Die radikale Partei.
( Schluß. ) Es ist wahr, dieselben Volksver-
führer, welche also das Volk an den Bettelstab
bringen möchten, reden viel von Ersparnissen aller
Art, welche sie in den Staatshaushalt einführen
möchten, von der Wohlfeilheit einer demokratischen
oder republikanischen Regierung, von Erniedrigung
der Besoldungen und Pensionen und damit von
Ermäßigung der Steuern und Abgaben; -- aber
das Wohlfeilste ist eben nicht immer das Beste,
und würde man diese Finanzausschüßler gewäh-
ren lassen, so käme es allerdings so weit, daß
am Ende gar keine Steuern mehr erhoben wür-
den, denn wo nichts ist, da hat der Kaiser selbst
das Recht verloren! Die Verwaltung mancher
Gemeinden unseres Landes ist seit dem Märzsturm
in die Hände der Radikalen übergegangen; diese
Gemeinden haben unterdessen ihre Erfahrungen
gemacht, und sehen wenigstens so viel ein, daß
die Gemeinden dabei keine Ersparnisse, -- aber
Schulden gemacht haben! Wer aber das Wenige,
über das er gesetzt ist, schlecht verwaltet, sollte
der im Stande sein, über Vieles gesetzt zu wer-
den, ohne hier noch viel größeren Schaden anzu-
richten? -- Die Radikalen erkennen das Recht
der Mehrzahl an! Zwar sagt man: so viel
Köpfe, so viele Meinungen! und wenn man ge-
genwärtig Umfrage hält, selbst im demokratischen
Heerlager, so findet man auch in ihm, daß, bei
aller Uebereinstimmung im Zwecke, über die Mit-
tel, welche zu ihm führen, eine wilde Anarchie
herrscht. Jeden drückt der Schuh an einer andern
Stelle, und Jeder wünscht zunächst und vor Al-
lem Abhilfe seines Drucks! Aber wie wird nun
mit diesem Rechte der Mehrzahl selbst verfahren?
Man erklärt es aus der Mündigkeit und politi-
schen Reife des Volkes, welches auf der hohen
Stufe der Entwicklung angelangt sei, wo es sich
selbst regieren könne und müsse. Es ist schwer,
keine Satyre zu schreiben über diese Mündigkeits-
erklärung! Die Radikalen halten allerdings das
Volk für mündig, um es zu beschwatzen, zu be-
lügen und zu verblenden; sie halten es für mün-
dig, so lange es nach seiner Pfeife tanzt, und sich
von ihnen bevormunden läßt! Man höre, wie
bitter sie über diese Mündigkeit des Volkes hinter
den Coulissen spassen, wie sie über die Dummheit
und Leichtgläubigkeit des deutschen Michel spotten!
Doch nein, man muß nicht einmal der Vertraute
jener radikalen Leiter sein und an ihren speziellen
Berathungen bei verschlossener Thüren Theil neh-
men, um zu wissen, was sie unter der Mündigkeit
des Volkes verstehen. Warum schmeicheln sie dem
Volk? Weil sie es nicht für mündig halten!
Warum machen sie dem Volke Vorspiegelungen
von einer Zeit des Wohllebens, wo ihm gebratene
Tauben in den Mund fliegen werden? Weil sie
das Volk verachten und für einfältig halten!
Warum suchen sie das Volk zu bestechen, seine
Stimmen mit klingender oder schäumender Münze
zu erkaufen? Weil sie es für feil halten! Warum
kommt die konservative Partei zum Volke nicht
mit diesen maßlosen Versprechungen, nicht mit die-
sen Schmeichelworten, noch mit diesen Spenden?
Weil sie das Volk achtet, in Jedem des Volkes
einen Bruder kennt und seine Rechte nicht auf
dem Wahlmarkte feil bieten und versteigern lassen
will! Wir achten im Volke sittliche Wesen, deren
Glück und Wohlfahrt sich nur im gleichen Maße,
in welchem sich ihre Sittlichkeit hebt, heben kann.
Und diese Sittlichkeit ist für uns nicht das Werk
der Menschen; der modernen Bewegung, des neuen
Maßstabes, welchen der März und die Grund-
rechte an die Handlungen der Menschen gelegt
haben! sie ist für uns nicht jener vage Humani-
tarismus, jene selbstgemachte und sich akkommodi-
rende Moral unserer Tage, sondern die christliche
Moral, die Nachfolge in den Fußtapfen des äch-
ten Volksfreundes und Menschenfreundes, unseres
Herrn Jesu Christi! Gegenüber von jenen gleiß-
nerischen Mündigkeitserklärungen des Volkes ha-
ben wir einen untrüglichen Maßstab, der uns
sagt, wer frei sei, denn es steht geschrieben: Wen
der Sohn frei macht, der ist frei! Darum ken-
nen wir auch kein anderes Mittel, der Noth zu
steuern, kein besseres und sicheres Mittel, das
Volk zu befreien und glücklich zu machen, als ein
ächtes lebendiges Christenthum, ein christliches Re-
giment und ein christliches Wohlleben. Was uns
von den Radikalen trennt, ist nicht bloß eine po-
litische Meinungsverschiedenheit; es ist nichts mehr
und nichts weniger, als andere Grundsätze der
Sittlichkeit und der Religion.
( W. St. A. ) Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten .
Schleswig=Holstein, 5. August. Alle Nach-
richten, welche von hier nach Deutschland dringen,
sprechen vor allem Andern den Wunsch aus, daß
deutsche Offiziere, namentlich Offiziere vom Haupt-
mann abwärts, uns ihre Dienstzeit widmen möch-
ten. Es dürfte an der Zeit sein, aus offizieller
Quelle die Bedingungen mitzutheilen, unter wel-
chen dieselben hier Aufnahme finden. Es sind die
folgenden: Fremdherrliche Offiziere, welche defini-
tiv in die Armee eintreten, werden nach ihrem
ersten Offizierspatent, d. h. nach ihrer Gesammt-
dienstzeit als Offiziere einrangirt, wobei indessen
den hier bereits in Dienst stehenden Offizieren
eventuell die hier mitgemachten Feldzugsjahre dop-
pelt in Anrechnung gebracht werden. Da das
hiesige Offizierkorps, namentlich in den untern
Chargen, ein sehr junges ist, so kommen die
fremdherrlichen Offiziere bei ihrem Einrangiren
unverhältnißmäßig gut zu stehen gegen die Stel-
lung in ihrer eigenen Armee. Offiziere, welche
unter 4 Jahren als solche gedient haben, treten
als Secondellieutenants, aber nach ihrem Dienst-
alter, ein; bei 4--8 Jahren als Premierlieute-
nants; bei 8--13 Dienstjahren als Hauptleute
2. Klasse, bei längerer Dienstzeit als Hauptleute
1. Klasse. Der Unterschied der beiden Klassen
von Hauptleuten besteht nur in der Gage. Je-
der Hauptmann 2. Klasse ist Compagniechef einer
eigenen Compagnie. Das Avancement läuft durch
alle Truppentheile einer und derselben Waffe.
Die Anmeldungen geschehen beim Generalkom-
mando der Truppen, so wie auch mit dieser Be-
hörde die ersten Anstellungsverhandlungen geführt
werden. Jn den schriftlichen Gesuchen sind die
bisherigen militärischen Verhältnisse in Umriß dar-
zulegen, so wie die Offizierspatente, resp. Ent-
lassungspatente und Qualifikationszeugnisse gleich
beizufügen. Durch persönliches Melden beim kom-
mandierenden General v. Willisen wird die ganze
Angelegenheit sehr erleichtert und beschleunigt.
Die angestellten Offiziere erhalten ein sog. Mo-
bilmachungsgeld, der Secondellieutenant 50 Mark,
der Premierlieutenant 62 M. 8 Sch., der Haupt-
mann 150 Mark., desgleichen eine Vergütung für
Reisekosten von ihrem Wohnsitz bis ins Haupt-
quartier, gegenwärtig Rendsburg, mit 1 / 2 Thlr.
preuß. Cour. per Meile. Nach dem definitiven
Eintritt stehen sie in jeder Beziehung den einge-
bornen Offizieren gleich. Ein Militärpensionsge-
setz gibt Anspruch auf Pension, welche bei Ver-
wundung oder Jnvalidität in unmittelbare Folge
des Feldzugs, ohne Rücksicht auf die Dienstzeit,
ansehnliche Pensionen auswirft. Offiziere, welche nur
mit Urlaub versehen hier eintreten, erhalten als
Volontair=Offiziere eine ihrem Dienstalter ange-
messene Verwendung. Verbleiben dieselben während
der Beurlaubung im Genusse ihrer Gage, so wird
ihnen hier nur die Feldzulage ausbezahlt, sowie
Naturalquartier und eventuell eine Verpflegungs-
portion verabreicht.
( K. Z. )
Rendsburg, 6. August. Gegenüber der Droh-
ung des dänischen Kriegsministeriums hinsichtlich
der Behandlung nichtschleswig=holsteinischer Kriegs-
gefangener läßt der General v. Willisen folgenden
Erlaß veröffentlichen: „Die Zeitungen erthalten
eine Kundmachung, welche vom 1. d. M. datirt
und vom dänischen Kriegsministerium unterzeichnet
ist und dahin lautet, daß die schleswig=holsteinische
Armee nicht unter dem Schutze des Völkerrechts
stehe und diejenigen Offiziere, Unteroffiziere und
Mannschaften derselben, welche in dänische Gefan-
denschaft gerathen, nicht als Kriegsgefangene be-
handelt werden würden. -- Für den Fall, daß
dieses Aktenstück offiziell und ächt sein sollte, sieht
sich das Generalcommando der schleswig=holsteini-
schen Armee veranlaßt, bekannt zu machen, daß
die 500 dänischen Gefangenen, welche bereits in
unsern Händen sind, sowie diejenigen, welche noch
in unsere Hände fallen sollten, sämmtlich dafür
haften, daß der dänische Kriegsministerialerlaß
vom 1. d. M. gegen keinen schleswig=holsteinischen
Kriegsgefangenen, aus welchem deutschen Lande
er auch gebürtigt sei, in Vollzug gesetzt werde.
Hauptquartier Rendsburg, 6. August 1850. Das
Gendralcommando. v. Willisen.“
Aus Eckernförde erfährt man, daß die Dä-
nen dort Kanonen ausschiffen und auf der Süd-
seite einen Kreis von Schanzen und Blockhäusern
ec. um die Stadt ziehen. Die Communication
dorthin ist mit größter Strenge gesperrt.
Altona, 7. August. Mit dem heutigen Mor-
genzuge sind der Statthalter Beseler, der Kriegs-
minister General Krohn, der Minister des Jnnern
Boysen und der Cultusminister, Superintendent
Rehhoff, hier angekommen. Als der angebliche
Zweck ihres Hierseins wird die Besichtigung der
hiesigen Militärlazarethe genannt.
Altona, 7. August. Die 28 gestern aus Lon-
don angekommenen Deutschen hat man in Rends-
burg, wie wir hören, nicht angenommen, sondern,
da sie einer republikanischen Partei angehören, zu-
rückgewiesen. Jn Kiel hat sich zu den dort be-
findlichen Gothaern noch Maximilian Dunker aus
Halle gesellt; wir fürchten nur, daß all' diese
Kräfte wenig praktisch zu schaffen im Stande sein
werden.
Altona, 7. August. Ueber die Explosion des
Laboratoriums zu Rendsburg enthält ein offiziel-
ler Bericht des Polizeichefs folgendes Nähere: Um
das Publikum hinsichtlich der Folgen der Explosion,
wodurch ein Theil des hiesigen Laboratoriums
heute in die Luft gepflogen ist, zu beruhigen, bitte
ich Sie, bekannt zu machen, daß durch die Explo-
sion zwar ein bedeutender Schaden an den Dä-
chern und Fenstern der Häuser entstanden ist, und
der Verlust einiger Menschenleben beklagt wird,
daß im Uebrigen in militärischer Beziehung der
Verlust keineswegs bedeutend genannt werden kann.
Die Explosion ist dadurch entstanden, daß bei den
Stampfern von Schrappnells in den Stampfer
Eisensplitter gedrungen waren, die nun, als sie
mit dem zu stampfenden Material in Berührung
geriethen, Funken von sich gaben. Merkwürdiger
Weise sind die 9 Arbeiter, die mit dieser Arbeit
beschäftigt waren und sich in dem Lokal befanden,
von wo aus die Explosion vor sich ging, völlig
unbeschädigt geblieben. Rendsburg, 7. Aug. 1850.
W. Schow. -- Nach einer andern Privatmit-
theilung waren Vormittags 11 Uhr, wo die Ex-
plosion geschah, 24 Mann von der 3. sechspfün-
digen Batterie mit Arbeiten beschäftigt, und zwar
in dem Zimmer, welches explodirte. Der Pul-
vervorrath in dem Laboratorium war ein dreitä-
giger, also etwa 600 Pfd. Das Laboratorium
liegt auf einer Jnsel zwischen der Alt= und Neu-
stadt, dicht neben ihm das Arsenal. Jn dem Re-
gierungspalais sind von der Kraft des Pulvers
Thüren und Fenster ausgehoben, überhaupt sieht
die Stadt wie nach einem Bombardement aus:
alle Straßen voller Schutt, viele Häuser ohne
Dächer.
Rendsburg, 8. August. Proclamation.
Während es heute Morgen schien, als ob nur
eine geringe Anzahl von Menschenleben dahin ge-
rafft wären, haben die weiteren Nachforschungen
leider eine bedeutende Anzahl Erschlagener und
tödtlich Verwundeter ergeben. Durch merkwürdige
Fügung ist das Leben der beiden im Laboratorium
zur Zeit der Explosion arbeitenden Offiziere ge-
rettet worden; dagegen haben wir mehrere tüch-
tige Unteroffiziere und Soldaten verloren. Be-
sonders schmerzlich ist auch der Verlust des größ-
ten Theils der Eleven der Unteroffiziersschule,
welche gerade über dem Hauptheerde des Vulkans
gearbeitet haben. Nur eine geringe Anzahl der-
selben ist gerettet und sind noch nicht einmal alle
Leichname aufgefunden worden. Dieser traurige
Vorfall wird zwar auf den Gang des Krieges
ohne Einfluß bleiben, denn an Materiel ist
nichts verloren gegangen, was bei dem bevor-
stehenden Kampfe nicht leicht entbehrt werden
könnte. Jmmer aber wird die gräßliche Art, in
der so viele Menschen ums Leben gekommen, und
namentlich auch die Vernichtung so vieler hoff-
nungsvoller Knaben dieses Ereigniß zu einem der
betrübendsten des ganzen Krieges stempeln. Das
unterzeichnete Commando kann es um so weniger
unterlassen, öffentlich auszusprechen, wie schmerz-
lich es durch die Opfer sich getroffen fühlt, welche
ein grauenhafter Zufall gefordert, als es heute
Morgen in seiner Bekanntmachung aus Jrrthum
die Zahl der verlorenen Menschen nur gering an-
geschlagen hat. Nochmals muß das Commando
die unerschrockene Art und Weise, mit der, außer
von Militärs, auch von den Bürgern Rendsburgs
unter großer Gefahr Rettung und Hilfe gebracht
wurde, mit rührendem Danke anerkennen. Man-
chen unter den brennenden Trümmern liegenden
Verwundeten ist es durch diese Unerschrockenheit
gelungen, den Flammen zu entgehen. Mehrere
in der Nähe stehende Munitionswagen und Tau-
sende gefüllter Hohlgeschosse sind noch aus der
Brandstätte geborgen worden. Rendsburg, 7.
August 1850, Abends 10 Uhr. Der kommandi-
rende General: v. Willisen.
Altona, 8. August. Heute Morgen sind ge-
gen 400 dänische Gefangene, die bisher in Rends-
burg lagen, hierher transportirt und untergebracht
worden. Die übrigen 100 Gefangenen, die sich
in unserer Gewalt befinden, sind theils krank, theils
verwundet und deßhalb in Rendsburg zurückgeblieben.
Altona, 8. August, Abends. Das Gefecht
hat heute Mittag längs der ganzen Linie wieder
begonnen, ist auf dem rechten und linken Flügel
am stärksten gewesen, während im Centrum nur
Tirailleurgefechte stattgefunden haben; Resultate
sind beim Abgange des Zuges von Rendsburg
noch nicht bekannt gewesen. -- Gestern Abend ist
Friedrichstadt von den Dänen besetzt worden; un-
ser 1. Jägercorps hat sich diesseits der Eider zu-
rückgezogen.
( H. C. )
Rendsburg, 8. August. Gestern Abend rück-
ten zwei Bataillons, eine Batterie und 2 Schwa-
dronen gegen Friedrichstadt vor, wo 200 Mann
Jäger von unserm 1. Jägercorps, aber nördlich
der Stadt, sich verschanzt hatten. Zweimal stürm-
ten die Dänen und wurden abgeschlagen. Erst das
dritte Mal zogen die Unsrigen den ihnen früher
ertheilten Befehlen gemäß über die Eider sich zu-
rück. Die Dänen zündeten natürlich sofort bei
ihrem Einmarsch in Friedrichstadt einige Häuser an.
Hamburg, 7. August. Wir vernehmen fer-
ner aus Altona: daß in Folge der neulichen
Vorfälle aus Veranlassung der projectirten Volks-
versammlung Advokat Witt verhaftet, der bekannte
Demokrat Bracklow aber gesucht wurde, worauf
er, ohne daß man ihn fand, sich später persönlich
bei dem Polizeimeister Warnstedt einfand, um dem-
selben zu erklären: er, B., habe sich unter den
Schutz des engl. Gesandten in Hamburg gestellt.
Die Sache klingt freilich etwas räthselhaft, wir
müssen jedoch hinzufügen, daß Hr. B. auf freien
Füßen blieb. -- Telegraph=Direktor Schmidt, der
für seine Person nicht unbesorgt sein konnte, ging
nach Hamburg, woselbst er als Bürger ungefähr-
det ist.
( W.=Z. )
Altona, 8. August. Die vor kurzem mitge-
theilte Nachricht, der Generalstabsarzt Prof. Dr.
Stromeyer sei nach Kopenhagen geschleppt bestä-
tigt sich nicht. Wie ich aus vollkommen zuver-
lässiger Quelle erfahre, hält derselbe sich bei sei-
nen Kranken in Schleswig auf.
( H. N. )
Wien, 5. August. Ein Erlaß erläutert die
Verordnung vom 18. April d. J., inwieweit nem-
lich den Bischöfen das Recht der geistlichen Dis-
ciplin über den niedern Clerus zustehe, und wie
wie weit in dieser Hinsicht der Wirkungskreis der
politischen Behörde reiche. Ferner erschien eine
Vorschrift wegen der Concursprüfungen der Pfarr-
amts=Candidaten und wegen der Dispens von sol-
chen Prüfungen. Endlich erklärten die Bischöfe,
daß sie in dem kirchlichen Ritus im Gottesdienst
ohne Uebereinkommen mit den Diöcesansynoden keine
Veränderung vornehmen werden.
Wien, 7. August. So wie die Katholiken in
Linz, halten die Eclisten am 10. u. 11. Sept.
zu Stuttgart eine große Kirchenversammlung. Nach
den gedruckten Einladungsschreiben wird unter An-
derem festgestellt werden, wie sich die Prediger be-
züglich politischer Angelegenheiten zu benehmen ha-
ben, wie das beeinträchtigte Kirchenvermögen zu
schützen sei, ein evangel. Kalender ec.; Hauptge-
genstand aber ist: eine Conföderation der reformir-
ten, unirten und luth. Kirche, unter der Benen-
nung: „deutsch = evangel. Kirche,“ zu Stande zu
bringen.
Jn Venedig sind am 2. August, am Tage
des h. Jgnatz von Loyola, die Jesuiten -- zwölf
an der Zahl, den berühmten Gelehrten Pater Fer-
rari als Provincial an der Spitze -- in ihre
prächtige Kirche wieder eingezogen. Der Kardi-
nalpatriarch selbst hielt das Hochamt ab, wobei
derselbe mehreren hundert Gläubigen das Abend-
mahl reichte und eine große Menge von Kindern
firmte.
Berlin, 7. August. Der „Fr. O.=P.=A.=Z.“
werden über die gegenwärtige hiesige Ministerkrisis
folgende spezielle Mittheilungen gemacht: Schon
seit längerer Zeit gingen die politischen Ansichten
des Hrn. v. Radowitz und Hrn. v. Manteuffel
in Betreff der Richtung, welche Preußen in der
deutschen Frage einzuhalten habe, erheblich ausein-
ander. Während der letztere die Union als den
Kern der deutschen Einheitsfrage betrachtete, und
sie den großdeutschen Bestrebungen gegenüber un-
bedingt durchgesetzt wissen wollte, lenkte jener nach
einem Mittelwege ein, welcher darauf hinausführt,
in scheinbar drohender Haltung gegen Oesterreich
sich mit diesem über ein Aufgeben der Union zu
verständigen. Nachdem im Schooße der Regie-
rung jede dieser beiden Richtungen dahin gestrebt
hatte, sich an verschiedenen Maßregeln möglichst
zum Ausdruck zu bringen, wurde kürzlich eine an-
scheinend unerhebliche Frage Veranlassung zum
Sprengen des seit lange gelockerten Bandes. Jn
eine der letzten Sitzungen des Ministerraths trat
Hr. v. Radowitz mit der Erklärung ein, er sei
von Sr. Maj. dem Könige beauftragt, der Bera-
thung des Ministeriums die Frage zu unterbreiten,
ob es nicht an der Zeit sei, Angesichts der uns
bedrohenden Eventualitäten die rheinische Landwehr
einzuberufen, da die Mainzer Vorgänge es erfor-
derten, daß man auf einen Krieg mit Oesterreich
gerüstet erscheine. Hr. v. Manteuffel erwiderte
daß er eine solche kostspielige und die Arbeiten
des Landmanns unterbrechende Rüstung nur dann
für gerechtfertigt halten könne, wenn man ent-
schlossen sei, dem deutschen Einheitsbedürfniß zu
genügen, indem man die Union den Ansprüchen
Oesterreichs gegenüber mit Entschiedenheit zur
Geltung bringe. Dazu aber sei die bloße Ein-
berufung der Landwehr nicht hinreichend, man müsse
vielmehr vorher über die Forderung einig sein,
die man an Oesterreich stellen, und ihm eventuell
mit den Waffen abzwingen wolle. Als Hr. v.
Radawitz hierauf einlenkend entgegnete, daß man
in diesem Sinne Oesterreich gar nicht bekriegen
wolle, sondern nur beabsichtige, den heftigen und
herausfordernden österreichischen Noten gegenüber
Preußens Ehre kräftig zu wahren, da brach end-
lich die trügerische Decke zwischen Schein und
Wahrheit. Hr. v. Manteuffel erklärte fest, seiner
Meinung nach sei die Ehre Preußens durch einen
solchen Krieg nicht gewahrt. Hiezu bedürfe es
ganz anderer Schritte. Schon seit Monaten habe
er sich dahin ausgesprochen, daß man die Union
entweder offen aufgeben müsse, und dann bedürfe
es keines Kriegs mit Oesterreich, oder daß man
sie definitiv constituiren und zur Anerkennung brin-
gen müsse, und dann müsse man damit beginnen,
die bundesbrüchigen Regierungen, namentlich Sach-
sen und Hannover, mit Waffengewalt zu ihrer
Pflicht zurückzuführen; daraus werde dann von
selbst der Krieg mit Oesterreich folgen, und wenn
man ihn aus diesem Grunde unternehme, so werde
er ihm seine volle Bestimmung auch nicht ver-
sagen. Wolle man für die verpsändete preußi-
sche Ehre das Schwert ziehen, so möge man,
worauf er schon seit Monaten gedrungen, sich
kräftig der Herzogthümer Schleswig=Holstein an-
nehmen und dort mit den Waffen in der Hand
die Verletzung von Rechten hindern, die Preußen
garantirt habe. Einen solchen Krieg wolle er,
selbst auf die Gefahr eines Kriegs mit Rußland
hin, unterstützen. Die Sache der deutschen Na-
tion zu führen erfordere die preußische Ehre, und
er werde von jetzt ab mit aller Entschiedenheit
seine Mitwirkung zu Maßregeln versagen, die,
ohne auf dieses Ziel gerichtet zu sein, dem Volke
fruchtlose Opfer auferlegten. Er erkläre sich ge-
gen jede leere Demonstration und noch mehr ge-
gen jeden unnützen, gegenstandlosen Krieg, und sei
bereit, wenn man diese seine Ansicht nicht theile,
sofort seine Entlassung zu fordern. Diese Rede
des Hrn. v. Manteuffel schloß die Sitzung des
Ministerraths. Weitere Verhandlungen und eine
nochmalige Sitzung sollen ihn bestimmt haben, in
der That sein Entlassungsgesuch bei Sr. Maj.
dem König einzureichen. Jnzwischen hat er, des-
sen Charakter jeder Jntrigue fern steht, den Ent-
schluß gefaßt, sich jedes persönlichen Einflusses auf
die Entscheidung des Königs zu enthalten, und ist
daher auf sein Landgut Kämmeritz in der Lausitz
abgereist. Es geschah dies gestern Nachmittag,
während am Abend in Sanssouci ein großes Fest
zu Ehren v. Haynau's stattfand. Seine Rückkehr
hat Hr. v. Manteuffel auf Donnerstag oder Frei-
tag festgesetzt. Jn den höchsten Kreisen sollen nun
eifrige Berathungen über die Schritte gepflogen
werden, die dieses unerwartete Ereigniß erfordert.
Man behauptet, daß der Prinz von Preußen in
einer Unterredung mit Hrn. v. Radowitz des letz-
tern Politik gemißbilligt, und daß der General
Graf v. d. Gröben sich bei dem König für die
von Hrn. v. Manteuffel vertretene energische Po-
litik ausgesprochen habe.
Berlin, 9. August. Es bestätigt sich, daß
die diesseitigen Bevollmächtigten bei der Bundes-
Central=Commission bereits vor einiger Zeit die
bestimmtesten Jnstruktionen für den Fall erhalten
haben, daß das sogenannte Bundesplenum oder
der aus ihn hervorgehende „engere Rath“ die
Verwaltung des Bundes=Eigenthums, wie das
Archiv, die Kasse ec., in die Hand nehmen sollte.
Die preußische Regierung würde hierin einen ca-
sus belli erkennen.
( N. Pr. Z. )