Ueber
den sogenannten Seelenverkanf.
Jn den Statuten des „Darmstädter National = Vereins“ ist
unter andern die erfreuliche Absicht ausgesprochen, daß der Ver-
ein nicht bloß die Verpflichtung übernehmen werde, den Auswan-
derern als treuer und aufrichtiger Rathgeber zur Seite zu stehen,
sondern der Hauptzweck seines Bestrebens darauf hinausgehen
müsse, die Länder anzuzeigen und anzurathen, in welchem der
Auswanderer die gewisseste Aussicht zu seinem künftigen Glücke,
mit den verhältnißmäßig geringsten Opfern, zu erwarten habe;
in Ländern, wo Sicherheit und Gesundheit des Klima's dem
Einwanderer die ersten beschwerlichen Arbeiten seiner Niederlassung
befördern und wo die guten Zwecke des Vereins durch die dort
bestehenden Regierungen unterstützt werden.
Wir haben also nun die gerechteste Hoffnung, daß die Klagen
über Seelenverkauf und Sclavenhandel bald aufhören werden,
obgleich diese leeren Worte auf keiner richtigen Beurtheilung der
bisherigen Verhältnisse beruhen, weil man nichts mit der Seele,
aber vieles mit dem Beutel der Auswandernden zu thun haben
wollte; weiße Sclaven gibt es nicht, weil alle Auswanderer bei
ihrer Ankunft in überseeischen Ländern frei waren und frei blieben,
auch nur aus eigenem Antriebe oder aus Noth diese oder jene
Beschäftigung zu ergreifen gezwungen waren; alle diese Verhält-
nisse konnten aber den hiesigen Agenten oder Schiffsmäklern keinen
Vortheil oder Nachtheil bringen und waren ihnen völlig gleich-
gültig. Anstatt also von Seelenverkäuferei und weißen Sclaven-
handel zu sprechen, hätte man richtiger von der Geldprellerei
sprechen sollen, die leider schon seit vielen Jahren in manchen
Städten am Rhein, unter dem Aushängeschild von Agenturen,
tolerirt und gesetzmäßig betrieben wird. Als nun diese Herren
ihr Monopol durch Fremde beeinträchtigt und ihren Verdienst da-
durch geschmälert glaubten, brachten sie alle Triebfedern in Be-
wegung und verschrieen die Fremden, die die Sache vielleicht für
geringere Preise unternommen hätten. Der beste Beweis dieser
Behauptung ist, daß wir am Rhein dergleichen Geschäfts - Bu-
reaur haben, die noch im vorigen Jahre 40 -- 50,000 Gulden,
nach Abzug aller Kosten, reinen Gewinn übrig hatten; die Schiffs-
rheder und Correspondenten in Amerika werden wahrscheinlich
auch nicht umsonst arbeiten wollen, und es läßt sich demnach be-
urtheilen, wie viel dem Auswanderer übrig bleibt, um allen diesen
Anforderungen Genüge zu leisten. Wie oft ist es schon vorge-
kommen, daß Auswanderer, mit Contracten der dortigen Agenten,
den Rhein oder Main herunter gekommen sind und man ihnen
hier sagte: „Ja, lieben Leute, die Frachten sind, durch den gro-
ßen Andrang der Auswanderer, seit ein Paar Tagen in die Höhe
gegangen und ihr müßt, wenn ihr nicht warten wollt, noch so
viel Gulden oder Thaler nachzahlen.“ Vor noch nicht sehr langer
Zeit wurden auch nebenbei Ländereien in den Verein. Staaten
ganz wohlfeil verkauft; die Hälfte des Preises wurde gleich ent-
richtet, die andere Hälfte bei der Ankunft in Amerika; die Länder
waren wohl da, aber in welcher Gegend, in welcher Entfernung
von den Landungsplätzen, von allem menschlichen Verkehr!!
Der neue Verein wird nun wohl diesen bisher bestandenen
Mißbräuchen abhelfen, wenn er die Einsicht und Kraft hat, das
Uebel an der Wurzel ausrotten zu wollen, und dadurch die Er-
wartungen rechtfertigt, die ganz Deutschland sich von seiner Wirk-
samkeit verspricht. Ob der Auswanderer während der Reise ein
wenig bessere oder schlechtere Nahrung erhält, ist keine Hauptsache
und hat auf seine Zukunft keinen Einfluß; es leben in diesem
Augenblick vielleicht tausende von Familien in Europa von schlechten
Kartoffeln und die Anforderungen der Auswanderer sind in dieser
Hinsicht gewiß leicht zu befriedigen; man beschäftigt aber oft die
Aufmerksamkeit des Publikums durch Nebendinge, um die Haupt-
sachen in Vergessenheit zu bringen.
Weinheim.Gotthardt Meerfeldt. Warnung vor Südcarolina
als Einwanderungsziel.
Charleston, Anfangs Januar.
Den Deutschen, welche in der neuen Welt eine neue Heimath
suchen wollen, ist durchaus nicht zu rathen, hierher zu reisen; denn
das Klima sowohl als die Beschaffenheit des Landes sagt keinem
Deutschen zu. Selbst die Eingebornen bleiben nicht gänzlich von
den Einflüssen der Witterung in den Wintermonaten befreit und
im Sommer sind sie dem gelben Fieber ausgesetzt. Die Gegend
um die Stadt ist eine ungeheuere Ebene, von holzigem Sumpf
und großen Sandflächen. Schnee hat man hier zwar nicht, aber
Kälte, Nebel und Regen genug. Jn dieser Zeit geht keine Dame
aus und sollten sie einen ganzen Monat eingekerkert bleiben. Für
einen Weißen ist es lebensgefährlich, eine Nacht im Freien zuzu-
bringen, bis der erste Frost gefallen, dann kann man aber ohne
Gefahr ins Land gehen. Reis und Baumwolle, auch etwas Tabak
ist das Erzeugniß und Handel. Alles andere kommt von dem
Norden, was die Lebensmittel sehr theuer macht. Der Sclaven-
handel ist hier bedeutend, weil die Feldwirthschaft ganz allein
durch Neger betrieben werden muß. Deutsche würden niemals
in den Reisfeldern arbeiten können, weil sie dabei tagelang im
Wasser stehen müssen. Die Sclaven sind in einem hohen Preise,
daher sie auch sehr gut behandelt werden; kürzlich wurden 2 Mu-
lattinnen, jede für 500 Dollars, verkauft. Weiße Dienstmädchen
sind hier sehr gesucht und da sie weder zur Feldarbeit und über-
haupt nicht zur schweren Arbeit benutzt werden, so unterliegen sie
auch nicht dem Klimafieber. Wenn ein Bremer Schiff erwartet
wird, speculiren schon funfzig auf deutsche Mädchen, es ist ge-
wöhnlich Reißens um sie und sie bekommen einen sehr hohen Lohn;
aber trotzdem bleiben sie nicht lange ledig.
Nachrichten aus Newyork.
Ende Januar.
Die Stadt hat sich seit zwei Jahren nicht allein sehr ver-
größert, sondern auch sehr verschönert und von dem letzten großen
Brande ist keine Spur mehr sichtbar. An die Stelle mancher
alten und kleinen Häuser sind größere und schönere, ja selbst
Paläste getreten. Jm untern Theil des Broadway ist ein großes
Kaufhaus entstanden, zu dessen Bedienung 120 Commis nöthig
sind und wo der Käufer alles findet, was Geschmack, Mode und
Luxus nur verlangen kann; für den deutschen Kaufmann möchte
die gute Zeit wohl vorbei sein, die Concurrenz ist zu bedeutend,
und also im Detailhandel wenig mehr zu verdienen. Die mit
jedem Jahre zunehmende große Anzahl von Einwanderern hat
schon seit Jahren Besorgnisse eingeflößt, weil so viele arm und
krank hier ankommen und ohne Mittel sind, ihre Reise nach den
Gegenden, wo sie sich anzusiedeln gesonnen waren, fortzusetzen.
Sie nehmen gewöhnlich die Unterstützung der so verdienstvollen
„deutschen Gesellschaft“ in Anspruch; allein diese Gesellschaft
hat weder die Bestimmung und noch weniger die Mittel, die Ein-
wanderer durch Geld zu unterstützen, sondern muß sich darauf
beschränken, den armen Leuten Rathschläge zu ihrem Fortkommen
zu geben. Auch beim Congreß ist von sämmtlichen Seestädten
auf die nachtheiligen Folgen der immermehr überhand nehmenden
Einwanderungen aufmerksam gemacht worden. Derselbe wird
aber schwerlich sich zu ernstlichen Maaßregeln verstehen, weil ihm
daran gelegen ist, die unverkauften Staatsländereien so bald und
so hoch als möglich zu verkaufen, und der sich nicht darum be-
kümmert, welche Nachtheile für den Einzelnen entstehen; die ein-
zelnen Staaten werden wohl durch Partikulargesetze sich selbst zu
schützen versuchen müssen. Ueber die Behandlung deutscher Aus-
wanderer sind hier viele empörende Erzählungen im Umlauf und
die deutsche Schnellpost, sowie mehrere hiesige andere Blätter sind
davon angefüllt: So kam unter anderem ein Schiff von Bremen,
welches zu viel Auswanderer am Bord und 112 Tage auf der
Reise zugebracht hatte. Von diesen waren auf der See schon
47 Menschen gestorben, und von den Uebrigen kamen die meisten
gefährlich krank ans Land; wo sie im Spitale gut verpflegt wur-
den. Von Liverpool kam ebenfalls ein Schiff mit Auswanderern
an, welches 65 Tage, also sehr lange, auf der Reise zugebracht
hatte. Alle Lebensmittel waren aufgezehrt, Krankheit und Seuchen
herrschten auf dem Schiffe und 20 Personen waren auf der Reise
gestorben. Nur durch die Vermittelung eines Cajütpassagiers
war es möglich gewesen, die übrigen am Leben zu erhalten. Der
Capitän benahm sich äußerst roh, und versagte ihnen oft selbst
das nöthige Wasser; nicht selten wies er sie mit Schlägen vom
Wasser fort, und fortwährend theilte er mit dem Stocke oder mit
einem Stricke Schläge aus, erlaubte keinem von den Zwischendeck-
Passagieren auf das Deck zu kommen; daher war der Zustand
im Zwischendeck furchtbar, zumal der Scorbut überhand genommen
hatte. Einer, der am Sterben lag, schleppte sich zum Wasser-
behälter; als der Capitän es bemerkte, trieb er ihn mit Fuß-
tritten davon weg; 2 Stunden hernach starb der Mann. Der
Schiffsverwalter wurde vom Schiffslieutenant halbtodt geprügelt;
ein Cajütenpassagier hielt letzterm die Pistole vor den Kopf, sonst
würde er erstern vielleicht umgebracht haben.
Jetzt liegt der Mann im Hospital, wo der Capitän sein
Stillschweigen mit 50 Thlr. erkaufen will. Die Sache wird ge-
richtlich untersucht. Ein preußisches Schiff mit Auswanderern war
mit keinem Chronometer versehen und so schlecht verproviantirt, daß
die Auswanderer zuletzt rohe Erbsen und auch diese nur noth-
dürftig zur Nahrung erhielten, um sich vom Hungertode zu retten;
dazu nahm das Schiff noch einen unglücklichen Cours gegen die
Jnsel San Juan, lief in den ungesunden Hafen ein, um Lebens-
mittel zu erhalten, fand aber nicht mehr, als was von 100
halb verhungerten Menschen in einer Mahlzeit aufgezehrt werden
konnte. Da sie wegen widriger Winde 9 Tage dort liegen bleiben
mußten, so waren sie gezwungen, durch den Genuß von einer
Art wilder Früchte ihr kümmerliches Leben zu fristen. Jn Blue-
fields angekommen, brach die Seuche unter ihnen aus, und lieferte
über 40 in die Hände des Arztes, welcher sich ihrer jedoch muster-
haft annahm. Dennoch sind mehrere davon gestorben, und die
übrigen werden ihr Mosquitokönigreich schwerlich erreichen. Der
engl. Generalconsul Walker hat sich ihrer sehr menschenfreundlich
angenommen; er sorgt auf seine eigenen Unkosten für ihren Unter-
halt; Frau und Tochter aber haben die Pflege übernommen. --
Der Capitän des „Frisch“ soll die Leiden der Emigranten sehr
vermehrt haben, wird aber schwerlich zur Verantwortung gezogen
werden können, weil er mit einem Mädchen entwichen ist.
Mehrere solche Schilderungen von der Behandlung der Aus-
wanderer auf den Schiffen sind zwar schon viel bekannt worden,
aber sie können nicht oft genug wiederholt werden.
Literatur.
Die Auswanderung nach Texas. Ein Handbuch
und Rathgeber für Die, welche sich dem Mainzer oder
Antwerpener Verein anvertrauen. Mit einer colorirten Karte
und der neuen Constitution von Teras. Bremen, Verlag
von C. Schünemanns Sortiments = Buchhandlung. 1846.
Preis 16 gGr.
Tausende unserer deutschen Brüder und Schwestern sind schon
gerüstet, um, sobald der Frühling kommt, ihr altes Vaterland mit
einem neuen zu vertauschen, in welchem sie freier und ungehinderter
ihr tägliches Brod verdienen und für das Fortkommen ihrer Kinder
besser sorgen zu können hoffen. Tausende rüsten sich, um dasselbe zu
thun in gleicher Absicht, und viele Tausende werden sich noch rüsten;
denn ihr, der Auswanderung, ist jetzt keine Grenze mehr zu setzen,
sie mag nun ihren Grund in den bestehenden Verhältnissen Deutsch-
lands oder in der, in dessen Bewohner gefahrenen Wuth, seine Hei-
math mit einer andern zu vertauschen, oder in weisen Absichten der
Vorsehung haben. Viele von den Fortziehenden verlassen das alte
Vaterland, ohne bestimmte Begriffe von dem Lande zu haben, das
ihnen ein neues Vaterland werden soll. Niemand nimmt sich ihrer
an, die gedruckten Rathgeber und die Auswanderungs = Zeitungen aus-
genommen. Erstere werden daher mit Begierde gelesen und letztere
sind von allen, die ein Herz für die Auswandernden haben, mit
Freuden begrüßt und als der kräftigsten Unterstützung werth empfohlen
worden. Für solche, die nach Texas auswandern wollen, ist das
oben angezeigte Büchlein geschrieben worden. Es enthält laut der
Vorrede Anweisung, wie die Auswanderer sich auf den verhängniß-
vollen Schritt vorzubereiten haben, und wie sie die Reise selbst mit
der möglichsten Sicherheit und den geringsten Kosten antreten und zu-
rücklegen können, und gibt Winke, wie sie dort sich einzurichten haben,
um für sich und die Jhrigen eine günstige Stellung zu gewinnen, und
was sie meiden müssen, wenn sie ihr Ziel nicht verfehlen oder in die
Hände schlauer Betrüger fallen wollen, die auch dort darauf ausgehen,
den Unerfahrenen und Leichtgläubigen auszubeuten. Der unbekannte
Verfasser ist nicht selbst in Texas gewesen, hat aber, wie er sagt,
die besten Hülfsmittel zu seinem Büchelchen benutzt.
Auf eine kurze Geschichte des Landes, welche den Aufstand der
Texaner gegen Meriko, sowie deren Lossagen von demselben rechtferti-
gend beschreibt, und bis zum Anschluß des unabhängigen Texas an
die Vereinigten Staaten reicht, folgt die Beschreibung des Landes
selbst. Die Begrenzung, wie sie Texas festgesetzt hat, ist von Mexiko
noch nicht anerkannt; das Gebiet, welches es wirklich in Besitz hat,
beträgt nur etwa 150,000 englische oder etwas über 7000 geogra-
phische Quadratmeilen. Die 80 deutsche Meilen lange Küstenstrecke
hat zahlreiche, zum Theil ziemlich große Baien oder Buchten, in
welche sich die meisten Flüsse des Landes ergießen; sie sind aber durch
lange und schmale, sich nur wenig über den Wasserspiegel erhebende
Jnseln von dem Meere getrennt, so daß für die Schiffe nur hin und
wieder enge, zum Theil ziemlich verschlemmte Einfahrten vorhanden
sind, nicht ohne Gefahr für tiefer im Wasser gehende Fahrzeuge, zu-
mal da die unter dem Wasser befindlichen Sandbänke bei Stürmen
zuweilen ihre Lage verändern. Zunächst der Küste ist das Land niedrig
und eben und besteht aus angeschwemmtem, theils sehr fruchtbarem,
theils etwas sandigem Boden, doch finden sich keine Ansammlungen
stehender Gewässer; tiefer landeinwärts zeigt sich die hügelichte Ab-
theilung des Landes, die den bei weitem größten Theil einnimmt.
Der wellenförmige Boden erhebt sich hin und wieder zu ansehnlicheren
Höhen, von welchen man einer reizenden Aussicht in die schönsten
Landschaften genießt, gegen Nordwest aber zu den hohen Bergrücken,
welche etwa 40 Meilen von der flachen Gegend des Küstenlandes
entfernt liegen, treffliche Weiden bilden und sich deßhalb vorzüglich
zur Viehzucht eignen. Nennenswerthe Flüsse sind: der Sabine,
der Neches, der Trinidad oder Trinity, der San Jacinto, der Brazos
de Dios, gewöhnlich nur Brazos genannt, der Colorado, der Gua-
dalupe, der Nueces, der Rio Grande, der Red River und der Ar-
kansas in dem noch streitigen Gebiete. Die Bayons, gewöhnlich
nicht lange, aber mehrentheils tiefe Gräben, in welchen sich die Ge-
wässer niedriger, sumpfiger Gegenden sammeln, eine eigenthümliche
Erscheinung in den südlichen Staaten von Nordamerika, kommen auch
in Texas häufig vor. Sie gewähren den umliegenden Gegenden den
Vortheil, daß sie ihnen die überflüssige Feuchtigkeit entziehen; wo sie
fehlen oder nicht hinreichend sind, ist das Land sumpfig und zum An-
bau untauglich. Es gibt Seen mit süßem Wasser, auch einige
Salzseen, und mit Ausnahme des niedrigen Landes an der Küste des
mexikanischen Meerbusens fast überall gutes Wasser. Die Frucht-
barkeit des Bodens, in einem Lande von solcher Ausdehnung ver-
schieden, läßt im Ganzen nichts zu wünschen übrig. Land, das weder
zum Ackerbau, noch zur Viehzucht tauglich wäre, gibt es sehr wenig.
Die Prairien, große Wiesenflächen, die zuweilen viele tausend Morgen
enthalten, sind mit einem üppigen Pflanzenwuchse und frischem Grün
bekleidet; in manchen Gegenden ist das Gras dieser Prairien hoch, aber
rauh, und muß jung gemäht werden, wenn es zum Viehfutter dienen
soll; in andern Gegenden gibt es ein zarteres Gras, Musquitgras
genannt, das seine nährenden Eigenschaften auch, nachdem es trocken
geworden und scheinbar abgestorben ist, behält. Das Klima, über
welches mehr hätte gesagt werden sollen, ist etwa dem des südlichen
Jtalien gleich. Die Nächte im Sommer sind kühl. Den Einwan-
derern aus dem nördlichen Europa ist zu rathen, sich nicht der heißen
Mittagssonne auszusetzen. Jm Winter frieren die fließenden Gewässer
niemals und die stehenden werden nur mit einer dünnen Eisdecke über-
zogen. Das Vieh bedarf während des ganzen Jahres keiner schützen-
den Ställe und findet auch im Winter immer hinreichendes Futter im
Freien auf den Wiesen. Der Landstrich nördlich vom Red River bis
zu den Quellen des Rio Grande hat jedoch ein rauheres Klima und
strengeren Winter. Das Küstenland sagt der Gesundheit der europäi-
schen Ansiedler weniger zu, und hier hat sich auch 1839 das gelbe
Fieber gezeigt. Wer in den höher liegenden Gegenden, wo die Luft
rein und gesund ist, mäßig lebt, gut zubereitete Speisen
genießt, sich des Branntweintrinkens enthält und sich
vor Erkältungen hütet, wird nicht leicht von Krankheiten be-
fallen und kann ein hohes Alter erreichen.
Texas ist reich an Producten; sie sind theils dem Lande eigen,
theils aus andern Gegenden dorthin verpflanzt. Mais ist das ein-
träglichste Erzeugniß des Landes; aber auch Weizen, Gerste, Hafer
und Buchweizen finden angemessenen Boden in den mittleren und nörd-
lichen Gegenden. Das Zuckerrohr findet in den niedrigen Gegenden
einen eben so guten Boden und noch besseres Klima als in Louisiana.
Die süße Kartoffel, Batatte, gedeiht vortrefflich. Mehrere Arten
von Bohnen, Rüben, eßbare Kürbisse, Zucker = und Wassermelonen
werden gezogen. Jn den Wäldern gibt es wilden Wein, und an-
gestellte Versuche haben bewiesen, daß edlere Weinsorten, die dorthin
verpflanzt wurden, einen sehr geschätzten Wein geben. Eins der wich-
tigsten Erzeugnisse ist die Baumwolle, die in England wegen ihrer
Länge und Feinheit den besten Sorten der südlichen Staaten gleich-
geschätzt und bezahlt wird. Die Tabakspflanze gedeiht vorzüglich,
und der Tabak ist von vorzüglicher Güte. Die Jndigopflanze
ist einheimisch und die Cochenille findet sich in den unfrucht-
baren Gegenden, die nicht zur Viehzucht und zum Ackerbau taugen.
Die Baumarten sind dieselben, wie in den übrigen Vereinigten
Staaten, einige sind jedoch Texas eigenthümlich. Der Viehzucht
ist das Land sehr günstig. Fünf = bis sechsjährige Ochsen sollen zu-
weilen 10 -- 14 Centner wiegen. Schweine vermehren sich sehr stark.
Auch wilde Pferde gibt es, und in den nordwestlichen Gegenden, be-
sonders im Winter, zahlreiche Büffelheerden; doch ziehen sich diese immer
mehr in die unbewohnten Gegenden zurück. Jagdbare Thiere sind
der nordamerikanische Hirsch oder das Musethier, der nordamerikanische
Bär, der aber nicht brummt, sondern heult, der Waschbär, das Pakari,
ein kleines, wildes Schwein, dessen Jagd Vorsicht erfordert, Hasen,
Kaninchen, auch fliegende, Beutelthiere und Stinkthiere. Von den
Raubthieren fügt keins dem Menschen Schaden zu. Das Feder-
vieh vermehrt sich stark; die Hühner legen den ganzen Winter hin-
durch Eier, und an wildem Geflügel ist das Land sehr reich.
Jn den größeren Flüssen halten sich Alligatoren, eine Art Kro-
kodille, die eine Länge von 16 Fuß erreichen, auf und von den
Schlangen finden sich die Klapperschlange, gegen deren Biß man
Mittel hat, die Kupferschlange, Mocassirschlange und die Prairie-
schlange, die alle giftig sind. Fische in zahlreicher Menge in den
Buchten am Meere und in Flüssen und viele wilde Bienen in
hohlen Bäumen. Die lästige Plage, die Musquitos, findet sich auch
dort. Der Mineralreichthum ist noch wenig bekannt. Kupfer ist
in gediegenen Stücken gefunden worden, Blei und Zink sind ebenfalls
vorhanden, am meisten Eisen. An Salz ist kein Mangel.
( Schluß folgt. )
Rathgeber für Auswanderungslustige. Wie und
wohin sollen wir auswandern: nach den Vereinigten
Staaten oder Britisch Nordamerika -- nach dem Land jenseits
der Felsengebirge oder dem Freistaat Teras -- Santo Thomas
oder der Musquitoküste, Süd = Amerika oder Westindien --
Afrika oder Asien -- Süd = Australien oder Neu = Seeland? --
Sollen wir nach Rußland oder Polen -- nach Ungarn oder
Siebenbürgen -- Serbien oder Griechenland ziehen -- oder
ist es besser, unsere Kräfte den weniger cultivirten Theilen
unsers deutschen Vaterlandes zu widmen? -- Eine umfassende
Beleuchtung der bisherigen deutschen Auswanderung und aller
deutschen Ansiedlungspläne, Beschreibung der in Vorschlag
gebrachten Auswanderungsgebiete und gewissenhafte Schilde-
rung derer Vortheile und Nachtheile. Von Traugott
Bromme. Mit 17 Karten und Plänen. Stuttgart, Hoff-
mann 'sche Verlags = Buchhandlung. 1846.1 1 / 2 Rl.
Wenn wir den Titel dieses Buches auch nicht deßhalb geradezu
einen falsch gewählten nennen wollten, weil der Verf. in demselben oft
da, wo es sich um wichtige Aufschlüsse für den Auswanderer handelt,
ja, in der Einleitung schon auf sein früher erschienenes „Reise = und
Handbuch für Auswanderer“ hinweiset und Seite 15 sogar ausdrücklich
bemerkt: „die vorliegende Schrift ist ( im Gegensatze zu dem Reise-
und Handbuche ) für größere Gesellschaften, Behörden und alle Volks-
und Vaterlandsfreunde bestimmt“, so hätten wir doch gern gesehen,
er hätte dieß in dem ohnehin schon langen Titel auch mit angekündigt.
Mancher wenig bemittelte Auswanderer wird durch den Titel verlockt,
sich in dem Rathgeber ein Buch zu kaufen, das zunächst gar nicht
für ihn bestimmt, für ihn, wenigstens ohne das mehrerwähnte ältere
Werk des Verf., unbrauchbar ist und, zusammen mit jenem, ein häufiges
Nachschlagen bezeichneter Stellen erfordert. Für Auswanderer, d. h.
für die bei weitem größere Zahl derselben, ist der kürzeste, bündigste
Rathgeber der beste; Raisonnements über Pläne und Jdeen, welche
meistens sich nur auf dem Papiere gut ausnehmen, interessiren ihn
nicht, meistens verwirren sie ihn, bringen ihm falsche Begriffe bei.
Der Auswanderer muß in einem „Rathgeber“ erfahren, was er am
Ziele seiner Wanderung vorfinden wird, er muß auf das Gute klar
aufmerksam gemacht, vor dem Schlechten und Gefährlichen ebenso klar
gewarnt werden. Hiernach wird es wohl jedem einleuchten, daß der
„Rathgeber für Auswanderungslustige“, trotz seiner sonstigen Vor-
trefflichkeit, streng genommen gar kein Rathgeber für Auswanderer,
dagegen ein, allen Behörden und größeren Auswanderungsgesellschaften
zu empfehlendes Buch ist.
Hienach könnten wir die kritisirende Feder aus der Hand legen,
da wir mit dem Meisten des vom Verfasser Gesagten einverstanden
und einzelne Punkte, in denen unsere Ansicht von den seinigen abweicht,
zu wenig erheblich sind, als daß wir zu ihrer Erörterung einen größern
Raum in diesem Blatte in Anspruch nehmen möchten. Nur über einen
Punkt müssen wir uns noch näher aussprechen, weil dieser für den
einzelnen Auswanderer, wie für Gesellschaften unstreitig einer der wich-
tigsten, wenn nicht der allerwichtigste ist, der berücksichtigt werden muß.
Der Verf. sagt nämlich in seiner Schilderung des Gesundheits-
zustandes des Mississippithals: „Jm Allgemeinen kann man das Land
oberhalb des 36° N. Br. gesund nennen.“ Oberhalb des 36° N. Br.
liegt ein Theil Nord = Carolinas, ein Theil Tenessees, fast die Hälfte
des Staats Arkansas, ferner Missouri, Jowa, Jllinois, Wisconsin,
Jndiana, Michigan, Süd = Kentucky, West = Virginien, West - Pennsyl-
vanien. Von diesen sind ganz Nord = Carolina, ganz Arkansas, ein
Theil Tenessees, ganz Missouri, der bei weitem größere Theil von
Jllinois, manche Gegenden Ohios, einige Kentuckys und einige West-
Virginiens ungesund, d. h. ungesund für den deutschen Ackerbauer,
und der Bauernstand ist ja doch eben derjenige, den man vorzugs-
weise im Auge hat, wenn man von deutscher Auswanderung spricht.
Der Hr. Verf. gibt als Hauptursachen der in jenen Gegenden ein-
heimischen Krankheiten Veränderlichkeit der Witterung und Ausdün-
stungen des Bodens an, zeigt sich dagegen aber geneigt, die dritte,
häufig angegebene, die Beschaffenheit des Trinkwassers nämlich, nur
für Bottomländereien gelten lassen zu wollen. Wir müssen die dritte
Ursache leider für voll mitzählen, da die meisten Prairien von Jllinois
z. B. schlechtes, im Sommer warmes, oft stinkendes Wasser haben.
„Mehr Einfluß,“ fährt der Verf. fort, „hat der schnelle Wechsel der
Temperatur, hauptsächlich auf Erkältungen, Wechselfieber ec., doch ist
dieses auch in Deutschland der Fall.“ Dem müssen wir entschieden
widersprechen, denn so plößlich ist in Deutschland nie der Uebergang
von Hitze zur Kälte, so oft wie in Amerika wechselt die Temperatur
in Deutschland in einem Tage nicht, und dieser Wechsel wird gerade
da, wo ohnehin ein von dem Deutschlands sehr verschiedenes Klima
herrscht, vom Einwanderer am empfindlichsten empfunden.
„ Die zweite Ursache der Krankheiten“, sagt Bromme, „die Aus-
dünstungen des Bodens im Mississippithale, ist am meisten zu berück-
sichtigen, wird aber in allen Ansiedelungsgebieten beobachtet.“ Das
ist richtig, doch sind die Ausdünstungen des Bodens natürlich da am
stärksten, wo der Boden fett und die Macht der Sonne so groß ist
wie im Mississippithale. Jn ganz gesunden Gegenden wirkt allerdings
auch die Bearbeitung des rohen Bodens nachtheilig auf die Gesundheit
des Arbeiter, indem sie Kopfschmerz und Unlustigkeit erzeugt, aber
im Mississippithale tritt dafür das Fieber ein, welches auch den Stärk-
sten mürbe macht, daß er, wenn es ihm möglich ist, in eine andere
Gegend flieht.
Vollkommen stimmen wir damit überein, daß der Deutsche sich
daran gewöhnen müsse, mehr Gartenfrüchte zu ziehen, wenigstens
Abends sich der Fleichspeisen zu enthalten und statt dieser Milch und
Brod zu genießen. Aber wenn es auch ein guter Rath des Verf.
ist, wenn er sagt: „vor Regen hüte man sich; denn die Nässe ist
dort weit nachtheiliger wie in Deutschland, und wenn man auch nur
von einem leichten Regen angefeuchtet ist, fühlt man gleich, selbst bei
warmer Luft, ein Frösteln durch den ganzen Körper, dem Erkältungen
oder Fieber folgen, wenn man sich nicht sogleich umkleidet,“ so möchten
wir ihn doch fragen, wie ist es möglich, daß ein Ackersmann sich
vor Nässe, vor Regen schützen, und, ist er naß geworden, sofort die
Kleider wechseln kann? -- „Auch wer bei der Arbeit in Schweiß
gerathen ist, wechsele sogleich die Wäsche, und bei feuchtem Wetter
versäume man nicht, Morgens und Abends ein kleines Feuer im Kamin
anzuzünden, wenn auch die Wärme unangenehm sein sollte. Besonders
nehme sich der Arbeiter während der Sommerhitze in Acht, strenge
sich nicht zu sehr an, arbeite des Vormittags nur bis 10, höchstens
bis 11 Uhr auf dem Felde, und gehe Nachmittags erst zwischen 3
und 4 Uhr wieder aufs Feld; in dieser Zeit sei man vor Allem mäßig
in der Diät, vermeide hitzige Getränke und trinke nie frisches, aus
einer kalten Quelle geschöpftes Wasser, wenn man erhitzt ist.“ Wollen
wir fast das Unmögliche annehmen, wollen wir nämlich glauben, es
sei dem Ansiedler möglich, in jenen Gegenden sich der geringsten Arbeit
zu unterziehen, ohne in Schweiß zu gerathen, oder, gerieth er in
Schweiß, sogleich die Wäsche wechseln zu können, wollen wir auch
überhaupt zugestehen, der Landmann könne ganz so leben, wie der Hr.
Verf. es für nothwendig hält, so ist ja schon die fortwährende Be-
sorgniß für Gesundheit und Leben eine peinliche Last, die jeden Lebens-
genuß verbittern muß. Jst es denn da nicht besser, lieber eine ganz
gesunde Gegend aufzusuchen, wo vielleicht der Boden etwas minder
ergiebig ist, wo man aber doch seines Lebens froh werden kann? --
Wir müssen uns nochmals gegen deutsche Niederlassungen in jenen
Gegenden erklären, wiederholen aber mit Vergnügen, daß wir im
Uebrigen in dem „Rathgeber“ ein gediegenes, jedem Gebildeten und
namentlich allen Behörden zu empfehlendes Werk kennen gelernt haben.
R.
Amerikanische Erfahrungen. Winke und Warnungen
für Auswanderungsluste, von Friedrich Vulpius. Mit
einem Vorwort von H. Püttmann. Verlagsbuchhandlung
zu Belle = Vue. 1847.
Der Verf. dieser Erfahrungen sagt zwar in der Vorrede, er
hatte während seines Aufenthaltes in den Verein. Staaten von Nord-
Amerika Gelegenheit, mit allen Massen der Gesellschaft zu verkehren
und Land und Leute aufs Genauste kennen zu lernen, wenn wir aber
sein Werk durchgehen, so fühlen wir uns zu glauben versucht, daß
er sich nur in solchen Kreisen bewegte, welche jeder Gebildete ver-
meidet und daß er seine, im Staate Missouri gesammelten Erfahrungen
als Grundlage benutzt, um danach den Character und die Sitten
aller Amerikaner, sogar das Klima aller Staaten, die Ackerwirthschaft
in der ganzen Union, kurz Alles zu beurtheilen und sich darüber in
Schmähungen zu ergießen, welche er nie vor seinem Gewissen noch
weniger vor denjenigen verantworten kann, welche seine Aeußerungen
für wahr halten und sie zur Richtschnur nehmen. Wir machen uns
anheischig, aus diesem Buche zehnmal mehr Unrichtigkeiten und Unwahr-
heiten hervorzuheben, als es Druckbogen enthält. Was bleibt dann
übrig? -- Nichts! nichts wenigstens, was nicht der allergewöhnlichste
„Führer“ oder „Rathgeber“ ebenso gut und besser gäbe.
Wenn wir somit das Buch des Hrn. Vulpius als ein Werk be-
zeichnen, welches dem Verfasser nur zur Absorbirung seiner Galle,
zu unwürdigen, verläumderischen Angriffen auf das amerikanische Volk,
auf seine Sitten, Gebräuche und Jnstitutionen diente und daher ein
Jrreleiter für jeden Auswanderer und ein Beweis für, gelinde gesagt,
die Unbedachtsamkeit des Verfassers ist; wenn wir, mit einem Worte,
das Werk als das schlechteste bezeichnen, welches uns bisher über
Amerika zu Gesicht gekommen ist, so fällen wir dieses Urtheil nach
der reiflichsten Prüfung, und lassen hier nur einige wenige Beweise
zu unserer Rechtfertigung folgen. Dem Leser werden diese wenigen
Proben vulpius'scher Gründlichkeit genügen; sollte der Verf. sich aber
ungerecht von uns beurtheilt wähnen, sollte er der Beweise noch mehre
wünschen, so werden wir ihm mit einer Nachlese aufwarten.
Seite 5. sagt der Verf., die Whigs hätten vor einigen Jahren
einen Zolltarif erlassen, der alle, für die Masse des Volks unentbehr-
lichen Einfuhrartikel mit 30$%$ besteuerte, die Luxusartikel für die
Reichen dagegen fast frei eingehen ließ. Hierauf wollen wir nur
bemerken, daß 30$%$ Eingangszoll auf solche Waaren gelegt war,
mit deren Fabrikation sich auch Fabriken in Amerika beschäftigten; es
war also ein Schutzzoll zur Hebung der Jndustrie. Von jeher aber
und bis auf den heutigen Tag waren Weine, Liqueurs, feine Tuche,
Seidenwaaren, Schmucksachen ec. viel höher besteuert. -- S. 11.:
„Ueberall trifft man eine Menge Unbeschäftigter, die keine Arbeit
finden können, oder Tagediebe und Lumpen, die keine finden wollen,
welche sich nun in den Kost = und Schenkhäusern ( Schenkhäuser über-
setzt der Verf. mit groceries, Schenkstuben mit bars) aufhalten und
mit Kartenspiel und allen möglichen anderen langen Fingerkünsten er-
halten.“ Wir wollen den Verf. nicht mit seinen eigenen Worten schlagen,
indem er mehr als einmal vorwurfsweise bemerkt, der Amerikaner sei
in einem ewigen Rennen und Jagen nach Geld begriffen; wer nur
einmal in Amerika war, wird wissen, daß das Wirthshausleben nirgends
so wenig Sitte ist, als dort. Kartenspiel ist in Wirthshäusern ver-
boten; es wird heimlich in den niedrigsten Spelunken getrieben, wohin
wir nie einen Fuß zu setzen wagten; der Verf. muß sich aber wahr-
scheinlich in einer Sphäre bewegt haben, die ihm jene Orte als Er-
holungsorte anwies. -- Seite 12. nennt der Verf. Amerika das Land
der Räuber, Spitzbuben, Hallunken und schlechten Gesindels aller Art.
„Der größte Spitzbube, sagt er, sei der angesehenste und geachtetste
Mann. „Alles dieses“ schließt er „ist keine Uebertreibung, es ist
leider die reine, bittere Wahrheit und bezieht sich nicht nur auf die
untern Classen des Volks, sondern auf alle. “ Wir geben dem
Verf. Recht, es ist keine Uebertreibung, aber, -- wie ja Jeder
sehen kann, der nie einen Fuß aus Deutschland setzte -- Unwahr-
heit. Der Verf. erfrecht sich, über eine ganze Nation, von der er
wahrlich bitterlich wenig, wie es scheint, nur die Hefe kennen lernte,
ein Urtheil zu fällen, welches Ausnahmen als Regel aufstellt. --
Seite 30: „die Regierung kümmert sich um die Einrichtung von
Volksschulen gar nicht.“ Zum Beweise des Gegentheils wollen wir
nur bemerken, daß z. B. im Staate Newyork alle öffentlichen Schulen
auf Kosten des Staats unterhalten werden. -- Jn dem Capitel über
„Sitten und Gebräuche“ herrscht die größte Verwirrung; der Verf.
gibt die der Landleute des Westens für die der Städter in der ganzen
Union aus, wodurch der größte Unsinn zu Tage gefördert wird. Jhm
zufolge rauchen alle Frauen in Amerika, jedoch auf der Straße nur
die gemeinen. Wer hat wohl jemals in Amerika eine gebildete, oder
auch nur eine Frau aus dem sogenannten Mittelstande mit der Pfeife
im Munde gesehen? -- dann hat er, ferner, gefunden, daß fast jeder
Amerikaner Morgens nüchtern einen bittern Schnaps trinke! -- solcher
Unwahrheiten folgt eine auf die andere. Waldland (woodland) heißt
nach ihm: timperland, während diese Bezeichnung doch nur für solche
Waldungen gilt, welche aus hochstämmigen, zu Bauholz tauglichen
Bäumen bestehen. Wie er sagt, sind alle Kartoffeln in Nordamerika
wässerig und geschmacklos.“ War der Verf. denn nie in den Staaten
Maine, New=Hampshire, Connecticut, Newyork und anderen,
wo die schönsten Kartoffeln zu finden sind? -- Nach seiner Behauptung
wird das Getreide in Amerika nicht gedroschen, sondern von Pferden
und Ochsen ausgetreten, und von den dortigen Mühlen sind die Mehr-
zahl Dampfmühlen. Kann wohl jemand seine Unkenntniß amerikani-
scher Verhältnisse besser, als durch Auftischung solcher Ungereimtheiten
manifestiren? -- „Jm Ganzen genommen ist das Klima im Sommer
heißer, im Winter kälter als in Deutschland.“ Dieser Ausspruch
gilt für ganz Nordamerika vom 45. bis zum 30.° N. Br., wenn
wir Texas gar nicht einmal mit rechnen wollen. Das ist doch wahrlich
ein Urtheil in Bausch und Bogen! Das kalte Fieber, sagt er, herrscht
dort überall. -- Ebenso wie er das Klima mit wenigen Worten,
summarisch, abhandelt, ebenso kurz und gleich verkehrt ist seine Liste
der Preise aller landwirthschaftlichen Erzeugnisse. Nach dieser Liste
sind die Preise im fernen Westen denen in den Seestädten gleich. Ein
Joch guter, starker Zugochsen, welches in Pennsylvanien von 40 -- 60
Dollars, in Ohio 30 -- 50 Doll. kostet, kostet nach ihm überall 25
D.; und so geht es weiter.
Es mag unglaublich klingen, ist aber nichts desto weniger wahr,
daß der Verf. dieses Schandflecks für die Auswanderungsliteratur sich
nicht damit begnügt, seine falschen Ansichten, seine Verdrehungen. Un-
wahrheiten und Verunglimpfungen zu publiciren, nein, er kritisirt
auch noch in einem besondern Anhange Grund's Werk für Auswan-
derer. Er, der auf den 174 Seiten seines Buches seine gänzliche
Unfähigkeit beweiset, etwas, nur einigermaßen Beachtenswerthes über
die Verein. Staaten zu schreiben, er maßt sich an, als Richter über
ein Werk aufzutreten, für welches das seinige als Enveloppe zu schlecht ist!
R. Vermischte Nachrichten.
Aus See. Das Hamburger Schiff „Stephany“ Capitain
Kröger, welches am 28. Oct. mit 160 Passagieren nach Newyork
absegelte, wird noch immer vermißt; doch hat sich die Nachricht, daß
es am 18. Dec. im Golfstrome untergegangen sei, nicht bestätigt.
Jn der jährlichen Generalversammlung der deutschen
Gesellschaft in Newyork wurde beschlossen, in Berücksichtigung
der in Deutschland herrschenden großen Noth und der wohl zu erwar-
tenden größeren Ansprüche an die Mitglieder, die übliche Jahresfeier
diesmal auszusetzen.
Der Dämpfer „Washington“ wird seine erste Reise nach
Bremen am 1. Mai antreten.
Jn New=Orleans soll eine Universität gegründet werden.
Die amerikanischen Statistiker sind fast einmüthig der Ansicht,
daß ihr Land im Stande sei, den Kornspeicher der ganzen
Erde abzugeben. Der Betrag der Ausfuhr im Jahre 1846 wird
auf 62 Millionen Dollars angeschlagen, und wahrscheinlich 1847 sich
noch viel höher belaufen.
Hamburg, 14. März. Das Project des Hrn. Sturz, am
Rio Plata eine deutsche Kolonisation, in der Art, wie es der Adels-
verein in Texas macht, zu begründen, ist als ein vorläufig wieder
aufgegebenes zu bezeichnen. Der Erfolg war zu ungewiß für die
großen Opfer und Anstrengungen, wovon die eine nichts Geringeres
zum Zwecke hatte, als den Bau eines Canals oder je nachdem auch
einer Eisenbahn zur Verbindung des Parana mit dem Uruguay.
Chur, 12. März. Einwohner aus Neu=Felsberg, dessen
stattliche Häusergruppe so freundlich über den Rhein herüber glänzt,
wollen eine dritte Felsberger Kolonie jenseits des Oceans gründen.
Gegen 50 Jndividuen verlassen dieser Tage die zweite Heimath, um
vereint ein günstigeres Loos in Amerika zu suchen. Die Rückbleiben-
den haben sie für ihren Antheil am Gemeindevermögen ausgekauft,
und ihnen überdieß auch ein Billiges von den von nahe und fern so
reichlich geflossenen Spenden verabreicht, so daß sie mit genügenden
Mitteln für die neue Ansiedlung versehen sind. ( A. Z. )
Baselland. Unser Mitbürger, Dr. Fein, findet den Auf-
enthalt in Amerika nichts weniger als idyllisch und sehnt sich herzlich
nach Liestal zurück. Er klagt über die „amerikanische Geldaristokratie;
der Großhändler gehe nicht mit dem um, der einen Laden halte; der
Detailhändler würde es sich zum Schimpf anrechnen, sich in gleicher
Gesellschaft mit Handlungscommis zu sehen; diese scheuen die Berüh-
rung mit Arbeitern; diese kreuzigen sich vor den Farbigen. Wissen-
schaftliche Bildung, Kunsttalent, ohne durch Reichthum gestützt zu sein,
gelte hier noch weniger im Preise, als selbst in dem egoistischen Eng-
land.“ -- Diese Beschwerden über Amerika sind nicht neu; Dichter
und Künstler, die nach Brod gehen, können in Amerika mit Schillers
Poeten ausrufen: „Ach, da ist überall nichts mehr zu sehen, und Alles
hat schon seinen Herrn.“ Jn Amerika ist Jeder für sich und Gott
für alle. Uebertreibungen à la Vulpius. ( Soloth. Bl. )
Aus Bocholt in Westphalen sowie aus mehreren Ortschaften
des Großh. Hessen wird geschrieben, daß die betr. Einwohner massen-
weise fortziehen wollen.
Aus Franken, 13. März. Unter den hier zu Lande zur Aus-
wanderung sich Rüstenden sind nicht wenige, welche sich in sehr guten Ver-
mögensumständen befinden. Diese rechnen gewöhnlich so, daß ein Ver-
mögen von 6--12,000 Gulden, welches jetzt der Familie Wohlstand
gewährte, bei der Theilung unter die einzelnen Familienglieder nicht
mehr ausreichen würde, deren Subsistenz zu sichern; während man
jenseits des Meeres mit einem verhältnißmäßig kleinen Capitale so viel
Land erwerben kann, daß bei gehörigem Zusammenwirken, bei Fleiß
und Ausdauer, allen eine sorgenfreie Zukunft bereitet werden kann.
( Mannh. J. )
D. Red.