACRA IESV CHRISTI COENA RITE ACCEPTA , DEOQVE optimo ter maximo anima
pie commendata sub initium diei XII. decembris Anno christi M DC II aetatis
LIIII .
VALE HOSPESET VIGILA : QVIS QVIS ES BVLLA ES .