Landtagsverhandlungen.
München, 5. Juli. ( CXLVI. Sitzung der
Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien
sind schwach besetzt. Am Ministertische: v. d.
Pfordten, v. Ringelmann und mehrere Ministe-
rialräthe. Der I. Präsident eröffnet um halb 5
Uhr die Sitzung. Nach Verlesung des letzten
Sitzungsprotokolls betritt Staatsminister v. d.
Pfordten die Rednerbühne und macht der Kam-
mer folgende Eröffnung: Da die hohe Kammer
nicht sehr lange Zeit noch versammelt sein werde
und durch die lange Berathungszeit schon erschöpft
sein möchte, so sehe sich das Ministerium veran-
laßt, einen Gesetzentwurf einzubringen, nach wel-
chem die Ausschüsse ermächtigt sein sollen, folgende
Gesetze endgültig zu berathen: 1 ) Strafprozeß-
ordnung beim Heere; 2 ) Notariatsordnung; 3 )
Gesetzentwurf für kaufmännische Anweisungen;
( die 3 Gesetze durch die Gesetzgebungsausschüsse )
4 ) Notariats=Tax=Wesen; 5 ) Forstwesensentwürfe
( diese letzteren durch den Finanzausschuß ) . Zu
diesem Behufe sollten die Ausschüsse mit 3 Mit-
gliedern verstärkt werden. -- Protokolle und Be-
schlüsse seien durch Druck zu veröffentlichen. --
Folgende beide Gesetzentwürfe müßten jedoch noch
vor Schluß des Landtages erledigt werden: „ Ge-
setzentwurf, die Moratorien betr.,“ und zweitens
„Gesetzentwurf, die Bestrafung des Jagdfrevels
betr.“ Es wird hierauf zur Berathung des Etats
der Landbauten geschritten. -- Der Ausschuß be-
antragt a ) für das Staatsministerium des Jnnern
59,000 fl., b ) für Erziehung und Bildung
94,297 fl., c ) für Cultus 110,320 fl., d ) für Sicher-
heit u. resp. Gefängnißbauten 126,150 fl., in Sum-
me 389,767 fl. Ferner wurden vom Ausschusse
noch für den Reservefond 10,233 fl. bewilligt,
demnach für den ganzen Neubauetat eine Verwen-
dungssumme von 200,000 fl. für ein Jahr der
VI. Finanzperiode bestimmt wurde. -- Wie-
denhofer beantragt weitere 10,000 fl. für Neu-
bauten des Kreises Oberpfalz. -- Neuffer be-
antragt 10,000 fl. zum Wiederaufbau des Thea-
ters in Regensburg. -- Rudhart wünscht im
Falle der Nichtannahme des Neuffer'schen Antra-
ges: es sei der Stadt Regensburg zum Zwecke
des Wiederaufbaues der Bauplatz und das Brand-
Affekuranzkapitals zu überlassen. Nach einer, sehr
Erheiterung erregenden Erzählung des Pfarrers
Kronberger, seine ruinösen Pfarrgebäude betr.,
nachdem ferner noch mehrere andere Redner Be-
merkungen gemacht hatten, vertritt Staatsminister
v. d. Pfordten nochmals die von der Regie-
rung verlangten hoheren Postulate. -- Lerchen-
feld spricht wie auch Staatsminister v. d. Pford-
ten für den Antrag Rudhart's, ja sogar glaubt
derselbe, daß der Staat keine bessere Spekulation
machen könnte, als alle derartigen Staatsgebäude
herzuschenken, denn die Baulasten derselben mach-
ten beiweitem größere Auslagen, als die Zinsen
des Werthkapitals betrügen. Nach den letzten
Bemerkungen des Referenten wird zur Abstim-
mung geschritten. Es wurde dem Antrage des
Ausschusses hinsichtlich der Postulate, dem Antrage
Rudhart's und nachfolgenden beiden Anträgen des
Ausschusses: „die Herstellung und Unterhaltung
von Gebäuden des Cultus und Unterrichts, dann
der Communen, bei denen dem Staate die Bau-
pflicht ganz oder theilweise obliegt, sei im Wege
des Vertrages auf diese zu übertragen und sich
hiedurch nach und nach der Baulast zu erledigen.“
„Die kgl. Staatsregierung möge sich insbesondere
allenthalben, wo nicht besondere Verhältnisse eine
Ausnahme erheischten, der Beamten = Wohnungen
ganz entledigen, und zwar in den Fällen eines
bereits erworbenen Rechtes durch Verabreichung
einer Entschädigung in Geld, bei neuen Anstellun-
gen aber durch Unterlassen der Zusicherung freier
Wohnungen ( sofern nöthig unter Gehaltsaufbesse-
rungen, resp. Geldentschädigung für den Entgang
dieser Wohnungen ) . Ebenso wolle aber auch die
kgl. Staatsregierung den Gemeinden, wo dieselben
( wie in der Pfalz bezüglich der Landkommissäre )
zur Stellung von Beamtenwohnungen verpflichtet
sind, die gleiche Befreiung gewähren oder möglich
machen, unbeschadet des unabgeänderten Fortbestan-
des der Verpflichtung zur Stellung von Amtslo-
kalitäten und natürlich ebenso unbeschadet aller
von den jetzigen Beamten bereits erworbenen
Rechte;“ beigestimmt, ferner der Reservefond ohne
Debatte auf 1,300,000 fl. festgestellt, hierauf die
Sitzung um halb 8 Uhr geschlossen. ( Montag
Berathung des Einnahmenbudgets. )
München, 6. Juli. Heute hielt die Kammer
der Reichsräthe ihre 56. Sitzung und hat folgende
von der Kammer der Abgeordneten bereits bera-
thene Gesetzentwürfe und Anträge, größtentheils
nach den Beschlüssen der Schwesterkammer ange-
nommen: 1 ) den Gesetzentwurf über die definitive
Häusersteuer; 2 ) die Anträge und Petitionen in
Bezug auf das Ablösungsgesetz; 3 ) die Anträge
bezüglich der Verbesserung der Dienstverhältnisse
der Gymnasialprofessoren und Studienlehrer, und
endlich 4 ) die Anträge um Wiederherstellung ei-
ner freien Conkurrenz nicht bayerischer Versiche-
rungsgesellschaften.
Deutschland.
Der „Pfälzer Zeitung“ wird aus München
vom 3. Juli geschrieben: Dem Hrn. Abgeordne-
ten Reinhard, welcher durch seine ungemessene
Sprache schon öfter Scandal in der Kammer ver-
ursacht hat, steht eine unangenehme Ueberraschung
bevor. Jn einer früheren Sitzung hatte er den
königl. Landrichter Welsch der Abfassung falscher
Protokolle beschuldigt. Nach Art. 107 der Ge-
schäftsordnung ist jeder Abgeordnete, welcher in
der öffentlichen Versammlung einzelne durch die
Strafgesetze verbotene Amtshandlungen der Staats-
diener anführt, für die Wahrheit seiner Angabe
der Kammer verantwortlich, welche, wenn die an-
gegebene Thatsache falsch befunden wird, den Ur-
heber der Angabe mit Mißbilligung zur Ord-
nung verweiset, oder ihm die Wortführung auf
einige Zeit untersagt, oder seine Ausschlietzung
auf bestimmte Zeit verfügt. Auf jene öffentliche
Anschuldigung hin, wofür Hr. Reinhard die an-
gebliche Beweisstücke auf den Tisch der Kammer
niederlegte, wurde gegen den Landrichter Welsch
eine strenge Untersuchung eingeleitet, welche dem
Vernehmen nach dessen völlige Unschuld dargethan
hat. Die Kammer wird nun wohl in wenigen
Tagen gegen den Ankläger ihr Recht üben. Wie
man hört ist übrigens Hr. Reinhard schon einmal
wegen falscher Denunciation und einigen anderen
Anschuldigungen in Untersuchung gewesen und hat
früher auch in Folge eines Urtheils vor dem
Bildnisse Sr. Maj. Abbitte geleistet.
München, 7. Juli. Das Gesammtstaatsmi-
nisterium hat sich schon einigemal über die aus
Berlin eingetroffenen Noten, bezüglich des Frie-
densschlusses zwischen Preußen und Dänemark be-
rathen. Man hört, daß sich dasselbe entschieden
für die Rechte der Herzogthümer ausgesprochen
hat. -- Das stark verbreitete Gerücht, daß die
Debatte über das Militärbudget eine Differenz
zwischen dem Kriegsminister und Ministerpräsident
herbeigeführt habe, bestätigt sich, wie man aus
guter Quelle vernimmt, nicht. Das Gesammt-
staatsministerium hat sich schon vor obiger Debatte
dahin schlüssig gemacht, sich im äußersten Falle
mit den Ausschußanträgen noch einverstanden, aber
sich entschieden gegen jede weitere Reduktion der
Budgetposition zu erklären. -- Der Redakteur
des „Gradaus“ ist vor die nächste Schwurgerichts-
sitzung wegen eines Artikels in Nr. 100 des ge-
nannten Blattes verwiesen.
( A. Ab. )
Speyer, 1. Juli. Dieser Tage verläßt uns
Se. Durchlaucht Herr Fürst v. Thurn u. Taxis,
nachdem er als Commandirender des pfälzischen
Truppenkorps etwas über ein Jahr in unserer
Mitte verweilt hat. Durch sein streng rechtliches,
mit der größten Freundlichkeit und Humanität ge-
paartes Auftreten, das er auch bis zum Schlusse
seiner Mission bewahrte und bewies, erwarb er
sich die Herzen aller Parteien der Pfalz, und
wem Gelegenheit wurde, ihn und seine lieben An-
gehörigen näher kennen zu lernen, den schmerzt
wahrhaftig sein und der Seinigen Scheiden. --
Die Armen werden dies vorzüglich empfinden. --
Die Bürger der Kreishauptstadt hatten kaum ver-
nommen, daß der Kriegszustand aufgehoben sei,
als sie auch schon am nämlichen Abende, in be-
deutender Zahl, dem würdigsten Machtträger Sr.
Majestät einen solennen Fackelzug brachten. Wie
der Gefeierte diese Anerkennung aufnahm, bewei-
set die an ein Mitglied des Stadtrathes gerichtete
Zuschrift, welche bereits eine Stelle in dem Frank-
furter Journal gefunden hat. -- Die Mehrzahl
der Bürger, hocherfreut über die Beseitigung des,
wenn auch kaum fühlbaren Ausnahmezustandes,
erfreut namentlich deßhalb, weil sie darin das
wiedergekehrte Vertrauen ihres Königes zu den
Bewohnern der Pfalz erblickte, beschloß, als Be-
weis wie sie dies erkenne, sowohl dem Herrn
Fürsten wie dem Herrn Regierungs=Präsidenten
ein Festessen zu geben, und es zeichnete eine be-
deutende Anzahl der achtbarsten Bürger. Die
Königl. Beamten und Herren Offiziere betheilig-
ten sich auf die an Sie ergangene freundliche Ein-
ladung, und es kann mit Fug und Recht gesagt
werden, daß in Speyer noch kein Mahl stattfand
welches durch größere Herzlichkeit und Frohsinn
gewürzet worden wäre. -- Der erste Toast wurde
vom Adjunkten der Stadt auf Se. Majestät den
König in folgenden Worten ausgebracht: „Meine
Herren! Seine Königliche Majestät, unser Aller-
gnädigster König und Herr, Maximilian II.
„Er lebe hoch!“ Den zweiten brachte ein Bür-
ger dem Fürsten wie folgt: „Meine Herren!
Seine Durchlaucht der Hr. Fürst von Thurn und
Taxis!
Was er beim Eintritt in die Pfalz versprochen,
Wie Er's begonnen,
So hat Er's gehalten,
So zu Ende geführt!
Gerecht und milde,
Streng und human!
Ein Mann der That, der Pflicht!
Ein Mann der Treue, der Liebe!“
Möge Er uns nicht vergessen, wie Er fort und
fort leben wird im Herzen der Pfalz!“
„Er lebe hoch!“
Die Erwiderung des Fürsten war etwa fol-
gende: „Sie haben mich durch ihre gütige Einla-
dung sehr erfreut, daß Sie mir hiedurch Gele-
genheit verschafften, mich nochmals öffentlich aus-
sprechen zu können. Die alten Römer schlossen
den Friedenstempel, wenn der Krieg begann; wir
machen es umgekehrt: wir schließen den Kriegszu-
stand, indem wir den Frieden eröffnen mit diesem
Freudenmahle.“ Jndem er nun noch in schönen
Worten auf die begünstigte Stellung der Pfalz
und ihrer Bewohner, sowie auf die Vorzüge ih-
rer eigenthümlichen Gesetzgebung hinwies, schloß
er mit einem begeisterten Hoch auf die schöne
grüne Pfalz. Hierauf richtete ein Bürger fol-
gende Worte an den Regierungs=Präsidenten:
„Meine Herren! Der Herr Regierungs=Präsident
von Hohe!“
„Gesetz und Recht!“
„Damit hat er die Pfalz betreten!“
„Damit wird er unter uns heimisch werden!“
„Dafür bürgt der Ruf, der ihm vorausgegangen!“
„Möge er sich bald überzeugen, daß die Aner-
kennung der Bürger von Speyer ihm schon wurde,
und daß die überwiegende Mehrheit der Pfälzer
Hand in Hand mit ihm gehen wird!“
„Jn Gesetz und Recht!“
„Er lebe hoch!“
und es entgegnete Dieser:
„Gesetz und Recht haben Sie mir zugerufen.“
„Wohl meine Herren, Gesetz und Recht sei
fortan unser Wahlspruch; aus ihm erblühe die
Freiheit! Wohlverstanden, die wahre Freiheit,
nicht die Freiheit des Raubgesindels, die Felder
und Fluren vernichtet, sondern die Freiheit, die
Jhren Wohlstand fördert, die Freiheit und Ge-
setzmäßigkeit, deren Panierträger unser allergnä-
digster Monarch ist, der will, daß die Pfalz glück-
lich sei, daß Erwerb und Gewerbe blühen und
gedeihen. Meine Herren! Gewohnt, mich stets
auszusprechen, wie ich's eben denk' und fühle,
kann ich Jhnen nicht verhehlen, daß, ob ich gleich
nicht bin ein Freund von Zweckessen und Osten-
tationen, wie sie heutzutage üblich, mich Jhre
Einladung angenehm überrascht hat, weil ich da-
rin den Ausdruck eines Gefühls erkannte, das ich
hoch verehre, den Ausdruck des Dankes für die
Gnade Sr. Maj. des Königs, die leuchtet wie
die Sonne über Gute und Böse. Blicke ich um
mich und sehe ich so viele tüchtige Männer in
Einigkeit beisammen, so erfüllt sich mir das Herz
mit frohen Hoffnungen, ja mit der Ueberzeugung,
daß Sie an Qualität und Quantität stark genug
sind, die Metropole dieser bayerischen Provinz,
die Kreishauptstadt Speyer würdig zu vertreten,
andern Städten der Pfalz in Wort und That
würdig voranzuleuchten, wenn Sie nur immer ei-
nig sind. Darum einig, meine Herren, und ver-
trauen Sie mir, daß ich's ehrlich und gut mit
Jhnen meine, und zum Zeichen dessen gestatten
Sie mir, Jhnen einen Trinkspruch zu bringen nach
meiner Weise, aber nicht in fremdem Brausewein,
sondern in ächtem deutschen Landesgewächs:
( mit erhobenem Glase )
Was ist dies für ein Wein?
( nach Prüfung )
Geistreich und fein!
( nach wiederholter Prüfung )
Feurig und mild,
So ist des braven Pfälzers Bild;
Gibt Muth und Kraft
Dieser Rebensaft;
Drum Pfälzer Wein,
Muß dies sein!
O schöne Pfalz,
Gott erhalt's
Treu und wahr,
Jmmerdar
Rein
Wie ihr Wein
Muß der Pfälzer Treue zum Haus
Wittelsbach sein,
Dann ist ihr Geschick
Jmmer nur Glück!
Dem Pfalzgrafen, der Pfalz und den Pfälzern,
insbesondere aber allen gutgesinnten Bürgern der
kgl. Kreishauptstadt Speyer ein
„dreimaliges Lebehoch!“
Mancher Trinkspruch wurde noch ausgebracht,
und je schlichter der Redner, eine desto freund-
lichere Aufnahme fand er bei den Gefeierten. --
Auf die besagte Art entstand der Fackelzug, ent-
stand und verlief das Festessen, und was anders
von hirr aus dem Frankfurter Journal berichtet
wurde, ist Unwahrheit und hat speziell der Arti-
kel d. d. Speyer, 27. Juni, 2. Beilage zu Nr.
155 des Journals, gelinde gesagt, seinen Ent-
stehungsgrund in gekränkter Eitelkeit und Gall-
sucht. Eine Wahrheit enthält der Artikel: Die
sogenannten Weißen und Farblosen suchten und
suchen Versöhnung aller Parteien zum Wohle ih-
rer Stadt und der gesammten Pfalz und halten
sich, um dies zu erzielen, zunächst für verpflichtet,
dem Kgl. Regierungs=Präsidenten und der ge-
sammten Kgl. Regierung mit Vertrauen entgegen-
zukommen, und werden sich, weder durch unzeiki-
ges Wirthshausgeschrei, noch durch beißensollende
Zeitungsartikel, von diesem ihrem Streben abhal-
ten lassen.
( Pf. Z. )
Landau, 6. Juli. Heute Nacht ist es dem
bekanntlich schon zum Tode verurtheilten Junker
Fach gelungen, aus seinem Gefängniß in der
Kaserne zu entfliehen. Als man ihm heute mor-
gen das Frühstück bringen wollte, fand man die
Stube geleert und das Gitter des Fensters durch-
gefeilt. -- Diesen morgen ist Hr. Oberstlieute-
nant v. Eisenhofer am Schlagflusse gestorben. --
Der General Frhr. v. Jeetze wurde von einer
Militärkommission, welche sein Verhalten als
Commandant der hiesigen Festung während des
pfälzischen Aufstandes zu untersuchen hatte, ein-
stimmig freigesprochen.
( Pf. Z. )
Aus Thüringen, 4. Juli. Großer Aerger ist
unter unsern Demokraten über den Koburger Ab-
geordneten Neubert, der wegen eines politischen
Vergehens verurtheilt, den Herzog um Gnade an-
gegangen; sie nennen dies eine gänzliche Lossa-
gung von der Partei. -- Ein Anderer jener Par-
tei, der Redakteur des im Jahre 1848 bestande-
nen „Freien deutschen Volksblattes,“ hat jetzt,
wie das „Koburger Tagblatt“ berichtet, der Mei-
ninger Regierung das Anerbieten gemacht, gegen
ein gewisses Honorar alle Personen anzugeben,
welche zur Zeit seines Aufenthalts in Hildburg-
hausen mit ihm in politischer Verbindung ge-
standen.
Der Br. Ztg. wird aus Dresden von einem
Vorfall berichtet, der sich unmittelbar vor der
Auslieferung Bakunins an Oesterreich ereignet
haben und theilweise als Erklärung derselben gel-
ten soll: „Als der in zwei Jnstanzen zum Tode
verurtheilte und dann im Gnadenwege mit lebens-
länglicher Zuchthausstrafe belegte k. Musikdirektor
Röckel von dem Königstein nach Waldheim abge-
führt worden war, machte er bei seiner Ankunft
in Waldheim dem Direktor des Zuchthauses das
Anerbieten, er wolle für den Fall, daß er ihn
von der lästigen Arbeit des Wollekrämpelns be-
freie, der Untersuchungsbehörde ein wichtiges Ge-
heimniß mittheilen. Da der Direktor des Zucht-
hauses es für angemessen hielt, von diesem Aner-
bieten Gebrauch zu machen, so hat Hr. Röckel
spezielle Aufschlüsse über einen Bakunin angehöri-
gen Koffer mit Briefschaften und Papieren aller
Art gegeben, welcher an einem bestimmten Orte
in der Antonstadt=Dresden vergraben worden sei.
Diese Angabe hat sich bewahrheitet und die Po-
lizeibehörde hat bei einer in nächtlicher Weile
veranstalteten Nachgrabung diesen Koffer wirklich
aufgefunden. Ueber den Stand des von öster-
reichischer Seite gegen Bakunin anhängig gemach-
ten Prozesses erfährt man, daß derselbe allerdings
für den czechischen Aufstand lebhaft thätig gewe-
sen, indeß nicht so schwer gravirt zu sein scheine,
als man nach den früheren Aussagen vieler Be-
lastungszeugen, die ihn wahrscheinlich für einen
unter allen Umständen verlorenen Mann gehalten
und demnach alle Schuld auf ihn gewälzt haben,
anzunehmen geneigt war. Sollte die österreichi-
sche Behörde nicht in dem Falle sein, ein gleich
hohes Strafmaß, wie das in Sachsen ausgespro-
chene, gegen ihn zu erkennen, so hegt man keinen
Zweifel, daß den bestehenden Verträgen gemäß eine
Rücksendung des Verbrechers nach Sachsen, keinen-
falls aber eine Auslieferung an Rußland statt-
finden werde.“
Hannover, 5. Juli. Jn der heutigen Sitzung
der 2. Kammer stellte der Abgeordnete Lang II.
folgende Jnterpellation in Betreff des dänischen
Friedens: Seit 3 Tagen ist durch die öffentli-
chen Blätter die Kunde von einem Frieden ver-
breitet, den Preußen im Namen von Deutschland
mit Dänemark abzuschließen sich für befugt gehal-
ten hat, und welchem beizutreten die deutschen
Regierungen aufgefordert sein sollen. Jch frage
nicht, ob unsere Regierung von dem Jnhalte die-
ses Friedensschlusses Kenntniß erhalten hat, denn
es kann der Regierung nicht unbekannt sein, was
in allen öffentlichen Blättern steht, daß nämlich,
trotz den Bundesbeschlüssen Schleswig Preis ge-
geben und auch die Beruhigung Holstein's, eines
deutschen Landes, nach einigen Formalitäten dem
Könige von Dänemark überlassen werden soll.
Auch kann Deutschland das Urtheil über die frie-
denstiftende preußische Regierung gern und mit
Vertrauen dem Ehrgefühle des preußischen Volkes
überlassen. An die Hrn. aus der Regierung, und
zwar speziell an den Hrn. Vorstand des Mini-
sterii des Jnnern erlaube ich mir aber eine Frage
zu stellen: „Hat die preußische Regierung unse-
rer Regierung wirklich zugemuthet, einen solchen
Frieden im Namen des Königreichs Hannover, im
Namen unseres im ganzen Vaterlande hochgeach-
teten Königs zu genehmigen?“ Sollte die Frage
bejaht werden, dann bedarf es für mich keiner
weiteren Frage, denn ich bezweifle keinen Augen-
blick, daß das Land, dessen Kräfte ich weder über-
schätze noch zu gering schätze, mit Vertrauen seine
Ehre in die Hand der Regierung legen kann, die
es sicher keinen Augenblick verkennen wird, daß
Hannover bei dem zu fassenden Entschlusse an den
Marken des Ruhmes oder der tiefsten Erniedri-
gung steht. -- Stüve erklärt hierauf, daß bis zu
diesem Augenblicke noch keine offizielle Mitthei-
lung eingelaufen sei, worauf sich Lang vorbehielt,
auf diesen Gegenstand später wieder zurückzu-
kommen.
Wien, 3. Juli. Die „Ostdeutsche Post“ ent-
hält in ihrer Numer vom 2. d. eine Korrespon-
denz, wonach die Gendarmerie bei dem Landvolke
verhaßt sein soll, wobei als Beweis angeführt
wird, daß so eben zwei Gendarmen ermordet ge-
funden, und die Thäter bereits eingezogen worden
seien. Auf telegraphische Anfrage hierüber langte
auf demselben Wege so eben die Nachricht ein,
daß jene Nachricht über den Todtschlag zweier
Gendarmen in der Umgebung von Grätz sich als
eine Lüge darstellt. Uebrigens ist ebenso unrich-
tig, wie das Factum, auch die Notitz über die
hierorts wohlbekannte Stimmung des Landvolks.
Ueberall wird die Gendarmerie, welche Straßen
und Gehöfte vor Vagabunden und bedenklichen
Personen bewahrt, und eine bisher nicht gekannte
Sicherheit der Personen und des Eigenthums
herausstellt, gerade von dem Landvolk als eine
wahre Wohlthat anerkannt.
Aus österreichisch Schlesien, Ende Juni.
Der Fürstbischof von Breslau, Melchior v. Die-
peubrock wird in dem zu seinem Sprengel gehö-
rigen österreichischen Antheile des Fürstenthums
Neiße die Firmelung vornehmen. Da dieser kirch-
liche Actus hier schon seit undenklichen Zeiten
von keinem Bischofe selbst ausgeübt wurde, so
soll derselbe mit ungewöhnlicher Pracht gefeiert
werden. Meilenweit wird sich die Geistlichkeit an
der Spitze von Processionen mit fliegenden Fah-
nen nach dem hoch im Wald gelegenen Wall-
fahrtsort Mariahilf in Bewegung setzen, wo das
Sacrament gespendet werden soll. Auch von
Seite der Regierung wird der Kirchenfürst mit
einer besondern Aufmerksamkeit empfangen werden;
der Statthalter wird ihn persönlich an der Grenze
begrüßen. Nach beendigter Feier geht Herr v.
Diepenbrock nach seinem herrlichen Sommersitze
Schloß Johannisberg.
Wir entnehmen aus einem Korrespondenz=Ar-
tikel des „Lloyd,“ Berlin, 2. Juli, folgende Mit-
theilung: Die von dem k. k. Kabinet in Wien
gemachten Vorschläge sind in diesem Augenblicke
fast ausschließlich der Gegenstand aller Berathun-
gen. Wenn in ihnen auch der Antrag einer au-
genblicklichen Suspension der Union liegt, so ist
eine solche, insoweit sie sich auf die Geschäfte in
den äusseren Angelegenheiten derselben bezieht, be-
reits von selbst eingetreten; in den innern Ange-
legenheiten aber ist überall der provisor. Zustand
unumwunden ausgesprochen worden, da man bei
jeder Gelegenheit unwillkürlich auf die von vorn
an anerkannte Thatsache zurückkommt, daß sich die
Geschicke Deutschlands durchaus nicht definitiv,
ohne eine Vereinigung der beiden Großmächte,
gestalten lassen. Unter solchen Umständen bezwei-
felt man hier, besonders in den diplomatischen
Kreisen, es durchaus nicht, daß die erwähnten
Propositionen des österr. Kabinets -- wenn auch
mit gewissen Verwahrungen -- angenommen wer-
den dürften, ja ein Theil derselben dürfte bereits
nach der gestern hier in Berlin stattgefundenen
Ministerial = Conferenz schon angenommen sein.
Hr. v. Radowitz soll in Folge der näheren Rück-
sprache mit dem König vollständig das Seinige
dazu beigetragen haben, die Berathungen in den
richtigen Weg wieder einzulenken. Jn jenen Vor-
schlägen der österr. Regierung liegt übrigens auch
eine vollständige Entfernung jener Punkte des
Streites über die Frankfurter Versammlung und
die Präsidial=Angelegenheit, welche hier von den
Leuten, die einen Akt des Patriotismus in der
Opposition gegen Oesterreich erblicken, sehr san-
guinisch als ein Casus belli verkündet wurden,
obgleich die Besonnenen die Sache niemals von
einer so ernsten Sache betrachtet haben.
Breslau, 4. Juli. Auf das Verlangen eines
Studenten jüdischer Konfession, zum Examen für
das juristische Doktorat zugelassen zu werden,
wandte sich die betreffende Fakultät mit der An-
frage an das Kultusministerium, ob sie diesem
Verlangen nachkommen dürfe. Sie erhielt die
Antwort, daß nach der Verfassung allerdings die
staatsrechtliche Gleichstellung aller Konfessionen
hergestellt sei, daß in diesem Falle es aber darauf
ankomme, ob es mit den Statuten der Universität
vereinbar sei, einen Juden zum Doktor zu pro-
moviren. Jn der darauf von der Juristenfakul-
tät gehaltenen Berathung stimmte nur Professor
Wilda unbedingt dafür, die HH. Abegg und
Gaupp nur insoweit, als ein Jude Dr. juris
civilis, nicht aber utriusque werden könnte; die
HH. Gitzler ( eifrig katholisch ) und Huschke ( alt-
lutherisch ) fanden die Ertheilung der juristischen
Doktorwürde an einen Nichtchristen an und für
sich mit den Grundlagen des Staats und der
Universität für unvereinbar, welche Ansicht als
das Resultat der Berathung die Oberhand ge-
wann.
( D. A. Z. )