Die Beschränkung des allgemeinen
Stimmrechts und das strengere
Preßgesetz.
( Schluß. ) Jn Frankreich ist es seit langer
Zeit Uebung für manche Hauptschriftsteller des
Tages gewesen, einige ihrer Artikel zu unterzeich-
nen, und mehrere sehr merkwürdige politische Ab-
handlungen haben hier und jenseits des Kanals
ihren Verfassern, wie Cobbett, Wilkes, Henri Fon-
frede, Jules Janin, Emile Girardin, Marrast,
große persönliche Berühmtheit verschafft. Aber es
bleibt deßhalb immer noch ein beträchtlicher Theil
eines jeden Journals übrig, welcher bisher, und
zwar nothwendigerweise, den Charakter der Ano-
nymität getragen hat. Das französische Gesetz
raubt die Freiheit anonym zu sprechen; es zer-
stört jene Assoziationen, die sehr mächtig auf die
öffentliche Meinung einwirken. Jm rechten Geiste
der Demokratie weigert es sich, irgend eine Un-
gleichheit in der Stellung zwischen Schriftsteller
und Schriftsteller anzuerkennen; in dem echten
Geiste des Despotismus verbreitet es die Sprache
der Kritik in irgend einer andern Form, als der
der persönlichen Diskussion, auf die Gefahr des
Remonstranten. -- Die Presse in Frankreich hat
nach einer maßlosen Macht gestrebt und sie auch
ausgeübt, die sich nicht auf ihren eigentlichen Be-
ruf beschränkte, sondern sich auch dazu gebrauchen ließ,
Verschwörungen anzuzetteln, den Pöbel aufzuhetzen,
Abdikationen zu gebieten, Regierungen zu bilden
und das Land zu revolutioniren. Sie erleidet
nun dafür auch eine maßlose Strafe; denn das
Land welches die Revolution haßt, haßt auch die
Presse, welche Revolutionen macht. Aber diese
Aufwallungen von Feindseligkeit gegen Rechte, die
lange Zeit als Haupterrungenschaften und Boll-
werke der Freiheit betrachtet worden waren, sind
traurige Symptome der Gleichgültigkeit der fran-
zösischen Nation gegen die Gottheit, der sie mit-
unter so leidenschaftlich Weihrauch gestreut hatte;
und das Gesetz, welches der Charakter der Presse
erniedrigen und den Einfluß derselben beschränken
soll, ist ein großer Schritt zu der moralischen und
politischen Herabwürdigung des Landes. Gleich
so vielen andern der edelsten Jnstitutionen freier
Nationen scheinen die Franzosen die Presse nicht
bloß gebraucht, sondern auch mißbraucht und ver-
braucht zu haben; und es kann keinen größeren
Beweis von der Jntensität der Reaktion gegen
liberale Ansichten geben, als daß ein Schwarm
von Menschen, die durch die Presse emporgestiegen
sind, sich nunmehr verbindet, um ihrem eigenen
Gewerbe den Garaus zu machen. Die alten
Erfindungen von Censur und Pranger sind abge-
schafft, aber die Freiheit der Presse ist nur noch
größeren Gefahren und allgemeinen Beschränkun-
gen unterworfen. Jn Preußen sieht man sogar
die Versendung von Nachrichten der launenhaften
Willkür der Postämter anheim gegeben. Jn Frank-
reich ist man entschlossen, jene Stimme zu ersti-
cken, die selbst in den schlechtesten Zeiten aus dem
Herzen der Nation sich Luft machte, um gegen
den Mißbrauch der Gewalt aufzutreten und den
Drohungen der Anarchie Widerstand zu leisten.
Jndem man auf die unverantwortliche Macht der Presse
-- wenn irgend etwas unverantwortlich genannt
werden kann, was durch die öffentliche Meinung
lebt -- losschlägt, schlägt man auf ihre Unab-
hängigkeit los, und opfert zugleich die geschickte-
sten und standhaftesten Verfechter der Freiheit und
guten Regierung, um jene giftige Brut zu ver-
tilgen, welche durch die Revolution zu einer un-
leidlichen Macht geworden ist. Die Freiheit der
Presse ist nun abgethan, wie man Schätze von
einem gescheiterten Schiffe über Bord wirft, und
jene Erschütterung, welche die Freiheit der Mensch-
heit verewigen sollte, hat mit diesen selbst aufer-
legten Fesseln, und mit der Verzichtleistung auf
dieselben Freiheiten geendet, welche die Menschen
zu genießen lernten und weiter auszudehnen such-
ten. Ja, die Wirkungen der Revolution sind von
der Art, daß das französische Volk sich gegenwär-
tig dem Verluste der Preßfreiheit selbst geduldig
unterwirft, während es sich im Februar 1848 das
Verbot eines aufrührerischen Bankets oder die
Verzögerung der Wahlreform nicht gefallen lassen
wollte.
Landtagsabschied.
München, 29. Juli. ( Forts. ) Unser Staatsmi-
nisterium der Finanzen wird die weiteren entsprechen-
den Verfügungen treffen. Dem an Uns gelangten
Wunsche, „die sämmtlichen Ausstände, Vorräthe an
Fabrikaten und Rohmaterialien den Berg= u. Hütten-
werken, der Glasmalereianstalt u. der Porzellainma-
nufaktur als Betriebskapital zuzuweisen,“ ertheilen
Wir in dem Anbetrachte, daß Zuschüsse aus an-
deren Fonds nicht mehr entnommen werden sollen,
folglich hierin das einzige Mittel zum Fortbetrieb
zu suchen ist, Unsere Zustimmung. Nachdem Wir
dem Antrage auf Trennung der Porzellainmanu-
faktur und Glasmalereianstalt von der Berg= und
Hüttenverwaltung bereits mit der entsprechenden
Zusicherung entgegen gekommen sind, so werden
Wir auch dem weiteren Wunsche, die beiden erst-
genannten Anstalten unter die Leitung Unseres
Staatsministeriums des Handels und der öffent-
lichen Arbeiten zu stellen, in reifliche Erwägung
ziehen lassen. Die von Uns ertheilte Zusage,
daß dem Berg = und Hüttenwesen Zuschüsse aus
anderen Fonds nicht mehr zufließen sollen, stellt
die größtmöglichste Sparsamkeit in allen Zweigen
an sich schon als unabweisbar nothwendig dar,
und wird von selbst in allen jenen Fällen auf die
Anwendung von Holzsurrogaten hinführen, in wel-
chen sich ein entschiedener Vortheil für die Ver-
waltung darbietet. Die Wirthschaftsresultate der
nächsten Jahre werden zeigen, inwieferne dem wei-
teren Wunsche wegen Verkaufes der mit Zubuße
arbeitenden Werke stattzugeben sei, und ob durch
den Uebergang derselben in Privathände der Fort-
betrieb nachhaltig gesichert und der vorwiegende
volkswirthschaftliche Zweck hinreichend gewahrt ist.
Die Reduction der äussern Aemter ist dermalen
schon Gegenstand der reiflichen Prüfung und Er-
wägung. Für die geognostische Untersuchung des
Königreichs haben Wir bei der unbestreitbaren
Zweckmäßigkeit des Unternehmens die nöthigen
Vorarbeiten bereits einleiten lassen. Bei der auf-
richtigen Theilnahme, welche Wir diesem wichtigen
Gegenstand zuwenden, wird die geognostische Auf-
nahme mit den etatsmäßig ausgesetzten Mitteln in
angemessener Weise ihrem Ziele zugeführt werden
Jn dem Wunsche auf Vorlegung eines Berggese-
tzes=Entwurfs für die Kreise diesseits des Rheins
finden Wir den Ausdruck eines anerkannten Be-
dürfnisses. Wir werden Sorge tragen, daß die-
sem Wunsche insbesondere in der bezeichneten Rich-
tung mit Rücksichtnahme auf die Gesetzgebung an-
grenzender Staaten nach Kräften entsprochen werde.
Wir werden, wie bisher, so auch fernerhin darauf
Bedacht nehmen, daß unter gleichen Qualitäts-
und Preisverhältnissen vorzugsweise inländisches
Feuerungsmaterial für den Eisenbahnbetrieb ver-
wendet werde, und haben bereits zu diesem Zweck
wiederholt Anweisung ergehen lassen. Auf den bei
der Prüfung der Rechnungs=Ergebnisse der Aera-
rialbergwerke der Pfalz pro 1845--47 gestellten
Antrag: „die königl. Staatsregierung sei zu er-
suchen, bei künftiger Vorlage der Rechnungs=Ueber-
sichten den Kammern auch immer eine Uebersicht
der Resultate der Verwaltung der ärarialischen
Bergwerke der Pfalz vorzulegen,“ erwidern Wir,
daß die diesem Antrag entsprechende Anordnung
bereits getroffen, und Unsere Regierungs=Finanz-
kammer der Pfalz zur Vorlage dieser Uebersichten
angewiesen worden ist. ( Forts. f. )
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten .
Vierter Armeebericht des Oberkommandeurs
Generals Willisen: Seitdem ich nun eine volle
Uebersicht über die blutigen Tage des 24. und
25. Juli habe, muß ich zuerst bestätigen, daß
unser Verlust, besonders an Offizieren groß
gewesen; so schmerzlich aber auch dieser Verlust
er ist an sich das schönste Zeugniß für die
Truppen. Alle Bataillone, ohne Ausnahme,
sind im Feuer gewesen, es gab keine Reserve
mehr, und dennoch sind auf dem Rückzuge
dem Feinde nur unsere schwer Blessirten in die
Hände gefallen, er wagte nicht, uns zu verfolgen.
Die Bataillone, welche durch ihre Stellung am
meisten Gelegenheit hatten, sich auszuzeichnen, wa-
ren das 4. und 5. Jägercorps, das 1., 4., 6.,
7., 9. und 10. Bataillon. General v. d. Horst
hat mit seltener Entschlossenheit seine Brigade bei
Selck dem Feinde entgegengeworfen, ihn dadurch
im Marsche überrascht und ihm die größten Ver-
luste beigebracht. Als die Uebermacht sich gegen
ihn wandte, hat er mit gleicher Festigkeit sich auf
den Feind geworfen, der ihn zu umgehen drohte,
und seine braven Truppen in die Stellung zurück-
geführt. General von Baudissin warf am Abend
des 24. dieses Monats mit seiner bekannten Ta-
pferkeit den Feind bei Sollerup über die Treene
zurück; am 25. dieses Monats war er, wie im-
mer an der Spitze seiner Truppen, unter den er-
sten, welche verwundet wurden. Der Brigade-
major, Major v. Gagern, übernahm die Führung
der Brigade mit bestem Erfolg. Der Oberst v.
Gerhard, als Führer der Avantgarde, hat sich
als ein eben so tüchtiger als tapferer Offizier ge-
zeigt und sich in wenigen Tagen das unbedingte
Vertrauen seiner Truppen erworben. Ein Schuß
am linken Vorderarm hat ihn seinen Truppen
keinen Augenblick entzogen. Oberst v. Abercron
hat seinen Ruf als tapferer Offizier von neuem
bewährt. Die Artillerie hat unter der umsichti-
gen Leitung des Obersten v. Wissel sich mit größ-
ter Auszeichnung geschlagen. Unter den Batterie-
chefs haben sich der Hauptmann Gleim und der
getödtete Hauptmann Kruse besonders ausgezeich-
net. Die Cavallerie hat, wo sie Gelegenheit hatte
zu handeln, wie die Escadron, welche die letzte
Attaque auf der Höhe von Jdstedt machte, gezeigt,
daß sie, wo sie Terrain findet, das Beste leisten
wird. Die Offiziere meines Stabes haben sich
sämmtlich durch großen Eifer, unermüdliche Thä-
tigkeit und Kaltblütigkeit ausgezeichnet. Der Chef
des Stabes, Oberst v. d. Tann, zeigte sich, wie be-
kannt ist, eben so umsichtig als entschlossen; er ist zu-
gleich der tapferste Soldat. Major Wynecken,
der Souschef des Stabes, ist ein eben so wissen-
schaftlich gebildeter, wie tüchtiger und tapferer Of-
fizier, und jeder Aufgabe gewachsen. Jch werde
in einem Armeebefehl eine ganze Reihe der Tap-
fern aus allen Graden nennen, welche sich beson-
ders hervorgethan. Die öffentliche Anerkennung
mit dem lohnenden eigenen Bewußtsein ist das
Einzige, was wir bieten können, der edlen Gesin-
nung aber, welche Alle beseelt, der schönste Lohn.
Von weiteren Begebenheiten habe ich seit dem 27.
Juli nichts von Bedeutung zu berichten. Zwei
Escadronen unter dem Rittmeister v. Puttkammer
machten am 29. eine Recognoscirung über die
Sorge bis vor die Thore von Schleswig und
griffen zwei feindliche Escadronen, welche ihnen
entgegen kamen, rasch und entschlossen an, gingen
aber später zurück, wie es in der Aufagbe lag,
ohne vom Feinde verfolgt zu werden. Die Ar-
mee hat sich erholt und ausgeruht, sie steht auf
schleswig'schem Boden und erwartet mit Ungeduld
die Erneuerung des Kampfes. Jn direkter und
unmittelbarer Verbindung mit Rendsburg ist die
Armee stärker, als sie bei Jdstedt war. Es könnte
uns also nur eine zweite und eine dritte Schlacht
vom schleswig'schen Boden vertreiben, und sie
würden blutiger sein als die erste.
Hauptquartier
Rendsburg, den 4. August 1850. Der comman-
dirende General. ( gez. ) v. Willisen.
Rendsburg, 4. August. Heinrich v. Gagern
ist mit dem Range als Major in die schleswig-
holsteinische Armee eingetreten und vorläufig dem
Generalstab aggregirt worden.
( H. N. )
Berlin, 4. August. Gestern sind 600 aus-
gediente preuß. Militärs, welche sich nach Schles-
wig=Holstein begeben, durch Berlin passirt.
( H. N. )
Berlin, 6. August. Als die dänische Caval-
lerie im Carriere die grade Straße von Ober-
Stolk durchschnitt, um sie zu säubern, warfen sich
die jungen holsteinischen Jäger auf die Erde,
standen wieder auf, empfingen die im Trabe rück-
kehrende Cavallerie mit einem mörderischen Feuer
und stachen die Pferde todt. Bei dieser Gele-
genheit kam auch der dänische Generalstab in
das Dorf und in's Büchsenfeuer, und hier wurde
der General von Schleppegrell tödtlich
verwundet. Es ist also eine offenbare feindliche
Erdichtung, daß Bauern ihn ermordet haben, aber
diese Erdichtung wird benutzt, um reiche Bauern
gefangen fortzuführen! Man kennt sogar im hol-
steinischen Heer den Namen des Jägers, der den
tödtlichen Schuß auf den General v. Schleppe-
grell führte.
( Berl. N. )
Hamburg, 7. August. General v. Willisen
erklärt, daß die in seiner Gewalt befindlichen 500
dänischen Gefangenen verantwortlich seien für das,
was den schleswigischen Angehörigen durch die
Dänen geschehe. -- Auf der „Gefion“ weht die
die preußische Flagge; der Befehlshaber derselben
hat die dänische Aufforderung zur Uebergabe ener-
gisch beantwortet.
Aus dem Kirchengebet, welches auf Anordnung
der Statthalterschaft seit dem Ausbruch der Feind-
seligkeiten von den Kanzeln verlesen wird, theilen
wir folgende Stelle mit: Dafür, Heiliger in der
Höhe! dafür wagen wir, Dich zum Zeugen zu
rufen, daß es nicht Aufruhr und Empörung ist,
worin unser Land zum Schwerte gegriffen hat
und jetzt greift, sondern daß wir damit ganz al-
lein, weil kein Richter auf Erden den Streit zwi-
schen unserem Volk und dem, was uns anwohnt,
hat schlichten können oder wollen, und weil kein
Ende des Zwistes auf anderem Wege zu finden
gewesen ist, die Entscheidung in Deine Hand, Kö-
nig aller Könige und Herr aller Herren, zu legen
begehren. Jn Deinem Worte steht geschrieben:
Und stirbt kaum Jemand um des Rechtes willen
( Rom. 5, 7 ) . Siehe, Herr! unsere Söhne, wir
Alle, wenn Du es forderst, sind bereit, darum zu
sterben, denn -- das sind wir getrosten Muthes,
vor Himmel und Erde zu bezeugen -- blos da-
mit das Recht nicht gebeugt, oder gar, wie wir
es erlebten, das Land und Deine christliche Kirche
mit Füßen getreten, damit die Bande der Zucht
nicht gar gelöst, Deine heiligsten Ordnungen nicht
vollends in Unordnung verkehrt bleiben, ist unser
Heer jetzt in den Streit gezogen. O Du! der
Du in heil. Schrift das Wort hast verzeichnen
lassen: Recht muß doch Recht bleiben ( Ps. 94,
15 ) , zeuch nun du, als der Heerschaaren Herr,
allmächtig diesem Heere voran! erfülle, was zu
jenem Worte als Deine Verheißung der Glaube
umklammert hat: dem Recht werden alle frommen
Herzen zufallen, zuerst an dem Herrscher, der, un-
serer Gegner König, aber auch unser Fürst ist,
für den wir deßhalb nicht ablassen, dem Apostel-
gebot gehorsam, besondere Fürbitte zu thun, er-
fülle, erfülle an ihm solche Zusage dahin, daß sein
Herz das erste unserem Recht zufallende werde,
und wenn dies, dann Allmächtiger! zeuch ihn mit
Macht an, daß er kann, was er dann wollen
wird; erfülle sie gleicherweise an allen Machtha-
bern auf allen ihren Thronen; an unsern Feinden
und Abgewandten, welchen wir vergeben, was sie
wider uns lästern und zu thun gedenken, und wis-
sen nicht, was sie thun, daß sie erleuchtete Augen
empfangen, zu sehen, was wir begehren; an un-
sern Freunden und Zugewandten, daß sie nicht
müde werden, uns zur Seite zu treten mit der
Kraft ihrer Gebete, mit Rath u. That; erfülle sie ganz
besonders an unseren Kindern, daß sie, für deren
Muth wir Dir danken, im Aufsehen auf Dich,
todesmuthig auch dann bleiben, wenn es wirklich
gilt, dem Tod ins Angesicht sehen. Himmlischer
Vater! wir haben sie lieb alle unsere Kinder, und
hätten sie gerne unversehrt wieder in Frieden un-
ter unserm Dache und in unsern Kreisen. Dir,
der Du sie noch lieber hast, sind ja alle Dinge
möglich, Abba ist es möglich! Abba, ist es mög-
lich! so wehre den tödtlichen Geschossen der Feinde
und laß vor den Geschossen der Unsern, wo sie
als Deine Streiter im heiligen Ernst sich damit
blicken lassen, Deine Schrecken hergehen. Wenn
Du auch über ihrer Etliche beschlossen hättest, daß
sie sterben sollen, -- Dein Wille geschehe! nur
daß Du dann dieser Sterbenden letzten Seufzer
zu Gnaden annehmest, und sie, die dafür fallen,
daß das Erdreich, was ihr irdisches Vaterland ist,
nicht des Schmuckes beraubt werde, in Recht und
Gerechtigkeit ein Abbild Deines Reiches zu sei,
aus Gnaden das ewige Vaterland erben lassen,
wo, um Jesu Willen, sie und wir für immer bei
Dir zu sein hoffen. Den Führern an ihrer Spitze
gib das volle Gefühl davon, das des Landes
Kleinod in ihre Hände gegeben, und salbe sie mit
Deiner Weisheit und Muth und Kraft, -- auf
die Untergebenen sende herab den Geist des Ge-
horsams und der Zucht, -- dem ganzen Lande
bewahre Ausdauer und Treue im Festhalten an
dem in Deinem Namen Begonnenen, daß, wenn
das Heer nicht sein Blut, das Land nicht sein
Gut achtet, um Alles wohl auszurichten und das
Feld zu behaupten.
Deutschland.
Stuttgart, 3. August. Auf die Adresse der
bürgerlichen Collegien in Eßlingen an Se. Maj.
den König wegen des dänisch=preußischen Friedens
ist denselben folgendes Schreiben des Departe-
mentschefs des Jnnern zugegangen: Die bürger-
lichen Collegien der Stadt Eßlingen haben in ei-
ner an Se. Maj. den König gerichteten unterthä-
nigsten Eingabe Höchstdenselben die Bitte vorge-
tragen, auf die Nichtgenehmigung des zwischen
der Krone Preußen im Namen des übrigen Deutsch-
lands mit dem Königreich Dänemark hinsichtlich
der Herzogthümer Schleswig=Holstein vorläufig
geschlossenen Friedens, und auf die schleunigste
Gewährung thätiger Hilfe in dem von Schleswig-
Holstein für Deutschland geführten Kampfe hin-
zuwirken. Hierauf haben Se. kgl. Majestät den
Unterzeichneten beauftragt, den bürgerlichen Colle-
gien von Eßlingen zu eröffnen, daß dieselben aus
der Art und Weise, wie Se. Majestät sich gegen
den Ausschuß der Landesversammlung ausgespro-
chen haben, entnommen haben werden, wie Höchst-
dieselben diese wichtige vaterländische Angelegenheit
in reifliche Erwägung ziehen, und das wohlver-
standene Jnteresse des größeren und engeren Va-
terlandes auf das Gewissenhafteste prüfen werden;
daß aber Höchstdieselben ebendeßhalb sich beglau-
bigen, die bürgerlichen Collegien von Eßlingen
hätten durchaus keine Veranlassung zu obiger ganz
außerhalb ihrer Amts= und Berufsthätigkeit lie-
genden Bitte gehabt. Jndem der Unterzeichnete
diesen höchsten Auftrag vollzieht, hat er die Ehre
zu verharren. Stuttgart, den 2. August 1850.
Der Departementschef des Jnnern: Linden. --
Erhaltener Nachricht zufolge werden fernere ähn-
liche Adressen in gleicher Weise beantwortet wer-
den.
( S. M. )
Stuttgart, 6. August. Abends. Der No-
tenkrieg zwischen Regierung und Ausschuß der
Landesversammlung hat heute durch nachfolgende
zwei k. Reskripte wieder einen neuen Zuwachs er-
halten, nach deren Jnhalt zu erwarten scheint,
daß die Regierung, über die seither verhandelten
Gegenstände wenigstens eine weitere Antwort zu
geben nicht geneigt ist: I. Wilhelm von Gottes
Gnaden, König von Württemberg. Liebe Ge-
treue! Nachdem ihr die in der Note eures Prä-
sidenten vom 24. v. M. gestellte Frage an Unser
Gesammtministerium mittelst weiterer Note eueres
Präsidenten vom 31. v. M. in einer näher moti-
virten Weise wiederholt habt, so finden Wir uns
bewogen, Uns nochmals in Folgendem gegen euch
auszusprechen. Es handelt sich keineswegs, wie
ihr sagt, von der Gefährdung aller seit zwei Jah-
ren erworbenen Rechte des Landes; dafür bürgt
wohl der stets bewiesene gesetzliche Sinn Unserer
Regierung und die von derselben zu erwartende
richtige Würdigung der wahren Bedürfnisse Unse-
res Volkes; vielmehr handelt es sich davon, für
das Gesammtvaterland endlich die Mittel zu fin-
den, seine Rechte und Pflichten üben zu können,
und dieß in einem Augenblicke, welcher schon um
der schweren Verwicklungen willen, die aus dem
preußisch=dänischen Frieden für Deutschland im
Ganzen oder für einzelne Theile desselben hervor-
gehen können, ein völkerrechtlich anerkanntes Or-
gan für Ausübung seiner Rechte und Pflichten
dringender als je erheischt; wie denn überhaupt
Niemand entgehen wird, daß eine längere Aus-
dauer des bisherigen unentschiedenen Zustandes un-
möglich ist, wenn nicht die wichtigsten Jnteressen
Deutschlands preisgegeben werden sollen. Jn die-
sem Bestreben, welches unter der nothwendigen
Bemessung der gegebenen Verhältnisse zu verfol-
gen ist, sollten Wir Uns der Unterstützung aller
Derjenigen versichert halten dürfen, welchen es
wahrhaft um das Wohl des größeren und enge-
ren Vaterlandes zu thun ist, um Unser Volk
nicht den Gefahren ausgesetzt zu sehen, von wel-
chen Unser Reskript vom 29. v. M. zu sprechen
nicht umhin konnte. -- Ueber den Weg, wie je-
nes Ziel zu erreichen sei, haben Wir Uns bis
jetzt noch nicht zu äußern; Wir halten dieß sogar
dann noch nicht zu thun, wenn euere Voraussetz-
ung zuträfe, daß der von euch gleichfalls für ge-
fährdet erachtete §. 85 der Verfassungsurkunde
hier zur Sprache komme; denn selbst in diesem
Falle hatten Wir nach § 86 der Verfassungsur-
kunde die Landesvertretung von Unseren Schritten
erst in Kenntniß zu setzen, sobald die Umstände
es erlauben, was bis jetzt noch nicht der Fall
war. Nach Unserer festen Ueberzeugung ist aber
nicht der § 85, sondern der § 3 der Verfassungs-
Urkunde für unser Verfahren in gegenwärtiger
Frage maßgebend, da Wir nicht mit „ auswärti-
gen Staaten“, sondern mit den im deutschen Bunde
begriffenen Staaten verhandeln. Wie Wir schon
früher ausgesprochen haben, hielten Wir Uns da-
her nicht einmal für berechtigt, von dieser staats-
rechtlichen Grundlage abzugehen, wenn gleich Wir
auch hier, wie dieß immer Unser Bestreben war,
nur zu wünschen vermögen, in Uebereinstimmung
mit den Vertretern des Landes handeln zu kön-
nen. -- Hiermit müssen Wir nun, und werden
Wir zur Zeit die an Uns gebrachten Fragen für
erledigt ansehen, und Wir sind hierbei von dem
Bewußtsein geleitet, ebensosehr im wohlverstande-
nen Jnteresse Unseres Volkes, als nach den Vor-
schriften der Verfassung zu handeln. Wir ver-
bleiben ec. Stuttgart, im k. Gesammt=Ministerium
den 1. August 1850. Miller, Linden, Knapp,
Plessen.“ -- II. Wilhelm ec. Liebe Getreue!
Es ist Uns die weitere Note eueres Präsidenten
vom 27. v. M. in Betreff des dänisch=preußischen
Friedens von Unserem Gesammt=Ministerium vor-
gelegt worden. Wie der Jnhalt derselben Unsere
Ansicht über die Note eueres Präsidenten vom
11. v. M. nicht zu ändern vermochte, so würden
Wir Uns auch nicht bewogen finden, auf diesen
Gegenstand zurückzukommen, wenn nicht der Schluß
der Note, wo zu Unserem gerechten Befremden
von einem „auffallenden Tone“ und von „ ver-
letzenden Worten“ gesprochen wird, Uns veran-
laßte, euch zu erkennen zu geben, daß ihr zu ei-
ner solchen Aeußerung wohl nur gelangen konntet,
nachdem ihr euererseits die natürliche und unver-
kennbare Bedeutung der von euch gebrauchten
Worte beseitigt zu haben glaubtet; daß ihr aber
selbst dann nicht aus den Augen zu verlieren hat-
tet, daß ihr euch nicht, wie ihr unterstellt, in
einem Notenwechsel mit Unserem Gesammtministe-
rium befandet, sondern daß ein von Uns, wenn
gleich unter der Verantwortlichkeit Unseres Ge-
sammtministeriums erlassenes Reskript an euch er-
gangen ist. Jndem Wir Uns zu euch versehen,
daß dieß in Zukunft nicht unbeachtet gelassen wer-
den wird, verbleiben Wir euch mit Unserer könig-
lichen Huld stets wohl beigethan. Stuttgart, im
kgl. Gesammtministerium, den 3. August 1850.
Miller, Linden, Knapp, Plessen.“ -- Man sieht,
alle die Reskripte, wie überhaupt alle wichtigen
Akte des jetzigen Ministeriums sind stets von
allen Ministern unterzeichnet, so daß ein Prozeß,
wie gegen v. Wächter=Spittler nicht wohl, son-
dern nur gegen alle vorkommen könnte.
Suttgart, 6. August. So viel bis jetzt ver-
lautet, wird Hr. v. Wächter=Spittler mit der be-
deutenden Majorität von 10--11 gegen 2--3
Stimmen von den Richtern des Staatsgerichtshofs
freigesprochen werden. Die verurtheilenden Stim-
men sollen dem Obersteuerrath Zeller und dem
Obertribunalprokurator Steudel, die noch schwan-
kende Dr. Ludwig Uhland, dem Dichter Uhland,
gehören. Daß die beiden ersten Hrn. ein „ Schul-
dig “ aussprechen würden, daran zweifelte von An-
fang Niemand, denn Beide sind Mitglieder des
Volksverein und gehören stark der demokratischen
Färbung an, obgleich man von dem Hrn. Ober-
steuerrath behaupten will, er würde sich gerne um-
färben lassen, wenn es auginge, seitdem das
Blutroth so sehr im Preise gesunken und aus der
Mode gekommen ist. Es thut sich aber nicht, und
so muß er wohl zum bösen Spiele gute Miene
machen, was einer stets freundlichen Physiognomie
wie die seinige nicht schwer fallen kann. Daß
Ludwig Uhland noch nicht mit sich im Reinen ist,
macht seiner Gewissenhaftigkeit alle Ehre, weil die
Entscheidung der Frage einem Nichtjuristen und
Nichtstaatsrechtskundigen wohl zu schaffen machen
kann, wenn er nicht Parteimann ist. Die demo-
kratische Partei wird sich sicher auch alle Mühe
geben, ihn für ihre Ansicht zu gewinnen, denn ein
so populärer Mann wie Ludwig Uhland wiegt in
den Augen der Menge drei und noch mehr Andere
auf, weil der große Haufe nicht zu unterscheiden
vermag, daß zwischen Dichter und Politiker ein
großer Unterschied ist, und weil er nicht weiß, daß
man möglicher Weise ein großer Dichter und ein
sehr mittelmäßiger Politiker sein kann. Uhland
wird sich aber wohl bedenken, ehe er seinen Na-
men diesmal, wie bei Sprengung der National-
Versammlung, herleiht, damit man hinter demsel-
ben über um so größeres Unrecht schreien kann,
insofern selbst ein Mann, wie er durch seine Pro-
testation das Recht auf Seiten der „Volkspartei“
gefunden habe. -- Wie weit das Liebaügeln,
selbst hochgestellter Männer, mit der Demokratie
geht, scheint ein im Publikum verbreitetes Gerücht
auf's neue zu bestätigen. Ein sehr einflußreiches
Mitglied des Staatsgerichtshofs soll nämlich An-
fangs die Kompetenz dieser Behörde in vorliegen-
dem Fall in Abrede gestellt haben. Auf diese
Weise hin hätte dann der Beklagte gar keinen
Richter gefunden, der über seine Angelegenheit
entschieden hätte; er wäre nicht verurtheilt, aber
auch nicht freigesprochen, gewissermassen nur von
der Jnstanz entbunden worden, und es wäre ihm
auf diese Weise fast die Möglichkeit genommen
gewesen, irgend ein höheres Staatsamt je wieder
anzutreten. Glücklicher Weise fand aber diese
Ansicht bei der Mehrzahl der Richter keinen An-
klang, da nicht Alle, wie Jener, sich gekränkt füh-
len, daß man sie noch nicht zu Ministern ge-
macht hat. Auch über das Präsidium gab es
Eifersüchteleien, und man nennt den Namen zweier
Männer, die sehr empfindlich darüber sein sollen,
daß sie es nicht geworden sind.
( K. Z. )
Wiesbaden, 7. August. Die halboffizielle
„Nass. Allg. Z.“ bringt heute folgenden bemer-
kenswerthen Artikel: „Es wird uns aus Berlin
vom 4. d. M. u. a. geschrieben: Die gestern in
hiesigen Blättern mitgetheilte Vermuthung, daß
der Ministerpräsident v. Wintzingerode sich in
Berlin nur orientiren wollte, scheint uns die rich-
tige; unrichtig ist es aber, seine Anwesenheit mit
der Sache der Union in eine uber den Zweck der
Jnformation hinausgehende Beziehung bringen zu
wollen. Die Unionsfrage ist durch die neue Vor-
schläge des Wiener Cabinets so ziemlich in den
Hintergrund gedrängt, und sind es nur diese,
welche die Aufmerksamkeit der hiesigen Regierung
in Anspruch nehmen. Man ist über das diesen
Vorschlägen gegenüber einzuhaltende Verfahren,
so ziemlich im Reinen. Man sieht in denselben,
da Oesterreich die Herstellung des Bundesplenums
beabsichtigt, zugleich aber die Umarbeitung der
alten Bundesverfassung als nothwendig bezeichnet,
reine Kontradiction, indem die bei Herstellung
des Bundesplenum und der Wiedereinführung
der diesfalls bestandenen Bestimmungen die zu
weiteren Beschlüssen und namentlich zu zeitge-
mäßen Neuerungen erforderliche Stimmeneinhel-
ligkeit die Möglichkeit einer solchen Umände-
rung, wenn nicht geradezu aufhebt, so doch
sehr in Frage stellt. Man überläßt es da-
her dem Wiener Kabinet, die zur Lösung
dieser Frage nöthigen Vorlagen zu ma-
men, und wird sodann auf Grund der-
selben weiter verhandeln. Bei Verwerfung
derselben wird erst die Frage über die Union
mit Erfolg aufgenommen werden können, wenn
gleich zu erwarten ist, daß die Unionspolitik für
die Haltung Preußens während der Verhandlun-
gen maßgebend sein werde. Eine baldige Lö-
sung dieser Fragen ist, der Natur der Sache nach
nicht möglich; der jetzt herrschende rastlose Zu-
stand, in welchem jeder einzelne Staat Deutsch-
lands isolirt dasteht, dürfte daher noch lange
wahren. ( Ein schöner Trost! ) Das Jnterim
oder die Bundescentralcommission kann nicht als
ein Bindungsmittel weder im Jnnern noch gegen
Außen angesehen werden.“
Wien, 19. Juli. Eine Korrespondenz aus
Brody berichtete unlängst dem Lloyd, daß der
Hr. Erzbischof Boraniecki aus Lemberg bei der
feierlichen Einführung dortselbst dem Rabbiner
die Thora geküßt und sich in dessen Gebet em-
pfohlen habe. Der Hr. Erzbischof erklärt unterm
Heutigen, daß dies unwahr sei. Er habe, nachdem
er von den Einwohnern von Brody processionaliter
eingeführt wurde, zwar den Rabbiner mit der
Thora in Begleitung seiner Gemeinde am Wege
gegrüßt und Jhnen gedankt; aber eingedenk seiner
Stellung als Oberhirt weder die Thora geküßt,
noch sich dem Gebete empfohlen.
Agram, 2. Aug. Heute Vormittag um 10 Uhr
rückte das sieggekrönte 2. Bataillon des 1. Ba-
nalregiments mit klingendem Spiele der hiesigen
Otocaner Musikkapelle aus Jtalien auf dem Marsch
nach der Heimath hier ein. Se. Excellenz der Ba-
nus war mit einer zahlreichen Suite dem tapfern
Bataillon, das fast durchgehends mit der päbstli-
chen Verdienstmedaille geschmückt ist, weit hinaus
auf die Karlstädterstraße entgegengeritten. Am
Jellacicplatze stellte sich das Bataillon auf, und
nach den geschehenen militärischen Ehrenbezeugun-
gen entfernte sich Se. Exc. der Banus. Unter
Musikbegleitung wurde hierauf die Bataillonsfahne
auf die hiesige Hauptwache gebracht; das Batail-
lon aber, welches Major Horecki kommandirte,
rückte in seine Quartiere ab.
( O. C. )
Berlin, 6. August. Gestern sind von Schloß
Frohsdorf bei Wien hier eingetroffen und im Bri-
tish=Hotel abgestiegen der Hr. Graf v. Chambord
( Herzog v. Bordeaux ) . Derselbe wird heute ei-
nen Besuch am königl. Hoflager in Sanssouci ab-
statten und sich dann nach Wiesbaden begeben.
Jm Gefolge des Hrn. Grafen v. Chambord be-
finden sich der Herzog Mirepoix v. Lévis, der
Vicomte v. Monti und mehrere Herren vom höch-
sten französ. Adel. Eine zahlreiche Dienerschaft
begleitet die hohen Reisenden.
England.
London, 5. August. Das Haus der Gemei-
nen hat heute die Discussion über die Zulassung
des Baron Rothschild in das Parlament wieder
aufgenommen. Die beiden Entschließungen des
Generalprocurators wurden mit großer Mehrheit
gutgeheißen, der Antrag des Hrn. Hume mit 142
gegen 106 Stimmen verworfen. Baron Roth-
schild muß also die nächste Session abwarten, be-
vor er seinen Sitz im Unterhause einnehmen kann.
London, 5. August. Jn der Conferenz, welche
am 2. d. in dem Foreign=Office stattfand, wurden
nachstehende Protokolle unterzeichnet: Protokoll A.
Gegenwärtig: Der Geschäftsträger Oesterreichs,
der Gesandte Dänemarks, der Botschafter Frank-
reichs, der Staats=Sekretär für die auswärtigen
Angelegenheiten Jhr. brittischen Maj., der Ge-
sandte Rußlands, der Gesandte Schwedens und
Norwegens. Die im Foreign=Office in Conferenz
versammelten Repräsentanten dieser Mächte haben
die Aenderungen, welche in dem Protokoll vom
4. Juli, in Folge des Abschlusses des in Berlin
am 2. desselben Monates unterzeichneten Frie-
densvertrages, vorzunehmen sind, in Erwägung ge-
nommen. Nachdem diese Ausdrucksänderungen von
den Bevollmächtigten Dänemarks, Frankreichs,
Großbritaniens, Rußlands und Schwedens und
Norwegens angenommen worden, äußerte der Ge-
schäftsträger Oesterreichs seinen Wunsch, dieselben
zuvor der Genehmigung seines Hofes zu unter-
breiten. Es wurde demzufolge beschlossen, zur
Ausfertigung des Protokolls zu schreiten, und das-
selbe für den österreichischen Hof offen zu halten.
Die nämliche Entscheidung wurde in Bezug auf
den preußischen Hof gefaßt, dessen Repräsen-
tant dieser Zusammenkunft nicht beiwohnte.
Gezeichnet Koller. Deventlow. E. Drouyn de
Lhuys. Palmerston. Brunnow. J. E. Rehausen
Protokoll B. Gegenwärtig: Die Bevollmächtig-
ten von Oesterreich, Dänemark, Frankreich, Groß-
britannien, Rußland, Schweden und Norwegen.
Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich, der Präsi-
dent der französ. Republik, J. M. die Königin
des Vereinigten Königreichs von Großbritannien
und Jrland, Se. Maj. der König von Preußen,
Se. Maj. der Kaiser aller Reußen und S. M.
der König von Schweden und Norwegen, in Be-
tracht, daß die Aufrechthaltung der Jntegrität der
dänischen Monarchie mit den allgemeinen Jnteres-
sen des europäischen Gleichgewichts zusammenhängt
und von großer Wichtigkeit für die Erhaltung des
Friedens ist, haben auf Ansuchen Sr. Maj. des
Königs von Dänemark beschlossen, die vollkom-
mene Harmonie, welche zwischen ihren Kabineten
in Betreff der Aufrechthaltung dieses Princips be-
steht, darzulegen ( constater ) , und ihre in Con-
ferenz versammelten Bevollmächtigten ermächtigt,
in ihrem Namen folgende Erklärung abzugeben:
Art. 1. Es ist der einstimmige Wunsch der oben-
genannten Mächte, daß der Stand der gegenwär-
tig unter der Herrschaft Sr. dänischen Majestät
vereinigten Besitzungen in seiner Jntegrität auf-
recht erhalten werde. Art. 2. Demzufolge erken-
nen sie die Weisheit der Absichten an, welche
Se. Maj. den König von Dänemark bestimmen,
die Nachfolgeordnung in seinem königl. Hause so
zu regeln, daß die Arrangements erleichtert wer-
den, durch welche der obenbemerkte Zweck erreicht
werden kann, ohne Beeinträchtigung der Beziehun-
gen des Herzogthums Holstein zum deutschen Bund.
Art. 3. Sie äußern ihre Befriedigung darüber,
daß die in Berlin unter der Vermittlung Groß-
britaniens eröffneten Unterhandlungen bereits zur
Unterzeichnung eines Vertrages zwischen Dänemark
und Preußen in dessen Namen und im Namen
des deutschen Bundes geführt haben, -- eines
Vertrages, welcher, wie es ihre bestimmte Hoff-
nung ist, die Wiederherstellung des Friedens zur
Folge haben wird. Art. 4. Die obengenannten
Mächte, ihrerseits wünschend, schon jetzt ihren
Wunsch kundgeben, das Zustandekommen der im
Art. 2 des gegenwärtigen Prorokolls erwähnten
Arrangements, so viel an ihnen liegt, zu erleich-
tern, behalten sich vor, eine künftige Vereinbarung
zu treffen, um diesen Arrangements durch einen
Akt europäischer Anerkennung eine größere Bürg-
schaft der Stabilität zu verleihen. Sie kommen
überein, daß diese Berathung in London stattfin-
den solle, und daß die genannten Mächte ihre
Repräsentanten mit den zu diesem Zwecke erfor-
derlichen Vollmachten versehen werden. ( gez. ) Re-
ventlow. E. Dronyn de Lhuys. Palmerston. Brun-
now. J. E. Rehausen.“
Frankreich.
Paris, 4. August. Die „Opinion publique“
enthält folgenden Artikel über Deutschland: „Es
gibt gegenwärtig in ganz Europa keine so ernie-
drigte Macht, wie Preußen. Es gibt ferner kein
Land, wo das Sinken des Staates mit mehr Bit-
terkeit und Demüthigung und auf eine für die
Zukunft beunruhigendere Weise empfunden wird,
als Preußen. Wir machen nicht einmal für Frank-
reich eine Ausnahme. Preußen ist für einen Au-
genblick die einzige Macht gewesen, die bei der
Revolution von 1848 gewinnen zu sollen schien;
es wurde getragen und gehoben durch diese Revo-
lution, die es zugleich beherrschte und sich zu
Nutze machte, während es ihre kaiserlichen Ge-
schenke mit Verachtung zurückwies. Heut zu Tage
reißt man sich in Deutschland um die Wette von
ihm los, läßt es die hartesten Reden hören, be-
handelt es auf die schonungsloseste Weise. --
Verlassen von den Regierungen, die es das Ge-
wicht seines Schutzes hat fühlen lassen, alleinste-
hend in der Bundesvertretung, den erbitterten
Feindseligkeiten der vormärzlichen Partei ausge-
setzt, der Unterstützung beraubt, die es lange im
vertrauenden Wohlwollen und dann in den be-
rechnenden Hoffnungen der constitutionellen Partei
fand, enthält es überdieß in sich den thätigsten
Heerd der Revolution, die ihm nicht verziehen hat
und den Augenblick erwartet, es die der Ordnung
erwiesenen Dienste bezahlen zu lassen. -- Jn der
Meinung Europa's hat Preußen die Ungunst auf
sich gezogen, die sich in unserer Zeit immer an
die Regierungen des Vermittlungssystems heftet.
Man schreibt ihm Verwandtschaften mit der Re-
volution zu, und sagt ihm gern vorher, daß diese
Verwandtschaften es nächstens zum Sturz bringen
werden. Man hat niemals eine Macht mehr
Feindschaften ausgesetzt gesehen. -- Die Dinge
sind so weit gekommen, daß Preußen es für nö-
thig befunden hat, sein Quousque tandem aus-
zusprechen. Es waffnet und kündigt an, daß es
mit Zugeständnissen fertig ist. Sind diese Waff-
nungen ernstlich gemeint? Jst Preußen im Stande,
was man von ihm verlangt, streitig zu machen?
und wird es nicht mehr seinen Vortheil dabei fin-
den, nachzugeben, als zu widerstehen? Wir unse-
rerseits glauben nicht, daß es sich hierüber Jllu-
sionen macht; wir glauben, daß seine Demonstra-
tionen nur Einen Zweck haben: sein Ansehen zu
retten, indem es mit den Waffen in der Hand
unterhandelt und anscheinende Rücksichten und Zu-
geständnisse zu erlangen sucht.“ -- Die „Opinion
publique“ setzt hierauf auseinander, wie Preußen
durch seine wankelmüthige Politik allmählig seine
Stellung in Deutschland und seinen Einfluß an
Oesterreich verloren hat, und bezeichnet dann den
gegenwärtigen Stand der Streitfrage zwischen bei-
den Mächten in folgender Weise: „Die Zusam-
menberufung des Bundestages, die an Preußen
erlassene Aufforderung, an demselben Theil zu
nehmen, das Verlangen um Aufnahme einer öster-
reichischen Besatzung in die Bundesfestung Rastatt,
die Bestreitung der Gesetzlichkeit des engern Bun-
desstaates und der Militärcapitulationen zwischen
Preußen und den kleineren Staaten sind dring-
liche Fragen, auf die der Conflict sich gegenwär-
tig concentrirt hat. -- Oesterreich -- dies kann
man mit Gewißheit annehmen -- wird nicht wei-
chen. Was wird Preußen thun? Es hat 400,000
Mann auf den Beinen, Oesterreich 800,000 M.
Preußen hat auf seiner Seite 23 Staaten, die
zusammen 5,000,000 Einwohner zählen, wovon
aber die Hälfte es mit so wenig Gefahren, als
möglich, wieder zu verlassen sucht. Oesterreich
hat für sich alle großen Staaten ohne Ausnahme,
und außerdem offen oder heimlich auch die klei-
nen, Braunschweig und die sächsischen Herzogthü-
mer höchstens ausgenommen. Es hat ferner Ruß-
land hinter sich. Dies besagt zur Genüge, was
Preußen thun kann, und folglich, was es thun
wird. Es wird seine Phrase über den Frieden
von Schleswig wiederholen: „Der Friede war
gezwungen.“ Alle andern Hypothesen scheinen
uns schlechterdings nur allein auf Jllusionen zu
beruhen.“
Jtalien.
Rom, 29. Juli. Unsere neuliche Mittheilung,
daß der h. Vater beabsichtige, unsere ausländische
Prälaten zu Cardinälen zu ernennen, findet nun-
mehr allseitige Bestätigung. Es werden als solche
namhaft gemacht drei deutsche Prälaten, nemlich
der Erzbischof von Köln, von Olmütz und der
Fürstbischof von Breslau Der Erzbischof von
München, Graf von Reinach soll dem Vernehmen
nach das Cardinalat abgelehnt haben, aus welchen
Gründen ist unbekannt. Zudem werden zwei fran-
zösische bezeichnet, der Erzbischof von Besançon
und von Toulouse; ein englischer, der apostolische
Vicar des Londoner Distrikts, Dr. Wiesemann,
und zwei spanische, deren Namen wir nicht ken-
nen. Der Ernennung des Erzbischofs von Tou-
louse sollen sich jedoch Schwierigkeiten Seirens
der französischen Regierung entgegengestellt haben,
herrührend aus der früheren amtlichen Wirksam-
keit dieses Prälaten in Paris. Wiewohl die Ab-
sicht des h. Vaters, die genannten Prälaten zu
ernennen, als unzweifelhaft gewiß angesehen wer-
den darf, so wird dennoch die Beseitigung einiger
mehr formeller als wesentlicher Punkte immerhin
einige Zeit in Anspruch nehmen. Die betreffen-
den Billets sind demnach noch nicht spedirt und
das bereits auf den September anberaumte Con-
sistorium dürfte noch etwas länger ausgesetzt wer-
den. -- Um die namentlich vor einzelnen Tho-
ren sich findenden Ruinen aus den Zeiten der Re-
publik zu beseitigen, wurde am 25. d. M. ein
Ministerialediet publicirt, wonach innerhalb einer
bestimmten Frist die Eigenthümer zum Beginn der
Reparatur sich zu melden haben, widrigenfalls der
Staat diese Geläude als derelinquirt an sich
nimmt. -- Bei den jetzigen schönen Sommer-
abenden lebt mehr und mehr die alte Sitte der
Römer wieder auf, vor den Madonnenbildern in
den Straßen sich zu sammeln und dort unter Ab-
singung von Liedern und Litaneien ihre Abendan-
dacht zu halten. Auch die aus den Webereien
heimkehrenden Mädchen geleiten sich am Abend
wieder, wie vordem, in geordneten Reihen und
unter lautem Gebet in ihre Wohnungen zurück.
So gewinnt also Rom sein altes Aussehen wieder.
( D. Vksh. )
Rom, 30. Juli. Jm Auftrage des hl. Va-
ters gab der Präfekt der Congregation der hl.
Riten, Cardinal Lambruschini ein Decretum
Urbis et Orbis kund, dessen Wortlaut nachste-
hender ist: „Da unser Herr Papst Pius IX. von
der ersten Zeit seiner Regierung an, insbesondere
aber sich überall des mächtigsten Schutzes der hl.
Jungfrau Maria in unsern Tagen zu erfreuen
hatte, in welchen Petri Schifflein aller Orten,
und von den wildesten Stürmen hier und dorthin
geschleudert, er selbst in den Tagen der Bitter-
keiten seine Hauptstadt zu räumen und viele Mo-
nate hindurch die ungeheuere, weit und breit Ver-
heerungen anrichtende Pest der Jrrlehren, auch
die Besitznahme der geistlichen Häuser durch Hau-
fen toller Menschen, welche menschliche und gött-
liche Rechte zerstören sollten, in der Fremde zu
betrauern gezwungen wurde: so hat er in der Er-
innerung, daß am 2. Juli v. Js., an welchem
Tage die Kirche besonders des Festes der Heim-
suchung der Mutter Gottes gedenkt, das Joch der
Zwingherrn von Rom abgeschüttelt und einige Tage
später das weltliche Regiment des apostolischen
Stuhls mit Hülfe, nach dem Plan und durch die
Waffen berühmter Nationen und Fürsten wieder-
hergestellt ward, dem Bischof von Porto, Sta.
Rufina und Civitavecchia und Präfekten der Con-
gregation der hl. Riten, Cardinal Aloisius Lam-
bruschini, eröffnet, er wolle, dem hl. Pius V.
und Pius VII. seligen Andenkens nacheifernd, daß,
um der ruhmwürdigsten Jungfrau, welche ihm
und dem gläubigen Christenvolke wider Erwarten
zu Hülfe kam, einen immerwährenden Beweis der
Dankbarkeit zu geben, der Tag ihrer Heimsuchung
künftig in der ganzen katholischen Welt durch eine
Doppelfeier zweiter Classe verherrlicht werde.
Schon am 31. Mai d. Js. befahl der h. Vater,
dieß Dekret den Akten der Congregation der hl.
Riten hinzuzufügen, und dann kundzugeben.“
( gez. )
Lambruschini.