Verein
zum
Schutze deutscher Einwanderer in Texas.
Ob in diesem Jahre die Zahl der Auswanderer, welche sich
dem genannten Vereine anschließen werden, größer oder kleiner
sein wird, als im verflossenen, läßt sich jetzt noch nicht voraus-
sehen. Der Verein hofft durch die Umgestaltung seiner Verwaltung
für die ihm sich Anvertrauenden besser und schneller sorgen zu
können, als es ihm vorher möglich gewesen ist, und Jeder, dem
Brüderwohl nicht gleichgültig, muß von Herzen wünschen, daß
die Hoffnung erfüllt werde. So viel ist gewiß, auf keinen Aus-
wanderungsschiffen erhalten die Passagiere so gute und reichliche
Kost, wie auf den Schiffen, welche der Verein von jetzt an aus-
sendet, und ist der Fortgang dem Anfange entsprechend, so bleibt
gewiß für alle, die sich anschließen, nichts zu wünschen übrig.
Jm Februar d. J. hat die General = Agentur des Vereins, M.
W. Settegast in Biebrich, die Bedingungen veröffentlicht, unter
welchen Auswanderer angenommen, und von Hamburg bis Gal-
veston, nicht mehr bis zur Kolonie, befördert werden. Vieles,
was in diesen Bedingungen enthalten ist, findet sich in Nr. 6 u.
7 unserer Auswanderungs = Zeitung, in dem Artikel „ Verhaltungs-
regeln für Auswanderer nach überseeischen Ländern“, und wir
könnten darauf verweisen; allein wir halten es für das beste,
das Ganze mitzutheilen, sowohl des Vereins wegen, der jene
Verhaltungsregeln zu den seinigen gemacht hat, theils Derer wegen,
welche jene Nummern der Zeitung nicht besitzen.
Neue Bedingungen des Vereins.
Nachdem nun abermals mit der Auswanderung ein Jahr
verflossen ist und diese in einem sehr hohen Grade zugenommen
hat, findet es der Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in
Texas zweckmäßig, denjenigen, welche entschlossen sind, ihr deut-
sches Vaterland mit einem fremden Welttheile zu vertauschen, seine
Bedingungen mitzutheilen.
Die Einschiffungen geschehen vorläufig in diesem Jahr in
Hamburg, und zwar vom Monat August bis December. Diese
Zeit ist nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen die der Ge-
sundheit zuträglichste, und auch schon deßhalb vorzuziehen, weil
die Einwanderer alsdann nicht so lange auf die Ernte zu warten
und von der mitgebrachten Baarschaft zu zehren haben.
Dem Hafen von Hamburg ist deßhalb der Vorzug gegeben
worden, weil hier die Fahrpreise nicht zu hoch, die Schiffe und
Proviant aber gut sind. Für Letzteren ist sehr gesorgt, und über-
trifft derselbe hierin alle andern Häfen, was auch aus der bei-
gefügten Tabelle zu ersehen ist. Wer die Seefahrten kennt und
weiß, welchen Qualen und Prellereien die Passagiere auf einem
schlecht verproviantirten Schiffe ausgesetzt sind, wird sich freuen,
für einige Gulden mehr diesem Allem von Haus aus überhoben
zu sein, zumal er doch noch viel spart, was sonst der Proviant-
meister auf unrechte Weise ihm abnimmt, will er nicht Hunger
leiden.
Effecten der Auswanderer.
Jn Betreff der Effecten ist zu bemerken, daß jeder erwachsene
Passagier über 12 Jahre 20 Cubikfuß und jeder unter 12 Jahren
10 Cubikfuß Raum frei hat, wobei es gar nicht auf die Schwere
der Gegenstände ankommt. 20 Cubikfuß ist eine Kiste von un-
gefähr 3 / lang, 3 / breit und2 1 / 2 / hoch. An Effecten ist vortheil-
haft mitzunehmen: Leinenzeug, Kleidungsstücke, tüchtig Schuh-
werk, metallnes Küchengeräth, Handwerkszeug, Ackergeräthe, Rie-
men, Sattelzeug, Matratzen, wollene Decken und Sämereien
aller Art.
Die Wäsche und Kleidungsstücke zum wechseln auf dem Schiffe
müssen extra verpackt sein, indem die andern Effecten in den untern
Raum des Schiffes kommen, wo der Passagier während der Reise
nicht mehr dran kann.
Ausweis der Auswanderer.
Als Ausweis werden verlangt, welche des Portos wegen
aber erst am Einschiffungsort vorgezeigt zu werden brauchen:
1 ) Tauf = und Heirathsschein,
2 ) Taufschein der Kinder,
3 ) Auswanderungs = Consens oder Paß,
4 ) Zeugniß der Ortsvorsteher oder Geistlichen.
Pfandgelder und Fahrpreise.
Da der Fahrpreis sich sehr nach der Oertlichkeit richtet, von
wo der Auswanderer fort geht, so ist dieser stets bei den ver-
schiedenen Herren Agenten zu ersehen. Dahingegen wird beim
Abschlusse des Vertrags jedesmal abschläglich auf den Fahrpreis
à Person fl. 15 beim Agenten deponirt und auf dem Vertrag
selbsten Quittung I. ausgefüllt. Ferner hat jeder Passagier vor
der Abfahrt von Hamburg 2 Dollar Hospital = und Einklarirungs-
geld zu bezahlen, indem der Schiffscapitän hierfür bei der Ankunft
in Texas verantwortlich ist.
Aufnahmeschein.
Der Aufnahmeschein für die Kolonie wird nur von der Ge-
neral = Agentur hier ausgestellt, und dem Accordanten bei der
Restzahlung des Vertrags ausgehändigt. Alle von andern als
dem Generalagenten ausgestellte Aufnahmescheine sind ungültig.
Durch den Aufnahmeschein schenkt der Verein jeder Familie
320 Acres ( circa 500 Morgen ) und jedem jungen Manne über
17 Jahre 160 Acres Land auf seiner Kolonie als freies Eigen-
thum ohne irgend eine Verbindlichkeit gegen den Verein,
als Erstattung der Vermessungskosten und der von der Texanischen
Regierung gestellten Bedingung, binnen 3 Jahren nichts davon
zu veräußern, 15 Acres zu bebauen und nach landesüblicher Sitte
einzufriedigen.
Der Verein ertheilt nur mehr in Deutschland die Aufnahme-
scheine, damit sich nicht die Klagen des verflossenen Jahres, wie
sie in Jndian = Point laut wurden, wiederholen. Die Anhäufung
der vielen Leute dort geschah nämlich dadurch, daß eine sehr große
Masse in Galveston sich dem Verein anschloß, um von diesem
erhalten zu werden. Durch den Agenten des Vereins einmal
angenommen, war es Pflicht des Vereins, für sie zu sorgen,
jedoch bei dem großen Andrange auf einmal, sowie durch das
seit Menschengedenken nicht erhörte anhaltende Regenwetter, wo-
durch alle Wege überschwemmt wurden, zum Ueberflusse noch der
Krieg zwischen Amerika und Mexiko, welcher Fuhrwerk und die
Lebensmittel wegraffte, war es dem Verein in diesem kritischen
Augenblicke nicht möglich, den großen Haufen, welcher von Tag
zu Tag zunahm, prompt fortzuschaffen, welches jedoch, sobald
die Umstände es erlaubten, geschehen ist. Aus diesem Grunde,
und damit sich ähnliches nicht wiederholt, sieht der Verein sich
genöthigt, für die Zukunft Niemand, der von hier aus bei ihm
nicht angemeldet ist, in Texas aufzunehmen und ebensowenig kann
er mehr den Transport von Galveston bis zur Kolonie über-
nehmen; wohl aber wird sein Generalagent in Galveston, Hr.
Gustav Dresel, hierzu die nöthige Anweisung ertheilen, mit
welchem die Emigranten sich am besten über ihre weitere Reise
benehmen können.
Abreise von der Heimath.
Diese muß so geschehen, daß die Passagiere an dem im
Contract bestimmten Tage am Einschiffungsorte sind, widrigenfalls
ihre Plätze und das gezahlte Pfandgeld verloren gehen. Bei
der Ankunft am Einschiffungsort muß jeder Passagier 3 Tage
sich selbst beköstigen, vom 4ten Tage an übernimmt dieß der
Verein. Jn Hamburg ist für gutes freies Logis gesorgt, falls
das Schiff noch nicht ganz gerüstet sein sollte.
Fürsorge für die Gesundheit der Auswanderer.
Gleich nach Ankunft der Auswanderer an Bord, haben sie
einer ärztlichen Untersuchung sich zu unterwerfen. Diese Unter-
suchung wird einem geschickten Arzte anvertraut, welcher immer
ein Mann von großer Erfahrung im Gebiete der Heilkunde sein
muß. Seine Dienste werden den Auswanderern unentgeltlich
geleistet, und seine Pflichten beschränken sich darauf, den Gesund-
heitszustand der Reisenden zu untersuchen und ihnen die nöthigen
Verhaltungsregeln, welche ihrer Constitution entsprechen, mit auf
den Weg zu geben. Uebersteigt die Zahl der Passagiere auf
einem Schiffe 100 erwachsene Personen, oder was dieser Zahl
an Unerwachsenen gleich ist; so werden es die Unternehmer sich
angelegen sein lassen, einen tüchtigen Arzt mitzugeben, falls die
Umstände es gestatten; doch können sie sich nicht dazu verpflichten.
Sehr schwache, an Krebs, Schwindsucht, Wassersucht, Knochen-
fraß und einigen anderen vom Arzte zu bestimmenden Krankheiten
leidende Personen können unter keiner Bedingung angenommen
werden; und jede sich bildende Gesellschaft hat schon in der Hei-
math dafür zu sorgen, daß solche Jndividuen nicht zugelassen
werden.
Lebensmittel.
Wie ausgezeichnet und vollkommen diese geliefert werden,
zeigt die nachstehende Aufstellung und ist kein Hafen, der nur ein
Aehnliches thut. Für jede erwachsene Person wird mitgenommen:
26 P Ochsenfleisch, 19 1 / 2 „ Schweinefleisch,
65 „ Weißbrod,
13 „ Mehl,
13 „ gelbe Erbsen,
4 5 / 8 „ Graupen,
6 1 / 2 „ weiße Bohnen,
6 1 / 2 „ grüne Erbsen,
1 5 / 8 „ Reis,
9 3 / 4 „ Linsen,
13 „ Sauerkraut,
30 -- 60 P Kartoffeln,
6 1 / 2 P
Pflaumen,
2 „ Syrup,
26 Loth Thee,
52 „ Kaffee,
108 „ Zucker,
6 1 / 2 PButter,
2 Flaschen Bordeaur,
15 „ Bier;
ferner noch auf 100 Personen:
40 P Hafergrütze,
18 „ Sago,
18 „ Senfsamen,
264 Flaschen Essig,
2 Säcke Salz,
4 Faden Holz,
4 Last Steinkohlen,
3 P Flieder,
3 „ Camillen,
1 Anker Brennöl,
2 Kugellampen,
1 Abführmittel à Person,
Zuckerzwieback für Kinder,
Medicinkasten.
Hiernach stellt sich folgender
Verpflegungszettel
heraus:
Sonntag.
Pflaumensuppe;
1 / 2 P Ochsenfleisch;
1 / 2 „ Mehl zu Pudding.
Montag.
Erbsensuppe, wozu 1 / 2 P Erbsen;
1 P Schweinefleisch;
Dicken Reis mit Syrup.
Dienstag.
Graupensuppe;
1 / 2 P Ochsenfleisch;
Linsen als Gemüse, 1 / 2 P
Mittwoch.
Weiße Bohnensuppe, 1 / 2 P Bohnen;
1 / 2 P. Schweinefleisch;
Sauerkohl, 1 / 2 P.
Donnerstag.
Pflaumensuppe;
1 / 2 P. Ochsenfleisch;
1 / 2 „ Mehl zu Pudding.
Freitag.
Erbsensuppe, wozu 1 / 2 P. Erbsen;
1 / 2 P. Schweinefleisch;
Sauerkohl, 1 / 2 P.
Sonnabend.
Grüne Erbsensuppe, 1 / 2 P Erbsen;
1 / 2 P. Ochsenfleisch;
Linsen als Gemüse, 1 / 2 P.
Für die erwachsene Person
wird wöchentlich verabreicht:
4 Loth Kaffee;
2 Loth Thee;
8 Loth Zucker;
16 Loth Butter oder Schmalz.
5 P. Brod;
1 / 8 Flasche Wein.
Auf jede erwachsene Person
wird ferner für die Reise ein-
gelegt:
2 Orhoft Wasser;
30 bis 60 P. Kartoffeln nach
der Jahreszeit;
1 Oxhoft Bier für 12 Personen;
Salz, Senf, Pfeffer ec. ec.
Schonung der abgereichten Lebensmittel.
Bei der reichlichen, den Auswanderern im Zwischendecke bis-
her niemals gereichten Verpflegung, wie sie von den Unternehmern
bestimmt ist, wird es Denjenigen, welche ihre Portion nicht auf-
zehren können, streng verboten, die übrig bleibenden Lebensmittel
zu verderben oder über Bord zu werfen, und es ist Pflicht des
Vorstandes und Back = Meisters, darüber zu wachen, daß die Ueber-
bleibsel sorgfältigst gesammelt und dem Passagier = Koch übergeben
werden. Zeigt sich in irgend einem Artikel Ueberfluß in den Ra-
tionen, so können sie nach Beschaffenheit und in Folge Ueber-
einkunft zwischen dem Vorstande der Gesellschaft und dem Capi-
tain im Verhältniß vermindert werden. Brod hält sich gut, und
wenn es nicht muthwillig zerbröckelt wird, kann es immer wieder
aufbewahrt werden. Es ist durchaus nöthig, jede Verschwendung
zu vermeiden.
Verhalten der Auswanderer an Bord.
Den Auswanderern liegt die Verpflichtung ob, während der
Reise den Anordnungen des Capitains sich zu unterziehen und
ihnen Folge zu leisten. Um daher den Verkehr mit dem Capitän
in den Schranken des Anstandes zu erhalten, muß die Gesell-
schaft auf jedem Schiffe durch den Führer oder Vorstand
vertreten werden, welcher als Mittelsperson zwischen ihr und dem
Capitän aufzutreten hat. Ruhe und Ordnung, nebst friedlichem,
nachsichtigem Verhalten der Auswanderer unter einander, sind
wichtige Momente auf einer Seereise, wo der beengte Raum,
die Geschäftslosigkeit und daraus folgende Langeweile das Gemüth
vielfach verstimmen. Deßhalb muß gegenseitige Nachsicht aus
allen Kräften geübt, und christliche Duldung in vollem Maaße
empfohlen werden.
Die Anordnungen in Betreff der Mahlzeiten gehen vom
Capitän aus, dessen Vorschriften stets auf Regelmäßigkeit hin-
zielen müssen. Jeden Morgen ist es nöthig, daß das Zwischen-
deck ausgefegt und ausgewaschen werde. Dieser Arbeit dürfen
die Reisenden, schon um ihrer selbst willen, kein Hinderniß in
den Weg legen, sondern müssen zu rechter Zeit aufstehen und
das Bett machen, bevor die Reinigung vor sich geht. Zur Ab-
haltung der Mahlzeiten haben die Reisenden in Genossen-
schaften von 10 bis 12 Personen sich zu vereinigen. Solche
Genossenschaften werden in der Schiffssprache „ Back “ genannt.
Jede Back erhält ihre Nummer. Von jeder solcher Genossen-
schaft muß Einer darunter den „Back = Meister“ machen, welcher
Dienst der Reihe nach umgeht, mit Ausnahme der Frauen über-
haupt, die von dieser Arbeit befreit sind.
Jeden Abend empfängt der Back = Meister vom Steuermanne
seine Ration Ochsen= und Schweinefleisch, befestigt die Nummer
seiner Back daran, und übergibt das Fleisch dem Passagierkoch,
damit es über Nacht ausgefrischt werde. Sobald das Essen am
folgenden Mittag fertig ist, empfängt der Back = Meister seine
Nummer mit dem Fleische, und bringt es seinen Genossen im
Zwischendeck, worauf er das Gemüse ec. ebenfalls abholt. Jst
das Essen vorüber, so hat der Back = Meister dem Koche das
schmutzige Geschirr zu überbringen, welches er rein wieder em-
pfängt, um es an dem dazu bestimmten Orte aufzubewahren.
Zerbrechliches Geschirr, wie auch Messer, Gabel, Löffel, reinigt
jeder Reisende selbst, und bewahrt sie auf.
Gemüse, Mehl, Grütze und dergleichen Sachen empfängt
gewöhnlich der Passagier = Koch, und theilt jedem Back = Meister
seinen Antheil zu, wenn das Essen fertig ist. Brod und Butter
werden dem Back = Meister für die ganze Woche gereicht, welcher
Beides an die Tischgenossen vertheilt. Jeder Passagier bewahrt
seinen Antheil selbst auf, und ißt davon, wenn er Lust dazu hat.
Jede Genossenschaft muß auch einen ziemlich großen Theekessel
von Blech haben, worin Morgens und Abends Kaffee und Thee
beim Koche abgeholt und der Gesellschaft gebracht wird, weil es
zu weitläufig und bei schlechtem Wetter gar nicht möglich wäre,
jedem Passagier seinen Antheil an der Küche einzeln abzureichen.
Zum Vorschneiden und Vertheilen der Speisen bei Tische,
wählt jede Gesellschaft gewöhnlich den Aeltesten und Vernünftig-
sten aus ihrer Mitte, welcher auch für Ordnung und gutes Ver-
halten der Passagiere zu sorgen und gegründete Beschwerden an
den Vorstand der Gesellschaft zu bringen hat, damit er sie dem
Capitäne mittheile und wo möglich entferne.
Kein Passagier darf sich an die Küche drängen, um etwas
Besonderes zu kochen oder zu braten, da es sonst für den Koch
nicht möglich wäre, seine Pflichten zu erfüllen.
Jede Tischgenossenschaft hat immer in der Weise sich zu ver-
einigen, daß die Schlafstellen derselben bei einander liegen, damit
die daselbst befestigten Kisten zugleich als Tafel dienen können.
Keinem Reisenden ist es erlaubt, den Schiffsdienst auf irgend
eine Weise zu stören oder zu verhindern; auch darf er sich wäh-
rend der Arbeitszeit mit der Besatzung nicht in's Gespräch ein-
lassen. Ebenso ist es verboten, im Zwischendeck zu rauchen, weil
Feuersgefahr damit verbunden ist; auf dem Verdecke dagegen
findet diese Beschränkung nicht in gleichem Grade Statt; doch ist
große Vorsicht auch hier erforderlich. Führen die Passagiere
Waffen bei sich, so müssen sie dem Capitän während der Ueber-
fahrt in Verwahrung gegeben werden.
Jn den ersten Tagen der Reise können die Passagiere nicht
erwarten, daß alles seinen geregelten Gang gehe, um so mehr,
als auch die Seekrankheit sich einstellt, gegen welche mit aller
Heiterkeit des Gemüthes angekämpft werden muß. Nach einigen
Tagen legt sich dieses Uebel gewöhnlich wieder, und wenn es
vorüber ist, hat man Eßlust und Frohsinn zugleich. Deßhalb
darf man, einer vorübergehenden Unpäßlichkeit halber, den Muth
nicht sinken lassen; sondern alle Passagiere müssen dazu beitragen,
daß die Gesellschaft überhaupt bei guter Laune bleibe. Zu diesem
Behufe darf auch Abends, nach vollbrachtem Tagewerk, wenn
Wind und Wetter es gestatten, mit Erlaubniß des Capitäns,
bis zu einer bestimmten Stunde gesungen und gespielt werden.
Zur Erhaltung der Sittsamkeit werden die mit Auswanderern
besetzten Schiffe der Art eingerichtet, daß die Schlafstellen der
ledigen und einzeln reisenden männlichen Passagiere den vordersten
Theil der ganzen Reihe bilden, worauf die verheiratheten Per-
sonen mit ihren Familien in der Mitte folgen und die ledigen
Frauenzimmer nach hinten untergebracht werden. Füllt eine Ge-
sellschaft zwei Schiffe aus, so kann die Abscheidung der Geschlechter
leichter erfolgen. Bei vorkommenden Geburtsfällen an Bord,
wird besondere Einrichtung getroffen.
Klagen.
Wer während der Reise gerechte Klagen zu haben glaubt,
wird höflichst und dringend ersucht, diese bei der Ankunft in
Galveston dem dortigen General=Agenten, Herrn Gustav Dresel,
mitzutheilen und in das dafür offen liegende Beschwerdebuch ein-
zuschreiben, damit dieselben so rasch als möglich beseitigt werden,
so wie es überhaupt der Wunsch des Vereins ist, die Mängel
kennen zu lernen, um sie abstellen zu können.
Die Landessprache.
Durch Beschluß des Amerikanischen Congresses ist die Kolonie
des Vereins zur Comal County, d. h. Provinz, erhoben worden
mit dem Recht, daß hier alle Verhandlungen, selbst die des Ge-
richtes und der Urkunden in deutscher Sprache abgefaßt werden
und nicht wie in den übrigen amerikanischen Staaten in englischer.
Die sämmtlichen Herren Agenten des Vereins sowohl, als
die unterzeichnete General = Agentur, sind bereit, auf frankirte
Anfragen gern jede gewünschte Auskunft zu ertheilen.
Biebrich, im Februar 1847.
Die General = Agentur
des Vereins zum Schutze deutscher Einwanderer in Teras.
M. W. Settegast, General = Agent.
Die Darmstädter Texas = Gesellschaft.
Die zur Auswanderung nach Texas hier zusammengetretenen jun-
gen Männer, 38 an der Zahl, sind nunmehr unter Hurrahruf zahl-
reicher Freunde und Zuschauer von hier abgereist, um in Hamburg
mit dem sie dort erwartenden Schiff unter Segel zu gehen. Dieselben
scheinen mit Allem wohl ausgerüstet zu sein; insbesondere ist ihre Be-
waffnung sehr vollständig, indem jeder 3 Doppelflinten, Pistolen und
noch andere Waffen zu Schutz und Trutz besitzet. Auch führen sie ein
zahlreiches Koppel von mehreren Arten von Jagdhunden mit sich, welche
sie bei der hohen und niederen Jagd zum Nutzen ihrer Ansiedelung
werden gebrauchen können. Die Hauptsache ist und bleibt jedoch die
Landwirthschaft, und zu deren erfolgreichem Betrieb auf dem anzu-
bauenden Lande scheint es dieser Gesellschaft weder an Jntelligenz, noch
an den zureichenden Arbeitskräften zu mangeln, da, was letztere ins-
besondere betrifft, für deren angemessene Verstärkung an Ort und Stelle
durch tüchtige Kolonisten, die des Landbaues kundig sind, gesorgt werden
soll. ( Corresp. ) Folgende öffentliche Erklärung hat die Gesellschaft
vor ihrer Abreise erlassen.
Erklärung. Ein Theil unserer Gesellschaft hatte schon vor
einigen Jahren den Entschluß gefaßt, nach Amerika auszuwandern
und daselbst eine Ansiedelung zu begründen, welche bei tüchtiger An-
strengung der Kräfte aller Einzelnen zum Wohl und Besten des Ganzen
uns selbst genügende Gewähr eines von äußeren Hemmnissen jeder
Art freien, unabhängigen und für Geist und Körper gleich zuträglichen
Lebens darböte und zugleich denjenigen deutschen Brüdern, welche etwa
gleichfalls unser gemeinsames Vaterland mit einem neuen zu vertauschen
wünschten, als sicheres Ziel ihrer Wanderung und als gastliche Freistätte
dienen könnte.
Es war daher vor mehren Jahren der uns jetzt wiederum mit
Dr. von Herff vorangeeilte Hr. Hermann Spieß, ein mit dem
größeren Theile von uns aus der Schul= und Studienzeit innig befreun-
deter, durchaus zuverlässiger und unbescholtener Mann, nach Nord-
amerika gereist und hatte daselbst während eines beinahe 2 jährigen,
einzig und allein dem Studium aller dortigen klimatischen und
socialen ec. Verhältnisse gewidmeten Aufenthalts die besten Stellen zur
Gründung einer deutschen Ansiedelung besucht und gesucht.
Er kehrte mit der festen, durch die triftigsten Gründe belegten
Ueberzeugung zurück, daß Wisconsin und Jowa oder das nord-
westliche Texas die geeignetsten Stellen zur Ausführung unseres
Planes darböten und daß die beiden ersten vielleicht etwas mehr Wahr-
scheinlichkeit für ein alsbaldiges leibliches Wohlbefinden von uns Ein-
zelnen gewährten, letzteres aber für umfassendere, wahrhaft nationale
Ansiedelung passender erscheine.
Unsere inzwischen an Zahl und innerem Halt gewachsene Gesellschaft
entschied sich für das nordwestliche Texas, hauptsächlich deßhalb,
weil eben bloß hier eine großartige, die deutsche Volks-
thümlichkeit, Sprache und Sitten nachhaltig sichernde
und aufrecht erhaltende deutsche Ansiedelung möglich
erscheint, während in Wisconsin und Jowa die Anglo = Amerikaner
voraussichtlich das deutsche Element niederdrücken und später vielleicht
ganz unterdrücken werden, und weil der Verein zum Schutze deutscher
Einwanderer in Texas unserer Gesellschaft zum Zwecke einer alsbal-
digen Ausführung unseres Planes in größerem Maßstabe
bedeutende Vortheile Jedes Mitglied der Gesellschaft soll dem Vernehmen nach auf dem
Grant des Mainzer Vereins eine Fläche von 500 Morgen zur Bebauung an-
gewiesen und überdieß noch die nöthigen Ackergeräthschaften und den erforder-
lichen Viehstand an Ochsen, Kühen und Pferden, die ganze Corporation aber
von demselben Vereine überdieß ein Betriebs=Capital von 30,000 Fl. erhalten.
Auch die Verproviantirung der Gesellschaft und der sich ihr noch anschließenden
Kolonisten will der Mainzer Verein auf ein Jahr lang übernehmen. Ueber
das urbar gemachte Land soll Jeder frei, wie über sein Eigenthum, verfügen
können. Allerdings außerordentliche Vortheile, wenn sie in Wahrheit begründet
und realisirbar sind. Das Sprüchwort sagt, die Augen seien oft größer als
der Magen.D. Red. bewilligt hat, ohne hieran irgend welche Be-
dingungen zu knüpfen, die unsere volle Unabhängigkeit
beeinträchtigten oder der Verwirklichung unserer Absichten etwas
hemmend in den Weg treten könnten.
Die klimatischen Verhältnisse im nordwestlichen Texas sind
nach der eigenen Anschauung Einzelner von uns und nach den des-
fallsigen übereinstimmenden Angaben dritter wahrheitsliebender und
vorurtheilsloser Reisender durchaus günstig und werden gegentheilige
Urtheile entweder durch fremdartige, hier vorerst nicht näher zu ent-
hüllende Beweggründe, oder durch eine Verwechslung des östlichen,
allerdings sumpfigen Theils von Texas oder einzelner ungesunder
Küstenorte mit der von uns gewählten Hochebene des west-
lichen Texas veranlaßt.
Eben so wenig können wir uns durch die widrigen Schicksale ein-
zelner früherer Auswanderungen nach Texas in unserem auf reifliche
Prüfung und theilweise auf Selbstanschauung gestützten günstigen Ur-
theile über die für deutsche Niederlassungen sehr geeignete Lage dieses
großartigen Landes irre leiten lassen, da jene Unternehmungen nur
durch zufällige, jetzt gehobene Hindernisse, und namentlich
nur durch den Mangel an tüchtiger Leitung mißglückten.
Jedenfalls übrigens, das Schicksal unserer nicht durch äußere Noth
oder selbstsüchtige Triebfedern hervorgerufenen Unternehmung mag sein,
welches es wolle, sind wir insgesammt fest entschlossen, dessen Fortgang
und Ergebniß der Oeffentlichkeit nicht vorzuenthalten, sondern die reine,
volle Wahrheit ohne Rücksichten irgend einer Art gegen uns oder Dritte
zu berichten.
Hierbei werden wir nicht durch glänzende Sätze dem fremden
Urtheile vorgreifen, sondern einfach die nackten Thatsachen sprechen
lassen, und bitten wir jeden Billigdenkenden und namentlich diejenigen,
welchen unsere Persönlichkeit näher bekannt ist, sich nicht durch voreilige,
ohne eigene Anschauung der Sache verfertigte, theils durch Jrrthum,
theils durch noch schlimmere Motive veranlaßte Angriffe irre leiten zu
lassen und sich jedes Urtheils über unsere Unternehmung bis zum Ein-
treffen sicherer Nachrichten von uns zu enthalten.
Bis dahin rufen wir unsern deutschen Landsleuten insgesammt und
namentlich unsern vielen zurückbleibenden Freunden und Bekannten hier-
mit ein herzliches Lebewohl zu und bitten sie, mit uns und unseren im
Herbst dieses Jahres nachfolgenden Gesellschaftsgenossen fortan wie bisher
dem Gedeihen unserer Ueternehmung ihre besten Wünsche zu weihen.
Darmstadt, Ende März 1847. Jm Namen und Auftrag der
Gesellschaft:
Wilhelm Friedrich, O. F. K. Accessist.
Fritz Schenck, Revierverwalter.
Gustav Schleicher, Jngenieur. Vermischte Nachrichten.
Die Newyorker Einwanderungs = Bill, welche schon so gut
wie gesetzlich sanctionirt ist, bestimmt, daß der Capitain jedes ankommen-
den Schiffes den Namen, Geburtsort, das letzte gesetzliche Domicil,
Alter und Beschäftigung eines jeden am Bord befindlichen nicht amerikani-
schen Passagiers, welcher nicht die gesetzliche Abgabe bezahlt hat oder
nicht gebondet worden ist, aufgeben soll, bei Strafe von 75 Doll.
für jede nicht oder fälschlich aufgegebene Person. Jeder fremde Passagier
ist einer Abgabe von 1 Dollar unterworfen, welche der Capitain der
Stadt zu bezahlen hat. Jst der Passagier alt oder schwach ( decrepid
or inſirmin ) , so muß eine Caution von 300 D. nebst 2 guten Bürgen
gestellt werden, daß derselbe und seine Angehörigen keiner Stadt oder
Gemeinde im Staate Newyork zur Last fallen.
Jnteressant ist es ( schreibt ein Correspondent der Weserzeitung
aus Newyork ) die Metamorphose zu beobachten, die bei den
Einwanderern in ihrer äußeren Erscheinung gar bald vor sich geht.
Ein Stück der schwerfälligen, derben deutschen Landtracht sieht man
nach dem andern schwinden, und mit dem Wechsel der Kleidung ver-
wandelt sich auch die schwerfällige, ängstliche Unterthanenhaltung in
ein leichteres selbstständigeres Wesen. Es ist dabei oft höchst komisch
eine solche Mischung von Gegensätzen in Kleidung und Wesen zu sehen,
und dem Maler böte sich ein trefflicher Gegenstand zu einem Charakter-
bilde unserer Zeit!
Dr. Schimper, ein Rheinpfälzer, ist von dem Beherrscher des
Königreichs Tigré, dessen Flora er untersuchen wollte, zum Statt-
halter einer großen und fruchtbaren abyssinischen Provinz ernannt
worden, und ladet mittelst Schreibens vom 26. Sept. v. J. aus seiner
Residenz Adde Pascha seine Landsleute ein sich dort anzusiedeln.
Sobald der Canal vom mittelländischen ins rothe Meer zu Stande
gekommen, wäre Abyssinien die beste europäisch = indische Kolonie. Jn
Folge dieser Nachrichten soll in Berlin sich schnell eine große Koloni-
sationsgesellschaft gebildet haben.
Auch in Hannover hat sich ein sogenannter Adelsverein
gebildet, welcher sich in ähnlicher Weise wie der Mainzer, die Be-
förderung der Auswanderer nach den Ver. Staaten zur Aufgabe ge-
stellt hat, und welchem auch der Hannoversche Gesandte in Berlin,
Graf von Jnn- und Knyphausen, beigetreten ist.
Vom Niederrheine, 31. März. Kaum hat das Frühjahr
begonnen, so ziehen auch schon Schwärme von Auswanderern an uns
vorüber nach Rotterdam; es treffen aber auch von dort bereits Klagen
über die Verschiffung ein. Man sieht nämlich in Rotterdam nicht darauf,
für wie Viele Raum da ist, sondern nur wie viel Auswan-
derer da sind. Wie die Häringe packt man die Armen über einander;
der Raum zum Spazirengehen auf dem Verdecke ist durch das Haus-
geräth der Auswanderer so beengt, daß man sich gegenseitig kaum
ausweichen und die frische Luft daher so gut wie gar nicht genießen
kann. Jn Bremen und Hamburg ist gesetzlich bestimmt, wie viel Aus-
wanderer ein Schiff aufnehmen darf; nimmt es mehr auf, so schreitet
die Polizei ein. Wir hören von dorther solche Klagen nie; nur die
durch den Adelsverein nach Texas spedirten Auswanderer, welche in
Bremen eingeschifft wurden, erhoben ähnliche Klagen. Das ganze Miß-
verhältniß liegt darin, daß alle deutschen Regierungen die Auswan-
dernden, sobald sie ihren Consens in Händen haben, nicht mehr als
Söhne des Vaterlandes betrachten und sich nicht weiter um sie beküm-
mern. Kein Consul, kein Gesandter wahrt im Auslande die Rechte
der Auswandernden; die Armen sind wie die Juden, die Parias; sie
sind heimatlos, ohne Schutz und ohne Rechte, den Wellen und ihrem
Schicksale preisgegeben. Von den alljährlich aus Deutschland auswan-
dernden 80,000 Deutschen kommen mindestens 10,000 auf Rotterdam,
wovon wiederum der sechste Theil seiner Zukunft beraubt wird, wenn
sich die Regierungen der scheidenden Brüder nicht annehmen. ( Cöln. Z. )
Der „Rhein. Beobachter“ mißt es nur der Schwierigkeit, Häuser
und Güter zu angemessenen Preisen zu verwerthen, bei, daß die Aus-
wanderer nicht in noch größeren Massen abziehen. Die Leihhäuser
dagegen dienten häufig dazu, den Scheidenden die letzten Augenblicke
im Vaterlande zu vergällen; denn nur durch ihre Vermittelung können
die Auswanderer die Ziele auf ihr verkauftes Eigenthum in baares
Geld umwandeln, und unter welchen Bedingungen dieß Leuten möglich
wird, welche eben vom heimischen Ufer abzustoßen gedenken, mag Jeder
selbst errathen. Die Zeitungen berichteten jüngst aus dem Badischen,
daß dort häufig die Gemeinden ins Mittel treten, und das Eigenthum
der Auswanderer um angemessene Preise übernehmen, um sie den gie-
rigen Händen des Wuchers zu entziehen. Gewiß wäre eine solche
Fürsorge aller Nachahmung werth, um die Flüche im Munde
zu ersticken, welche der Scheidende sonst unwillkürlich in seine letzten
Abschiedsgrüße mischen und der heimischen Erde als Vermächtniß zurück-
lassen wird. -- Wenn nun dieser Schwierigkeiten und Hindernisse
ungeachtet immer größere Massen sich von ihrem Vaterlande lostrennen,
demselben nicht nur die rüstigsten Arbeitskräfte, sondern auch großar-
tige Capitale entziehen, so ist diese Erscheinung ( setzt die Mannheimer
Abendzeitung hinzu ) ein großartiger Gedankenstrich für die
Regierungen. Sie verpflichtet dieselben zu nichts weniger, als
das Gefühl der Mißstimmung und des Mißvergnügens Als eine „im Volke umlaufende“ Aeußerung derselben wurde uns
folgendes Verschen mitgetheilt:
„ Schind dich entzwei, -- 's ist einerlei!
Bringst's doch zu nichts; der Staat der frißt's
Mit Haut und Haar immerdar. --
Willst du's besser: -- laß den Fresser;
Laß Hof uns Haus, geh zum Land hinaus!“
D. Red.
umzuwandeln in neuen Lebensmuth und Wohlbehagen.
Gerechtigkeit den sogenannten unteren Classen, der
Gesammtheit aber Freiheit, das wäre des Zaubers Lösung