Einleitung.
Das Streben dieser Abhandlung geht dahin,
aus einigen wenigen, gröſstentheils durch die Er-
fahrung gegebenen Prinzipien den Inbegriff derje-
nigen elektrischen Erscheinungen in geschlossenem
Zusammenhange abzuleiten, welche durch die Be-
rührung zweier oder mehrerer Körper unter ein-
ander hervorgebracht und unter dem Namen der
galvanischen begriffen werden; ihre Absicht ist er-
reicht, wenn auf solche Weise die Mannigfaltigkeit
der Thatsachen unter die Einheit des Gedankens
gestellt wird. Um mit den einfachsten Untersu-
chungen den Anfang zu machen, habe ich mich
fürs erste darauf beschränkt, diejenigen Fälle vor-
zunehmen, wo die erregte Elektrizität nur in einer
Dimension sich fortbewegt. Sie bilden gleichsam
das Gerüste zu einem gröſseren Baue, und ent-
halten gerade den Theil, dessen genauere Kennt-
niſs aus den Anfangsgründen der Naturlehre zu
A
schöpfen ist, und auch seiner Zugänglichkeit hal-
ber darin in strenger Form gegeben werden
kann. Zu Gunsten dieses besonderen Zweckes
und zugleich als Einleitung in die Sache selbst
schicke ich der gedrängten mathematischen Bear-
beitung eine freiere, aber darum nicht weniger zu-
sammenhängende, Uebersicht ihres Ganges und
ihrer Resultate voraus.
Drei Gesetze, wovon das eine die Art der
Elektrizitätsverbreitung innerhalb eines und des-
selben Körpers, das zweite die Art der Elektrizi-
tätszerstreuung in die umgebende Luft, und das
dritte die Art des Hervortretens der Elektrizität
an der Berührungsstelle zweier heterogener Kör-
per ausspricht, bilden die Grundlage der ganzen
Abhandlung und enthalten zugleich Alles, was
nicht auf eine vollständige Begründung Anspruch
macht. Die beiden letztern sind reine Erfah-
rungsgesetze, das erstere aber ist seiner Natur
nach wenigstens zum Theile theoretisch.
Was dieses erste Gesetz betrifft, so bin ich
von der Annahme ausgegangen, daſs die Mitthei-
lung der Elektrizität von einem Körperelemente
nur zu dem ihm zunächst liegenden auf eine un-
mittelbare Weise erfolge, so daſs von jenem
Elemente zu jedem andern entfernter liegenden
kein unmittelbarer Uebergang Statt findet. Die
Gröſse des Ueberganges zwischen zwei zunächst
beisammen liegenden Elementen habe ich unter
übrigens gleichen Umständen dem Unterschiede
der in beiden Elementen befindlichen elektrischen
Kräfte proportional gesetzt, gleichwie in der
Wärmelehre der Wärmeübergang zwischen zwei
Körperelementen dem Unterschiede ihrer Tempe-
raturen proportional genommen wird. Man sieht
hieraus, daſs ich von dem bisher üblichen, durch
Laplace eingeführten Verfahren bei Molekular-
wirkungen abgewichen bin, und ich hoffe, daſs
sich der von mir eingeschlagene Weg durch
seine Allgemeinheit, Einfachheit und Klarheit so-
wohl, als durch das Licht, welches er auf den
Sinn der früheren Methoden wirft, von selbst em-
pfehlen werde.
In Ansehung der Elektrizitätszerstreuung in
die Luft habe ich das von Coulomb durch Ver-
suche ausgemittelte Gesetz beibehalten, dem ge-
mäſs der Verlust an Elektrizität eines von Luft
umgebenen Körpers in einem Zeittheilchen von
A 2
konstanter Länge der Stärke der Elektrizität und
einem von der Natur der Luft abhängigen Ko-
effizienten proportional ist. Ein einfaches Zusam-
menhalten der Umstände, unter welchen Coulomb
seine Versuche angestellt hat, mit den bei der
Elektrizitätsbewegung vorhandenen zeigte jedoch,
daſs bei den galvanischen Erscheinungen der
Einfluſs der Luft fast immer auſser Acht gelassen
werden kann. Bei Coulombs Versuchen war
nämlich die nach der Oberfläche der Körper hin-
gedrängte Elektrizität ihrer ganzen Ausdehnung
nach im Prozesse der Zerstreuung in die Luft
begriffen, während in der galvanischen Kette die
Elektrizität fast immer das Innere der Körper
durchzieht und deswegen nur zum kleinsten
Theile mit der Luft in Wechselwirkung kommt,
so daſs hier die Zerstreuung in die Luft in Ver-
gleich zu jener nur äuſserst unbeträchtlich ausfal-
len kann. Diese aus der Natur der Umstände
abgeleitete Folgerung wird durch die Erfahrung
bestätigt; in ihr liegt der Grund, warum das
zweite Gesetz nur sehr selten zur Sprache
kommt.
Die Art und Weise, wie die Elektrizität an
der Berührungsstelle zweier differenter Körper
hervortritt, oder die elektrische Spannung dieser
Körper habe ich so ausgesprochen: Wenn ver-
schiedenartige Körper sich einander berühren, so
behaupten sie fortwährend an der Stelle der Be-
rührung einen und denselben Unterschied ihrer
elektroskopischen Kräfte.
Mit Zuziehung dieser drei Fundamentalsätze
lassen sich die Bedingungen angeben, welchen die
Elektrizitätsbewegung in Körpern von beliebiger
Gestalt und Art unterworfen ist. Die Form und
Behandlung der so erhaltenen Differenzialglei-
chungen ist denen für die Wärmebewegung
durch Fourier und Poisson uns gegebenen so
ähnlich, daſs sich schon hieraus, wenn auch wei-
ter keine andern Gründe vorhanden wären, der
Schluſs auf einen innern Zusammenhang zwischen
beiden Naturerscheinungen mit allem Rechte ma-
chen lieſse, und dieses Identitätsverhältniſs nimmt
zu, je weiter man es verfolgt. Diese Untersu-
chungen gehören zu den schwierigsten in der Ma-
thematik, und können schon deſshalb nur allmäh-
lich einen allgemeinen Eingang sich verschaffen,
darum ist es ein glücklicher Wurf, daſs bei ei-
nem nicht unwichtigen Theile der Elektrizitätsbe-
wegung in Folge seiner besondern Natur jene
Schwierigkeiten fast gänzlich wegfallen. Diesen
Theil dem Publikum zunächst vorzulegen, hat ge-
genwärtige Schrift sich zum Ziele gesetzt und da-
her nur so viel von zusammengesetzten Fällen in
sich aufgenommen, als zur Sichtbarmachung des
Ueberganges nöthig schien.
Die Natur und Gestalt, welche man den gal-
vanischen Apparaten insgemein zu geben pflegt,
begünstigt die Elektrizitätsbewegung nur nach ei-
ner Dimension, und die Schnelligkeit der Elektri-
zitätsverbreitung in Verbindung mit der nie ver-
siegenden Quelle der galvanischen Elektrizität
wird Ursache, daſs die galvanischen Erscheinun-
gen gröſstentheils einen mit der Zeit sich nicht
ändernden Charakter annehmen. Diese beiden
den galvanischen Erscheinungen meistens zur Seite
stehenden Bedingungen, nämlich Aenderung der
elektrischen Beschaffenheit in einer einzigen Di-
mension und Unabhängigkeit derselben von der
Zeit, sind es aber gerade, wodurch die Behand-
lung zu einem Grade der Einfachheit gebracht
wird, der in keinem Theile der Naturlehre gröſser
angetroffen wird und ganz dazu geeignet ist, der
Mathematik die Besitzergreifung eines neuen Fel-
des der Physik, von dem sie bisher fast gänzlich
ausgeschlossen blieb, ohne allen Widerspruch zu
sichern. So geht diese Wissenschaft, der Natur
getreu, gleich ihr, in anspruchsloser Würde ih-
ren unerschütterlichen Gang, kaum achtend der
aus dem Zwiespalte der Zeit gegen sie gerichte-
ten Verunglimpfungen, die schon bei ihrer Geburt
alle Merkmahle eines hinfälligen, nur der Kunst
angehörigen, Lebens an sich tragen.
Die chemischen Veränderungen, welche so
häufig in einzelnen, meistentheils flüssigen, Theilen
einer galvanischen Kette vor sich gehen, beneh-
men der Wirkung ihre natürliche Reinheit und
verbergen durch die Verwickelungen, welche sie
herbeiführen, den eigentlichen Hergang der Sache
ungemein; in ihnen liegt der Grund eines bei-
spiellosen Wechsels der Erscheinung, der zu so
vielen scheinbaren Ausnahmen von der Regel,
manchmal wohl gar zu Widersprüchen, in so-
weit der Sinn dieses Wortes nicht selbst mit der
Natur im Widerspruche stehet, Anlaſs giebt.
Aus dieser Ursache habe ich die Betrachtung sol-
cher galvanischer Ketten, in welchen kein Theil
eine chemische Veränderung erleidet, von jenen,
deren Thätigkeit durch eine chemische Wirkung
getrübt wird, strenge geschieden und letztere im
Anhange besonders betrachtet. Diese gänzliche
Trennung beider zu einem Ganzen gehörenden
Theile und, wie es scheinen möchte, Geringerstel-
lung des letztern findet in folgendem Umstande
ihren hinreichenden Erklärungsgrund. Eine
Theorie, die auf den Namen einer unvergängli-
chen und fruchtbringenden Anspruch machen
will, darf, däucht mir, ihre edle Herkunft nicht
durch ein eitles Wortgepränge zu erkennen ge-
ben, sondern dadurch, daſs sie überall ihre Ver-
wandtschaft zu dem Geiste, der die Natur be-
seelt, durch einen Parallelismus ihrer Aeuſserungen
einfach und vollständig, ohne alles Hebezeug der
Sprache, den Herold eines Kampfes der mensch-
lichen mit einer höhern Kraft, in der Wirklich-
keit nachweise. Diese Nachweisung ist für den
ersten der genannten Theile, wie ich glaube, hin-
reichend vorhanden, theils durch die vorangegan-
genen Versuche Anderer, theils durch eigene, die
anfänglich mich mit der hier entwickelten Theo-
rie befreundeten und später mich ihrer ganz ver-
sicherten. Nicht so verhält es sich in Ansehung
des zweiten Theils. Ihm fehlt fast durchaus eine
genauere Prüfung an der Erfahrung, welche vor-
zunehmen mir sowohl die nöthige Zeit als die
erforderlichen Mittel fehlten, darum habe ich ihn
bloſs in den Winkel gestellt, aus welchem er, wenn
er es werth ist, zu seiner Zeit doch wohl hervor-
gezogen und dann bei besserer Pflege auch wei-
ter ausgebildet werden wird. Ich kann in meiner
Lage nichts weiter für ihn thun, als ihn guther-
zigen Menschen mit der Wärme eines Vaters zu
empfehlen, der, von blinder Affenliebe nicht be-
thört, sich daran begnügt, auf das freie, offene
Auge, womit sein Kind arglos die arge Welt an-
guckt, hinzudeuten.
Mittelst des ersten und dritten Fundamental-
satzes gelangt man zu einer deutlichen Einsicht in
die oberste galvanische Erscheinung auf folgende
Weise. Denkt man sich nämlich einen, überall
gleich dicken und homogenen Ring, an dessen ei-
ner Stelle, seiner ganzeganzen Dicke nach, eine und die-
selbe elektrische Spannung, d. h. Ungleichheit in
dem elektrischen Zustande zweier unmittelbar ne-
ben einander liegender Flächen, aus welchen Ur-
sachen immer, eingetreten und demnach das
elektrische Gleichgewicht gestört worden ist, so
wird die Elektrizität in ihrem Streben, es wieder
herzustellen, wenn ihre Beweglichkeit lediglich auf
die Ausdehnung des Ringes beschränkt ist, nach
beiden Seiten desselben abflieſsen. Wenn jene
Spannung bloſs ein Werk des Augenblicks war
so wird auch in Kurzem das Gleichgewicht wie-
der hergestellt sein, wenn hingegen die Spannung
bleibend ist, so kann das Gleichgewicht nie wie-
der zurückkehren; aber die Elektrizität vermöge
ihrer nicht fühlbar gehemmten expansiven Kraft
führt in einem Zeitraume, dessen Dauer fast im-
mer unsern Sinnen entgehet, einen Zustand her-
bei, der dem des Gleichgewichts am nächsten
kommt, und darin besteht, daſs durch die fort-
dauernde Bewegung der Elektrizität nirgends eine
wahrnehmbare Aenderung in der elektrischen Be-
schaffenheit der Körpertheile, durch welche der
Strom geht, hervorgebracht wird. Die Besonder-
heit dieses auch bei der Bewegung der Wärme
und des Lichtes häufig sich bildenden Zustandes
hat darin ihren Grund, daſs jedes in dem Wir-
kungskreise liegende Körpertheilchen in jedem
Augenblicke von der einen Seite her genau so
viel von der bewegten Elektrizität in sich auf-
nimmt, als es nach der andern Seite hin abgiebt
und darum selber immer gleich viel behält. Da
nun kraft des ersten Fundamentalsatzes der elek-
trische Uebergang unmittelbar nur von dem einen
Körperelemente zum nächsten Statt findet und
seiner Stärke nach, unter übrigens gleichen Um-
ständen, durch den elektrischen Unterschied der
beiden Elemente bestimmt wird, so muſs offenbar
an dem seiner ganzen Dicke nach gleichförmig
angeregten, an allen Orten gleich beschaffenen,
Ringe jener Zustand durch eine stetige von der
Erregungsstelle ausgehende, durch den ganzen
Ring gleichförmig fortschreitende, und zuletzt
wieder in die Erregungsstelle zurückkehrende
Aenderung des elektrischen Zustandes sich ankün-
digen, während an der Erregungsstelle selbst ein
plötzlicher, die Spannung ausmachender, Sprung
in der elektrischen Beschaffenheit, wie vorausge-
setzt worden ist, bleibend wahrgenommen wird.
In dieser einfachen Elektrizitätsvertheilung liegt
der Schlüssel zu den mannigfaltigsten Erschei-
nungen.
Die Art der Elektrizitätsvertheilung in dem
Ringe ist durch die vorangegangene Betrachtung
völlig bestimmt worden, aber die absolute Stärke
der Elektrizität an den verschiedenen Stellen des
Ringes bleibt noch ungewiſs. Man kann sich
diese Eigenheit am besten dadurch versinnlichen,
daſs man sich den Ring, ohne seine Natur zu
ändern, an der Erregungsstelle geöffnet und in
eine gerade Linie ausgestreckt denkt und die
Stärke der Elektrizität an jeder Stelle durch die
Länge einer da errichteten senkrechten Linie,
Ordinate, versinnlicht, wobei die nach oben ge-
richteten einen positiv elektrischen, die nach un-
ten gestellten aber einen negativ elektrischen Zu-
stand der Stelle bezeichnen mögen. Die Linie
AB (Fig. 1.) stelle sonach den in eine gerade
Linie ausgestreckten Ring vor, und die auf AB
senkrechten Linien AF und BG mögen durch
ihre Längen die Stärke der an den Enden A und
B befindlichen positiven Elektrizitäten bezeichnen.
Zieht man nun von F nach G die gerade Linie
FG, ferner FH parallel mit AB, so giebt die
Lage von FG die Art der Elektrizitätsvertheilung
und die Gröſse BG—AF oder GH die an den
Enden des Ringes hervortretende Spannung zu
erkennen, und die Stärke der Elektrizität an ir-
gend einer andern Stelle C läſst sich an der
Länge der durch C auf AB senkrecht gezoge-
nen CD leicht abnehmen. Durch die Natur der
galvanischen Erregung wird aber bloſs die Gröſse
der Spannung oder die Länge der Linie GH, also
zwar die Differenz der Linien AF und BG be-
stimmt, die absolute Gröſse der Linien AF und
BG ist jedoch dadurch keineswegs gegeben; da-
her läſst sich die Art der Vertheilung eben so
gut durch jede andere der vorigen parallele Li-
nie z. B. IK darstellen, für welche die Spannung
noch immer denselben Werth behält und KN
ist, weil die jetzt unterhalb AB liegenden Ordi-
naten eine der vorigen entgegengesetzte Beziehung
annehmen. Welche von den unendlich vielen
der FG parallelen Linien den wirklichen Zustand
des Ringes ausdrücken werde, läſst sich im All-
gemeinen nicht angeben, sondern muſs in jedem
Falle aus den dabei Statt findenden Umständen
besonders entschieden werden. Uebrigens ist
leicht einzusehen, daſs, da die gesuchte Linie der
Lage nach gegeben ist, sie durch die Feststel-
lung eines einzigen ihrer Punkte, oder mit andern
Worten durch die Kenntniſs der elektrischen
Kraft, an einer einzigen Stelle des Ringes gänzlich
bestimmt sein wird. Wenn z. B. der Ring an
der Stelle C durch Ableitung alle Elektrizität ver-
löre, so würde die mit FG parallel durch C ge-
zogene Linie LM in diesem Falle den elektri-
schen Zustand des Ringes mit voller Bestimmtheit
ausdrücken. In der hier ausgesprochenen Verän-
derlichkeit der Elektrizitätsvertheilung liegt der
Grund einer den galvanischen Ketten eigenthüm-
lichen Wandelbarkeit der Erscheinung. Noch
füge ich bei, daſs es offenbar ganz gleichgültig
ist, ob man die Stellung der Linie FG zu der
AB bestimmt, oder ob man die Lage der Linie
FG immer dieselbe bleiben läſst und dagegen
die Stellung der Linie AB gegen sie verändert,
welches letztere Verfahren eine viel gröſsere Ein-
fachheit gestattet in solchen Fällen, wo die Elek-
trizitätsvertheilung eine mehr zusammengesetzte
Gestalt annimmt.
Die eben vorgebrachte und für einen seiner
ganzen Ausdehnung nach homogenen Ring gül-
tige Schluſsweise läſst sich leicht auf einen aus
noch so vielen heterogenen Theilen zusammenge-
setzten Ring ausdehnen, wenn nur jeder Theil an
sich homogen und überall von gleicher Dicke ist.
Als Beispiel dieser Erweiterung mag ein aus zwei
heterogenen Theilen zusammengesetzter Ring hier
noch behandelt werden. Man stelle sich diesen
Ring wieder wie vorhin an einer seiner Erre-
gungsstellen geöffnet und in die gerade Linie
ABC (Fig. 2.) ausgestreckt vor, so daſs AB und
BC die beiden heterogenen Theile des Ringes
bezeichnen. Die Senkrechten AF, BG sollen
durch ihre Längen die an den Enden des Thei-
les AB, dagegen BH und CI die an den Enden
des Theiles BC vorhandenen elektrischen Kräfte,
demnach AF+CI oder FK die Spannung an der
geöffneten Erregungsstelle, und GH die bei der
Berührungsstelle in B eingetretene Spannung vor-
stellen. Hat man nun bloſs den bleibenden Zu-
stand der Kette vor Augen, so werden aus der
vorhin angezogenen Ursache die geraden Linien
FG und HI durch ihre Lage die Art der Elek-
trizitätsvertheilung in dem Ringe zu erkennen ge-
ben; ob aber die Linie AC an ihrer Stelle blei-
ben werde, oder ob sie weiter hinauf oder weiter
herab gerückt werden müsse, bleibt ungewiſs und
kann nur in jedem besondern Falle durch ander-
weitige Betrachtungen ausgemacht werden. Wenn
z. B. die Stelle O der Kette ableitend berührt und
dadurch aller Elektrizität beraubt würde, so
müſste die ON verschwinden und daher würde
die durch N mit AC parallel gezogene Linie LM
die in diesem Falle erforderliche Stellung von
AC zu erkennen geben. Man sieht hieraus, wie
bald diese, bald eine andere Stellung der Linie
AC zu der die Elektrizitätsvertheilung darstellen-
den Figur FGHI die den Umständen angemessene
werden kann, und erkennt darin die Quelle der
schon erwähnten Wandelbarkeit galvanischer Er-
scheinungen.
Es ist jedoch zu einer gründlichen Beurthei-
lung des vorliegenden Falles noch die Beachtung
eines Umstandes wesentlich erforderlich, dessen
Erwähnung bisher absichtlich, um die verschiede-
nen Momente so scharf wie möglich von einan-
der abzusondern, unterblieben ist. Die Entfer-
nungen FK und GH sind zwar allerdings durch
die an den beiden Erregungsstellen vorhandenen
Spannungen gegeben, aber dadurch allein wird
die Figur FGHI noch nicht gänzlich bestimmt.
Es könnten z. B. die Punkte G und H nach G′
und H′ herab, rücken, so daſs G′H′=GH wäre,
dann würde die Figur FG′H′I entstehen, durch
welche eine ganz andere Art der Elektrizitätsver-
theilung angezeigt würde, obgleich in ihr die ein-
zelnen Spannungen noch ihre vorige Gröſse be-
halten haben. Soll mithin das für die zweigliede-
rige Kette Vorgebrachte einen Sinn erhalten, der
keiner willkührlichen Deutung mehr unterworfen
ist, so muſs diese Unbestimmtheit sich aus dem
Wege räumen lassen. Dieses Geschäft übernimmt
der erste Fundamentalsatz in folgender Art. Da
nämlich nur der von der Zeit unabhängige Zu-
stand des Ringes berücksichtiget wird, so muſs,
wie schon erwähnt worden ist, jeder Querschnitt
in jedem Augenblicke von der einen Seite her
dieselbe Elektrizitätsmenge empfangen, welche er
nach der andern Seite hin abgibt. Diese Be-
dingung zieht auf Strecken des Ringes, die an
ihren verschiedenen Stellen völlig einerlei Beschaf-
fenheit haben, die stetig und gleichförmig sich
B
ändernde Vertheilung nach sich, welche in der
ersten Figur durch die gerade Linie FG und in
der zweiten Figur durch die geraden Linien FG
und HI vorgestellt worden ist; wenn aber die
räumliche oder die physische Natur des Ringes
von einem Theile zum andern, aus denen er be-
stehet, sich ändert, so fällt der Grund dieser Ste-
tigkeit und Gleichförmigkeit weg, daher muſs die
Art der Verbindung der einzelnen geraden Linien
unter sich zur vollständigen Figur aus andern
Betrachtungen erst abgeleitet werden. Um die
Sache zu erleichtern, will ich die räumliche und
physische Verschiedenheit der einzelnen Theile,
jede für sich, einer besondern Betrachtung unter-
werfen.
Nimmt man zuvörderst an, daſs jeder Quer-
schnitt des Theiles BC m mal kleiner, als in dem
Theile AB sei, während beide Theile aus ei-
nerlei Stoff gebildet sind, so kann der von der
Zeit unabhängige elektrische Zustand des Ringes,
welcher fordert, daſs überall im ganzen Ringe
von der einen Seite her eben so viel Elektrizität
zuflieſse, als nach der andern Seite hin abflieſst,
offenbar nur unter der Bedingung Statt finden,
daſs in derselben Zeit von einem Elemente zum
andern innerhalb des Theiles BC der elektrische
Uebergang m mal gröſser sei, als in dem Theile
AB, weil nur auf solche Weise die Wirkung in
beiden Theilen sich das Gleichgewicht halten
kann. Um aber diesen m mal gröſsern Ueber-
gang der Elektrizität von Element zu Element
hervorzurufen, muſs in Folge des ersten Funda-
mentalsatzes innerhalb des Theiles BC die elek-
trische Differenz von Element zu Element m mal
gröſser sein, als in dem Theile AB, oder, wenn
diese Bestimmung in die Figur übergetragen wird,
es muſs die Linie HI auf gleiche Strecken sich
m mal mehr senken, oder ein m mal gröſseres
Gefälle haben, als die Linie FG, wo man unter
dem Ausdrucke »Gefälle« die Differenz solcher
Ordinaten zu verstehen hat, die zu zwei um die
Längeneinheit von einander entfernten Stellen ge-
hören. Es ergiebt sich aus dieser Betrachtung
folgende Regel: Die Gefälle der Linien FG
und HI müssen sich in den aus einerlei Stoff
gebildeten Theilen AB und BC zu einander
verhalten, wie die Querschnitte dieser Theile
B 2
in umgekehrter Ordnung. Dadurch nun wird
die Figur FGHI völlig bestimmt.
Wenn die Theile AB und BC des Ringes
zwar einerlei Querschnitt besitzen, aber aus ver-
schiedenem Stoffe bestehen, so wird der Elektrizi-
tätsübergang jetzt nicht mehr blos von der in je-
dem Theile von Element zu Element fortrücken-
den Elektrizitätsänderung, sondern zugleich auch
von der besondern Natur eines jeden Stoffes ab-
hängig sein. Diese lediglich durch die materielle
Besonderheit der Körper bedingte Verschieden-
heit in der Elektrizitätsverbreitung, sie mag in
dem besonderen Gefüge eines jeden Körpers,
oder in irgend einem andern eigenthümlichen
Verhalten der Körper zur Elektrizität ihren Grund
haben, begründet eine Unterscheidung in dem
elektrischen Leitungsvermögen der verschiedenen
Körper, und vorliegender Fall selbst kann über
die wirkliche Existenz eines solchen Unterschiedes
Auskunft und zu seiner näheren Bestimmung An-
laſs geben. In der That da der aus den beiden
Theilen AB und BC zusammengesetzte Ring von
dem homogenen sich nur dadurch unterscheidet,
daſs beide Theile aus zweierlei Stoff gebildet sind,
so wird eine Verschiedenheit in dem Gefälle der
beiden Linien FG und HI eine Verschiedenheit
in dem Leitungsvermögen der beiden Stoffe zu
erkennen geben, und die eine zur Bestimmung
der andern dienen können. Auf solche Weise
gelangt man zu folgendem die Stelle einer Defi-
nition vertretenden Satze: In einem aus 2
Theilen AB und BC von gleichem Quer-
schnitte und verschiedenem Stoffe gebildeten
Ringe verhalten sich die Gefälle der Linien
FG und HI wie die zu beiden Theilen gehö-
rigen Leitungsvermögen in umgekehrter Ord-
nung. Hat man die Leitungsfähigkeiten der ver-
schiedenen Stoffe einmal aufgefunden, so können
diese in jedem vorkommenden Falle zur Bestim-
mung der Gefälle der Linien FG und HI ge-
braucht werden. Dadurch aber wird die Figur
FGHI gänzlich bestimmt. Die Bestimmung des
Leitungsvermögens aus der Elektrizitätsvertheilung
wird durch die geringe Intensität der galvanischen
Elektrizität und die Unvollkommenheit der dazu
erforderlichen Werkzeuge sehr erschwert; spä-
ter wird sich hierzu ein bequemeres Mittel dar-
bieten.
Von diesen beiden besondern Fällen kann
man sich nun auf die gewohnte Weise zu dem
allgemeinen erheben, wo die beiden prismatischen
Theile des Ringes weder einerlei Querschnitt be-
sitzen, noch aus demselben Stoffe gebildet sind.
In diesem Falle müssen sich die in beiden
Theilen herrschenden Gefälle umgekehrt wie
die Produkte aus den entsprechenden Quer-
schnitten und Leitungsvermögen verhalten.
Dadurch wird man in den Stand gesetzt, in je-
dem Falle die Figur FGHI gänzlich zu bestim-
men, sonach die Art der Elektrizitätsvertheilung
in dem Ringe vollständig zu erkennen. Man
kann alle bisher einzeln aufgefaſsten Eigenthüm-
lichkeiten des aus zwei heterogenen Theilen zu-
sammengesetzten Ringes in folgender Art zusam-
menfassen: In einer aus zwei heterogenen,
prismatischen Theilen zusammengesetzten gal-
vanischen Kette findet in Ansehung ihrer
elektrischen Beschaffenheit an jeder Erre-
gungsstelle von dem einen Theile zum an-
dern ein plötzlicher, die daselbst befindliche
Spannung bildender Sprung, und von dem ei-
nen Ende eines jeden Theils zum andern ein
allmähliger und gleichförmiger Uebergang
Statt, und die Gefälle dieser beiden Ueber-
gänge sind den Produkten aus dem Leitungs-
vermögen und dem Querschnitte eines jeden
Theils umgekehrt proportional.
Auf diesem Wege fortschreitend wird man
ohne groſse Mühe die elektrische Beschaffenheit
eines aus drei oder mehr heterogenen Theilen
zusammengesetzten Ringes zu erforschen im
Stande sein, und so zu nachstehendem allgemei-
nen Gesetze gelangen: In einer aus beliebig
vielen prismatischen Theilen zusammengesetz-
ten galvanischen Kette findet in Ansehung ihrer
elektrischen Beschaffenheit an jeder Erre-
gungsstelle von dem einen Theile zum andern
ein plötzlicher, die daselbst herrschende Span-
nung bildender Sprung und innerhalb eines
jeden Theils von dem einen Ende zum an-
dern ein allmähliger und gleichförmiger Ue-
bergang Statt, und die Gefälle der verschiede-
nen Uebergänge sind den Produkten aus dem
Leitungsvermögen und dem Querschnitte ei-
nes jeden Theils umgekehrt proportional. Aus
diesem Gesetze läſst sich in jedem besondern
Falle die ganze Vertheilungsfigur leicht herleiten,
wie ich nun an einem Beispiele zeigen werde.
Es sei ABCD (Fig. 3.) ein aus 3 heteroge-
nen Theilen AB, BC, CD zusammengesetzter, an
einer seiner Erregungsstellen geöffneter und in
eine gerade Linie ausgestreckter Ring. Die ge-
raden Linien FG, HI, KL sollen durch ihre Lage
die Art der Elektrizitätsvertheilung in jedem ein-
zelnen Theile des Ringes und die durch A, B, C
und D auf AD senkrecht gezogenen Linien AF,
BG, BH, CI, CK und DE solche Gröſsen vorstellen
daſs GH, KI und LM oder DL—AF durch ihre
Länge die Gröſse der an den einzelnen Erregungs-
stellen befindlichen Spannungen zu erkennen geben.
Man soll aus der bekannten Gröſse dieser Spannun-
gen und aus der gegebenen Natur der einzelnen
Theile AB, BC und CD die Figur der elektri-
schen Vertheilung FGHIKL gänzlich bestimmen.
Zieht man durch die Punkte F, H und K
mit AD parallel gerade Linien, welche die durch
B, C und D senkrecht auf AD gezogenen in den
Punkten F′ H′ und K′ schneiden, so sind nach
dem, was bisher gezeigt worden ist, die Linien
GF′, IH′ und LK′ den Längen der Theile AB,
BC und CD direkt und den Produkten aus dem
Leitungsvermögen und dem Querschnitte dersel-
ben Theile umgekehrt proportional, mithin ist
das Verhältniſs der Linien GF′, IH′ und LK′ zu
einander gegeben. Ferner ist GF′+IH′+LK′=
GH—KI+ (DL—AF=LM) also bekannt, weil
die durch GH, KI und DL—AF vorgestellten
Spannungen gegeben sind. Aus dem gegebenen
Verhältnisse der Linien GF′, IH′, LK′ und ihrer
bekannten Summe lassen sich nun diese Linien
einzeln finden, dann ist aber offenbar die Figur
FGHIKL gänzlich bestimmt. Die Stellung dieser
Figur zu der Linie AD bleibt der Natur der
Sache nach noch unentschieden.
Wenn man erwägt, daſs bei einem Fort-
schreiten in derselben Richtung AD die Spannun-
gen GH und DL—AF oder LM ein plötzliches
Sinken der elektrischen Kraft an den betreffen-
den Erregungsstellen, die IK dagegen ein plötzli-
ches Steigen der Kraft zu erkennen gibt und in
Folge dieser Erwägung Spannungen der erstern
Art als positive Gröſsen, Spannungen der letztern
Art dagegen als negative Gröſsen ansieht und be-
handelt, so führt das eben behandelte Beispiel zu
folgender allgemein gültigen Regel: Theilt man
die Summe aller Spannungen des aus meh-
rern Theilen zusammengesetzten Ringes in
eben so viele Stücke, welche den Längen der
Theile direkt und den Produkten aus ihrem
Leitungsvermögen und ihrem Querschnitte um-
gekehrt proportional sind, so geben diese
Stücke der Reihe nach die Gröſse der Ab-
dachung zu erkennen, welche den zu den ein-
zelnen Theilen gehörigen, die Elektrizitätsver-
theilung darstellenden, geraden Linien gegeben
werden muſs, und dabei zeigt die positive
Summe aller Spannungen eine allgemeine
Hebung, dagegen die negative Summe aller
Spannungen eine allgemeine Senkung jener
Linien an.
Ich gehe nun zur Bestimmung der elektri-
schen Kraft einer beliebigen Stelle in jeder gal-
vanischen Kette über, wobei ich wieder die dritte
Figur zum Grunde legen werde. Zu dem Ende
sollen a, a′, a″ die bei B, C und zwischen A und
D befindlichen Spannungen bezeichnen, so daſs
also in diesem Falle a und a″ additive, a′ dage-
gen eine subtraktive Linie vorstellt und λ, λ′, λ″
sollen irgend Linien andeuten, die sich direkt wie
die Längen der Theile AB, BC, CD und um-
gekehrt wie die Produkte aus dem Leitungsver-
mögen und dem Querschnitte derselben Theile
verhalten, ferner soll
und
gesetzt werden, so ist nach dem eben gefundenen
Gesetze
GF′ die vierte Proportionallinie zu L, A und λ
IH′ die vierte Proportionallinie zu L, A und λ′
LK′ die vierte Proportionallinie zu L, A und λ″.
Zieht man nun durch F parallel mit AD die
Linie FM, betrachtet diese Linie als Achse der
Abscissen und errichtet an beliebigen Punkten X,
X′, X″ die Ordinaten XY, X′Y′, X″Y″, so erhält
man diese einzeln so:
Erstlich hat man, weil AB=FF′ ist,
woraus folgt:
oder wenn man für GF′ seinen Werth
setzt
bezeichnet nun x eine Linie von der Beschaffen-
heit, daſs
so wird
Zweitens hat man, weil BC und F′X′ gleich den
durch I und Y′ mit AD parallel bis an GH ge-
zogenen Linien sind,
woraus folgt:
oder, weil F′H = GH—GF′ ist,
Setzt man nun statt IH′ und GF′ ihre Werthe
und , so erhält man
und wenn man durch x′ eine Linie von der Be-
schaffenheit bezeichnet, daſs
so wird
Drittens hat man, weil CD=KK′ und F″X″
gleich dem Theile von KK′ ist, der von K bis
an die Linie X″Y″ geht,
woraus folgt
oder, weil KF″ = KI + IH′ — F′ H und wie-
der F′H = GH — GF′ ist,
Setzt man nun statt LK′, IH′, GF′ ihre Werthe
so erhält man
und wenn man durch x″ eine Linie von der Be-
schaffenheit bezeichnet, daſs
so wird
Diese zu den dreierlei Theilen der Kette ge-
hörigen der Form nach von einander verschie-
denen Werthe der Ordinaten lassen sich, wie
folgt, auf einen allgemeinen Ausdruck bringen.
Es ist nämlich, wenn F als Anfangspunkt der
Abscissen angenommen wird, FX′ die der Ordi-
nate XY entsprechende Abscisse, welche zu dem
homogenen Stücke AB des Ringes gehört und
x stellt die dieser Abscisse entsprechende, in dem
Verhältnisse von AB : λ reduzirte, Länge vor.
Eben so ist FX′ die der Ordinate X′Y′ entspre-
chende Abscisse, welche aus den zu homogenen
Stücken des Ringes gehörigen Theilen FF′ und
F′X′ zusammengesetzt ist und λ, x′ sind die die-
sen Theilen entsprechenden, in den Verhältnissen
von AB: λ und BC: λ′ reduzirten Längen. End-
lich ist FX″ die der Ordinate X″Y″ entsprechende
Abscisse, welche aus den zu homogenen Stücken
des Ringes gehörigen Theilen FF′, F′F″, F″X″
zusammengesetzt ist und λ, λ′ x″ sind die diesen
Theilen entsprechenden, in den Verhältnissen von
AB: λ, BC: λ′, CD: λ″ reduzirten Längen. Nennt
man in Folge dieser Betrachtung die Werthe x,
λ + x′, λ + λ′ + x″ reduzirte Abscissen und
bezeichnet sie allgemein durch y, so wird
und es fällt in die Augen, daſs L in Bezug auf
die ganze Länge AD oder FM dasselbe ist, was
y in Bezug auf die Längen FX, FX′, FX″, weſs-
halb auch L die reduzirte ganze Länge der Kette
genannt wird. Betrachtet man nun noch, daſs
von der zur Ordinate XY gehörigen Abscisse
keine Spannung, die Spannung a aber von der
zur Ordinate X′Y′ gehörigen Abscisse, und die
Spannungen a und a′ von der zur Ordinate X″
Y″ gehörigen Abscisse übersprungen werden, und
bezeichnet allgemein durch O die Summe aller
von der zu y gehörigen Abscisse übersprungenen
Spannungen, so sind alle für die verschiedenen
Ordinaten gefundenen Werthe in folgendem
Ausdrucke:
enthalten. Es drücken aber diese Ordinaten,
wenn man sie um eine konstante, übrigens unbe-
stimmte Gröſse, die der Länge AF entspricht,
abändert, die an den verschiedenen Stellen des
Ringes befindlichen elektrischen Kräfte aus. Be-
zeichnet man daher die elektrische Kraft an ir-
gend einer Stelle allgemein durch u, so erhält
man zu deren Bestimmung nachstehende Glei-
chung:
in welcher c eine willkührliche Konstante vor-
stellt. Diese Gleichung ist allgemein gültig und
lautet in Worten so: Die Stärke der Elektri-
zität an irgend einer Stelle der aus mehreren
Theilen zusammengesetzten galvanischen Kette
wird gefunden, wenn man zur reduzirten
Länge der ganzen Kette, zur reduzirten Länge
des zur Abscisse gehörigen Theils derselben
und zur Summe aller Spannungen die vierte
Proportionallinie sucht und die Differenz
aus ihr und der Summe aller von der Ab-
scisse übersprungenen Spannungen um eine
noch unbestimmte, für alle Stellen der Kette
gleiche Gröſse vermehrt oder vermindert.
Nachdem so die Bestimmung der elektrischen
Kraft an jeder Stelle der Kette geschehen ist,
bleibt nur noch die Gröſse der elektrischen Strö-
mung zu bestimmen übrig. Nun ist zwar in ei-
ner galvanischen Kette von der bisher abgehan-
delten Art die durch einen Schnitt derselben in
einer bestimmten Zeit strömende Elektrizitätsmenge
überall dieselbe, weil an allen Orten und in je-
dem Augenblicke von der einen Seite her dieselbe
Menge in den Schnitt eingeht, welche ihn nach
der andern Seite hin verläſst, aber in verschiede-
nen Ketten kann diese Elektrizitätsmenge sehr
verschieden ausfallen; daher wird zur Verglei-
chung der Wirkungen mehrerer galvanischer
Ketten unter einander eine genaue Bestimmung
dieser Menge, durch welche die Gröſse des Stro-
mes in der Kette gemessen wird, erfordert. Die
gedachte Bestimmung läſst sich aus der dritten
Figur in folgender Art entnehmen. Es ist näm-
lich schon vorhin gezeigt worden, daſs in jedem
Augenblicke die Stärke des Elektrizitätsüberganges
von einem Körperelemente zum nächsten durch
C
die zu derselben Zeit vorhandene elektrische Ver-
schiedenheit beider und durch eine von der Art
und dem Gefüge der Körpertheilchen abhängige
Gröſse, das Leitungsvermögen des Körpers, ge-
geben werde. Nun wird aber die auf eine un-
veränderliche Einheit der Entfernung zurückge-
führte elektrische Verschiedenheit der Körperele-
mente, z. B. in dem Theile BC, durch das Ge-
fälle der Linie HI, oder durch den Quotienten
ausgedrückt; versteht man daher unter κ die
Gröſse des zu dem Theile BC gehörigen Lei-
tungsvermögens, so giebt
die Stärke des Ueberganges von Element zu Ele-
ment oder die Intensität des Stromes in dem
Theile BC zu erkennen, mithin wird, wenn ω die
Gröſse des Querschnittes im Theile BC bezeich-
net, die Menge der in jedem Augenblicke von ei-
nem Durchschnitte zum nächsten übergehenden
Elektrizität, oder die Gröſse des Stromes ausge-
drückt durch
stellt also S diese Gröſse des Stromes vor, so
hat man
oder wenn man für IH′ seinen Werth
setzt
Bisher sind durch die Buchstaben λ, λ′, λ″
Linien bezeichnet worden, welche den Quotien-
ten, gebildet aus den Längen der Theile AB, BC,
CD und den Produkten der zugehörigen Leitungs-
vermögen und Querschnitte, proportional sind.
Schränkt man diese die absolute Gröſse der Li-
nie λ, λ′, λ″ noch unbestimmt lassende Feststel-
lung jetzt dahin ein, daſs die Gröſsen λ, λ′, λ″
den genannten Quotienten nicht blos proportional,
sondern auch gleich sein sollen, und ändert dieser
Beschränkung gemäſs den Sinn des Ausdruckes
»reduzirte Länge« von hier an ab, so verwandelt
sich die erste der beiden vorstehenden Gleichun-
gen in diese
C 2
durch welche folgende allgemein gültige Regel
ausgesprochen wird: Die Gröſse des Stromes
in irgend einem homogenen Theile der Kette
wird durch den Quotienten bestimmt, den man
aus dem Unterschiede der an den Enden die-
ses Theils vorhandenen elektrischen Kräfte
und aus seiner reduzirten Länge bildet. Die-
ser Ausdruck für die Gröſse des Stromes wird
später noch benutzt werden. Die zweite der vo-
rigen Gleichungen geht durch die getroffene Ab-
änderung über in
welche allgemein gültig ist und die Gleichheit
der Gröſse des Stromes an allen Stellen der
Kette schon durch ihre Form zu erkennen gibt;
sie lautet in Worten so: Die Gröſse des Stro-
mes in einer galvanischen Kette ist der Sum-
me aller Spannungen direkt, und der ganzen
reduzirten Länge der Kette umgekehrt pro-
portional, wobei man sich erinnern muſs, daſs
jetzt unter reduzirter Länge die Summe aller
Quotienten verstanden wird, die aus den zu ho-
mogenen Theilen gehörigen wirklichen Längen
und dem Produkte der entsprechenden Leitungs
vermögen und Querschnitte gebildet werden.
Aus der die Gröſse des Stromes in einer
galvanischen Kette bestimmenden Gleichung im
Vereine mit der vorhin gefundenen, wodurch die
elektrische Kraft an jeder Stelle der Kette ange-
geben wird, lassen sich alle dahin gehörigen Er-
scheinungen der galvanischen Kette einfach und
sicher ableiten. Jene hatte ich schon vordem aus
vielfach abgeänderten Versuchen entnommen Schweiggers Jahrbuch 1826. H. 2.,
an einem Apparate, der eine in diesem Felde
nicht geahnete Genauigkeit und Bestimmtheit der
Messungen gestattet; diese drückt alle ihr ange-
hörigen, in groſser Menge schon vorhandenen,
Beobachtungen mit einer Treue aus, die auch da
sich bewährt, wo die Gleichung zu Resultaten
führt, die nicht mehr in dem Kreise der früher
schon gemachten Versuche liegen. Beide gehen
ununterbrochen Hand in Hand mit der Natur,
wie ich nun durch eine kurze Darlegung ihres
Inhaltes zu beweisen hoffe, wobei ich anzumerken
für nöthig halte, daſs beide Gleichungen auf alle
möglichen galvanischen Ketten, deren Zustand
bleibend ist, sich beziehen, folglich auch die vol-
taische Zusammensetzung als einen besondern
Fall umfassen, so daſs die Theorie der Säule
nicht noch besonders hervorgehoben zu werden
braucht. Um der Anschaulichkeit nicht zu scha-
den, werde ich dabei stets statt der Gleichung
nur die dritte Figur
zur Hülfe nehmen, und deſshalb hier nur noch
ein für allemal bemerken, daſs alle aus ihr gezo-
genen Folgerungen allgemeine Gültigkeit haben.
Zunächst verdient der Umstand eine nähere
Berücksichtigung, daſs die über die galvanische
Kette sich ergieſsende Elektrizitätsvertheilung an
den verschiedenen Stellen eine bleibende und un-
veränderliche Abstufung behauptet, obgleich die
Stärke der Elektrizität an einer und derselben
Stelle veränderlich ist. Es liegt darin der Grund
jener magischen Wandelbarkeit der Erscheinun-
gen, die es gestattet, die Einwirkung einer be-
stimmten Stelle der galvanischen Kette auf das
Elektrometer, auf eine zauberische Weise nach
Gefallen voraus zu bestimmen und auf den Wink
hervorzubringen. Um diese Eigenheit zu erläu-
tern, gehe ich zu Fig. 3 zurück. Da nämlich
durch die Natur einer jeden Kette die Verthei-
lungsfigur FGHIKL jedesmal gänzlich bestimmt
wird, ihre Stellung aber zu der Kette AD, wie es
sich gezeigt hat, durch keine innere Veranlassung
festgesetzt wird, sondern jede Veränderung anneh-
men kann, die durch eine allen ihren Punkten ge-
meinsame in der Richtung der Ordinaten erfolgende
Bewegung hervorgebracht wird, so läſst sich die
elektrische Beschaffenheit einer jeden Stelle der
Kette, welche gerade durch diese gegenseitige
Stellung beider Linien ausgesprochen wird, fort-
während und nach Belieben durch äuſsere Ein-
flüsse abändern. Wenn z. B. AD zu irgend ei-
ner Zeit die den wirklichen Zustand der Kette
bezeichnende Stellung ist, so daſs also die Ordi-
nate SY″ durch ihre Länge die Stärke der Elek-
trizität an der Stelle S der Kette zu welcher jene
Ordinate gehört, ausspricht, so wird zu derselben
Zeit die dem Punkte A entsprechende elektrische
Kraft durch die Linie AF vorgestellt. Wird nun
der Punkt A ableitend berührt und dadurch die
in ihm befindliche Kraft vernichtet, so wird da-
durch die Linie AD in die Stellung FM gewiesen,
und so die dem vorigen Punkte S inwohnende
Kraft durch die Länge X″Y″ ausgedrückt; diese
Kraft hat also plötzlich eine der Länge SX″ ent-
sprechende Veränderung erlitten. Dieselbe Aen-
derung wäre eingetreten, wenn die Kette in dem
Punkte Z ableitend berührt worden wäre, weil
die Ordinate ZW der AF gleich ist. Würde
die Kette an der Stelle berührt, wo die beiden
Theile AB und BC an einander stoſsen, jedoch
so, daſs die Berührung innerhalb des Theiles BC
Statt fände, so müſste man sich AD an die Stelle
NO gerückt denken, die elektrische Kraft des
Punktes S wäre also in diesem Falle bis zu der
durch TY″ angezeigten Stärke angewachsen. Ge-
schähe aber die Berührung zwar noch an der
Stelle, wo die Theile AB und BC an einander
stoſsen, aber innerhalb des Theiles AB, so würde
dadurch die Linie AD an die Stelle PQ geführt
und die dem Punkte S angehörige Kraft sänke
bis auf die durch UY″ ausgedrückte negative
Stärke herab. Hätte man endlich die Kette an
der Stelle D ableitend berührt, so hätte man da-
durch der Linie AD die Lage RL vorgeschrieben,
und die elektrische Kraft des Punktes S hätte
die durch VY″ bezeichnete negative Stärke ange-
nommen. Das Gesetz dieser Aenderungen läſst
sich leicht übersehen und allgemein so ausspre-
chen: Jede Stelle einer galvanischen Kette
erleidet in Ansehung ihrer nach auſsen wir-
kenden elektrischen Kraft dieselbe Aenderung
mittelbar, zu welcher irgend eine andere Stelle
der Kette durch äuſsere Einflüsse unmittel-
bar veranlaſst wird.
Da jede Stelle einer galvanischen Kette die-
selbe Aenderung von selbst erleidet, zu welcher
eine einzige Stelle gezwungen wird, so ist die auf
die ganze Kette ausgedehnte Aenderung der Elek-
trizitätsmenge einerseits der Summe aller Stellen,
das heiſst, dem Raume, über welchen die Elek-
trizität an der Kette vertheilt ist, und auſserdem
noch der an einer dieser Stellen erfolgten Aende-
rung der elektrischen Kraft proportional. Aus
diesem einfachen Gesetze ergeben sich folgende
besondere Erscheinungen. Nennt man nämlich r
den Raum, über welchen die Elektrizität in einer
galvanischen Kette verbreitet ist, und stellt sich
diese Kette an irgend einer Stelle durch einen
nicht leitenden Körper berührt vor, und bezeich-
net durch u, die elektrische Kraft dieser Stelle
vor der Berührung, durch u die nach der Be-
rührung, so ist die an dieser Stelle erfolgte Aen-
derung der Kraft u, — u, mithin die Aenderung
der ganzen in der Kette befindlichen Elektrizitäts-
menge (u͵ — u) r. Nimmt man nun an, daſs
die Elektrizität in dem berührenden Körper auf
den Raum R und an allen Orten von gleicher
Stärke verbreitet werde, und zugleich, daſs an
der Berührungsstelle selber die Kette und der
Körper einerlei elektrische Kraft, nämlich u besit-
zen, so ist offenbar uR die in den Körper ein-
gegangene Elektrizitätsmenge, und es muſs sein
woraus man erhält
Die Intensität der von dem Körper aufge-
nommenen Elektrizität wird also um so mehr
der gleich sein, welche die Kette an der be-
rührten Stelle vor der Berührung besaſs, je-
mehr R gegen r verschwindet; sie wird die
Hälfte davon betragen, wenn r = R ist, und
in dem Maaſse noch schwächer werden, als
R in Vergleich zu r gröſser wird. Weil die
Art dieser Aenderungen blos von der relativen
Gröſse der Räume r und R und ganz und gar
nicht von der qualitativen Beschaffenheit der
Kette abhängig ist, so werden sie blos durch
die räumlichen Dimensionen der Kette, ja sogar
schon durch fremde mit der Kette in leitenden
Zusammenhang gebrachte Massen bedingt. Bringt
man mit dieser Erkenntniſs die Theorie des Kon-
densators in Verbindung, so gelangt man zu der
Erklärung aller von Jäger Gilberts Annalen B. XIII. in bewundernswür-
diger Vollständigkeit wahrgenommenen Beziehun-
gen der galvanischen Kette zu dem Kondensator.
Ich begnüge mich, in Betreff dieses Punktes auf
die Abhandlung selbst hinzuweisen, um für neue
Eigenthümlichkeiten der galvanischen Kette hier
Platz zu gewinnen.
Die Art der Elektrizitätsvertheilung innerhalb
eines homogenen Theils der Kette wird durch
die Stärke der Gefälle der Linien FG, HI, KL
(Fig. 3.) und diese Stärke wieder durch die
Gröſse der Verhältnisse bestimmt.
Es ist aber, wie bereits dargethan worden ist,
hieraus läſst sich nun ohne Mühe einsehen, daſs
man die Gröſse des Gefälles der zu irgend einem
Theile der Kette gehörigen, die Elektrizitätsver-
theilung darstellenden Linie erhalte, wenn man den
Werth mit dem Verhältnisse der reduzirten
zur wirklichen Länge desselben Theils multipli-
zirt. Stellt also (λ) die reduzirte Länge irgend
eines homogenen Theiles der Kette und (l) seine
wirkliche Länge vor, so ist die Gröſse des Gefäl-
les der zu diesem Theile gehörigen, die Elektri-
zitätsvertheilung darstellenden geraden Linie
welcher Ausdruck, wenn man dureh (κ) das Lei-
tungsvermögen und durch (ω) den Querschnitt
desselben Theiles bezeichnet, auch so geschrieben
werden kann:
Dieser Ausdruck führt zu einer mehr ins
Einzelne gehenden Kenntniſs der Elektrizitätsver-
theilung in einer galvanischen Kette. Da näm-
lich A und L Werthe bezeichnen, die für jeden
Theil einer und derselben Kette unveränderlich
dieselben bleiben, so fällt in die Augen, daſs die
Gefälle in den einzelnen homogenen Theilen
einer Kette sich zu einander verhalten, wie
die Produkte aus dem Leitungsvermögen und
dem Querschnitte derselben Theile in umge-
kehrter Ordnung Wenn mithin ein Theil der
Kette sich vor den übrigen dadurch auszeichnet,
daſs das Produkt aus seinem Leitungsvermögen
und seinem Querschnitte bei ihm weit kleiner ist
als bei den andern, so wird er durch die Gröſse
seines Gefälles unter allen am geeignetsten sein,
an seinen verschiedenen Stellen Unterschiede der
elektrischen Kraft zu erkennen zu geben. Steht
dabei auch seine wirkliche Länge denen der übri-
gen Theile nicht nach, so wird seine reduzirte
Länge die der übrigen Theile bei weitem über-
treffen, und man sieht leicht ein, daſs ein solches
Verhältniſs zwischen den verschiedenen Theilen
getroffen werden kann, wobei seine reduzirte
Länge selbst in Vergleich zur Summe der redu-
zirten Länge aller übrigen Theile noch sehr groſs
bleibt. In diesem Falle ist aber die reduzirte
Länge dieses einen Theiles der reduzirten Länge
der ganzen Kette nahe hin gleich, so daſs man
ohne groſsen Fehler statt L setzen kann,
wenn (l) die wirkliche Länge des in Rede stehen-
den Theils, (κ) sein Leitungsvermögen und (ω)
seinen Querschnitt bezeichnet; dann aber verwan-
delt sich das Gefälle dieses Theils nahe hin in
woraus folgt, daſs die Differenz der an den
Enden dieses Theils hervortretenden elektri-
schen Kräfte der Summe aller in der Kette
vorhandenen Spannungen nahe hin gleich wird.
Es ziehen sich so gleichsam alle Spannungen auf
diesen einen Theil hin, wodurch an ihm die Elek-
trizitätsvertheilung in einer sonst ungewöhnlichen
Stärke hervortritt, wenn die Spannungen alle, oder
doch wenigstens ein der Zahl und Gröſse nach
sehr beträchtlicher Theil derselben von einerlei
Art sind. Auf diese Weise läſst sich die auſser-
dem ohne Kondensator, wegen der so geringen
Intensität der galvanischen Kräfte, in der ge-
schlossenen Kette kaum merkliche Abstufung der
Elektrizitätsvertheilung recht fühlbar machen.
Diese merkwürdige Eigenthümlichkeit galvanischer
Ketten, worin sich gleichsam ihre ganze Natur
ausspricht, hatte man schon längst an einzelnen
schlecht leitenden Körpern wahrgenommen und
ihren Grund in der besondern Beschaffenheit die-
ser Körper gesucht Gilberts Annalen B. VIII. Seite 205, 207 und 456.
B. X. Seite 11.; in einem Schreiben an
den Herausgeber der Annalen der Physik Jahrgang 1826. St. 5. Seite 117.
habe ich aber die Bedingungen angegeben, unter
welchen sich diese Eigenthümlichkeit der galvani-
schen Kette auch an den besten Leitern, an den
Metallen, wahrnehmen läſst, und die dort durch
die Erfahrung angegebenen Kautelen, durch wel-
che das Gelingen des Versuches gesichert wird,
stehen mit vorliegenden Betrachtungen in vollem
Einklange.
Der das Gefälle irgend eines Theils der
Kette hergebende Ausdruck wird null,
wenn L unendlich groſs ist, während A und
endliche Werthe behalten. Wenn mithin
L einen unendlich groſsen Werth annimmt, wäh-
rend A endlich bleibt, so ist das Gefälle der die
Elektrizitätsvertheilung darstellenden geraden Li-
nien an allen solchen Theilen der Kette, deren
reduzirte Länge zur wirklichen ein endliches Ver-
hältniſs hat, null, oder, was dasselbe sagt, die
Elektrizität ist an allen Stellen eines jeden sol-
chen Theils von gleicher Stärke. Da nun L die
Summe der reduzirten Längen aller Theile der
Kette vorstellt und diese reduzirten Längen of-
fenbar nur positive Werthe annehmen können,
so wird L unendlich, sobald eine von den redu-
zirten Längen einen unendlichen Werth annimmt.
Da ferner die reduzirte Länge irgend eines Theils
den Quotienten aus der wirklichen Länge, dividirt
durch das Produkt des Leitungsvermögens und
des Querschnittes desselben Theils, vorstellt, so
erhält sie einen unendlichen Werth, wenn das
Leitungsvermögen dieses Theils null wird, d. h.
wenn dieser Theil ein Nichtleiter der Elektrizität
ist. Wenn also ein Theil der Kette ein
Nichtleiter der Elektrizität ist, so verbreitet
sich die Elektrizität über jeden der übrigen
Theile gleichförmig und ändert sich blos von
einem Theile zum andern um die ganze da-
selbst befindliche Spannung. Diese auf die of-
fene Kette sich beziehende Elektrizitätsvertheilung
ist weit einfacher, als die der geschlossenen Kette,
welche bisher betrachtet worden ist, und gibt
sich bildlich dadurch zu erkennen, daſs die Li-
nien FG, HI, KL (Fig. 3.) eine mit der AD pa-
rallele Lage annehmen. Sie läſst sogleich wahr-
nehmen, daſs der Unterschied der zwischen
zwei beliebigen Stellen der Kette herrschenden
elektrischen Kräfte der Summe aller zwischen
den beiden Stellen liegenden Spannungen
gleich ist, und also genau in demselben Ver-
hältnisse als diese Summe zu- oder abnimmt.
Wenn also die eine dieser Stellen ableitend
berührt wird, so tritt an der andern Stelle
die Summe aller zwischen beiden liegenden
Spannungen hervor, wobei inzwischen der Sinn
der Spannungen jedesmal durch ein Fortschreiten
D
von der letztern Stelle aus bestimmt werden
muſs. In diesem letztern Gesetze sprechen sich
die mit Hülfe des Elektroskops an der offenen
Säule gemachten Erfahrungen aus, wie sie von
Ritter, Erman und Jäger sehr ausführlich an-
gestellt und in Gilbert’s Annalen Band VIII., XII. und XIII. beschrieben
sind.
In dem bisherigen sind alle elektroskopischen
Wirkungen einer galvanischen Kette von der
gleich Anfangs bestimmten Art rein ausgesprochen,
ich gehe daher jetzt zur Betrachtung des in der
Kette sich bildenden Stromes über, dessen Natur,
wie oben aus einander gesetzt worden ist, an jeder
Stelle der Kette durch die Gleichung
ausgesprochen wird. Die Form dieser Gleichung
sowohl, als auch die Art, wie man zu ihr gelangt
ist, geben sogleich zu erkennen, daſs die Gröſse
des Stromes in einer solchen galvanischen
Kette an allen Stellen überall dieselbe bleibt
und blos von der Art der Elektrizitätsverthei-
lung abhängig ist, so daſs sie sich nicht än-
dert, wenn gleich die elektrische Kraft an ir-
gend einer Stelle der Kette durch ableitende
Berührung oder sonst wie geändert wird.
Diese Gleichheit des Stromes an allen Stellen
der Kette ist durch die Versuche Becquerels Bulletin universel. Physique. Mai 1825.
und seine Unabhängigkeit von der elektrischen
Kraft an einer bestimmten Stelle der Kette ist
durch die Versuche G. Bischofs Kastners Archiv. Band IV. H. 1. als in der
Erfahrung gegründet nachgewiesen worden. Eine
Ableitung oder Zuleitung ändert den Strom der
galvanischen Kette nicht, so lange jene Ableitung
oder Zuleitung nur auf eine einzige Stelle der
Kette unmittelbar einwirkt; würden aber zwei ver-
schiedene Stellen der Kette zu gleicher Zeit da-
von ergriffen, so würde dadurch ein zweiter
Strom gebildet, der den ersten nothwendigerweise,
nach Umständen mehr oder weniger, abändern
müſste.
Die Gleichung
D 2
gibt zu erkennen, daſs der Strom einer galvani
schen Kette durch jede sich bildende Verschie-
denheit in der Gröſse einer Spannung oder redu-
zirten Länge eines Theiles, — welche letztere
selbst wieder sowohl durch die wirkliche Länge
des Theiles, als durch sein Leitungsvermögen und
durch seinen Querschnitt bestimmt wird, — einer
Aenderung unterworfen sei. Diese Mannigfaltig-
keit der Umgestaltung läſst sich dadurch be-
schränken, daſs man nur eines der aufgezählten
Elemente veränderlich, alle übrigen aber bestän-
dig annimmt. Dadurch gelangt man zu beson-
dern, der jedesmaligen Annahme entsprechenden,
Formen der allgemeinen Gleichung, die immer
einer theilweisen Verfolgung der allgemeinen Aen-
derungsfähigkeit einer Kette angehören. Um den
Sinn dieser Rede durch ein Beispiel zu veran-
schaulichen, will ich annehmen, daſs in der Kette
nur die wirkliche Länge eines einzigen Theiles ei-
ner fortgesetzten Aenderung unterworfen werde,
alle übrigen die Gröſse des Stromes bestimmen-
den Werthe aber in ihr und also auch in der zu
ihr gehörigen Gleichung stets dieselben bleiben.
Bezeichnet man diese veränderliche Länge mit x
und das demselben Theile entsprechende Leitungs-
vermögen mit κ, seinen Durchschnitt mit ω, und die
Summe der reduzirten Längen aller übrigen mit
Λ, so daſs also , so verwandelt
sich die den Strom ausdrückende allgemeine
Gleichung in folgende
oder wenn man Zähler und Nenner mit κω mul-
tiplizirt und a statt κωA, so wie b statt κω Λ setzt,
in diese
wo a und b zwei konstante Gröſsen, x aber die
veränderliche Länge eines in Hinsicht seines Stof-
fes und seines Querschnittes völlig bestimmten
Theiles der Kette vorstellt. Diese Form der all-
gemeinen Gleichung, wobei alle unveränderlichen
Elemente auf die geringste Anzahl von Konstan-
ten zurückgeführt worden sind, ist dieselbe, wel-
che ich aus der Erfahrung durch Versuche, de-
nen die hier entwickelte Theorie ihre Entstehung
verdankt, hergeleitet habe Vergl. Schweiggers Jahrb. 1826. H. 2.. Das Gesetz, wel-
ches sie in Bezug auf die Länge der Leiter aus-
spricht, ist wesentlich verschieden von dem, wel-
ches schon früher Davy und in neuern Zeiten
Becquerel durch Versuche aufgefunden haben;
auch weicht es von dem, welches Barlow aufge-
stellt hat, so wie von dem, welches ich vordem
aus anderen Vezsuchen abgeleitet hatte, noch be-
trächtlich ab, obgleich die beiden letztereren dem
eigentlichen Ziele schon näher rücken. Das er-
stere ist im Grunde nichts weiter als eine Inter-
polationsformel, die blos für einen relativ sehr
kurzen veränderlichen Theil der ganzen Kette
gültig und dann bei ganz verschiedenen möglichen
Leitungsarten doch noch anwendbar ist, welches
schon daraus hervorgeht, daſs es blos den ver-
änderlichen Theil der Kette in sich aufnimmt
und den ganzen übrigen Theil auſser Acht läſst;
alle aber theilen mit einander den Uebelstand,
daſs sie eine fremdartige, durch die chemische
Veränderung des flüssigen Theils der Kette her-
beigeführte Quelle der Veränderlichkeit in sich
aufgenommen haben, von der weiter unten aus-
führlicher die Rede sein wird. Umständlicher
habe ich a. a. O. über das Verhalten der ver-
schiedenen Gesetzesformen zu einander gesprochen.
Von den vielen aus der allgemeinen Glei
chung
sich ergebenden besondern Eigenthümlichkeiten
der galvanischen Kette will ich hier nur einige
wenige anführen. Man sieht sogleich, daſs eine
Aenderung in der Anordnung der Theile keinen
Einfluſs auf die Gröſse des Stromes hat, wenn
dadurch die Summe der Spannungen nicht geän-
dert wird. Eben so wenig wird die Gröſse des
Stromes geändert, wenn die Summe der Span-
nungen und die ganze reduzirte Länge der Kette
in demselben Verhältnisse sich ändern; daher
kann eine Kette, deren Summe der Spannungen
in Vergleich zu der einer andern Kette sehr ge-
ring ist, doch einen Strom hervor bringen, der
an Stärke dem in der andern Kette das Gleich-
gewicht hält, wenn nur, was ihr an Stärke der
Spannungen abgeht, durch eine Verkürzung ihrer
reduzirten Länge ersetzt wird. In diesem Um-
stande hat die eigenthümliche Verschiedenheit
der Thermo- und Hydroketten ihren Grund.
In jener kommen nur Metalle, in dieser aber
auch noch auſserdem wässerige Flüssigkeiten als
Theile der Kette vor, deren Leitungsvermögen
in Vergleich zu dem der Metalle auſserordentlich
gering ist, weshalb die reduzirten Längen der
flüssigen die der metallenen Theile bei übrigens
gleichen Dimensionen unverhältniſsmäſsig über-
steigen, und selbst dann noch beträchtlich gröſser
bleiben, wenn gleich sie dadurch verkleinert wer-
den, daſs man ihre wirklichen Längen abkürzt
und ihre Querschnitte vergröſsert, so lange we-
nigstens die Verkleinerung nicht in auſsergewöhn-
lichem Verhältnisse geschieht. Daher kommt es
daſs die reduzirte Länge der Thermokette in den
gewöhnlichen Fällen bei weitem geringer als die
der Hydrokette ist, woraus auf eine in demselben
Verhältnisse kleinere Spannung in jener sich
schlieſsen läſst, wenn gleich die Gröſse des Stro-
mes in der Thermokette der in der Hydrokette
nichts nachgibt. Der groſse Unterschied zwi-
schen einer Thermo- und Hydrokette, die
beide einen Strom von derselben Stärke her-
vorrufen, zeigt sich erst, wenn mit beiden eine
und dieselbe Abänderung vorgenommen wird,
wie nachstehende Betrachtung lehrt. Gesetzt
nämlich die reduzirte Länge einer Thermokette
ist L und die Summe ihrer Spannungen A, wäh-
rend die reduzirte Länge einer Hydrokette mL
und die Summe ihrer Spannungen mA ist, so
wird die Gröſse des Stromes in jener durch ,
in dieser durch ausgedrückt und ist also
in beiden Ketten dieselbe. Diese Gleichheit des
Stromes wird aber aufgehoben, wenn in beide ein
und derselbe neue Theil von der reduzirten
Länge λ eingeführt wird, denn dann ist die Gröſse
des Stromes in jener
in dieser
Bringt man mit dieser Bestimmung eine, wenn
auch nur oberflächliche Schätzung der Werthe
m, L und λ in Verbindung, so wird man sich
leicht überzeugen, daſs in Fällen, wo die einfache
Hydrokette in dem Theile λ noch Glühwirkun-
gen oder chemische Zerlegungen hervorbringen
kann, die einfache Thermokette nicht den hun-
dertsten, ja kaum den tausendsten Theil der da-
zu erforderlichen Kraft in sich trägt, woraus das
Unterbleiben solcher Wirkungen bei ihr sehr be-
greiflich wird. Auch wird man so gewahr, daſs
eine Verkürzung der reduzirten Länge der Ther-
mokette (indem man etwa den Querschnitt der
sie bildenden Metalle vergröſsert) die Hervorru-
fung jener Wirkungen nicht erzielen kann, ob-
gleich dadurch die Gröſse des Stromes in ihr
weit beträchtlicher werden kann, als in der solche
Wirkungen hervorbringenden Hydrokette. — Der
eben erwähnte Unterschied in dem Leitungsver-
mögen metallener Körper und wässeriger Flüssig-
keiten ist Ursache einer an den Hydroketten be-
merkten Eigenthümlichkeit, zu deren Erwähnung
hier der schickliche Ort ist. Unter den gewöhn-
lichen Umständen ist nämlich die reduzirte Länge
des flüssigen Theils so groſs in Vergleich zu der
des metallenen Theils, daſs letztere vernachläſsigt
und erstere allein statt der reduzirten Länge der
ganzen Kette genommen werden kann; dann aber
steht die Gröſse des Stromes in Ketten, die einer-
lei Spannung besitzen im umgekehrten Verhältniſs
zur reduzirten Länge der flüssigen Theile. Wer-
den mithin blos solche Ketten mit einander ver-
glichen, in welchen die flüssigen Theile einerlei
wirkliche Längen und dasselbe Leitungsvermögen
haben, so ist in diesen Ketten die Gröſse des
Stromes dem Querschnitte des flüssigen Theils
direkt proportional. Indessen ist leicht zu über-
sehen, daſs an die Stelle dieser einfachen Be-
stimmung eine mehr zusammengesetzte treten muſs,
sobald die reduzirte Länge des metallenen Theils
nicht mehr als verschwindend gegen die des flüs-
sigen angenommen werden darf, welcher Fall ein-
tritt, so oft der metallene Theil sehr lang und
dünn, oder der flüssige Theil gutleitend und mit
ungewöhnlich groſsen Grundflächen genommen
wird.
Aus der Gleichung
läſst sich leicht entnehmen, daſs wenn ein Theil
aus der galvanischen Kette weggenommen und
durch einen andern, von auſsen kommenden, er-
setzt wird, und es bleibt nach dieser Verwechse-
lung sowohl die Summe der Spannungen als auch
die Stärke des Stromes noch völlig dieselbe, so
haben diese beiden Theile einerlei reduzirte Länge
es verhalten sich also ihre wirklichen Längen
wie ihre Produkte aus dem Leitungsvermögen
und Querschnitte. Es verhalten sich mithin
die wirklichen Längen solcher Theile bei glei-
chen Querschnitten wie ihre Leitungsvermögen
und bei gleichem Leitungsvermögen wie ihre
Querschnitte. Durch die erste dieser beiden
Relationen wird man in den Stand gesetzt, das
Leitungsvermögen der verschiedenen Körper auf
eine weit vortheilhaftere Weise als durch das
oben angegebene Verfahren zu bestimmen, wie
bereits von Becquerel und mir mit vielen Me-
tallen geschehen ist Bulletin universel. Physique. Mai 1825. und Schweig-
ger’s Jahrb. 1826. H. 2.. Die zweite Relation kann
dazu dienen, die Unabhängigkeit der Wirkung
von der Gestalt des Querschnittes in der Erfah-
rung nachzuweisen, wie schon früher von Davy
und noch vor Kurzem von mir geschehen ist Gilbert’s Annalen nn. Folge. B. XI. Seite 253, und
Schweigger’s Jahrb. 1827..
An der voltaischen Säule wiederholt sich die
Summe der Spannungen und die reduzirte Länge
der einfachen Kette so oft, als die Anzahl der
Elemente, woraus sie besteht, ausspricht. Bezeich-
net man daher durch A die Summe aller Span-
nungen in der einfachen Kette, durch L ihre re-
duzirte Länge und durch n die Anzahl der in
der Säule befindlichen Elemente, so ist die Gröſse
des Stromes in der geschlossenen Säule offenbar
während sie in der einfachen geschlossenen Kette
ist. Führt man in die einfache Kette sowohl als
in die Säule einen und denselben neuen Theil
von der reduzirten Länge Λ ein, auf welchen
man den Strom wirken lassen will, so wird die
Gröſse des dadurch abgeänderten Stromes in der
einfachen Kette
und in der voltaischen Säule
oder .
Man sieht hieraus, daſs der Strom in der
voltaischen Säule stets gröſser ausfällt, als in
der einfachen Kette, aber er ist nur unmerk-
lich gröſser, so lange Λ in Vergleich zu L
sehr klein ist, dagegen nähert sich diese Ver-
gröſserung der nfachen desto mehr, je gröſser
Λ in Vergleich zu nL und um so mehr im
Vergleich zu L wird. Auſser dieser Art, die
Gröſse des galvanischen Stromes zu vermehren,
gibt es aber noch eine zweite, die darin besteht,
daſs man die reduzirte Länge der einfachen Kette
verkürzt, welches dadurch geschehen kann, daſs
man den Querschnitt derselben vergröſsert, indem
man mehrere einfache Ketten neben einander
legt und dergestalt mit einander verbindet, daſs
sie wieder nur eine einzige einfache Kette ausma-
chen. Läſst man die vorigen Bezeichnungen auch
hier wieder gelten, so daſs also wieder
die Gröſse des Stromes in dem einen Elemente
ausdrückt, so wird in der eben beschriebenen
Zusammensetzung von n Elementen zu einer ein-
fachen Kette die Gröſse des Stromes offenbar
oder
wodurch eine schwache Verstärkung der
Wirkung in der neuen Zusammensetzung an-
gezeigt wird, wenn Λ sehr groſs ist in Ver-
gleich zu L, dagegen eine starke, wenn Λ in
Vergleich zu und also um so mehr in
Vergleich zu L sehr klein ist. Es folgt hier-
aus, daſs die eine Zusammensetzung gerade in
den Fällen am wirksamsten ist, in welchen die
andere aufhört es zu sein, und umgekehrt. Ist
man daher im Besitze einer gewissen Anzahl von
einfachen Ketten, die man insgesammt auf den
Theil, dessen reduzirte Länge Λ ist, einwirken
lassen will; so ist es zur Hervorbringung des
gröſsten Stromeffektes nicht gleichgültig in wel-
cher Art man sie zusammen setze, ob alle neben
einander, ob alle hinter einander, oder ob zum
Theile neben einander und zum Theile hinter
einander. Die Rechnung lehrt, daſs es am vor-
theilhaftesten ist, aus ihnen eine voltaische Zu-
sammensetzung aus so viel gleichen Theilen zu
bilden, daſs das Quadrat dieser Zahl dem Quo-
tienten gleich wird. Wenn gleich oder
kleiner als Λ ist, so werden sie am besten alle
neben einander gestellt, und am besten alle hin-
ter einander, wenn gleich oder gröſser als
das Quadrat der Anzahl aller Elemente ist. Man
gewahrt in dieser Bestimmung den Grund,
warum in den meisten Fällen zur Hervorbrin-
gung des gröſsten Effektes eine einfache
Kette oder wenigstens eine voltaische Zusam-
mensetzung von nur wenigen einfachen Ket-
ten erfordert wird. — Erwägt man, daſs, da
die Quantität des Stromes an allen Stellen der
Kette dieselbe ist, seine Intensität sich an den
verschiedenen Orten nach der Gröſse der da-
selbst befindlichen Querschnitte im umgekehrten
Verhältnisse richten müsse, und nimmt man an,
daſs die magnetischen und chemischen Wirkun-
gen sowohl, als die Wärme- und Lichterschei-
nungen an der Kette unmittelbare Aeuſserungen
des elektrischen Stromes sind, deren Stärke durch
die des Stromes selbst gegeben ist, so wird eine
umständliche Zergliederung der hier nur in Um-
rissen angedeuteten Natur des Stromes zur voll-
kommenen Erklärung der vielen an der galvani-
schen Kette beobachteten, zum Theile sehr räth-
selhaften Anomalien führen, insofern man dabei
die physische Beschaffenheit der Kette als unver-
änderlich anzusehen berechtigt ist Vergl. Schweigger’s Jahrb. 1826. H. 2., wo ich eine
etwas ausführlichere Beleuchtung der einzelnen Punkte
gegeben habe.. Die gro-
ſsen Abweichungen, welche oft in den Angaben
verschiedener Beobachter liegen, und nicht Folgen
der Dimensionen ihres dabei gebrauchten, beson-
dern Apparates sind, haben ohne Zweifel ihren
Grund in der doppelten Aenderungsfähigkeit der
Hydroketten, und werden daher aufhören, wenn
man bei einer Wiederholung der Versuche auf
diesen Umstand Rücksicht nimmt.
E
Die merkwürdige Veränderlichkeit in der
Wirkungsweise eines und desselben Multiplikators
an verschiedenen Ketten und verschiedener Mul-
tiplikatoren an einer und derselben Kette erhält
aus den vorangegangenen Betrachtungen eine voll-
ständige Erklärung. Bezeichnet nämlich A die
Summe der Spannungen und L die reduzirte
Länge irgend einer galvanischen Kette, so drückt
die Gröſse ihres Stromes aus. Denkt man sich
nun einer Multiplikator aus n gleichen Windun-
gen, jede von der reduzirten Länge λ, so gibt
die Gröſse des Stromes zu erkennen, wenn der
Multiplikator als integrirender Bestandtheil in die
Kette gebracht wird. Setzt man überdieſs der
Einfachheit halber voraus, daſs jede von den n
Windungen des Multiplikators auf die Magnetna-
del dieselbe Wirkung äuſsert, so ist augenschein-
lich die Wirkung des Multiplikators auf die Mag-
netnadel
wenn die Wirkung einer ganz gleichen Windung
der Kette ohne Multiplikator auf die Nadel
gesetzt wird. Hieraus folgt nun sogleich, daſs
die Wirkung auf die Magnetnadel durch den
Multiplikator verstärkt oder geschwächt wird,
je nachdem nL gröſser oder kleiner als L +
nλ, d. h. je nachdem die n fache reduzirte
Länge der Kette ohne Multiplikator gröſser
oder kleiner als die reduzirte Länge der Kette
mit dem Multiplikator ist. Ferner gibt die
bloſse Ansicht des Ausdruckes, wodurch die Wir-
kung des Multiplikators auf die Nadel bestimmt
worden ist, zu erkennen, daſs die gröſste oder
kleinste Wirkung eintritt, sobald L gegen nλ ver-
nachläſsigt werden kann, und ausgedrückt wird
durch
Vergleicht man diese Grenzwirkung des Multipli-
kators mit der, welche eine völlig gleich beschaf-
fene Windung der Kette ohne Multiplikator her-
vorbringt, so nimmt man wahr, daſs sich beide
E 2
zu einander verhalten wie die reduzirten Längen
L und λ, welche Relation zur Bestimmung einer
dieser Werthe aus den übrigen dienen kann.
Der für die Grenzwirkung des Multiplikators
gefundene Ausdruck zeigt, daſs sie der Span-
nung der Kette proportional und unabhängig
von der reduzirten Länge der Kette ist; es
kann mithin die Grenzwirkung eines und dessel-
ben Multiplikators nicht blos zur Bestimmung der
in verschiedenen Ketten befindlichen Spannungen
dienen, sondern er zeigt auch, daſs sich die
Grenzwirkung in dem Maaſse verstärken läſst, als
man die Summe der Spannungen erhöhet, wel-
ches dadurch geschehen kann, daſs man aus meh-
reren einfachen Ketten eine voltaische Zusammen-
setzung bildet. — Bezeichnet man die wirkliche
Länge einer Windung des Multiplikators durch l,
sein Leitungsvermögen durch κ und seinen Quer-
schnitt durch ω so daſs wird, so ver-
wandelt sich der Ausdruck für die Grenzwirkung
des Multiplikators in folgenden
woraus man ersehen kann, daſs die Grenzwir-
kungen zweier aus gleich starkem Drahte ver-
fertigten Multiplikatoren von verschiedenem
Metalle sich zu einander verhalten, wie die
Leitungsfähigkeiten dieser Metalle, und daſs
die Grenzwirkungen zweier aus Drähten von
einerlei Metall gebildeten Multiplikatoren sich
zu einander verhalten, wie die Querschnitte
dieser Drähte. Alle diese mannigfaltigen Eigen-
thümlichkeiten des Multiplikators habe ich, als in
der Erfahrung gegründet, theils an fremden theils
an eigenen Versuchen nachgewiesen Schweigger’s Jahrbuch 1826. H. 2. und 1827.. Die letz-
ten an der Thermokette hierüber gemachten Ver-
suche haben die schon oben aus einer Verglei-
chung der reduzirten Längen sich ergebende Fol-
gerung, daſs die Spannungssumme in einer Ther-
mokette bei weitem geringer sei als in den ge-
bräuchlichen Hydroketten noch auf einem andern,
dem vorigen gewissermaſsen entgegen gesetzten
Wege dargethan, und eine beiläufige Vergleichung
hat mich zu der Ueberzeugung geführt, daſs zu
Glühwirkungen, wenn sie mit Sicherheit vorausge-
sagt werden sollen, eine voltaische Zusammenset-
zung von einigen hundert, zweckmäſsig gewähl-
ten einfachen Thermoketten, zu chemischen Wir-
kungen von einiger Stärke aber ein noch weit
gröſserer Apparat erfordert werde. Versuche,
welche diese Vorherbestimmung auſser Zweifel
setzen, werden der hier vorgetragenen Theorie eine
neue, nicht unwichtige Bestätigung geben.
Die bisherigen Betrachtungen reichen auch
hin, den Hergang zu entscheiden, der statt findet,
wenn sich die galvanische Kette irgendwo in zwei
oder mehrere Zweige spaltet. Zu dem Ende
mache ich darauf aufmerksam, daſs schon oben,
zugleich mit der Gleichung , die Regel
aufgefunden worden ist, daſs die Gröſse des Stro-
mes in irgend einem homogenen Theile der gal-
vanischen Kette durch den Quotienten aus dem
Unterschiede der an den Enden des Theiles vor-
handenen elektrischen Kräfte und seiner reduzir-
ten Länge gegeben wird. Zwar ist diese Regel
dort nur für den Fall aufgestellt worden, wenn
die Kette sich nirgends in mehrere Zweige spal-
tet, aber eine ganz einfache, aus der Gleichheit
der ab- und zuströmenden Elektrizitätsmenge in
allen Querschnitten eines jeden prismatischen
Theiles hergenommene und der dortigen ähnliche
Betrachtung gibt die Ueberzeugung, daſs dieselbe
Regel auch für jeden einzelnen Zweig im Falle
einer Spaltung der Kette noch gültig bleibt.
Nimmt man nun an, daſs die Kette sich z. B. in
drei Arme spaltet, deren reduzirte Längen λ, λ′,
λ″ sein mögen, setzt man zudem voraus, daſs an
jeder von diesen Stellen die ungespaltene Kette
und die einzelnen Zweige einerlei elektrische
Kraft besitzen und sonach keine Spannung da-
selbst eintritt, und bezeichnet man den Unter-
schied der an diesen beiden Stellen befindlichen
elektrischen Kräfte durch α, so ist in Folge der
angeführten Regel die Gröſse des Stromes in den
drei Zweigen beziehlich
woraus zunächst folgt, daſs sich die Ströme in
den drei Zweigen umgekehrt wie deren redu-
zirte Längen verhalten, so daſs also jeder ein-
zeln sich finden läſst, sobald man die Summe al-
ler drei zusammen kennt. Die Summe aller drei
zusammen ist aber offenbar der Gröſse des Stro-
mes an jeder andern Stelle des nicht gespaltenen
Theils der Kette gleich, weil auſserdem, was hier
noch immer vorausgesetzt wird, der bleibende
Zustand der Kette nicht eingetreten wäre. Bringt
man damit die aus den obigen Betrachtungen
sich ergebende Schluſsfolge in Verbindung, daſs
nämlich durch die Gröſse des Stromes und die
Natur eines jeden homogenen Theiles der Kette
das Gefälle der ihm entsprechenden, die Elektri-
zitätsvertheilung darstellenden, geraden Linie ge-
geben ist, so erhält man die Gewiſsheit, daſs die
zu dem nicht gespaltenen Theile der Kette gehö-
rige Vertheilungsfigur so lange dieselbe bleiben
muſs, als der Strom in ihr dieselbe Gröſse behält,
und umgekehrt; woraus folgt, daſs die Unverän-
derlichkeit des Stromes in dem nicht gespaltenen
Theile der Kette nothwendigerweise eine Unver-
änderlichkeit des Unterschiedes der an den Enden
dieses Theils hervortretenden elektrischen Kräfte
voraussetzt. Denkt man sich nun statt der ein-
zelnen Zweige einen einzigen Leiter von der re-
duzirten Länge Λ in die Kette gesetzt, der die
Gröſse ihres Stromes und ihre Spannungen in
nichts ändert, so muſs in Folge des eben Gesag-
ten der Unterschied der an seinen Enden befind-
lichen elektrischen Kräfte noch immer α und
daher
oder
sein, welche Gleichung zur Bestimmung des
Werthes Λ dient. Ist aber dieser Werth bekannt
und nennt man A die Summe aller in der Kette
befindlichen Spannungen und L die reduzirte
Länge des nicht gespaltenen Theils der Kette, so
ergibt sich, wie man weiſs, für die Gröſse des
Stromes in der zuletzt gedachten Kette
welche der Summe der in den drei einzelnen
Zweigen auftretenden Ströme gleich ist. Da
nun schon vorhin gezeigt worden ist, daſs sich
die Ströme in den einzelnen Zweigen zu einander
umgekehrt wie die reduzirten Längen dieser
Zweige verhalten, so erhält man für die Gröſse
des Stromes in dem Zweige, dessen reduzirte
Länge λ ist,
in dem Zweige, dessen reduzirte Länge λ′ ist,
und in dem Zweige, dessen reduzirte Länge λ″ ist,
Auch diese entlegenere und bisher wenig beach-
tete Eigenthümlichkeit der galvanischen Kette
habe ich in der Erfahrung auf eine völlig ent-
scheidende Weise bestätigt gefunden Schweigger’s Jahrb. 1827..
Hiermit schlieſst sich die Betrachtung solcher
galvanischer Ketten, in welchen der bleibende
Zustand bereits eingetreten ist, und die weder
durch den Einfluſs der umgebenden Luft noch
durch eine allmählige Abänderung ihrer chemi-
schen Beschaffenheit besondere Modifikationen
erleiden. Von da nimmt aber auch die Einfach-
heit des Gegenstandes immer mehr und mehr ab,
so daſs die bisher statt gefundene elementare Be-
handlung bald ganz verloren geht. Was solche
Ketten anbelangt, auf welche die Luft Einfluſs
hat und deren Zustand mit der Zeit sich ändert,
ohne daſs diese Aenderung in einer fortschreiten-
den chemischen Umbildung der Kette ihren
Grund hat, und die sich dadurch vor den übri-
gen auszeichnen, daſs die Gröſse ihres Stromes
an verschiedenen Orten verschieden ist, so habe
ich mich begnügt, in jeder von diesen Beziehun-
gen immer nur den einfachsten Fall abzuhandeln,
da sie in der Natur nur in seltenen Fällen zum
Vorschein kommen, und im Allgemeinen von ge-
ringerem Interesse erscheinen dürften. Ich that
dieſs um so lieber, da ich zu einer andern Zeit
auf diesen Gegenstand zurück zu kommen ge-
denke. Was hingegen jene Modifikation galva-
nischer Ketten betrifft, die durch eine von dem
Strome zunächst ausgehende und sodann auf ihn
selbst wieder zurück wirkende chemische Um-
wandlung der Kette veranlaſst wird, so habe ich
ihr in dem Anhange eine besondere Aufmerksam-
keit gewidmet. Der darin eingehaltene Gang
stützt sich auf eine sehr groſse Menge über den
Gegenstand angestellter Versuche, deren Mitthei-
lung ich aber darum unterlasse, weil sie einer
weit gröſsern Bestimmtheit fähig zu sein scheinen,
als damals die Nichtberücksichtigung mancher da-
bei einwirkenden Elemente mir gestattete, deren
Erwähnung ich aber hier für nöthig erachte, da-
mit die sich selber stets bewachende Weise, wo-
mit ich in dem Anhange vorwärts schreite, und
die ich der Wahrheit schuldig zu sein glaubte,
nicht etwa die Theilnahme, mehr als billig ist,
dadurch von sich abziehe.
Den Grund der durch den Strom veranlaſs-
ten chemischen Veränderungen in den dazu ge-
eigneten Theilen einer galvanischen Kette habe
ich in der oben beschriebenen dieser Kette ei-
genthümlichen Elektrizitätsvertheilung gesucht und,
wie ich kaum zweifeln darf, wenigstens der
Hauptsache nach gefunden. Es fällt nämlich so-
gleich in die Augen, daſs jede zu einem Quer-
schnitte gehörige Scheibe einer galvanischen
Kette, die den elektrischen Anziehungen und Ab-
stoſsungen gehorcht und deren Bewegung nichts
im Wege steht, in der geschlossenen Kette einsei-
tig getrieben werden müsse, weil diese Anziehun-
gen oder Abstoſsungen in Folge der stetig sich
ändernden elektrischen Kraft auf ihren beiden
Seiten verschieden sind, und die Rechnung zeigt,
daſs die Kraft, womit sie nach einer Seite
hin getrieben wird, in einem aus der Gröſse
des elektrischen Stromes und aus der in der
Scheibe befindlichen elektrischen Kraft zusam-
mengesetzten Verhältnisse stehe. Dadurch
wird nun zwar zunächst blos eine räumliche
Ortsveränderung der Scheibe bedingt. Wenn
aber diese Scheibe als ein zusammen gesetzter
Körper angesehen wird, dessen Bestandtheile den
elektrochemischen Ansichten gemäſs, sich durch
eine Verschiedenheit in ihrem elektrischen Ver-
halten von einander unterscheiden, so ergibt sich
sogleich, daſs jener einseitige Druck auf die ver-
schiedenen Bestandtheile mit ungleicher Stärke
und in den meisten Fällen auch wohl in entge-
gengesetzter Richtung wirken und so ein Bestre-
ben in ihnen sich von einander zu entfernen
rege machen müsse. Aus dieser Betrachtung
geht eine besondere auf eine chemische Verände-
rung aller Theile hinarbeitende Thätigkeit der
galvanischen Kette hervor, die ich ihre zersetzende
Kraft genannt und in jedem einzelnen Falle der
Gröſse nach zu bestimmen versucht habe. Diese
Bestimmung ist von der Art abhängig, wie man
sich die Elektrizität mit den Körpertheilchen in Ver-
bindung vorstellt Ueber die eigentliche Deutung dieser Bemerkung
werde ich bei einer nächsten Gelegenheit reden, wo ich
die von Ampère entdeckten Aeusserungen der Theile
einer galvanischen Kette auf einander auf gewöhnliche
elektrische AnziehnngenAnziehungen und Abstossungen zurückzufüh-
ren versuche.. Nimmt man an, was am natür-
lichsten zu sein scheint, daſs die Elektrizität sich im
Verhältnisse der Masse über den Raum ergiese,
den die Körper einnehmen, so zeigt eine voll-
ständige Zergliederung, daſs die zersetzende
Kraft der Kette der Stärke des Stromes di-
rekt proportional sei, und auſserdem noch
durch einen aus der Natur der Bestandtheile
und ihrem Mischungsverhältnisse herzuholen-
den Koeffizienten gegeben werde Aus der Na-
tur dieser zersetzenden Kraft der Kette, welche
an allen Stellen eines homogenen Theiles von
gleicher Stärke ist, geht nun sogleich hervor, daſs
wenn sie fähig ist, den gegenseitigen Zusammen-
hang der Bestandtheile unter allen Umständen zu
überwältigen, so wird die Trennung und Fort-
führung der Bestandtheile nach den beiden Seiten
der Kette hin nur in mechanischen Hindernissen
ihre Grenzen finden; überwiegt aber der Zusam-
menhang der Bestandtheile unter sich entweder
gleich anfänglich überall, oder im Verlaufe der
Wirkung irgendwo die zersetzende Kraft der
Kette, so wird von da an keine weitere Bewe-
gung der Elemente mehr Statt finden. Diese all-
gemeine Beschreibung der zersetzenden Kraft
schlieſst sich an die von Davy und Andern ge-
machten Durchführungsversuche an.
Der Beachtung besonders werth ist ein,
wie es scheint in den meisten Fällen sich bilden-
der, eigener Zustand der Vertheilung beider Be-
standtheile in einer chemisch zusammengesetzten
Flüssigkeit, die in folgender Veranlaſsung ihren
Ursprung hat. Wenn nämlich die Zersetzung
nur auf einen begrenzten Theil der Kette sich zu
beschränken angewiesen ist und nun die Bestand-
theile der einen Art nach der einen Seite dieses
Theiles und die Bestandtheile der andern Art
nach seiner andern Seite hingedrängt werden, so
wird eben dadurch der Wirkung eine natürliche
Grenze gesetzt; denn der im Uebergewichte auf
der einen Seite irgend einer Scheibe innerhalb
der in der Zersetzung begriffenen Strecke auftre-
tende Bestandtheil wird sich der Bewegung des
gleichen Bestandtheiles nach derselben Seite hin,
vermöge der in ihm liegenden repulsiven Kraft,
fortwährend widersetzen, so daſs die zersetzende
Kraft der Kette nicht blos den jedesmaligen Zu-
sammenhang der beiden Bestandtheile unter ein-
ander, sondern auch diese Reaction eines jeden
Bestandtheiles auf sich selber zu überwältigen hat.
Es erhellet hieraus, daſs ein Stillstand in der
chemischen Veränderung dann eintreten müsse,
wenn zu irgend einer Zeit ein Gleichgewicht zwi-
schen den dabei obwaltenden Kräften eintritt.
Der so herbei geführte, in einer eigenen chemi-
schen Vertheilung der Bestandtheile beruhende
und bleibende Zustand des in der Zersetzung be-
griffenen Theils der Kette ist der, von dem ich
eben ausging, und dessen Natur scharf zu bestim-
men ich in dem Anhange versucht habe. Schon
die bloſse Beschreibung der Entstehungsweise
dieser höchst merkwürdigen Erscheinung gibt zu
erkennen, daſs an den äuſsersten Enden der ver-
theilten Strecke kein natürliches Gleichgewicht
statt finden könne, weſshalb an diesen Orten die
beiden Bestandtheile durch eine mechanische Ge-
walt zurückgehalten werden müssen, auſserdem in
die nächsten Theile der Kette übergehen, oder,
wo die übrigen Umstände es bedingen, von der
Kette sich gänzlich absondern werden. Wer
wollte in dieser prunklosen Auseinandersetzung
nicht alle bei chemischen Zerlegungen durch die
Kette bis jetzt beobachteten Hauptmomente der
äuſseren Erscheinung wieder erkennen!
Wenn der Strom und mit ihm die zerset-
zende Kraft plötzlich unterbrochen wird, so wer-
den die vertheilten Bestandtheile allmählig wieder
in ihr natürliches Gleichgewicht zurücktreten, aber
den verlassenen Zustand sogleich wieder anzuneh-
men streben, wenn der Strom neuerdings herge-
stellt wird. Während dieses Hergangs ändert
sich begreifllicherweise mit der chemischen Natur
zugleich fortwährend die Leitungsfähigkeit sowohl
als die Erregungsweise zwischen den Elementen
der in der Zersetzung begriffenen Strecke; da-
durch aber wird eine fortgesetzte Aenderung in
der elektrischen Vertheilung und in der davon
abhängigen Gröſse des Stromes an der galvani-
schen Kette nothwendig bedingt, welche nur in
F
dem bleibenden Zustande der chemischen Ver-
theilung ihre natürlichen Grenzen findet. Zur
genauen Bestimmung dieser letzten Stufe des elek-
trischen Stromes wird die Kenntniſs des Gesetzes
erfordert, nach welchem sich die Leitungsfähig-
keit und die Erregungsstärke der aus zwei ver-
schiedenen Flüssigkeiten gebildeten veränderlichen
Mischungen richtet. Was die Erfahrung zu die-
sem Zwecke bis jetzt noch an die Hand gegeben
hat, schien mir nicht genügend, daher zog ich
ihr eine theoretische Bestimmung vor, die so
lange, bis das wahre Gesetz aufgefunden ist,
seine Stelle einnehmen soll. Mit Hülfe des nicht
ganz erdichteten Gesetzes gelange ich nun zu den
Gleichungen, welche in jedem Falle alle einzelnen
Umstände zu erkennen geben, die den bleibenden
Zustand der chemischen Vertheilung in der gal-
vanischen Kette ausmachen, deren weitere Benüt-
zung ich jedoch vernachläſsigt habe, da der jet-
zige Umfang unserer Erfahrungskenntnisse in
dieser Hinsicht mir die dazu erforderliche Mühe
noch nicht zu lohnen schien. Um jedoch die
Resultate dieser Untersuchung mit dem, was Ver-
suche hierüber gegeben haben, in ihren allgemein-
sten Zügen vergleichen zu können, habe ich ei-
nen besondern Fall bis ans Ende geführt, und
an ihm ersehen, daſs die Formel die Art des
Wogens der Kraft, wie ich es vordem beschrie-
ben habe Schweigger’s Jahrb. 1826. H. 2., recht genügend darstellt.
Nachdem ich so den Inhalt dieser Schrift in
einem leichten Umrisse angegeben habe, gehe ich
nun zu einer gründlichern Bearbeitung der ein-
zelnen Stellen über.
Die
galvanische Kette.
A) Allgemeine Untersuchungen über die
Verbreitung der Elektrizität.
1) Eine unter gewissen Umständen hervor-
tretende Eigenschaft der Körper, die wir Elek-
trizität nennen, gibt sich räumlich dadurch zu
erkennen, daſs Körper, welche sie besitzen, und
die deshalb elektrische Körper heiſsen, sich ein-
ander entweder abstoſsen oder anziehen.
Um die Veränderungen, welche in der elek-
trischen Beschaffenheit eines Körpers A vorfallen,
auf eine völlig bestimmte Weise verfolgen zu
können, bringen wir diesen Körper jedesmal un-
ter einerlei Umständen mit einem zweiten beweg-
lichen Körper von unveränderlicher elektrischer
Beschaffenheit, das Elektroskop genannt, in Ver-
bindung, und bestimmen die Kraft, womit das
Elektroskop von dem Körper abgestoſsen oder
angezogen wird. Diese Kraft nennen wir die
elektroskopische Kraft des Körpers A, und um
unterscheiden zu können, ob sie eine abstoſsende
oder anziehende ist, setzen wir in dem einen
Falle das Zeichen +, und in dem andern Falle
das Zeichen — vor die Angabe ihres Maaſses.
Es kann derselbe Körper A auch zur Be-
stimmung der elektroskopischen Kraft in verschie-
denen Theilen eines und desselben Körpers die-
nen. Zu diesem Zwecke nehmen wir den Kör-
per A von sehr geringen Dimensionen, damit,
wenn wir ihn mit der zu prüfenden Stelle irgend
eines dritten Körpers in innige Berührung brin-
gen, er seiner Kleinheit halber als Vertreter die-
ser Stelle angesehen werden kann; dann wird
seine auf die eben beschriebene Art zu messende
elektroskopische Kraft, wenn sie an verschiedenen
Stellen verschieden ausfällt, die relative Verschie-
denheit dieser Stellen in Bezug auf Elektrizität zu
erkennen geben.
Die Absicht vorstehender Erklärungen ist,
dem Ausdrucke »elektroskopische Kraft« eine ein-
fach bestimmte Bedeutung zu geben; eine Be-
rücksichtigung der gröſsern oder geringern Aus-
führbarkeit des Verfahrens sowohl, als eine Ver-
gleichung der verschiedenen möglichen Verfah-
rungsarten unter einander zur Bestimmung der
elektroskopischen Kraft liegen nicht in unserm
Zwecke.
2) Wir nehmen wahr, daſs sich die elektros-
kopische Kraft von einer Stelle zur andern und
von einem Körper zum andern fortbewegt, so
daſs sie nicht blos an verschiedenen Stellen zu
derselben Zeit, sondern auch an derselben Stelle
zu verschiedenen Zeiten sich ändert. Um die
Art und Weise, wie die elektroskopische Kraft
von der Zeit, worin sie wahrgenommen wird, und
dem Orte, an welchem sie sich äuſsert, abhängig
ist, bestimmen zu können, müssen wir von Grund-
gesetzen ausgehen, denen der zwischen den Ele-
menten eines Körpers statt findende Austausch
ihrer elektroskopischen Kraft unterworfen ist.
Diese Grundgesetze sind von zweierlei Art,
entweder von der Erfahrung entlehnte, oder, da
wo diese schweigt, hypothetisch angenommene.
Die Zulässigkeit der erstern kann keinem Zweifel
unterworfen sein, und die Rechtmäſsigkeit der
letztern gibt sich durch die Uebereinstimmung
der aus ihnen abgeleiteten Resultate der Rechnung
mit dem, was in der Wirklichkeit vorfällt, unfehl-
bar zu erkennen; denn da durch die Rechnung
die Erscheinung mit allen ihren Modifikationen
auf das Bestimmteste ausgesprochen wird, so muſs,
weil in ihrem Fortgange zu den früheren nicht
immer wieder neue Unsicherheiten stoſsen, eine
im gleichen Maaſse vollständige Beobachtung der
Natur ihre Annahmen auf eine entscheidende
Weise entweder rechtfertigen oder widerlegen.
Darin liegt eben das hauptsächlichste Verdienst
der Rechnung, daſs sie durch ihre nirgends
schwankende Aussagen eine Allgemeinheit der
Vorstellungen hervorruft, die jedesmal zu erneuer-
ten Versuchen auffordert und so zu einer immer
mehr in die Tiefe gehenden Kenntniſs der Natur
führt. Jede auf Thatsachen gebaute Theorie ei-
ner Klasse von Naturerscheinungen, die in der
Form ihrer Darstellung nicht die mathematische
Ausführlichkeit erträgt, ist unvollkommen, und
jede in einer noch so strengen Form entwickelte
Theorie, die nicht in dem erforderlichen Maaſse
von der Erfahrung gebilligt wird, ist unsicher.
So lange daher nicht wenigstens ein Theil der
Wirkungen einer Naturkraft mit groſser Schärfe
in allen ihren Abstufungen beobachtet worden ist,
geht die mit ihr sich befassende Rechnung nur
auf unsichern Boden, weil kein Prüſstein für ihre
Hypothesen vorhanden ist, und thut im Grunde
besser, auf gelegenere Zeit zu warten; wenn sie
aber mit der gehörigen Befugniſs an die Arbeit
geht, bereichert sie das Gebiet, worin sie weilt,
mit neuen Naturerscheinungen, zum Mindesten
auf indirekte Weise, wie die Erfahrung aller Zei-
ten lehrt. Ich glaubte diese allgemeinen Bemer-
kungen vorausschicken zu müssen, nicht nur weil
durch sie auf das Folgende mehr Licht geworfen
wird, sondern auch deshalb, weil sie den Grund
in sich zu tragen scheinen, warum die Rechnung
nicht längst schon an die galvanischen Erschei-
nungen mit mehr Erfolg sich gemacht habe, ob-
gleich sie, wie sich später finden wird, den hier-
zu erforderlichen Gang schon früher in einem
andern, scheinbar weniger dazu vorbereiteten,
Felde der Physik genommen hat.
Nach diesen Vorerinnerungen gehen wir nun
zur Aufstellung der Grundgesetze selber über.
3) Wenn zwei gleich groſse, gleich gestaltete
und gegen einander gleich gestellte aber ungleich
stark elektrische Körperelemente E und E′ in der
schicklichen Entfernung von einander stehen, so
äuſsern sie ein wechselseitiges Bestreben, sich ins
elektrische Gleichgewicht zu setzen, welches sich
dadurch zu erkennen gibt, daſs beide dem Mittel
ihres elektrischen Zustandes fortwährend und im-
mer um gleich viel näher rücken, so lange, bis
sie dasselbe wirklich erreicht haben. Beide Ele-
mente ändern nämlich ihren elektrischen Zustand
gegenseitig so lange, als noch ein Unterschied ih-
rer elektroskopischen Kraft statt findet; diese Aen-
derung aber hört auf, so wie beide einerlei elek-
troskopische Kraft erlangt haben. Es ist mithin
diese Aenderung von der elektrischen Differenz
der Elemente dergestalt abhängig, daſs jene mit
dieser zugleich verschwindet. Wir nehmen nun
an, daſs die in einem äuſserst kleinen Zeittheilchen
erfolgte Aenderung in beiden Elementen der Dif-
ferenz ihrer zu derselben Zeit vorhandenen elektros-
kopischen Kraft und der Gröſse des Zeittheilchens
proportional sei, und ohne uns noch auf irgend
einen materiellen Unterschied der Elektrizität ein-
zulassen, stellen wir fest, daſs dabei die mit +
und — bezeichneten Kräfte gerade so wie entge-
gengesetzte Gröſsen überhaupt zu behandeln
seien. — Daſs die Aenderung sich genau nach
der Differenz der Kräfte richte, ist eine Unterstel-
lung der Rechnung, die natürlichste, weil sie die
einfachste ist; das Uebrige ist durch die Erfahrung
gegeben. Die Bewegung der Elektrizität innerhalb
der meisten Körper geht so rasch von Statten,
daſs wir ihre Aenderungen an den verschiedenen
Stellen nur selten festzuhalten vermögen, uudund des-
halb das Gesetz, nach welchem sie sich richten,
durch die Erfahrung auszumitteln wohl nicht im
Stande sind. Die galvanischen Erscheinungen, in
welchen solche Aenderungen unter einer bleiben-
den Form auftreten, sind daher für die Prüfung
jener Annahme von besonders hohem Interesse.
Werden nämlich die aus der Annahme gezoge-
nen Folgerungen durch jene Erscheinungen durch-
aus bestätigt, so ist sie zulässig und kann ohne
Bedenken in allen verwandten Untersuchungen,
wenigstens innerhalb derselben Grenzen der Kraft,
ihre Anwendung finden.
Wir haben in Uebereinstimmung mit den
bisher gemachten Erfahrungen angenommen, daſs,
wenn durch irgend zwei äuſserlich gleich beschaf-
fene Elemente, sie mögen aus einerlei oder aus
verschiedener Materie bestehen, eine gegenseitige
Aenderung ihres elektrischen Zustandes hervorge-
rufen wird, das eine ehen so viel an Kraft ver-
liere, als das andere gewinnt. Sollte sich viel-
leicht in der Folge durch Versuche noch erge-
ben, daſs die Körper in Bezug auf Elektrizität
ein ähnliches Verhalten zeigen, als dasjenige ist,
was wir bei der Wärme Kapazität der Körper
nennen, so müſste das von uns aufgestellte Gesetz
eine leichte Abänderung erleiden, die wir am pas-
senden Orte anzeigen werden.
4) Wenn die beiden Elemente E und E′
nicht von gleicher Gröſse sind, so ist es doch
immer gestattet, sie als Summen von gleichen
Theilen anzusehen. Gesetzt das eine Element E
bestände aus m unter sich völlig gleichen Thei-
len und das andere E′ aus m′ eben solchen
Theilen, so wird, wenn man sich die Elemente E
und E′ äuſserst klein in Vergleich zu ihrer ge-
genseitigen Entfernung vorstellt, so daſs die Ent-
fernungen von jedem Theile des einen zu jedem
Theile des andern Elementes gleich sind, die
Summe der Einwirkungen aller m′ Theile des
Elementes E′ auf einen Theil des Elementes E
die m′fache von der sein, die ein Theil allein
ausübt, und die Summe aller Einwirkungen des
Elementes E′ auf alle m Theile des Elementes E
wird die mm′fache von der sein, die ein Theil
von E′ auf einen Theil von E äuſsert. Man
sieht hieraus, daſs, um die gegenseitigen Wirkun-
gen ungleicher Elemente auf einander beziehen
zu können, man sie nicht blos dem Unterschiede
ihrer elektroskopischen Kräfte und ihrer Zeitdauer,
sondern auch dem Produkte ihrer relativen Aus-
dehnungsgröſsen proportional nehmen müsse.
Wir werden in der Folge die auf die Gröſse der
Elemente bezogene Summe der elektroskopischen
Aeusserungen — worunter wir also das Produkt
aus der Kraft in die Gröſse des Raumes, wor-
über sie verbreitet ist, zu verstehen haben, im
Falle daſs an allen Stellen dieses Raumes einerlei
Kraft sich befindet — Elektrizitätsmenge nen-
nen, ohne daſs wir dadurch irgend etwas über
die materielle Beschaffenheit der Elektrizität fest-
zusetzen beabsichtigen. Dieselbe Bemerkung gilt
von allen eingeführten bildlichen Ausdrücken,
ohne die nun einmal unsere Sprache, vielleicht
aus gutem Grunde, nicht bestehen kann.
Im Falle die Elemente nicht als verschwin-
dend in Vergleich zu ihrer gegenseitigen Entfer-
nung angesehen werden dürfen, wird statt des
Produktes aus den Ausdehnungsgröſsen der bei-
den Elemente eine für jeden gegebenen Fall be-
sonders zu bestimmende Funktion ihrer Dimen-
sionen und ihrer mittlern Entfernung gesetzt wer-
den müssen, die wir, wo wir sie brauchen, durch
F bezeichnen wollen.
5) Bisher haben wir den Einfluſs der gegen-
seitigen Entfernung der Elemente, zwischen wel-
chen eine Ausgleichung ihres elektrischen Zustan-
des vor sich geht, unberücksichtigt gelassen, weil
wir es jedesmal nur mit solchen Elementen zu
thun hatten, die immer dieselbe Entfernung zu
einander behielten. Nun aber wirft sich die
Frage auf, ob jener Austausch unmittelbar nur
zwischen zunächst an einander liegenden Elemen-
ten statt finde, oder ob er sich auch auf entfern-
ter liegende erstrecke, und wie in der einen oder
der andern Annahme seine Gröſse durch die Ent-
fernung modifizirt werde. Nach dem Vorbilde
Laplace pflegt man in solchen Fällen, wo Mole-
kularwirkungen aus kleinster Ferne ins Spiel kom-
men, einer besondern Vorstellungsweise sich zu
bedienen, zufolge welcher zwar noch in endlicher
Entfernung eine unmittelbare Wechselwirkung
zwischen zwei durch andere getrennten Elementen
Statt findet, welche Wirkung jedoch so schnell
abnimmt, daſs sie schon bei jeder merklichen
auch noch so kleinen Entfernung als völlig ver-
schwunden anzusehen ist. Laplace wurde zu
dieser Hypothese bewogen, weil die Voraussetzung,
daſs die unmittelbare Wirkung nur auf nächste
Elemente sich erstrecke, Gleichungen lieferte, de-
ren einzelne Glieder nicht von derselben Dimen-
sion in Bezug auf die Differenzialien der verän-
derlichen Gröſsen waren Poiſson in seinem Mémoire sur la Distribution de la
Chaleur, Journ. de l’école Polytech. Cah. XIX drückt
sich hierüber so aus:
Si l’on partage une barre, par des sections perpendi-
culaires à l’axe, en une infinité d’élémens infiniment pe-
tits, et que l’on considère l’action mutuelle de trois élé-
mens consécutifs, c’est à dire, la quantité de chaleur que
l’élément intermédiaire communique et enlève à chaque
instant aux deux autres, en raison de l’excès positif ou
negatif de sa température sur celle de chacun d’eux, on
en conclura facilement l’augmentation de température de
cet élément pendant un instant infiniment petit; égalant, eine Ungleichförmig-
G
keit, die dem Geiste der Differenzialrechnung ge-
rade zu entgegen ist. Dieses scheinbar unvermeid-
liche Miſsverhältniſs zwischen den Gliedern einer
Differenzialgleichung, die doch nothwendigerweise
zu einander gehören, ist zu auffallend, um nicht
die Aufmerksamkeit derer, für die solche Unter-
suchungen Werth haben, auf sich zu ziehen; da-
her wird ein Versuch, zur Aufklärung dieses
Räthsels etwas beizutragen, um so weniger hier
am unrechten Orte sein, weil wir den Vortheil
erlangen, daſs die folgenden Betrachtungen da-
durch einfacher und kürzer ausfallen. Wir wer-
donc cette quantité à la differentielle de sa température
prise par rapport au temps on formerait l’équation du
mouvement de la chaleur suivant la longueur de la bar-
re; mais en examinant plus attentivement la question,
on réconnait sans peine, que cette équation serait fondée
sur la comparaison de deux quantités infiniment petites
non homogénes, ou de differens ordres, ce qui serait
contraire aux premiers principes du calcul differentiel.
On ne peut faire disparaitre cette difficulté qu’en suppo-
sant, ainsi que M. Laplace l’a remarqué le premier (Mé-
moires de la 1re classe de l’Institut année 1809.), que
l’action de chaque élément de la barre s’étend au delà
du contact, et qu’elle s’exerce sur tous les élémens com-
pris dans une étendue finie, aussi petite qu’on voudra.
den dabei lediglich die Bewegung der Elektrizi-
tät zum Grunde legen, weil es nicht schwer hält,
die gewonnenen Resultate auf jeden andern ähn-
lichen Gegenstand überzutragen, wie wir später,
an einem andern Beispiele zu zeigen, die Gele-
genheit erhalten werden.
6) Vor allem wird erfordert, daſs wir den
Begriff der Leitungsgüte genau festsetzen. Wir
drücken aber die Stärke der Leitung zwischen
zwei Orten durch eine Gröſse aus, welche unter
übrigens gleichen Umständen dem Produkte aus
der Menge dessen, was in einer bestimmten Zeit
von dem einen Orte zum andern übergeführt
wird, in die Entfernung der beiden Orte von
einander proportional ist. Sind die beiden Orte
ausgedehnt, so ist unter ihrer Entfernung die ge-
rade Linie, welche die Mittelpunkte der Ausdeh-
nung der beiden Orte mit einander verbindet, zu
verstehen. Tragen wir diesen Begriff auf zwei
elektrische Körperelemente E und E′ über und
nennen s die gegenseitige Entfernung ihrer Mit-
telpunkte, q die Elektrizitätsmenge, welche unter
völlig bestimmten und unveränderlichen Umstän-
den von einem Elemente zum andern überge-
G 2
führt wird, und κ das zwischen ihnen Statt fin-
dende Leitungsvermögen, so ist also
Die durch q bezeichnete Elektrizitätsmenge
werden wir nun näher zu bestimmen suchen.
Nach No. 4. ist die Elektrizitätsmenge, welche in
einer äuſserst kurzen Zeit vom einen Elemente
zum andern übergeführt wird, bei unveränderli-
cher Entfernung im allgemeinen dem Unterschiede
ihrer elektroskopischen Kraft, der Zeitdauer und
der Gröſse eines jeden der beiden Elemente pro-
portional; bezeichnen wir daher die elektroskopi-
schen Kräfte der beiden Elemente E und E′ be-
ziehlich durch u und u′ und ihrem Rauminhalt
durch m und m′, so erhalten wir für die in dem
Zeitelemente dt von E′ nach E übergeführte
Elektrizitätsmenge folgenden Ausdruck:
wo α einen irgend wie von der Entfernung s ab-
hängigen Koeffizienten vorstellt. Diese Menge
ändert sich in jedem Augenblicke, wenn u′ — u
veränderlich ist; nehmen wir aber an, daſs die
Kräfte u′ und u zu jeder Zeit dieselben bleiben,
so hängt sie blos von der Gröſse des Zeittheil-
chens dt ab, wir können sie daher auf die Zeit-
einheit ausdehnen, dann wird sie, wenn wir die
jetzt konstante Differenz der Kräfte u′ — u der
Krafteinheit gleich setzen, folgende
Diese Elektrizitätsmenge ist für die beiden der
Lage nach unveränderlichen Elemente E und E
stets eine, unter einerlei Umständen entstandene
Menge, weswegen wir sie zu der eben gegebenen
Bestimmung des Leitungsvermögens gebrauchen
können. Verstehen wir nämlich unter q die in
der Zeiteinheit bei einer konstanten und der
Krafteinheit gleichen Differenz der elektroskopi-
schen Kräfte von dem Elemente E′ zu dem Ele-
mente E übergeführte Elektrizitätsmenge, so wird
und nun
Nehmen wir aus dieser letzten Gleichung den
Werth von αmm′ und substituiren ihn in den
Ausdruck
so erhalten wir für die veränderliche Elektrizi-
tätsmenge, welche in dem Zeittheilchen dt von E′
nach E überströmt, folgenden
(♂)
welcher Ausdruck das oben erwähnte Miſsverhält-
niſs zwischen den Gliedern der Differenzialglei-
chung nicht in seinem Gefolge hat, wie wir bald
wahrnehmen werden.
7) Es lag dem bisherigen Gange die Vor-
aussetzung zum Grunde, daſs die von einem Ele-
mente zu einem andern ausgeübte Wirkung dem
Produkte aus dem Rauminhalte der beiden Ele-
mente proportional sei, eine Voraussetzung, die,
wie schon in No. 4. angemerkt worden ist, in
Fällen, wo es sich um die gegenseitige Wirkung
unendlich nahe bei einander liegender Elemente
handelt, nicht mehr gestattet werden darf, weil
sie entweder eine Relation zwischen der Gröſse
der Körperelemente und ihren gegenseitigen Ent-
fernungen feststellt, oder diesen Elementen eine
bestimmte Gestalt vorschreibt. Es ist daher kein
geringer Vorzug des vorhin für die veränderliche,
von einem Elemente zum andern strömende Elek-
trizitätsmenge gefundenen Ausdruckes (♂), daſs
er von jener Voraussetzung ganz unabhängig ist;
denn was auch in einem besondern Falle statt
des Produktes mm′ gesetzt werden müsse, so
bleibt der Ausdruck (♂) doch stets derselbe,
weil diese Besonderheit sich lediglich in das Lei-
tungsvermögen κ wirft. Stellt nämlich F, wie in
No. 4. angekündigt worden ist, die einem solchen
Falle entsprechende Funktion der Dimensionen
und der mittleren Entfernung beider Elemente
vor, so verwandelt sich augenscheinlich nicht
blos der Ausdruck
in den
sondern auch die Gleichung
in die andere
(☉)
so daſs, wenn man den Werth von F aus die-
ser Gleichung nimmt und in jenen Ausdruck setzt,
immer wieder derselbe Ausdruck
hervorgeht. Auch der Umstand ist von Bedeu-
tung, daſs der Ausdruck (♂) für solche Körper-
theile noch gültig bleibt, deren Dimensionen nicht
mehr unendlich klein sind, wenn nur in allen
Punkten eines jeden solchen Theils dieselbe elek-
troskopische Kraft befindlich ist. Man sieht hier-
aus, wie innig sich unsere Betrachtungen an den
Geist der Differenzialrechnung anschlieſsen; denn
Gleichartigkeit aller seiner Punkte in Bezug auf
die in Rechnung kommende Eigenschaft ist ge-
rade das entscheidende Merkmal, welches die Dif-
ferenzialrechnung an dem verlangt, was sie als
Element in sich aufnehmen soll.
Stellt man eine etwas gründlichere Verglei-
chung des von Laplace herrührenden Verfahrens
mit dem von uns vorgeschlagenen an, so wird
man zu nicht uninteressanten Vergleichungspunk-
ten gelangen. Wenn man nämlich bedenkt, daſs
für unendlich kleine Massen in unendlich kleinen
Entfernungen alle besondern Beziehungen noth-
wendig dasselbe Gewicht haben müssen, als für
endliche Massen in endlicher Entfernung, so läſst
sich nicht sogleich einsehen, wie die Methode des
unsterblichen Laplace, der wir schon so viele
wichtige Aufschlüsse über die Natur der Moleku-
larwirkungen verdanken, nach welcher die Ele-
mente stets so behandelt werden, als wären sie
in endliche Entfernungen zu einander gestellt,
doch richtige Resultate liefern konnte; allein man
wird bei näherer Prüfung finden, daſs sie im
Grunde was anderes thut, als sie ausspricht. In
der That da Laplace, wenn er die Aenderungen
eines Elementes durch alle es umgebenden be-
stimmt, höhere Potenzen der Entfernung gegen
niedrigere verschwinden läſst, so setzt er dadurch
ganz im Sinne der Differenzialrechnung die Wir-
kungsweite selbst unendlich klein, nennt sie aber
endlich und behandelt sie auch als solche, wor-
aus man sogleich ersieht, daſs er allerdings das
unendlich Kleine in unendlich kleiner Entfernung
gleich einem Endlichen behandelt. Wenn man
daher von der gröſsern Bestimmtheit und An-
schaulichkeit, die unsere Darstellungsweise beglei-
ten, absehen will, so lieſse sich nur in der Hin-
sicht, vielleicht mit einigem Grunde, etwas gegen
die Behandlung von Laplace zu Gunsten der
unsrigen erinnern, daſs sie nämlich auf die mög-
liche Besonderheit der gegebenen Körperelemente
durchaus keine Rücksicht nimmt, sondern nur mit
gedachten Raumelementen sich beschäftigt, wo-
durch die physische Natur der Körper fast ganz
verloren geht. So lassen sich wohl, um den Sinn
unserer Behauptung durch ein Beispiel zu erläu-
tern, Körper in der Natur denken, die aus lauter
gleichen Elementen bestehen, deren Stellung zu
einander aber, in einer Richtung genommen, eine
andere sein könnte, als in einer andern Richtung;
solche Körper könnten dann, wie unsere Darstel-
lungsweise sogleich zu erkennen gibt, nach der
einen Richtung die Elektrizität auf eine andere
Weise leiten, als nach der andern, während sie
demungeachtet gleichartig und gleich dicht er-
scheinen könnten. In einem solchen Falle, wenn
er vorkäme, müſste man nach Laplace zu Be-
trachtungen, die dem allgemeinen Gange fremd
geblieben sind, seine Zuflucht nehmen. Umge-
kehrt gibt die Art, wie die Körper leiten, ein
Mittel an die Hand, durch das wir befugt wer-
den, auf ihren innern Bau zu schlieſsen, was wir,
bei der fast gänzlichen Unbekanntschaft mit dem-
selben, nicht von der Hand weisen wollen.
Schlieſslich fügen wir noch hinzu, daſs diese un-
sere bisher entwickelte Ansicht der Molekularwir-
kungen die beiden von Laplace und von Fou-
rier, in dessen Theorie der Wärme, aufgestellten
in sich vereinigt und dadurch gleichsam beide
mit einander aussöhnt.
8) Wir tragen nun kein Bedenken mehr,
die elektrische Wirkung eines Körperelements
nicht über die es zunächst umgebenden Elemente
hinausreichen zu lassen, so daſs also die Wirkung
in jeder endlichen auch noch so kleinen Entfer-
nung völlig verschwindet. Es dürfte zwar die so
geringe Wirkungsweite bei der fast unendlichen
Geschwindigkeit, womit die Elektrizität manche
Körper durchströmt, bedenklich scheinen; allein
wir haben bei ihrer Annahme nicht auſser Acht
gelassen, daſs unsere Vergleichung in solchen
Fällen nur durch einen sinnlich relativen Maaſs-
stab geschieht, der trüglich ist, und uns daher
zur Abänderung eines so einfachen und in sich
so abgeschlossenen Gesetzes, so lange nicht be-
rechtigt, bis die aus ihm gezogenen Folgerungen
mit der Natur in Widerstreit gerathen, welches
jedoch bei unserm Gegenstande der Fall nicht zu
sein scheint.
Die so von uns festgesetzte Wirkungsweite
hat, obgleich sie unendlich klein ist, mit der von
Laplace eingeführten, sogenannten endlichen, da
wo er die höhern Potenzen der Entfernung ge-
gen niedrigere verschwinden läſst, völlig einerlei
Umfang, wovon sich der Grund aus dem bereits
Gesagten leicht entnehmen läſst; die Annahme ei-
ner endlichen Wirkungsweite in unserm Sinne
würde dem Falle entsprechen, wo Laplace hö-
here Potenzen der Entfernung gegen niedrigere
noch beibehält.
9) Die Körper, an welchen wir die elektri-
schen Erscheinungen beobachten, sind in den
meisten Fällen von Luft umgeben; es ist daher
zu einer erschöpfenden Beurtheilung des ganzen
Herganges erforderlich, daſs wir die Veränderun-
gen, welche durch die angrenzende Luft veranlaſst
werden können, nicht unberücksichtigt lassen.
Nach den von Coulomb uns hinterlassenen Ver-
suchen über die Zerstreuung der Elektrizität in
die umgebende Luft ist der dadurch verursachte
Verlust an Kraft, während einer sehr kurzen kon-
stanten Zeit, wenigstens bei nicht sehr beträchtli-
chen Intensitäten, einerseits der Stärke der Elek-
trizität proportional, und andererseits von einem
nach der jedesmaligen Beschaffenheit der Luft
sich richtenden, übrigens für dieselbe Luft un-
veränderlichen Koeffizienten abhängig. Diese Er-
fahrung setzt uns in den Stand, den Einfluſs der
Luft auf die galvanischen Erscheinungen, da, wo
es nöthig sein sollte, in Rechnung zu bringen.
Es ist jedoch hierbei nicht zu übersehen, daſs
Coulombs Versuche an der ins Gleichgewicht ge-
kommenen, nicht mehr im Erregungsprocesse be-
griffenen, Elektrizität gemacht worden sind, von
der uns Beobachtungen sowohl, als die Rechnung
gezeigt haben, daſs sie an die Oberfläche der
Körper gebunden ist, oder doch nur auf eine
unmerkliche Tiefe in das Innere der Körper ein-
dringt; denn daraus läſst sich die für unsern
Gegenstand nicht unwichtige Folgerung ziehen,
daſs alle bei jenen Versuchen vorhandene Elek-
trizität an dem Ueberströmen in die Luft unmit-
telbaren Antheil genommen habe. Bringt man
nun mit dieser Bemerkung das eben ausgespro-
chene Gesetz in Verbindung, nach welchem zwei
in jeder endlichen Entfernung zu einander ste-
hende Körperelemente keine unmittelbare Wir-
kung mehr auf einander äuſsern, so ist man zu
dem Schlusse berechtigt, daſs, wo die Elektrizität
durch die ganze Masse eines endlichen Körpers
sich gleichförmig oder doch so verbreitet, daſs
sich nicht ein verhältniſsmäſsig sehr groſser Theil
in der Nähe der Oberfläche aufhält, welcher Fall
bei der in Bewegung gerathenen im Allgemeinen
nicht eintritt, daſs also in diesem Falle der Ver-
lust, welcher durch die umgebende Luft verur-
sacht wird, nur äuſserst gering sein kann in Ver-
gleich zu dem, welcher Statt findet, wenn die
ganze Kraft, wie dieſs bei der ins Gleichgewicht
gekommenen stets geschieht, zunächst an der
Oberfläche sitzt; daher kommt es denn auch, daſs
die Luft auf galvanische Erscheinungen an der
geschlossenen Kette, wenn diese aus guten Lei-
tern zusammengesetzt ist, keinen fühlbaren Ein-
fluſs ausübt, so daſs die durch das Dasein der
Luft hervorgebrachten Aenderungen in den Er-
scheinungen der Berührungselektrizität in solchen
Fällen vernachlässigt werden können. Diese Fol-
gerung erhält durch den Umstand noch eine neue
Stütze, daſs in denselben Fällen die Kontaktelek-
trizität nur eine äuſserst geringe Zeit hindurch an
den Leitern sich aufhält, und also schon deshalb
nur einen sehr geringen Theil an die Luft abge-
ben würde, auch wenn sie durchaus in unmittel-
barer Berührung mit ihr stände.
Obgleich durch das Gesagte auſser Zweifel
gesetzt worden ist, daſs die Einwirkung der Luft
auf die Wirkungsgröſse der gewöhnlichen galva-
nischen Ketten keinen fühlbaren Einfluſs hat, so
soll damit doch keineswegs die Umkehrung des
Schlusses eingeräumt werden, daſs nämlich der
galvanische Leiter auf die elektrische Beschaffen-
heit der Luft keinen merklichen Einfluſs ausübe;
denn die elektroskopische Wirkung eines Körpers
auf einen andern steht, wie die Rechnung lehrt,
mit der Menge der Elektrizität, welche aus dem
einen in den andern übergeführt wird, in keinem
unmitttelbarenunmittelbaren Zusammenhange.
10) Endlich kommen wir zu jenem für die
gesammte Naturwissenschaft höchst wichtigen Er-
fahrungssatze, der die Grundlage aller Erschei-
nungen ausmacht, die wir mit dem Namen der
galvanischen belegen, und der sich so ausspre-
chen läſst: Verschiedenartige Körper, welche sich
berühren, behaupten an der Berührungsstelle fort-
während einen und denselben Unterschied ihrer
elektroskopischen Kräfte, vermöge eines aus ih-
rem Wesen hervorgehenden Gegensatzes, den
wir durch den Ausdruck elektrische Spannung
oder Differenz der Körper zu bezeichnen pflegen.
So ausgesprochen steht der Satz, ohne an Ein-
fachheit zu verlieren, in einer Allgemeinheit da,
die ihm angehört, weil man auf sie fast durch
jede einzelne Erscheinung immer wieder hinge-
wiesen wird. Auch wird obiger Satz in seiner
ganzen Allgemeinheit bei der Erklärung der elek-
troskopischen Erscheinungen an Volta’s Säule
stets, wenn nicht ausdrücklich, doch stillschwei-
gend, von allen Physikern angenommen. Nach
unsern früher entwickelten Vorstellungen von der
Art und Weise, wie Körperelemente auf einan-
der wirken, müssen wir die Quelle dieser Er-
scheinung in den unmittelbar an einander stoſsen-
den Körperelementen aufsuchen, und also den
Sprung in einer unendlich kleinen Ausdehnung
von einem Körper zum andern geschehen
lassen.
11) So ausgerüstet gehen wir nun zur Sa-
che, und betrachten zunächst die Elektrizitätsbe-
wegung an einem gleichartigen, zylindrischen oder
prismatischen Körper, in welchem alle Punkte in
der ganzen Ausdehnung eines jeden senkrecht auf
seine Achse gestellten Schnittes zu derselben Zeit
einerlei elektroskopische Kraft besitzen, so daſs
die Bewegung der Elektrizität nur in der Rich-
tung seiner Achse geschehen kann. Denken wir
uns diesen Körper durch lauter solche Schnitte
in Scheiben von unendlich kleiner Dicke zerlegt,
dergestalt, daſs in dem ganzen Umfange einer
jeden Scheibe die elektroskopische Kraft sich nicht
ändert, so ist offenbar für jedes Paar solcher
Scheiben der in No. 6 gegebene Ausdruck (♂)
zur Bestimmung der von der einen zur andern
Scheibe übergehenden Elektrizitätsmenge anwend-
bar; aber durch die in der vorigen Nummer ge-
schehene Beschränkung der Wirkungsweite auf
nur unendlich kleine Entfernungen wird seine
Natur dahin modifizirt, daſs er verschwindet, so
wie der Divisor aufhört, unendlich klein zu sein.
Wählen wir nun einen der unendlich vielen
Schnitte unabänderlich zum Anfang der Abscissen,
und denken uns irgendwo einen zweiten, dessen
Entfernung von jenem wir mit x bezeichnen, so
stellt dx die Dicke der daselbst befindlichen
H
Scheibe, die wir durch M bezeichnen werden,
vor. Denken wir uns diese Dicke der Scheiben an
allen Stellen von gleicher Gröſse und nennen u
die zur Zeit t in der Scheibe M, deren Abscisse
x ist, befindliche elektroskopische Kraft, so daſs
also u im Allgemeinen eine Funktion von t und x
sein wird; stellen ferner u′ und u͵ Funktionen
vor, die aus der u sich ergeben, wenn in ihr
beziehlich x + dx und x — dx für x gesetzt
wird, so drücken u′ und u, offenbar die elektro-
skopischen Kräfte der auf beiden Seiten der
Scheibe M zunächst anliegenden Scheiben aus,
wovon wir die zur Abscisse x + dx gehörige
durch M′ und die zur Abscisse x — dx gehörige
durch M͵ bezeichnen werden, und es fällt in die
Augen, daſs die Entfernung des Mittelpunktes ei-
ner jeden der Scheiben M′ und M͵ von dem
Mittelpunkte der Scheibe M dx ist. Es ist mit-
hin in Folge des in No. 6 gegebenen Ausdruckes
(♂), wenn κ das Leitungsvermögen von der
Scheibe M′ zur Scheibe M vorstellt,
die Elektrizitätsmenge, welche während der Dauer
des Zeitelementes dt aus der Scheibe M′ in die
Scheibe M übergeht, oder von dieser in jene, je
nachdem u′ — u positiv oder negativ ist. Eben so
ist, wenn wir zwischen den Scheiben M͵ und M
dasselbe Leitungsvermögen annehmen
die aus M͵ nach M übergehende Elektrizitäts-
menge, wenn der Ausdruck positiv und die aus
M nach M͵, wenn er negativ ist. Die gesammte
Aenderung der Elektrizitätsmenge, welche die
Scheibe M durch die Bewegung der Elektrizität
im Innern des Körpers in dem Zeittheilchen dt
erleidet, ist folglich
und es wird eine Vermehrung der Elektrizitäts-
menge ausgedrückt, wenn dieser Werth positiv
ist, im Gegentheile eine Verminderung derselben.
Nun ist aber nach dem Taylorschen Satze
und eben so
H 2
also
Diesemnach ändert sich der eben gefundene Aus-
druck für die gesammte Aenderung der in der
Scheibe M befindlichen Elektrizitätsmenge wäh-
rend der Zeit dt um in
wo κ das von einer Scheibe zu der nächst anlie-
genden obwaltende Leitungsvermögen vorstellt,
welches wir auf die ganze Länge des homoge-
nen Körpers als unveränderlich annehmen. Es
ist hierbei zu bemerken, daſs dieser Werth κ we-
gen der unendlich kleinen Wirkungsweite dem
Querschnitte des zylindrischen oder prismatischen
Körpers proportional ist; bezeichnen wir daher
die Gröſse dieses Querschnittes mit ω, und son-
dern diesen Faktor von dem Werthe κ ab, den
übrigen Theil noch immer κ nennend, so ver-
wandelt sich der vorige Ausdruck in
wo das jetzige κ das Leitungsvermögen des Kör-
pers unabhängig von der Gröſse des Schnittes
vorstellt, welches wir das absolute Leitungsver-
mögen des Körpers nennen wollen, im Gegensatze
zum vorigen, welches das relative heiſsen kann.
Wo von jetzt an das Wort Leitungsvermögen
ohne nähere Bezeichnung vorkommt, ist immer
das absolute darunter zu verstehen.
Bisher haben wir auf die Veränderung, wel-
che die Scheibe durch die angrenzende Luft er-
leidet, keine Rücksicht genommen. Dieser Ein-
fluſs läſst sich leicht so bestimmen. Stellt näm-
lich c den Umfang der Scheibe, die zur Abscisse
x gehört, vor, so ist c d x der Theil ihrer Ober-
fläche, welcher an die Luft angrenzt, mithin ist
nach den in No. 9 angeführten Versuchen Cou-
lombs
die Aenderung der Elektrizitätsmenge, welche die
Scheibe M durch den Uebergang der Elektrizität
in die Luft während des Zeitelementes dt erfährt,
wo b einen von der jedesmaligen Beschaffenheit
der Luft abhängigen, für dieselbe Luft aber kon-
stanten Koeffizienten vorstellt. Sie drückt eine
Verminderung aus, wenn u positiv, und eine
Vermehrung, wenn u negativ ist. Unserer ur-
sprünglichen Voraussetzung zur Folge darf aber
diese Wirkung keine Ungleichheit der elektro-
skopischen Kraft in einem und demselben Schnitte
des Körpers nach sich ziehen, oder wenigstens
muſs diese Ungleichheit so geringe sein, daſs
daraus keine fühlbare Aenderung in den übrigen
Gröſsenbestimmungen hervorgehet; ein Umstand,
der in der galvanischen Kette fast immer voraus-
gesetzt werden kann.
Sonach ist die gesammte Aenderung, welche
die Elektrizitätsmenge der Scheibe M in der
Zeit dt erleidet
worin sowohl der Theil begriffen ist, welcher
durch die Bewegung der Elektrizität im Innern
des Körpers veranlaſst wird, als auch der, wel-
chen die umgebende Luft bewirkt.
Es ist aber die in dem Zeittheilchen dt er-
folgte gesammte Aenderung der in der Scheibe
M befindlichen elektroskopischen Kraft u
mithin die gesammte Aenderung der Elektrizi-
tätsmenge in der Scheibe M während der Zeit dt
wobei indessen vorausgesetzt worden ist, daſs un-
ter allen Umständen gleiche Aenderungen der
elektroskopischen Kraft gleichen Aenderungen der
Elektrizitätsmenge entsprechen. Wenn die Er-
fahrung lehrte, daſs verschiedene Körper von ei-
nerlei Ausdehnungsgröſse durch dieselbe Elektri-
zitätsmenge eine verschiedene Aenderung in ihrer
elektroskopischen Kraft erleiden, so müſste zu vori-
gem Ausdrucke noch ein diese Eigenthümlichkeit
der verschiedenen Körper messender Koeffizient
γ gefügt werden. Die Erfahrung hat über diese
aus dem Verhalten der Wärme zu den Körpern
entlehnte Muthmaſsung noch nicht entschieden.
Setzt man nun die beiden kurz zuvor für die
gesammte Aenderung der Elektrizitätsmenge in der
Scheibe M während des Zeitelementes dt gefun-
denen Ausdrücke gleich und dividirt alle Glieder
der Gleichung durch ω dx dt, so erhält man
(a)
woraus die elektroskopische Kraft u als Funktion
von x und t zu bestimmen ist.
12) Wir haben in voriger Nummer für die
zwischen den Scheiben M′ und M während der
Zeit dt Statt findende Aenderung der Elektrizi-
tätsmenge gefunden
und gesehen, daſs die Richtung des Ueberganges
dem Laufe der Abscissen entgegen ist, wenn der
Ausdruck positiv, dagegen im Sinne der Abscis-
sen läuft, wenn der Ausdruck negativ ist. Eben
so ist die Gröſse des Ueberganges zwischen den
Scheiben M und M, wenn wir dieselbe Bezie-
hung seiner Richtung beibehalten
Setzen wir in diesen beiden Ausdrücken für u′
und u͵ die in derselben Nummer gegebenen Um-
formungen und zugleich κω für κ, d. h. das abso-
lute Leitungsvermögen statt des relativen, so er-
halten wir in beiden Fällen
woraus hervorgeht, daſs dieselbe Elektrizitäts-
menge, welche während des Zeitelementes dt von
der einen Seite in die Scheibe M eingeht, in der-
selben Zeit wieder aus ihr nach der andern
Seite hin fortgeschickt wird. Denken wir uns
dieses zu der Zeit t in der zur Abscisse x gehö-
rigen Scheibe M herrschende Fortrücken der
Elektrizität in unveränderlicher Stärke auf die
Zeiteinheit bezogen, nennen es den elektrischen
Strom, und bezeichnen die Gröſse dieses Stro-
mes mit S, so ist also
(b)
und dabei geben positive Werthe für S zu er-
kennen, daſs der Strom gegen die Richtung der
Abscissen Statt findet, negative, daſs er im Sinne
der Abscissen geschieht.
13) In den beiden vorhergehenden Num-
mern haben wir stets einen gleichartigen prisma-
tischen Körper vor Augen gehabt, und in ihm
die Verbreitung der Elektrizität unter der Vor-
aussetzung untersucht, daſs in der ganzen Aus-
dehnung eines jeden senkrecht auf seiner Länge
oder Achse gestellten Schnittes einerlei elektro-
skopische Kraft zu jeder beliebigen Zeit vorhanden
sei. Nun wollen wir den Fall in Erwägung zie-
hen, wenn zwei so beschaffene prismatische Kör-
per A und B von verschiedener Materie neben
einander liegen und in einer gemeinschaftlichen
Grundfläche an einander stoſsen. Setzen wir für
beide Körper A und B denselben Abscissenan-
fang fest und bezeichnen durch u die elektrosko-
pische Kraft des Körpers A, und durch u′ die
des Körpers B, so wird u sowohl als u′ durch
die Gleichung (a) in No. 11. bestimmt, wenn nur
κ jedesmal den Werth erhält, wie er der beson-
dern Materie eines jeden Körpers entspricht; aber
u stellt eine Funktion von t und x vor, die nur
so lange Werthe hat, als die Abscisse x zu Stel-
len des Körpers A führt, u′ dagegen stellt eine
solche Funktion von t und x vor, die nur dann
Werthe hat, wenn die Abscisse x dem Körper
B entspricht. Es finden aber an der gemein-
schaftlichen Grundfläche noch besondere Bedin-
gungen Statt, die wir aus einander setzen wollen.
Bezeichnen wir zu dem Ende die besondern
Werthe von u und u′, welche sie zunächst an
der gemeinschaftlichen Grundfläche annehmen,
dadurch, daſs wir die allgemeinen in Klammern
setzen, so findet nach dem in No. 10. aufgestell-
ten Gesetze zwischen diesen besondern Werthen
folgende Gleichung statt:
wo a eine von der Natur der beiden Körper ab-
hängige übrigens konstante Gröſse vorstellt. Ne-
ben dieser Bedingung, welche die elektroskopische
Kraft angeht, gibt es noch eine zweite, die sich
auf den elektrischen Strom bezieht. Sie besteht
darin, daſs der elektrische Strom zunächst an der
gemeinschaftlichen Grundfläche in beiden Körpern
gleiche Gröſse und gleiche Richtung haben müsse,
oder daſs, wenn man den gemeinschaftlichen
Faktor ω beibehält,
sein müsse, wo κ das absolute Leitungsvermögen
des Körpers A, κ′ das des Körpers B bezeichnet
und , die besondern Werthe von
, vorstellen, welche ihnen zunächst an
der gemeinschaftlichen Grundfläche zukommen,
und zudem vorausgesetzt wird, daſs in dieser ge-
meinschaftlichen Grundfläche nicht der Anfang
der Abscissen genommen sei. Die Nothwendig-
keit dieser letzten Gleichung läſst sich leicht ein-
sehen; denn wären die beiden Ströme an der
gemeinschaftlichen Grundfläche nicht gleich groſs,
sondern würde aus dem einen Körper dieser
Grundfläche mehr zugeführt, als durch den an-
dern Körper von ihr abgeführt wird, und wäre
dieser Unterschied ein endlicher Theil des gan-
zen Stromes, so müſste die elektroskopische Kraft
daselbst anwachsen, und zwar bei der ungemei-
nen Ergiebigkeit des elektrischen Stromes in der
kürzesten Zeit zu einem äuſserst hohen Grade ge-
langen, was die Erfahrung längst angezeigt hätte.
Auch kann nicht etwa aus dem einen Körper an
die gemeinschaftliche Grundfläche eine geringere
Menge Elektrizität abgegeben werden, als ihr durch
den andern Körper genommen wird, weil dieser
Umstand durch einen unendlich hohen Grad von
negativer Elektrizität sich zu erkennen geben
müſste.
Es ist zur Gültigkeit der vorhergehenden
Bestimmungen nicht gerade zu erforderlich, daſs
beide an einander stoſsende Körper einerlei
Grundfläche haben; es kann wohl der Querschnitt
in dem einen prismatischen Körper von andrer
Gröſse und Gestalt sein als im andern, wenn nur
dadurch die elektroskopische Kraft an verschiede-
nen Stellen eines und desselben Querschnittes
nicht merklich verschieden wird, welches bei der
groſsen Heftigkeit, womit die Elektrizität sich aus-
zugleichen strebt, stets der Fall sein wird, da wo
die Körper gute Leiter sind, deren Länge ihre
übrigen Dimensionen bei weitem übertrifft. Es
bleibt dann in diesem Falle alles noch wie vor-
hin, nur muſs überall der Querschnitt des Kör-
pers B von dem des Körpers A unterschieden
werden, daher ändert sich die zweite Bedingungs
gleichung für die Stelle, wo beide Körper au ein-
ander stoſsen, in folgende um:
wo ω noch immer den Querschnitt des Körpers
A, ω′ aber den des Körpers B vorstellt, der
jetzt von dem vorigen verschieden ist.
Es können sogar in der Verlängerung des
Körpers A zwei von einander getrennte prisma-
tische Körper B und C sich befinden, die beide
an der einen Grundfläche des Körpers A unmit-
telbar anliegen. Bezeichnet dabei κ′, ω′, u′ für
den Körper B und κ″, ω″, u″ für den Körper
C was κ, ω, u für den Körper A sind, so erhält
man statt der einen Bedingungsgleichung folgende
zwei
wo a die elektrische Spannung zwischen den
Körpern A und B und a′ die zwischen den
Körpern A und C vorstellt. Eben so erhält man
statt der zweiten Bedingungsgleichung nun fol-
gende:
Man sieht sogleich ein, wie diese Gleichun-
gen sich ändern müssen, wenn noch mehr Kör-
per mit einander in Verbindung gebracht werden.
Wir gehen auf diese Verwickelungen nicht wei-
ter ein, da das bisher Gesagte hinreichend ist,
die Aenderungen, welche in einem solchen Falle
mit den Gleichungen vorgenommen werden müs-
sen, hinlänglich übersehen zu lassen.
14) Um Miſsverständnissen auszuweichen,
will ich hier am Schlusse der allgemeinen Be-
trachtungen den Kreis der Anwendung, innerhalb
welchem unsere Formeln allgemeine Gültigkeit
haben, noch einmal scharf bezeichnen. Unsere
ganze Untersuchung ist nämlich auf den Fall be-
schränkt, wo alle Theile eines und desselben
Querschnittes einerlei elektroskopische Kraft be-
sitzen, und die Gröſse des Querschnittes wenig-
stens nur von dem einen Körper zum andern
sich ändert. Die Natur der Sache führt indes-
sen häufig Umstände herbei, die eine oder die
andere dieser Bedingungen überflüssig machen,
oder doch wenigstens ihre Wichtigkeit mindern.
Da die Kenntniſs solcher Umstände nicht ohne
Nutzen ist, so will ich die hauptsächlichsten der-
selben hier noch in einem Beispiele erläutern.
Eine Kette aus Kupfer, Zink und einer wäs-
serigen Flüssigkeit wird sich ganz an obige For-
meln anschlieſsen, wenn Kupfer und Zink pris-
matisch und von gleichem Querschnitte sind,
wenn ferner die Flüssigkeit ebenfalls prismatisch
und von demselben oder auch wohl kleinerm
Querschnitte ist und ihre Grundflächen überall
von den Metallen berührt werden. Ja wenn nur
diese letztern Bedingungen an der Flüssigkeit er-
füllt sind, dann mögen die Metalle unter sich
gleichen Querschnitt haben oder nicht, und mit
ihren vollen Querschnitten oder nur an einzelnen
Stellen derselben sich einander berühren, und
sogar ihre Form kann von der prismatischen be-
deutend abweichen, immer wird doch die Kette
den aus unsern Formeln abgeleiteten Gesetzen
gehorchen müssen; denn die in den Metallen mit
so groſser Leichtigkeit erfolgende Bewegung der
Elektrizität wird durch die nichtleitende Eigen-
schaft der Flüssigkeit in so überaus groſsem
Maaſse gehemmt, daſs sie Zeit genug gewinnt,
über die Metalle sich durchaus in gleicher Stärke
zu verbreiten, und so in der Flüssigkeit die un-
serer Rechnung zu Grunde liegenden Bedingun-
gen wieder herzustellen. Ganz anders aber ver-
hält sich die Sache, wenn die prismatische Flüs-
sigkeit nur in unverhältniſsmäſsig kleinen Theilen
ihrer Grundflächen von den Metallen berührt
wird, weil die dort anlangende Elektrizität nur
langsam und mit bedeutendem Kraftverluste sich
an die nicht berührten Stellen der Grundflächen
in der Flüssigkeit hinziehen kann, woraus Strö-
mungen von gar mannigfaltiger Art und Richtung
hervorgehen. Die Realität solcher Strömungen
ist durch Pohls vielfach abgeänderte Versuche
hinreichend nachgewiesen und ihrer Bestimmung
durch die Rechnung steht von jetzt an, nach den
Bereicherungen, welche die Mathematik durch die
folgenreichen Bemühungen um die Wärmelehre
erhalten hat, nichts mehr als die Verwickelung
der Ausdrücke in dem Wege. Da jene Bestim-
mung die Grenzen dieser kleinen Schrift, welche
den Strom nur in einer Dimension verfolgt, bei
weitem übersteigt, so verschieben wir sie auf eine
gelegenere Zeit.
Wir gehen nun zur Anwendung der aufge-
stellten Formeln über und theilen der leichtern
Uebersicht halber das Ganze in zwei Abschnitte,
wovon der eine von den elektroskopischen Er-
scheinungen und der andere von den Erschei-
nungen des elektrischen Stromes handeln wird.
I
B) Elektroskopische Erscheinungen.
15) In unsern vorangegangenen allgemeinen
Bestimmungen haben wir stets prismatische
Körper vor Augen gehabt, deren Achse, auf wel-
cher die Abscissen genommen worden sind, eine
gerade Linie bildete. Es bleiben aber alle dorti-
gen Betrachtungen noch ganz dieselben, wenn
man sich den Leiter irgend wie stetig gekrümmt
vorstellt und die Abscissen immer noch auf der
nun gebogenen Achse des Leiters nimmt. Durch
diese Bemerkung erhalten obige Formeln erst
ihre volle Anwendbarkeit, weil galvanische Ketten
ihrer Natur nach nur selten in gerader Linie
ausgestreckt sein können. Dieses vorausgeschickt
gehen wir nun gleich zu dem einfachsten Falle
über, wo der prismatische Leiter seiner ganzen
Länge nach aus derselben Materie gebildet und in
sich selbst zurück gebogen ist und denken uns da,
wo seine beiden Enden sich einander berühren,
den Sitz der elektrischen Spannung. Obgleich
diesem gedachten Falle kein ähnlicher in der Na-
tur entspricht, so wird er uns demungeachtet bei
der Behandlung der übrigen, in der Wirklichkeit
vorhandenen Fälle von nicht geringem Nutzen
sein.
Die elektroskopische Kraft an jeder beliebi-
gen Stelle eines solchen prismatischen Körpers
läſst sich aus der in No. 11. gefundenen Diffe-
renzialgleichung (a) herleiten. Man hat zu dem
Ende nichts weiter zu thun, als sie zu integriren
und die in das Integral eingehenden willkührli-
chen Funktionen oder Konstanten den übrigen
Bedingungen der Aufgabe gemäſs zu bestimmen.
Dieses Geschäft wird aber bei unserm Gegen-
stande meistens dadurch sehr erleichtert, daſs
ein oder gar zwei Glieder der Natur der Sache
nach aus der Gleichung (a) wegfallen. So sind
fast alle galvanischen Wirkungen der Art, daſs
die Erscheinungen gleich nach ihrer Entstehung
bleibend und unveränderlich sind. In diesem
Falle ist daher die elektroskopische Kraft von der
Zeit unabhängig, deshalb geht die Gleichung (a)
in folgende über:
Ferner hat, worauf wir schon in No. 9. auf-
I 2
merksam gemacht haben, in den meisten Fällen
die umgebende Luft keinen Einfluſs auf die elek-
trische Beschaffenheit der galvanischen Kette;
dann ist b = o, wodurch die letzte Gleichung
umgeändert wird in diese:
Das Integral dieser letzten Gleichung ist aber
(c)
wo f und c beliebige noch zu bestimmende Kon-
stanten vorstellen. Die Gleichung (c) drückt
mithin das Gesetz der elektrischen Vertheilung
in einem homogenen, prismatischen Leiter in al-
len solchen Fällen aus, wo die Ableitung der
Luft unmerklich ist und die Wirkung mit der
Zeit sich nicht mehr ändert. Bei diesen in der
Wirklichkeit am häufigsten die galvanische Kette
begleitenden Umständen werden wir eben deshalb
am längsten verweilen.
Zur Bestimmung der einen Konstante gelan-
gen wir durch die an den Enden des Leiters her-
vortretende Spannung, welche unveränderlich und
in jedem Falle als gegeben anzusehen ist. Den-
ken wir uns nämlich den Anfang der Abscissen
irgendwo in der Achse des Körpers und bezeich-
nen die zu seinem einen Ende gehörige Abscisse
durch x1 so ist die dort befindliche elektroskopi-
sche Kraft in Gemäſsheit der Gleichung (c)
eben so erhalten wir für die elektroskopische
Kraft des andern Endes, wenn wir durch x2
seine Abscisse bezeichnen,
Nennen wir nun die an diesen Enden gegebene
Spannung oder Differenz der elektroskopischen
Kraft a, so ist also
Es stellt aber x1 — x2 offenbar die ganze, posi-
tive oder negative, Länge des prismatischen Lei-
ters vor, bezeichnen wir diese mit l, so wird
demnach
woraus sich die Konstante f bestimmen läſst.
Setzt man den so gefundenen Werth dieser Kon-
stante in die Gleichung (c), so verwandelt sich
diese in folgende:
so daſs nur noch die Konstante c zu bestimmen
übrig bleibt. Die Zweideutigkeit dieses Zeichens
± können wir in die Spannung a legen, dadurch
daſs wir ihr einen positiven Werth zuschreiben,
wenn das Ende des Leiters, welches zur gröſsern
Abscisse gehört, die gröſsere elektroskopische
Kraft besitzt; im Gegentheile legen wir ihr einen
negativen Werth bei. Unter dieser Vorausset-
zung ist nun allgemein
(d)
Die Konstante c bleibt im Allgemeinen völ-
lig unbestimmt, wodurch man es in seine Gewalt
bekommt, die Vertheilung der Elektrizität in dem
Leiter durch äuſsere Einflüsse nach Gefallen auf
eine den ganzen Leiter überall gleichmäſsig in
Anspruch nehmende Weise sich abändern zu
lassen.
Unter den mancherlei in Betreff dieser Kon-
stante zu nehmenden Berücksichtigungen ist für
die galvanische Kette eine von besonderer Wich-
tigkeit; ich meine die, welche voraussetzt, daſs
die Kette an irgend einer Stelle mit einem voll-
kommenen Ableiter in Verbindung gebracht wird
so daſs die elektroskopische Kraft an dieser
Stelle fortwährend als vernichtet anzusehen ist,
Nennt man die zu dieser Stelle gehörige Abscisse
λ, so ist gemäſs der Gleichung (d)
Bestimmt man hieraus die Konstante c und setzt
ihren Werth in dieselbe Gleichung (d), so er-
hält man
woraus sich die elektroskopische Kraft einer gal-
vanischen Kette von der Länge l und der Span-
nung a, die an irgend einer gegebenen Stelle, de-
ren Abscisse λ ist, ableitend berührt wird, für
jede andere Stelle finden läſst.
Wenn statt der bleibenden Ableitung nach
auſsen irgend eine konstante und vollkommene
Zuleitung von auſsen der galvanischen Kette ge-
geben würde, so daſs die zur Abscisse λ gehö-
rige elektroskopische Kraft beständig fort eine ge-
gebene Stärke, die wir mit a bezeichnen wollen,
anzunehmen gezwungen würde, so erhielte man
zur Bestimmung der Konstante c die Gleichung:
und nun zur Bestimmung der elektroskopischen
Kraft der Kette an jeder andern Stelle folgende:
Wir haben gesehen, wie sich die Konstante
c bestimmen läſst, wenn die elektroskopische
Kraft irgend einer Stelle der Kette durch äuſsere
Umstände angezeigt wird; nun wirft sich aber
die Frage auf, welchen Werth man der Kon-
stante zu geben habe, wenn die Kette sich selber
gänzlich überlassen bleibt und daher dieser
Werth aus äuſsern Umständen sich nicht entneh-
men läſst. Die Beantwortung dieser Frage liegt
in der Erwägung, daſs jedesmal beide Elektrizi-
täten zugleich und in gleicher Menge aus einem
zuvor indifferenten Zustande hervorgehen. Es
läſst sich daher behaupten, daſs eine einfache
Kette von der jetzigen Art, die in einem vollkom-
men neutralen und isolirten Zustande sich bil-
det, diesseit und jenseit der Berührungsstelle ei-
nen gleichen, aber entgegengesetzten, elektrischen
Zustand annehmen werde, woraus dann von
selbst folgt, daſs ihre Mitte indifferent sein werde.
Aus demselben Grunde läſst sich aber auch ein-
sehen, daſs, wenn die Kette im Augenblicke ihrer
Bildung irgend wodurch veranlaſst wird, von
diesem ihrem normalen Zustande abzuweichen, so
wird sie den abnormalen behalten, so lange, bis
sie durch fremde Kräfte neuerdings zu einer
Aenderung gestimmt wird.
Die Eigenschaften einer einfachen galvani-
schen Kette, wie wir sie uns bisher gedacht ha-
ben, bestehen demnach wesentlich in folgenden,
wie aus der Gleichung (d) unmittelbar erhellet:
a) Die elektroskopische Kraft einer solchen
Kette ändert sich der ganzen Länge des Lei-
ters nach stetig und auf gleiche Strecken
stets um gleich viel; nur da wo seine bei-
den Enden sich einander berühren, ändert
sie sich plötzlich und zwar vom einen Ende
zum andern um die ganze Spannung.
b) Wenn irgend eine Stelle der Kette durch
welche Ursachen immer veranlaſst wird, ih-
ren elektrischen Zustand zu ändern, so än-
dern zu gleicher Zeit alle übrigen Stellen
der Kette den ihrigen und zwar um dieselbe
Gröſse.
16) Wir stellen uns nun eine aus zwei
Theilen P und P′ zusammengesetzte galvanische
Kette vor, an deren beiden Berührungsstellen
eine verschiedene elektrische Spannung herrscht,
welcher Fall die Thermokette in sich begreift.
Nennen wir u die elektroskopische Kraft des
Theiles P, und u′ die des Theiles P′, so ist
nach der vorigen Nummer, indem hier der dor-
tige Fall sich zweimal wiederholt, in Folge der
Gleichung (c)
für den Theil P, und
für den Theil P′, wo f, c, f′, c′ beliebige aus
den besondern Umständen unserer Aufgabe her-
zuleitende konstante Gröſsen sind, und jede Glei-
chung nur so lange gültig ist, als sich die Abscis-
sen auf den Theil, zu welchem die Gleichungen
gehören, beziehen. Legen wir nun den Anfang
der Abscissen an eine der Berührungsstellen in
den Theil P und nehmen die Richtung der Ab-
cissen in diesen Theil P hineinlaufend an; be-
zeichnen wir ferner durch l die Länge des Thei-
les P und durch l′ die des Theiles P′; stellen
endlich u′2 und u1 die Werthe von u und u′ an
der Berührungsstelle, wo x = o ist, vor und u2
und u1′ die Werthe von u und u′ an der Be-
rührungsstelle, wo x = l ist, so hat man
Nennen wir nun a die Spannung, welche an der
Berührungsstelle, wo x = o ist, Statt findet, und
a′ die, welche der Berührungsstelle, wo x = l ist
angehört, und setzen wir ein für allemal der
Gleichförmigkeit halber fest, daſs die Spannung
an jeder einzelnen Berührungsstelle immer den
Werth ausdrückt, welchen man erhält, wenn
man von der elektroskopischen Kraft desjenigen
zu der fraglichen Stelle gehörigen Endes, auf
welches die Abscisse, bevor der Sprung geschieht,
zuerst stöſst, die elektroskopische Kraft des an-
dern Endes abzieht — (es ist nicht schwer, einzuse-
hen, daſs in dieser allgemeinen Regel die in der
vorigen Nummer aufgestellte enthalten ist, und
daſs sie im Grunde nichts anders ausspricht, als
daſs die Spannungen solcher Berührungsstellen
als positive anzusehen seien, bei deren Ueber-
springung in der Richtung der Abscissen man
von der gröſsern auf die kleinere elektroskopi-
sche Kraft stöſst, im umgekehrten Falle als nega-
tive, wobei jedoch nicht zu übersehen ist, daſs
jede positive Kraft gröſser als jede negative und
die negativ gröſsere als die wirklich kleinere zu
nehmen sei), so erhält man
und
woraus sich sogleich ergibt
Nun findet aber an jeder der Berührungs-
stellen, wenn κ und ω das Leitungsvermögen und
den Querschnitt des Theiles P und κ′ und ω′
dasselbe für den Theil P′ vorstellen, den in
No. 13. entwickelten Betrachtungen gemäſs, die
Bedingungsgleichung
Statt, wo () und () die an der Be-
rührungstelle vorhandenen Werthe von und
bezeichnen. Aus den im Anfange dieser
Nummer zur Bestimmung der elektroskopischen
Kraft in jedem einzelnen Theile der Kette aufge-
stellten Gleichungen erhält man aber für jeden
zu gestattenden Werth von x
und
wonach sich vorliegende Bedingungsgleichung in
folgende verwandelt
Aus dieser und der eben aus den Spannungen
hergeleiteten Gleichung a + a′ = f l + f′ l′
findet man nun die Werthe f und f′ so:
und mit Hülfe dieser Werthe findet man:
Hieraus nun folgt zur Bestimmung der elektro-
skopischen Kraft der Kette in dem Theile P die
Gleichung
und in dem Theile P′ die Gleichung
Setzt man λ und λ′ statt und , so kann
man diesen Gleichungen folgende einfachere Ge-
stalt geben:
Aus der Form dieser Gleichungen läſst sich
sogleich einsehen, daſs, wenn die Leitungsfähigkeit
oder die Gröſse des Querschnittes in beiden
Theilen dieselbe ist, dadurch die Ausdrücke für
u und u′ keine andere Aenderung erleiden, als
daſs der Buchstab, welcher die Leitungsfähigkeit
oder den Querschnitt vorstellt, ganz verschwindet.
17) Wir wollen nun noch eine galvanische
Kette betrachten, welche aus 3 verschiedenen
Theilen P, P′ und P″, zusammengesetzt ist, wel-
cher Fall die Hydrokette in sich enthält.
Bezeichnen wir durch u, u′, u″ respektive
die elektroskopischen Kräfte der Theile P, P′,
P″, so ist nach No. 15., indem der dortige Fall
hier sich dreimal wiederholt, in Folge der da-
selbst gefundenen Gleichung (c) in Bezug auf
den Theil P
in Bezug auf den Theil P′
und in Bezug auf den Theil P″
wo f, f′, f″, c, c′, c″ beliebige aus der Natur
unserer Aufgabe noch zu bestimmende konstante
Gröſsen vorstellen, und jede Gleichung nur so
lange Bedeutung hat, als sich die Abscissen auf
den Theil, zu welchem die Gleichungen gehören,
beziehen. Legen wir nun den Anfang der Ab-
scissen in dasjenige Ende des Theiles P, welches
mit dem Theile P″ zusammen hängt, und wählen
die Richtung der Abscissen so, daſs sie aus dem
Theile P in den Theil P′ und von da in den
Theil P″ führen; bezeichnen wir ferner respek-
tive durch l, l′, l″ die Längen der Theile P,
P′, P″; stellen endlich u″2 und u1 die Wer-
the von u″ und u an der Berührungsstelle, wo
x = o ist, vor, u2 und u′͵ die Werthe von u
und u′ an der Berührungsstelle, wo x = l ist,
und u′2 und u″1 die Werthe von u′ und u″ an
der Berührungsstelle, wo x = l + l′ ist so hat man
Nennen wir nun a die Spannung, welche an der
Berührungsstelle, wo x = o ist, Statt findet, a′
die Spannung an der Berührungsstelle, wo x = l
ist, und a″ die Spannung an der Berührungs-
stelle, wo x = l + l′ ist, so erhalten wir, wenn
wir die in voriger Nummer aufgestellte allge-
meine Regel gehörig beobachten,
und hieraus
Nun findet aber, wenn κ und ω das Lei-
tungsvermögen und den Querschnitt für den
Theil P, κ′ und ω′ dasselbe für den Theil P′
und κ″ und ω″ für den Theil P″ vorstellen, an
den einzelnen Berührungsstellen, in Folge der in
No. 13. entwickelten Betrachtungen, nachstehende
Bedingungsgleichungen Statt:
wo (), (), () die besondern
Werthe von , , vorstellen, welche
den Berührungsstellen angehören. Aus den im
Anfange dieser Nummer zur Bestimmung der
elektroskopischen Kraft in den einzelnen Theilen
der Kette aufgestellten Gleichungen erhält man
aber für jeden zu gestattenden Werth von x
wonach sich vorstehende Bedingungsgleichungen
in nachfolgende verwandeln:
Aus diesen und der eben aus den Spannungen
hergeleiteten Gleichung zwischen f, f′ und f″
findet man nun, wenn man λ, λ′, λ″ für ,
, beziehlich setzt,
K
und mit Zuziehung dieser Werthe findet man
ferner:
Durch Substitution dieser Werthe erhält man
zur Bestimmung der elektroskopischen Kraft der
Kette in den Theilen P, P′, P″ beziehlich fol-
gende Gleichungen:
und es hält nicht schwer, sich zu überzeugen,
daſs dieselben Gleichungen mit Weglassung des
Buchstabens κ oder ω (sowohl da, wo sie offen
stehen, als auch in den Ausdrücken für λ, λ′, λ″)
die wahren seien, im Falle κ = κ′ = κ″ oder ω =
ω′ = ω″ ist.
18) Diese wenigen Fälle sind hinreichend,
das Fortschreitungsgesetz der für die elektrosko-
pische Kraft gefundenen Formeln zu erkennen,
und sie alle in einem einzigen allgemeinen Aus-
drucke zusammen zu fassen. Um dieses mit der
zur leichtern Uebersicht erforderlichen Kürze thun
zu können, wollen wir den Quotienten, gebildet
aus der Länge irgend eines homogenen Theils
der Kette und aus dem Produkte des ihm ange-
hörigen Leitungsvermögens und Querschnittes, die
reduzirte Länge dieses Theils nennen; und han-
delt es sich um die ganze Kette, oder einen sol-
chen Theil derselben, der selbst wieder eine Zu-
sammensetzung aus verschiedenen homogenen
Theilen ist, so verstehen wir unter seiner redu-
zirten Länge die Summe der reduzirten Längen
aller seiner Theile. Nachdem wir dieses voraus-
geschickt haben, lassen sich nun alle frühern für
die elektroskopische Kraft gefundenen Ausdrücke,
welche durch die Gleichungen (L) und (L′) ge-
geben werden, in folgendem allgemeinen Satze
zusammen fassen, der gültig ist, die Kette mag
aus so viel Theilen bestehen, als man nur immer
will.
Die elektroskopische Kraft irgend eines Punk-
K 2
tes einer aus beliebig viel Theilen zusammen ge-
setzten galvanischen Kette wird gefunden, wenn
man die Summe aller ihrer Spannungen mit ih-
rer reduzirten Länge dividirt, diesen QnotientenQuotienten
mit der reduzirten Länge des Theiles der Kette,
den die Abscisse umsaſst, multiplizirt und von
diesem Produkte die Summe aller Spannungen,
welche die Abscisse überspringt, abzieht, endlich
den so erhaltenen Werth um eine konstante an-
ders woher zu bestimmende Gröſse abändert.
Bezeichnen wir also durch A die Summe
aller Spannungen der Kette, durch L ihre ganze
reduzirte Länge, durch y die reduzirte Länge des
Theiles, den die Abscisse durchläuft, und durch
O die Summe aller von der Abscisse übersprun-
genen Spannungen, endlich durch u die elektro-
skopische Kraft irgend eines Punktes in jedem
beliebigen Theile der Kette, so ist
wo c eine noch unbestimmte, aber konstante,
Gröſse vorstellt.
Dieser so umgestaltete höchst einfache Aus-
druck für die elektroskopische Kraft einer jeden
Kette gestattet uns, in der Folge ‘Allgemeinheit
und Kürze mit einander zu paaren, zu welchem
Ende wir noch ausserdem y mit dem Namen der
reduzirten Abscisse belegen wollen. Es gewährt
diese Gestalt der Gleichung noch den besondern
Vortheil, daſs sie ohne weiteres auch dann noch
brauchbar bleibt, wenn in irgend einem Theile
der Kette die Spannungen und Leitungsfähigkei-
ten sich stetig änderten; denn in diesem Falle
hätte man blos statt der Summen die entspre-
chenden Integrale zu nehmen und deren Grenzen
so zu bestimmen, wie es die Natur des Ausdru-
ckes verlangt.
Da O innerhalb der ganzen Ausdehnung ei-
nes und desselben homogenen Theils der Kette
seinen Werth nicht ändert, und y auf gleiche
Strecken dieser Ausdehnung sich stets um gleich
viel ändert, so finden offenbar für jede galvani-
sche Kette folgende bereits an der einfachen
Kette in geringerer Allgemeinheit nachgewiesene
Eigenschaften Statt, worin sich der Hauptcharak-
ter galvanischer Ketten ausspricht:
a) Die elektrische Kraft eines jeden homogenen
Theils der Kette ändert sich seiner ganzen
Länge nach stetig und auf gleiche Strecken
stets um gleich viel; aber da, wo er aufhört
und ein anderer anfängt, ändert sie sich
plötzlich um die ganze, an der Stelle befind-
liche Spannung.
b) Wenn irgend eine Stelle der Kette, durch
welche Ursachen immer veranlaſst wird, ih-
ren elektrischen Zustand zu ändern, so än-
dern zu gleicher Zeit alle übrigen Stellen
der Kette den ihrigen, und zwar um dieselbe
Gröſse.
Die Konstante c wird in der Regel dadurch
bestimmt, daſs man die elektroskopische Kraft an
irgend einer Stelle der Kette kennt. Bezeichnet
nämlich u′ die elektroskopische Kraft an einer
Stelle der Kette, deren reduzirte Abscisse y′ ist,
so ist in Folge der eben aufgestellten allgemeinen
Gleichung
wo O′ die Summe der von der Abscisse y′ über-
sprungenen Spannungen vorstellt. Zieht man
nun diese für eine bestimmte Stelle der Kette
gültige Gleichung von der vorigen, allen Stellen
auf dieselbe Weise zukommenden, Gleichung ab,
so erhält man
in welcher nun nichts mehr zu bestimmen übrig
bleibt.
Wenn die Kette während ihrer Entstehung
durchaus keiner äuſsern Ableitung oder Zuleitung
ausgesetzt ist, so ist die Konstante c aus dem
Umstande herzuholen, daſs die Summe aller in
der Kette befindlichen Elektrizität null sein muſs.
Diese Bestimmung stützt sich auf den Grundsatz,
daſs aus einem zuvor indifferenten Zustande
beide Elektrizitäten stets nur zugleich und in glei-
cher Menge hervorgehen. Um die Art, wie in
einem solchen Falle die Konstante c gefunden
wird, an einem Beispiele zu erläutern, wollen wir
den in No. 16. behandelten Fall hier wieder vor-
nehmen. In dem Theile P jener Kette ist all-
gemein , wo ist, und
in dem Theile P′ hat man stets ,
wo ist. Da nun in dem
Theile P die Gröſse des Elementes ωdx oder
κω2 dy, in dem Theile P′ aber ω′dx oder κ′ω′2
dy ist, so erhält man für die in einem Elemente
des ersten Theiles enthaltene Elektrizitätsmenge
und für die in einem Elemente des zweiten
Theils enthaltene Elektrizitätsmenge
Integrirt man nun den ersten der beiden vorste-
henden Ausdrücke von y = o bis y = λ, so
erhält man für die ganze in dem Theile P ent-
haltene Elektrizitätsmenge
eben so erhält man, indem man den zweiten
Ausdruck von y = λ bis y = λ + λ′ integrirt,
für die ganze in dem Theile P′ enthaltene Elek-
trizitätsmenge
Die Summe der beiden hier zuletzt gefundenen
Elektrizitätsmengen muſs aber in Folge des vor-
hin ausgesprochenen Grundsatzes null sein. So
erhält man die zur Bestimmung der Konstante c
erforderliche Gleichung, wo nur noch zu bemer-
ken bleibt, daſs λ und λ′ die den Theilen P und
P′ entsprechenden reduzirten Längen sind.
Wir haben bisher stillschweigend immer
blos positive Abscissen vorausgesetzt. Es hält
aber nicht schwer, sich zu überzeugen, daſs man
eben so gut auch negative Abscissen einführen
könne. Denn stellt — y eine solche negative re-
duzirte Abscisse für irgend eine Stelle der Kette
vor, so ist L—y die derselben Stelle angehörige
positive reduzirte Abscisse, für welche die gefun-
dene allgemeine Gleichung gültig ist; man erhält
demnach
oder
Aber O — A drückt offenbar, wenn man die in
No. 16. ausgesprochene allgemeine Regel berück-
sichtigt, die Summe der von der negativen Ab-
scisse übersprungenen Spannungen aus, woraus
erhellet, daſs die Gleichung auch für negative
Abscissen noch ganz ihre alte Bedeutung behält.
19) Stellen wir uns vor, daſs einer der
Theile, woraus die galvanische Kette zusammen
gesetzt ist, ein Nichtleiter der Elektrizität, d. h.
ein solcher Körper sei, dessen Leitungsvermögen
null ist, so erhält die reduzirte Länge der ganzen
Kette einen unendlich groſsen Werth. Macht
man es sich nun zum Gesetze, die Abscissen nie
in den nichtleitenden Theil hineingehen zu lassen,
damit die reduzirte Abscisse y stets einen endli-
chen Werth behalte, so verwandelt sich die all-
gemeine Gleichung in diesem Falle in folgende.
welche anzeigt, daſs die elektroskopische Kraft in
der ganzen Ausdehnung eines jeden andern ho-
mogenen Theils der Kette überall dieselbe ist
und nur von einem Theile zum andern um die
ganze an ihrer Berührungsstelle herrschende
Spannung sich plötzlich ändert.
Um die Konstante c in dieser Gleichung zu
bestimmen, wollen wir annehmen, daſs die elek-
troskopische Kraft an irgend einer Stelle der
Kette gegeben ist. Nennen wir diese u′ und die
Summe der daselbst von der Abscisse übersprun-
genen Spannungen O′, so wird
Die Differenz der elektroskopischen Kräfte zweier
beliebiger Stellen einer offenen, d. h. durch einen
Nichtleiter unterbrochenen galvanischen Kette ist
also gleich der Summe aller zwischen den beiden
Stellen liegenden Spannungen, und dabei ist das
Vorzeichen, welches man dieser Summe zu geben
hat, schon aus der bloſsen Anschauung stets leicht
zu bestimmen.
20) Wir wollen noch eine Eigenthümlich-
keit der galvanischen Kette erwähnen, die eine
besondere Berücksichtigung verdient. Zu diesem
Zwecke fassen wir einen von den homogenen
Theilen der Kette ausschlieſslich ins Auge, und
denken uns der Einfachheit halber den Anfang
der Abscissen in sein eines Ende gelegt, und die
Abscissen nach seinem andern Ende gerichtet vor.
Nennen wir seine reduzirte Länge λ und die
reduzirte Länge des übrigen Theils der Kette Λ,
so ist innerhalb der Länge λ
welcher Gleichung man auch nachstehende Form
geben kann:
die Strecke λ befindet sich mithin in dem Falle
einer einfachen, homogenen Kette, an deren En-
den die Spannung hervortritt. Hat dem-
nach A einen recht fühlbaren Werth, wie er
sich an der voltaischen Säule erzielen läſst, und
nähert sich das Verhältniſs der Einheit,
so wird auch die Spannung noch sehr
merklich sein; es müssen folglich ihre verschie-
denen Abstufungen in der Ausdehnung der Strecke
λ sich recht gut wahrnehmen lassen. Diese Fol-
gerung ist deshalb von Gewicht, weil sie ein
Mittel an die Hand gibt, das Gesetz der elektri-
schen Vertheilung auch dann noch an zusam-
mengesetzten Ketten den Sinnen vorzuzeigen, wenn
es an der einfachen Kette, der allzu schwachen
Kräfte halber, nicht mehr geschehen kann. Man
sieht übrigens sogleich ein, daſs bei einerlei
Spannungen diese Erscheinung in desto gröſserer
Stärke sich zeigen wird, je gröſser λ in Vergleich
zu Λ ist.
21) Eine allen galvanischen Ketten eigen-
thümliche Erscheinung ist der plötzliche Wechsel,
dem man ihre elcktroskopische Kraft unaufhörlich
und fast ganz nach Gefallen unterwerfen kann.
Es hat diese Erscheinung ihren Grund in den
früher entwickelten Eigenschaften solcher Ketten,
Da nämlich, wie wir gefunden haben, jede Stelle
einer galvanischen Kette dieselben Aenderungen
erleidet, welchen man eine einzige aussetzt, so
bekommt man es in seine Gewalt, der elektro-
skopischen Kraft irgend einer bestimmten Stelle
bald diesen, bald einen andern Werth zu geben.
Unter diesen Aenderungen sind diejenigen die
merkwürdigsten, welche man durch ableitende
Berührung, d. h. durch Vernichtung der elektro-
skopischen Kraft bald an dieser, bald an jener
Stelle der Kette hervor zu bringen vermag, deren
Gröſse jedoch in der Gröſse der Spannungen
selber ihre natürlichen Grenzen hat.
Mit diesen Erscheinungen steht eine Klasse
anderer in unmittelbarem Zusammenhange. Nen-
nen wir nämlich r den Raum, über welchen die
elektrische Kraft in einer gegebenen galvanischen
Kette verbreitet ist, u die elektroskopische Kraft
der Kette an einer ihrer Stellen, die mit einem
äuſsern Körper M in unmittelbarer Verbindung
steht, und u′ die elektroskopische Kraft derselben
Kette an derselben Stelle, wie sie vor der Be-
rührung des Körpers M daselbst vorhanden war.
so ist u′ — u offenbar die an dieser Stelle er-
folgte Aenderung der elektroskopischen Kraft,
mithin, weil diese Aenderung auch an allen übri-
gen Stellen der Kette gleichmäſsig vorfällt, r
(u′ — u) die Elektrizitätsmenge, welche die
über die ganze Kette ergangene Aenderung in
sich faſst, sonach auch die, welche in den Kör-
per M übergegangen ist. Nehmen wir nun an,
daſs im Stande des Gleichgewichts die elektrosko-
pische Kraft an allen Stellen des Körpers M,
in denen sie sich befindet, überall von gleicher
Stärke ist, und bezeichnen wir durch R den Raum,
über welchen sie sich in dem Körper M ver-
breitet, so ist dessen elektroskopische Kraft au-
genscheinlich . Diese Kraft ist aber
im Stande des Gleichgewichts der u gleich, welche
die mit dem Körper M in Berührung gebrachte
Stelle der Kette angenommen hat, wenn an dieser
Berührungsstelle keine neue Spannung eintritt;
es ist also unter dieser Voraussetzung
woraus man findet
Es gehet aus dieser Gleichung hervor, daſs die
elektroskopische Kraft in dem Körper M stets
kleiner ausfallen wird, als sie in der berührten
Stelle vor der Berührung war, aber auch, daſs
beide einander um so mehr gleich kommen wer-
den, je gröſser r in Vergleich zu R ist. Wenn
wir R als eine unveränderliche Gröſse ansehen,
so hängt das Verhältniſs der elektroskopischen
Kräfte u und u′ zu einander blos von der Gröſse
des Raumes ab, den die Elektrizität in der Kette
einnimmt; man kann daher die elektroskopische
Kraft des Körpers M ihrem gröſsten Werthe
blos dadurch näher bringen, daſs man den Raum
der Kette vermehrt, sei es durch eine Vergröſse-
rung ihrer Dimensionen überhaupt, oder auch
dadurch, daſs man irgendwo an sie fremde Mas-
sen anhängt. Von der Natur dieser Massen, wenn
sie nur Leiter der Elektrizität sind, und keine neue
Spannung hervorrufen, hängt, so scheint es, bei die-
ser Wirkung gar nichts ab, sondern alles nur von
ihrer räumlichen Gröſse. Nehmen die angehäng-
ten Massen einen unendlich groſsen Raum ein,
welcher Fall eintritt, wenn die Kette irgendwo
eine vollkommene Ableitung erhält, so wird die
elektroskopische Kraft in dem Körper M stets
der gleich, welche die von ihm berührte Stelle
der Kette hat.
Um diese Wirkungen mit dem Spiele des
Kondensators in Verbindung zu bringen, haben
wir blos zu erwägen, daſs ein Kondensator, des-
sen Gröſse R und dessen Verstärkungszahl m ist,
einem gewöhnlichen Leiter von der Gröſse m R
gleich zu setzen ist, jedoch mit dem Unterschiede,
daſs seine elektroskopische Kraft die mfache von
der des gewöhnlichen Leiters wird. Nennen wir
daher u die elektroskopische Kraft des Konden-
sators, welcher mit einer Stelle der Kette, deren
Kraft u′ ist, in Verbindung kommt, so erhalten wir
woraus folgt, daſs der Kondensator die mfache
Kraft der berührten Stelle anzeigen werde, wenn
r sehr groſs ist in Vergleich zu m R, daſs er aber
schwächend wirkend werde, so wie r gleich oder
kleiner als R ist. An die Kette irgendwo ange-
hängte Massen werden demnach die Anzeigen des
Kondensators ihrem Maximum in dem Maaſse
näher führen, als sie selbst gröſser sind, und eine
irgendwo berührte Kette wird an dem Konden-
sator stets das Maximum der Verstärkung be-
wirken.
Die vorstehenden Bestimmungen setzen vor-
aus, daſs die eine Platte des Kondensators fort-
während ableitend berührt bleibe. Wir wollen
nun noch den Fall betrachten, wo die beiden
Platten eines isolirten Kondensators mit verschie-
denen Stellen einer galvanischen Kette in Verbin-
dung gebracht werden. Zunächst ist klar, daſs
die beiden Platten des Kondensators dieselbe
Differenz an freier Elektrizität annehmen werden,
welche die verschiedenen Stellen der Kette, mit
welchen sie in Berührung stehen, in Folge der
eigenthümlichen Natur galvanischer Wirkungen
unbedingt fordern. Stellt mithin d die Differenz
der elektroskopischen Kraft an den beiden Stellen
L
der Kette und u die freie Elektrizität der einen
Kondensatorplatte vor, so ist u + d die freie
Elektrizität der andern Platte, und es kommt nun
alles darauf an, aus den bekannten freien, in den
Kondensatorplatten befindlichen Elektrizitäten die
darin wirklich vorhandenen zu finden. Nennen
wir zu dem Ende A die wirkliche Elektrizitäts-
stärke in der Platte, deren freie Elektrizität u + d
ist, so stellt A — u — d den gebundenen Antheil
in derselben Platte vor; eben so drückt B — u
den Antheil gebundener Elektrizität in der Platte
aus, deren freie Elektrizität u ist, wenn B die
wirkliche Stärke der Elektrizität in dieser Platte
bezeichnet. Wird nun durch n das Verhältniſs
vorgestellt, in welchem die gebundene Elektrizi-
tät der einen Kondensatorplatte zur wirklichen
Elektrizität der andern Platte steht, so finden fol-
gende zwei Gleichungen statt
aus welchen sich die Werthe A und B, wie
folgt, ergeben, nämlich
.
Aus der Theorie des Kondensators ist aber be-
kannt, daſs 1 — n = 1/m, wenn m die Verstär-
kungszahl des Kondensators ist; setzt man daher
1/m statt 1 — n2 in die Ausdrücke für A und B
und zugleich 1 — 1/2m statt n, welches erlaubt ist,
wenn m, wie gewöhnlich, eine sehr groſse Zahl
bedeutet, so erhält man
.
Wenn folglich m eine sehr groſse Zahl und u
nicht bedeutend gröſser als d ist, so kann man
ohne merklichen Fehler setzen
,
worin sich das bekannte Gesetz ausspricht, daſs
wenn zwei verschiedene Stellen einer voltaischen
Säule mit den beiden Platten des isolirten Kon-
densators in Verbindung gebracht werden, der
Kondensator in jeder Platte dieselbe Ladung an-
nimmt, als wenn die andere Platte und die ihr
L 2
entsprechende Stelle der Säule ableitend berührt
worden wären. Zugleich lehren unsere Betrach-
tungen, daſs dieses Gesetz aufhört wahr zu sein,
wenn u gegen m d nicht mehr als verschwindend
angesehen werden kann. Dieser Fall träte ein,
wenn z. B. zwei nahe an dem obern isolirten
Pole einer aus sehr vielen Elementen aufgebauten
voltaischen Säule mit den Kondensatorplatten in
Berührung kämen, während der untere Pol dieser
Säule mit der Erde in ableitender Verbindung
bliebe.
Die bisher gegebenen Bestimmungen über
die Art, wie die galvanisehegalvanische Kette ihre Elektrizi-
tät an fremde Körper abtritt, welche zur Auf-
klärung des Gegenstandes nichts mehr zu wün-
schen übrig zu lassen scheinen, dürften jedoch
zu Untersuchungen von ganz anderer Art und
nicht geringerem Interesse Anlaſs geben. Es ist
nämlich durch theoretische Betrachtungen sowohl,
als auch durch Versuche, welche an dem elek-
trischen Strome angestellt worden sind, keinem
Zweifel mehr unterworfen, daſs die bewegte Elek-
trizität in das Innere der Körper dringt, und ihre
Menge sich deshalb nach dem körperlichen Raume
richtet, während es auf der andern Seite eben so
ausgemacht ist, daſs die ruhende Elektrizität an
der Oberfläche der Körper sich sammelt und
ihre Menge deswegen von der Flächengröſse ab-
hängig ist. Hieraus würde aber folgen, daſs, bei
der geschlossenen galvanischen Kette, r in den
vorliegenden Formeln den körperlichen Inhalt der
Kette, bei der offenen Kette dagegen, die Gröſse
ihrer Oberfläche auszudrücken hätte, worüber
Versuche, wie es scheint, ohne groſse Schwierig-
keit entscheiden könnten.
22) Bisher haben wir eine Kette vor Augen
gehabt, auf welche die umgebende Luft keinen
Einfluſs ausübt und die bereits zu ihrem bleiben-
den Zustande gekommen ist, und haben diese
mit einer Ausführlichkeit behandelt, die sie darum
verdient, weil an sie die gröſste Fülle und der
höchste Glanz der Erscheinungen sich anschlieſsen.
Um jedoch schon hier die übrigen Ketten nicht
ganz leer ausgehen zu lassen, wollen wir das bei
ihnen einzuschlagende Verfahren jedesmal für
den einfachsten Fall kurz andeuten, und so den
bei ihnen zu betretenden Weg, wenn gleich nur
aus der Ferne, doch bestimmt anzeigen.
Wenn man den Einfluſs der Luft auf die
galvanische Kette berücksichtigen will, so muſs
zu dem Gliede κ der Gleichung (a) in No. 11.
noch das Glied u genommen werden, dann
erhält man für die in einen bleibenden Zustand
gekommene Kette, für welche ist, die
Gleichung
oder, wenn man setzt,
Das Integral dieser Gleichung ist
wo e die Basis der natürlichen Logarithmen und
c, d beliebige aus den übrigen Umständen der
Aufgabe noch zu bestimmende konstante Gröſsen
vorstellen.
Nennt man nun 2l die Länge der ganzen
Kette und legt den Anfang der Abscissen in die
Stelle der Kette, welche von der Erregungsstelle
nach beiden Seiten hin gleich weit absteht; be-
zeichnet man ferner die an der Erregungsstelle
befindliche Spannung durch a, so erhält man
Schreibt man jetzt die vorhin gefundene Glei-
chung so
und setzt statt c — d den eben gefundenen Werth,
so erhält man
Nimmt man nun zur Bestimmung der noch übri-
gen Konstante an, daſs die Summe der beiden
an der Erregungsstelle befindlichen elektroskopi-
schen Kräfte bekannt und gleich b ist, welcher
Umstand jedesmal Statt findet, wenn die elektro-
skopische Kraft der Kette an irgend einer ihrer
Stellen gegeben ist, so erhält man
und nun nach erfolgter Substitution und gehöri-
ger Reduction
welche für b = o, d. h. für eine ganz sich selbst
überlassene Kette übergeht in
Vorstehende Gleichungen, welche für eine, ihrer
ganzen Ausdehnung nach, homogene und prisma-
tische Kette gelten, gehen für β = o wieder in
die oben, wo der Einfluſs der Luft auf die Kette
noch auſser Acht gelassen worden ist, unter den-
selben Umständen gegebenen über. Da β2 =
, so folgt, daſs der Einfluſs der Luft auf
die galvanische Kette um so geringer ausfallen
werde, je geringer das Leitungsvermögen der
Luft in Vergleich zu dem der Kette, und je klei-
ner der Quotient ist. Es drückt aber der Quo-
tient das Verhältniſs der von der Luft umge-
benen Oberfläche einer Scheibe des Leiters zu
dem körperlichen Inhalte derselben Scheibe aus,
und es dürfte daher scheinen, als ob stets un-
endlich klein sein müſste. Indessen ist nicht zu
übersehen, daſs wir es hier nicht mit mathema-
tischen, sondern mit physikalischen Bestimmungen
zu thun haben, denn strenge genommen stellt c
nicht eine Fläche vor, sondern den Theil einer
Scheibe der Kette, auf welchen die Luft unmit-
telbaren Einfluſs hat, und ω bezeichnet im Grunde
nichts weiter, als den Theil einer Scheibe der
Kette, welcher von der durch die Kette sich fort-
bewegenden Elektrizität durchströmt wird. Im
Allgemeinen ist nun wohl c allerdings unvergleich-
lich kleiner als ω, aber da, wo der elektrische
Strom nur mit groſser Mühe und deswegen nur
sehr langsam sich fortbewegen kann, wie es bei
trocknen Säulen mehr oder weniger der Fall ist,
kann, nach dem was in der vorigen Nummer er-
innert worden ist, die Gröſse c der ω vielleicht
nahe hin gleich werden; denn von dem, was dem
raschen Strome eigen ist, bis zu dem, was dem
vollkommenen Gleichgewichte zukommt, muſs doch
wohl ein allmähliger, durch die jedesmaligen Um-
stände modifizirter Uebergang Statt finden. Es
öffnet sich hier künftigen Untersuchungen ein
weites Feld.
23) In Fällen, wo der bleibende Stand der
Kette nicht augenblicklich eintritt, wie es bei
trockenen Säulen zu geschehen pflegt, müſste
man, um die Veränderungen der Kette bis dahin
kennen zu lernen, von der vollständigen Gleichung
(*)
ausgehen, weil hier nicht genommen
werden darf, und das Glied u wird in ihr
stehen bleiben oder aus ihr entfernt werden müs-
sen, je nachdem man den Einfluſs der Luft auf
die Kette der Berücksichtigung werth hält oder
nicht. Setzen wir wieder, wie in der vorigen
Nummer, und auſserdem noch ,
so verwandelt sich vorstehende Gleichung in
folgende
nndund man wird sogleich gewahr, daſs durch die
Annahme, β = o, die Einwirkung der Luft auf-
gehoben wird.
In vorliegendem Falle stellt u eine Funktion
von x und t vor, die aber, so wie die Zeit t
wächst, von t immer weniger abhängig wird und
zuletzt in eine bloſse Funktion von x übergeht,
die den bleibenden Zustand der Kette ausdrückt
und deren Natur wir bereits kennen gelernt ha-
ben. Bezeichnen wir diese letztere Funktion durch
u′ und setzen u = u′ + v, so ist v offenbar
eine Funktion von x und t, welche die jedesma-
lige Abweichung der Kette von ihrem bleiben-
den Zustande zu erkennen gibt, und deshalb nach
Ablauf einer gewissen Zeit gänzlich verschwindet.
Setzen wir nun u′ + v statt u in die Gleichung
(*) und erwägen, daſs u′ unabhängig von t,
und von der Beschaffenheit ist, daſs
so bleibt zur Bestimmung der Funktion v die
Gleichung
übrig, welche zwar noch dieselbe Form, als die
Gleichung (*), besitzt, aber von ihr darin sich
unterscheidet, daſs v eine Funktion von x und t
von anderer Natur als u ist, wodurch ihre end-
liche Bestimmung sehr erleichtert wird.
Das Integral der Gleichung (☽) in der Ge-
stalt, die es zuerst von Laplace erhalten hat, ist
wo e die Basis der natürlichen Logarithmen, π
das Verhältniſs des Kreisumfanges zum Durch-
messer und f eine willkürliche aus der besondern
Natur einer jeden Aufgabe zu bestimmende Funk-
tion bezeichnet, während die Grenzen des Inte-
grals von y = — ∞ bis y = + ∞ genommen
werden müssen. Für t = o wird v = fx, weil
zwischen den angezeigten Grenzen
ist, woraus folgt, daſs, wenn man die Funk-
tion v in dem besondern Falle aufzufinden wüſste,
wo t = o ist, man dadurch auch fx, mithin
die willkührliche Funktion f überhaupt kennen
lernte. Nun ist allgemein v = u — u′, wenn
wir aber die Zeit t von dem Augenblicke an zäh-
len, wo durch die Berührung an den beiden
Enden der Kette die Spannung eintritt, so hat
u, für t = o, offenbar nur an diesen Enden
bestimmte Werthe, an allen übrigen Stellen der
Kette ist u = o; demnach ist in der Ausdeh-
nung der Kette, für t = o, im Allgemeinen
v = — u′, nur an den Enden der Kette ist zu
derselben Zeit v = u — u′. Denken wir uns
daher eine vom ersten Augenblicke der Berüh-
rung an gänzlich sich selbst überlassene Kette, so
ist an den Enden derselben stets v = o, so daſs
also im Innern der Kette v = — u′, für t = o,
und an ihren Enden v = o ist. Da nun zufolge
unserer frühern Untersuchungen u′ für jede
Stelle der Kette als bekannt angesehen werden
kann, so gilt dies auch von v für t = o; wir
kennen sonach die Gestalt der willkührlichen
Funktion fx, so lange x an Stellen der Kette
verweilt.
Indessen fordert das zur Bestimmung von v
gegebene Integral die Kenntniſs der Funktion fx
für alle positiven und negativen Werthe von x;
dadurch werden wir gezwungen, durch Umwand-
lungen, wie die Untersuchungen über die Ver-
breitung der Wärme sie uns gelehrt haben, obi-
ger Gleichung eine solche Form zu geben, die
nur noch die Kenntniſs der Funktion fx in der
Ausdehnung der Kette voraus setzt. Die auf den
vorliegenden Fall anwendbare Umformung gibt,
wenn 2l die Länge der Kette bezeichnet und der
Abscissenanfang in ihre Mitte gelegt wird, Siehe Journal de l’Ecole polytechn. cah. XIX. pag. 53.
wo die Summen von i = 1 bis i = ∞ und die
Integrale von y = — l bis y = + l genommen
werden müssen. Setzt man nun in dieser Glei-
chung für fx seinen Werth — u′, wobei unserer
Voraussetzung zur Folge nach der vorigen Num-
mer, wenn a die Spannung an der Berührungs-
stelle bezeichnet,
ist, und integrirt hierauf, so erhält man, weil zwi-
schen den angezeigten Grenzen
und
ist, zur Bestimmung von v die Gleichung
und endlich, weil u = u′ + v
welche Gleichung für β = o, d. h. wenn der Ein-
fluſs der Luft nicht berücksichtigt werden soll, in
übergeht. Man sieht leicht ein, daſs der Werth
des zweiten Gliedes auf der rechten Seite in den
zur Bestimmung von u gefundenen Gleichungen
immer kleiner wird, so wie die Zeit wächst, und
daſs er zuletzt ganz verschwindet; dann ist der
bleibende Zustand der Kette eingetreten. Dieser
Zeitpunkt wird, wie man an der Gestalt der Aus-
drücke gewahr wird, durch ein verringertes Lei-
tungsvermögen und in noch weit gröſserem Ver-
hältnisse durch eine vermehrte Länge der Kette
in die Ferne gerückt.
Dieser für u gefundene Ausdruck bat jedoch
nur so lange volle Gültigkeit, als die Kette, wie
wir vorausgesetzt haben, durch keine äuſsere Stö-
rung zu einer Abänderung ihres natürlichen Zu-
standes veranlaſst wird. Wenn die Kette zu ir-
gend einer Zeit durch irgend eine äuſsere Ver-
anlassung z. B. durch ableitende Berührung irgend
einer Stelle gezwungen wird, sich einem abgeän-
derten bleibenden Zustande zu nähern, so sind
Aenderungen an obigem Verfahren anzubringen,
die ich bei einer andern Gelegenheit zu entwickeln
gedenke. Uebrigens bemerke ich, daſs in dieser
letzten Gattung von galvanischen Ketten die an
trockenen Säulen und überhaupt an Ketten von
ungewöhnlich groſser reduzirter Länge beobach-
teten besonderen Erscheinungen aufzusuchen sind,
wohin auch die in den Versuchen von Basse,
Erman und Aldini gebrauchten Ketten von
sehr groſser Länge gehören, wenn in ihnen der
Einfluſs der gröſsern Länge nicht durch eine
vermehrte Leitungsgüte oder einen vergröſserten
Querschnitt wieder aufgehoben wird.
C) Erscheinungen des elektrischen Stromes.
24) Nach dem, was in No. 12. dargethan
worden ist, wird die Gröſse des elektrischen Stro-
mes in einem prismatischen Körper für jede
Stelle desselben im Allgemeinen durch folgende
Gleichung ausgedrückt
wo S die Gröſse des Stromes und u die elektro-
skopische Kraft an der Stelle der Kette, deren Ab-
scisse x ist, bezeichnen, und ω den Querschnitt des
prismatischen Körpers, κ aber dessen Leitungs-
vermögen an derselben Stelle vorstellt. Um nun
diese Gleichung mit der in No. 18. für jede aus
einer beliebigen Anzahl von Theilen zusammenge-
setzte Kette gefundenen allgemeinen Gleichung in
Verbindung zu bringen, schreiben wir sie so:
und setzen für den aus jener allgemeinen Glei-
chung sich ergebenden Werth und für den
M
aus derselben Nummer leicht zu entnehmenden
Werth , welche beiden Werthe für jede zwi-
schen zwei Erregungsstellen befindliche Stelle gül-
tig sind, dann erhalten wir ganz einfach
wo L die ganze reduzirte Länge der Kette und
A die Summe aller ihrer Spannungen bezeichnet.
Mittelst dieser Gleichung erhält man die Gröſse
des elektrischen Stromes einer aus irgend wie viel
prismatischen Theilen zusammen gesetzten galva-
nischen Kette, die ihren bleibenden Zustand an-
genommen hat, von der umgebenden Luft keinen
Einfluſs erleidet und deren einzelne Querschnitte
in allen ihren Punkten einerlei elektroskopische
Kraft besitzen, worin gerade die am öftesten vor-
kommenden Fälle enthalten sind, weswegen wir
dieses Resultat am sorgfältigsten zergliedern werden.
Weil A die Summe aller in der Kette be-
findlichen Spannungen und L die Summe der
reduzirten Längen aller einzelnen Theile vorstellt,
so ergeben sich zunächst aus der aufgefundenen
Gleichung folgende allgemeine den elektrischen
Strom angehende Eigenschaften der galvanischen
Kette:
I. Der elektrische Strom ist an allen Stellen
einer galvanischen Kette durchaus von glei-
cher Gröſse und unabhängig von dem Wer-
the der Konstante c, welche, wie wir gese-
hen haben, die Stärke der elektroskopischen
Kraft an einer bestimmten Stelle festsetzt.
In der offenen Kette hört aller Strom gänz-
lich auf, denn in diesem Falle nimmt die
reduzirte Länge L einen unendlich groſsen
Werth an.
II. Die Gröſse des Stromes in einer galvani-
schen Kette bleibt ungeändert, wenn die
Summe aller ihrer Spannungen und ihre
ganze reduzirte Länge entweder gar nicht
oder nach einerlei Verhältniſs abgeändert
werden; sie steigt aber bei gleicher reduzir-
ter Länge in dem Maaſse, als die Summe
der Spannungen zunimmt, und bei gleicher
Summe der Spannungen in dem Maaſse, als
die reduzirte Länge der Kette abnimmt.
Aus diesem allgemeinen Gesetze wollen wir
noch folgende besondere herausheben.
M 2
1) Eine Verschiedenheit in der Anordnung
und Vertheilung der einzelnen Erregungs-
stellen durch eine Versetzung der Theile,
woraus die Kette besteht, hat auf die
Gröſse des Stromes keinen Einfluſs, wenn
nur die Summe aller Spannungen dieselbe
bleibt. So z. B. würde in einer der Ord-
nung nach aus Kupfer, Silber, Blei, Zink
und einer Flüssigkeit gebildeten Kette der
Strom ungeändert bleiben, wenn auch Silber
und Blei ihre Stellen mit einander vertausch-
ten, weil, nach dem an Metallen beobach-
teten Spannungsgesetze, durch diese Ver-
wechselung zwar die einzelnen Spannungen,
aber nicht ihre Summe, geändert würden.
2) Die Stärke des galvanischen Stromes
bleibt dieselbe, wenn gleich ein Theil der
Kette aus ihr entfernt und ein anderer
prismatischer Leiter an dessen Stelle ge-
setzt wird, nur müssen beide einerlei re-
duzirte Länge haben und die Summe der
Spannungen muſs in beiden Fällen die-
selbe bleiben. Umgekehrt, wenn der Strom
einer Kette durch das Vertauschen eines
Theils derselben mit einem fremden pris-
matischen Leiter sich nicht ändert, und
man überzeugt sein kann, daſs die Summe
der Spannungen dieselbe geblieben ist, so
sind die reduzirten Längen der beiden mit
einander vertauschten Leiter gleich groſs.
3) Wenn man’ sich eine galvanische
Kette immer aus gleich vielen Theilen,
von demselben Stoffe und in derselben
Ordnung gebildet, vorstellt, damit die ein-
zelnen Spannungen als unveränderlich an-
gesehen werden können, so wächst der
Strom dieser Kette bei unveränderter
Länge ihrer Theile in demselben Verhält-
nisse, in welchem die Querschnitte aller
ihrer Theile auf gleiche Weise zunehmen,
und bei unverändertem Querschnitte in
demselben Verhältnisse, in welchem die
Länge aller ihrer Theile gleichmäſsig ab-
nimmt. Wenn die reduzirte Länge eines
Theils der Kette die der übrigen Theile
bei weitem übertrifft, so wird die Gröſse
des Stromes von den Dimensionen dieses
einen Theiles vorzugsweise abhängen und
das hier ausgesprochene Gesetz wird eine
viel einfachere Gestalt annehmen, wenn
man bei der Vergleichung blos auf diesen
einen Theil Rücksicht nimmt.
Die in II. 2. aufgestellte Folgerung bietet
ein bequemes Mittel zur Bestimmung des Lei-
tungsvermögens verschiedener Körper dar. Den-
ken wir uns nämlich zwei prismatische Körper,
deren Längen l und l′, deren Querschnitte be-
ziehlich ω und ω′ und deren Leitungsvermögen
κ und κ′ sein mögen, und besitzen beide Körper
die Eigenschaft, den Strom einer galvanischen
Kette nicht abzuändern, wenn sie abwechselnd
einen Theil derselben ausmachen, und lassen
beide die einzelnen Spannungen der Kette unge-
ändert, so ist
mithin
es stehen also die Leitungsfähigkeiten beider
Körper in geradem Verhältnisse ihrer Längen
und im umgekehrten ihrer Querschnitte. Soll
diese Relation zur Bestimmung des Leitungsver-
mögens der verschiedenen Körper benutzt wer-
den und wählt man zu den Versuchen, was die
gröſsere Genauigkeit ohnedieſs schon fordert,
prismatische Körper von demselben Querschnitte,
so geben ihre Längen geradezu ihre relativen
Leitungsfähigkeiten zu erkennen.
25) Wir haben in voriger Nummer die Grö-
ſse des Stromes aus der in No. 18. gegebenen
allgemeinen Gleichung
abgeleitet und gefunden, daſs sie durch den zu y
gehörigen Koeffizienten ausgedrückt wird.
Zur Auffindung des Werthes ist im Allgemei-
nen die genaue Kenntniſs aller einzelnen Theile
der Kette und ihrer gegenseitigen Spannungen
erforderlich, aber unsere allgemeine Gleichung
zeigt uns ein Mittel an, diesen Werth auch aus
der Beschaffenheit eines jeden einzelnen Theiles
der in Thätigkeit begriffenen Kette zu entneh-
men, welches wir nicht umgehen wollen, da es
uns in der Folge gute Dienste leisten wird.
Denkt man sich nämlich in obiger Gleichung y
um eine beliebige Gröſse Δy vermehrt, und be-
zeichnet durch ΔO die entsprechende Aenderung
von O, und durch Δu die von u, so folgt aus
jener Gleichung
und hieraus findet man
man findet also die Gröſse des elektrischen Stro-
mes, wenn man zur Differenz der elektroskopi-
schen Kräfte an irgend zwei Stellen der Kette
die Summe aller zwischen diesen Stellen liegen-
den Spannungen addirt und diese Summe mit
der reduzirten Länge des Theils der Kette divi-
dirt, der zwischen denselben Stellen liegt. Be-
findet sich innerhalb dieses Theils der Kette
keine Spannung, so wird ΔO = o und man erhält
26) Die voltaische Säule, welche eine Zu-
sammensetzung aus vielen einander gleichen, ein-
fachern Ketten ist, verdient schon deshalb, weil
sich an sie so mannigfaltige Resultate der Ver-
suche anschlieſsen, hier noch eine besondere Be-
rücksichtigung.
Stellt A die Summe der Spannungen einer
geschlossenen galvanischen Kette vor und L ihre
reduzirte Länge, so ist, wie wir wissen, die Gröſse
ihres Stromes
Denken wir uns nun n solche, der vorigen völ-
lig gleiche, aber offene Ketten, und bringen wir
stets das Ende der einen mit dem Anfange der
folgenden in unmittelbare Verbindung dergestalt,
daſs zwischen je zwei Ketten keine neue Spannung
eintritt und daſs alle vorigen Spannungen nach
wie vor dieselben bleiben, so ist die Gröſse des
Stromes dieser in sich geschlossenen voltaischen
Verbindung offenbar
also der in der einfachen Kette gleich. Diese
Gleichheit des Stromes findet aber nicht mehr
statt, wenn in beide ein neuer Leiter, den wir
den Zwischenleiter nennen wollen, eingeschoben
wird. Bezeichnen wir nämlich die reduzirte
Länge dieses Zwischenleiters durch Λ, so wird,
wenn durch ihn keine neue Spannung herbeige-
führt wird, die Gröſse des Stromes in der einfa-
chen Kette
und in der aus n solchen Elementen gebildeten
voltaischen Zusammensetzung
oder
also in der letztern Kette stets gröſser, als in der
erstern, und zwar findet ein allmäliger Uebergang
statt von der Gleichheit der Wirkung, die sich
zeigt, wenn Λ verschwindet, bis dahin, wo die
voltaische Verbindung die Wirkung der einfa-
chen Kette n mal übertrifft, welcher Umstand
eintritt, wenn Λ unvergleichlich gröſser als nL
ist. Stellt man sich unter Λ die relative Länge
des Körpers vor, auf welchen die Kette durch
die Kraft ihres Stromes wirken soll, so folgt aus
den eben vorgebrachten Bemerkungen, daſs am
vortheilhaftesten eine kräftige einfache Kette an-
gewendet wird, wenn Λ sehr klein ist in Ver-
gleich zu L, dagegen die voltaische Säule, wenn
Λ sehr groſs ist in Vergleich zu L.
Wie muſs aber in jedem besondern Falle
ein gegebener galvanischer Apparat zusammenge-
setzt werden, damit er die gröſste Wirkung her-
vor bringe? Wir nehmen bei der Lösung dieser
Aufgabe an, daſs man eine bestimmte Flächen-
gröſse z. B. von Kupfer und Zink besitze, aus
der man nach Gefallen ein einziges groſses Plat-
tenpaar, oder auch beliebig viele, jedoch in dem-
selben Verhältnisse kleinere Plattenpaare bilden
kann, und auſserdem noch, daſs die zwischen
den beiden Metallen befindliche Flüssigkeit stets
dieselbe und von derselben Länge sei, welche
letztere Annahme nichts anders sagen will, als
daſs die beiden Metalle, zwischen denen sich die
Flüssigkeit befindet, unter allen Umständen die-
selbe Entfernung von einander beibehalten.
Es sei Λ die reduzirte Länge des Körpers,
auf welchen der elektrische Strom wirken soll, L
die reduzirte Länge des Apparates, wenn er zur
einfachen Kette gebildet worden ist, und A sei
dessen Spannung, so ist, wenn er in eine voltai-
sche Verbindung aus x Elementen umgebildet
wird, seine nunmehrige Spannung xA, und die
reduzirte Länge eines jeden der jetzigen Elemente
xL, demnach die reduzirte Länge aller x Ele-
mente x2L, folglich die Gröſse der Wirkung in
der voltaischen Zusammensetzung aus x Elementen
Dieser Ausdruck erhält seinen gröſsten Werth
, wenn wird. Man sieht
hieraus, daſs der Apparat in Gestalt einer einfa-
chen Kette am vortheilhaftesten ist, so lange Λ
nicht gröſser als L ist; dagegen tritt die voltai-
sche Zusammensetzung mit Nutzen ein, wenn Λ
gröſser als L ist, und zwar wird sie am besten
aus 2 Elementen gebaut, wenn Λ viermal gröſser
ist als L, aus 3 Elementen, wenn Λ neunmal
gröſser ist als L, und so fort.
27) Der Umstand, daſs die Gröſse des Stro-
mes an allen Stellen der Kette immer dieselbe
bleibt, bietet uns ein Mittel dar, seine Wirkung
zu vervielfachen, da, wo er sie nach auſsen hin-
richtet, welcher Fall bei dem Einflusse des Stro-
mes auf die Richtung der Magnetnadel sich er-
eignet. Wir wollen der Anschaulichkeit halber
festsetzen, daſs zur Prüfung der Wirkung des
Stromes auf die Magnetnadel jedesmal ein Theil
der Kette zu einem Kreise von bestimmtem Halb-
messer umgeformt und in den magnetischen Me-
ridian so gestellt werde, daſs sein Mittelpunkt
mit dem Umdrehungspunkte der Nadel zusammen
fällt. Mehrere solche aus der Kette völlig auf
dieselbe Weise gebildete und von einander ge-
schiedene Windungen werden einzeln genommen,
wegen der Gleichheit des Stromes in jeder, gleich
starke Wirkungen auf die Magnetnadel hervor-
bringen; denken wir sie uns daher so neben ein-
ander gereiht, daſs sie zwar noch immer durch
eine nichtleitende Schicht von einander getrennt
bleiben, aber doch so dicht beisammen liegen,
daſs die Stellung einer jeden gegen die Magnet-
nadel als dieselbe angesehen werden kann, so
werden sie eine in dem Maaſse gröſsere Wirkung
auf die Nadel hervorbringen, als ihre Anzahl
gröſser wird. Eine solche Vorrichtung wird
Multiplikator genannt.
Es sei nun A die Summe der Spannungen
irgend einer Kette und L ihre reduzirte Länge,
ferner Λ die reduzirte Länge eines zu einem Mul-
tiplikator aus n Windungen umgeformten Zwi-
schenleiters, so ist, wenn wir die reduzirte Länge
einer solchen Windung mit λ bezeichnen, Λ =
nλ und nun die Wirkung des Multiplikators auf
die Magnetnadel dem Werthe
proportional. Die Wirkung einer solchen Win-
dung der Kette ohne Multiplikator ist aber nach
demselben Maaſsstabe
wobei wir uns das Stück der Kette, woraus die
Windung genommen wird, ganz von derselben
Beschaffenheit wie am Multiplikator denken wol-
len; sonach ist der Unterschied zwischen der
vorigen und dieser Wirkung
welcher positiv oder negativ wird, je nachdem
nL gröſser oder kleiner als L + nλ ist. Es
wird folglich die Wirkung auf die Magnetnadel
durch den aus n Windungen gebildeten Multi-
plikator verstärkt oder geschwächt, je nachdem
die nfache reduzirte Länge der Kette ohne Zwi-
schenleiter gröſser oder kleiner ist, als die ganze
reduzirte Länge der Kette mit dem Zwischenleiter.
Ist nλ unvergleichlich gröſser als L, so wird
die Wirkung des Multiplikators auf die Nadel
Diesem Werthe, welcher die äuſserste Grenze
der Wirkung durch den Multiplikator anzeigt,
dieser mag verstärkend oder schwächend wirken,
kommen mehrere merkwürdige Eigenschaften zu,
die wir kurz andeuten wollen. Es wird dabei
stets vorausgesetzt, daſs der Multiplikator aus so
vielen Windungen gebildet sei, daſs die Gröſse
seiner Wirkung ohne fühlbaren Fehler jenem
Grenzwerthe gleich gesetzt werden könne.
Da die Wirkung einer Windung der Kette
ist, während die Wirkung des Multiplikators
in Verbindung mit derselben Kette ist, so er-
hellet, daſs beide Wirkungen sich zu einander
verhalten wie die reduzirten Längen λ und L;
kennt man also beide Wirkungen und eine von
beiden reduzirten Längen, so läſst sich die andere
finden, und eben so läſst sich eine von den bei-
den Wirkungen aus der andern und den beiden
reduzirten Längen angeben.
Da die Grenzwirkung des Multiplikators
ist, so wächst sie bei einem unveränderlichen λ
in demselben Verhältnisse, als die Summe der
Spannungen A in der Kette zunimmt; man kann
daher durch die Vergleichung der Grenzwirkun-
gen eines und desselben Multiplikators an ver-
schiedenen Ketten zur Bestimmung ihrer relativen
Spannungen gelangen. Zugleich ersieht man, daſs
die Grenzwirkung des Multiplikators wächst, wenn
mehrere einfache Ketten zu einer voltaischen Ver-
bindung zusammengesetzt werden, und zwar in
geradem Verhältnisse der Anzahl aller Elemente.
Auf solche Weise kann man in Fällen, wo der
Multiplikator in Verbindung mit der einfachen
Kette schwächend wirkt, es dahin bringen, daſs
er jede beliebige Verstärkung zeigt.
Nennen wir die wirkliche Länge einer Win-
dung des Multiplikators l, sein Leitungsvermögen
κ und seinen Querschnitt ω, so ist und
deshalb die Grenzwirkung des Multiplikators
woraus folgt, daſs an einer und derselben Kette
die Grenzwirkungen zweier Multiplikatoren von
gleich groſsen Windungen sich zu einander ver-
halten, wie die Produkte aus ihrem Leitungsver-
mögen und ihrem Querschnitte. Diese Grenz-
wirkungen verhalten sich also bei zwei Multipli-
katoren, die in Nichts von einander abweichen,
als daſs sie aus zwei verschiedenen Metallen ge-
bildet sind, wie die Leitungsfähigkeiten dieser
Metalle, und wenn die Multiplikatoren aus glei-
chen Windungen und aus einerlei Metall beste-
hen, so verhalten sich ihre Grenzwirkungen wie
ihre Querschnitte.
Allen diesen Bestimmungen liegt jedoch die
Voraussetzung zum Grunde, daſs die Wirkung
eines Theils der Kette auf die Magnetnadel unter
übrigens gleichen Umständen der Gröſse des
Stromes proportional sei. Die Rechtmäſsigkeit
dieser Voraussetzung haben indessen direkte Ver-
suche schon früher an den Tag gelegt.
28) Wir wenden uns nun zur Betrachtung
N
einer mehrfachen zu gleicher Zeit bestehenden
Leitung. 8tellt man sich nämlich eine offene
Kette vor, deren getrennte Enden durch mehrere
neben einander fortlaufende Leiter mit einander
verbunden werden, so läſst sich die Frage auf-
werfen, nach welchem Gesetze sich der Strom
in die einzelnen neben einander liegenden Leiter
vertheilen werde. Man könnte bei der Beantwor-
tung dieser Frage wieder unmittelbar von den
in No. 11. bis 13. enthaltenen Betrachtungen
ausgehen, aber einfacher werden wir das Gesuchte
aus der in No. 25. entdeckten Eigenthümlichkeit
galvanischer Ketten herholen, wobei wir der Ein-
fachheit halber voraussetzen, daſs weder durch
das Oeffnen der Kette eine der alten Spannun-
gen aufgehoben, noch durch die in sie hinein
gebrachten Leiter eine neue Spannung eingeführt
werde.
Stellen nämlich λ, λ′, λ″ etc. die reduzirten
Längen der mit den Enden der geöffneten Kette
in Verbindung gebrachten Leiter vor, und α den
Unterschied der an den Enden der Kette befind-
lichen elektroskopischen Kräfte, nachdem die
Leiter in sie hinein gebracht worden sind, so wird,
weil nach der Voraussetzung durch die Leiter
keine neue Spannung eingeführt wird, derselbe
Unterschied auch an den Enden der einzelnen
Nebenleiter hervortreten. Da nun nach No. 13.
die Gröſse des Stromes in der Kette der Summe
aller Ströme in den Nebenleitern gleich sein muſs,
so kann man sich die Kette in eben so viel Theile,
als Nebenleiter vorhanden sind, gespaltet denken,
dann ist nach No. 25. die Gröſse des Stromes
in jedem Nebenleiter und in dem ihm entspre-
chenden Theile der Kette beziehlich
woraus sich zunächst ergibt, daſs die Gröſse des
Stromes in jedem Nebenleiter im umgekehrten
Verhältnisse zu seiner reduzirten Länge stehe.
Denkt man sich nun einen Leiter von solcher
Beschaffenheit, daſs er, statt aller Nebenleiter in
die Kette gebracht, den Strom derselben in
Nichts ändere, so muſs erstlich nach No. 25. α
denselben Werth behalten, und, wenn wir durch
Λ die reduzirte Länge dieses Leiters bezeichnen,
muſs noch auſserdem sein
N 2
Aus vorstehenden Entwickelungen läſst sich
nun der Schluſs ziehen, daſs, wenn A die Summe
aller Spannungen und L die ganze reduzirte
Länge der Kette ohne Nebenleiter bezeichnet, die
Gröſse des Stromes, während die Nebenleiter mit
der Kette in Verbindung sind, ausgedrückt werde:
in der Kette selber durch
in dem Nebenleiter, dessen reduzirte Länge λ
ist, durch
in dem Nebenleiter, dessen reduzirte Länge λ′
ist, durch
in dem Nebenleiter, dessen reduzirte Länge λ″
ist, durch
und so fort, wo für Λ sein aus der Gleichung
entnommener Werth zu setzen ist.
29) Daſs im Vorhergehenden der galvani-
sche Strom an allen Orten der Kette von glei-
cher Gröſse gefunden worden ist, kam daher,
weil der aus der Gleichung
gezogene Werth von konstant war. Dieser
Umstand fällt weg, wenn wir von einer der in
No. 22. und 23. gegebenen Gleichungen ausge-
hen. In allen diesen Fällen wird von x ab-
hängig, welches zu erkennen gibt, daſs die Gröſse
des Stromes an verschiedenen Stellen der Kette
verschieden ist. Wir können hieraus den Schluſs
ziehen, daſs der elektrische Strom nur dann an
allen Orten der Kette von gleicher Stärke ist,
wenn die Kette bereits einen bleibenden Zustand
angenommen hat, und keine fühlbare Einwirkung
der Luft auf sie Statt findet. Diese Eigenthüm-
lichkeit scheint auch am geeignetsten, um durch
die Erfahrung zu ermitteln, ob die Luft auf eine
galvanische Kette einen merklichen Einfluſs aus-
übe oder nicht, darum wollen wir diesen Fall
noch mit einiger Ausführlichkeit vornehmen.
Da nach No. 12. die Gröſse des elektrischen
Stromes durch die Gleichung
gegeben wird, so hat man in jedem besondern
Falle nur den Werth von aus der zur Be-
stimmung der elektroskopischen Kraft gefundenen
Gleichung zu nehmen, und ihn in die vorstehende
zu setzen. So ist für eine Kette, welche ihren
bleibenden Zustand angenommen hat, auf die
aber die umgebende Luft einen fühlbaren Ein-
fluſs ausübt, nach No. 22.
wobei a die Spannung an der Erregungsstelle
und b die Summe der diesseits und jenseits zu-
nächst an der Erregungsstelle befindlichen elek-
troskopischen Kräfte vorstellt. Hieraus erhält man
Dieser Ausdruck gibt die Gröſse des Stromes an
jeder Stelle der Kette zu erkennen; man kann
aber das Gesetz, nach welchem sich die Aende-
rung des Stromes an verschiedenen Stellen der
Kette richtet, bequemer auf folgende Weise zur
Anschauung bringen. Differenzirt man nämlich
die Gleichung
so erhält man die Gleichung
und durch die Multiplication der beiden
Setzt man nun statt seinen Werth β2u, wie
man ihn aus der Gleichung
erhält, so wird
und hieraus erhält man durch Integration
wo c eine noch zu bestimmende Konstante vor-
stellt. Bezeichnen wir durch u′ den kleinsten
absoluten Werth, welchen u im Umfange der
Kette einnimmt, und durch S′ den entsprechen-
den Werth von S, und bestimmen dem gemäſs
die Konstante c, so erhalten wir
Aus dieser Gleichung läſst sich nun ohne Mühe
ableiten, daſs der Strom einer Kette, auf welche
die Luft Einfluſs hat, da am schwächsten ist, wo
die elektroskopische Kraft, ohne Rücksicht auf
das Zeichen, am kleinsten ist, und daſs er an
Stellen, die gleiche, aber entgegengesetzte, elektro-
skopische Kräfte besitzen, von derselben Gröſse
ist.
Anhang.
Ueber
die chemische Kraft
der galvanischen Kette.
Ueber die Quelle und die Art der chemischen
Veränderungen in einer galvanischen Kette,
und über die Natur des davon abhängigen
Wogens ihrer Kraft.
30) In vorliegender Abhandlung haben wir
stets vorausgesetzt, daſs die Körper, welche von
dem elektrischen Strome ergriffen werden, in ihm
unausgesetzt dieselben bleiben; nun aber wollen
wir auf die Einwirkung des Stromes in die ihm
unterworfenen Körper, und auf die daraus mög-
licher Weise hervorgehenden Aenderungen in
ihrer chemischen Beschaffenheit, so wie auf die
durch Rückwirkung veranlaſsten Aenderungen des
Stromes selbst Rücksicht nehmen. Wenn, was
wir hier geben, auch den Gegenstand noch bei
weitem nicht erschöpft, so zeigt doch schon unser
erster Versuch, daſs wir auf diesem Wege wich-
tigen Aufschlüssen über das Verhalten der Elek-
trizität zu den Körpern entgegen gehen.
Um festen Fuſs zu fassen, kehren wir wie-
der zu dem zurück, was von No. 1. bis No. 7.
gesagt worden ist, und knüpfen an die dortigen
Benennungen und Entwickelungen unsere jetzigen
Betrachtungen an. Wir denken uns daher zwei
Körperelemente, und bezeichnen durch s ihre
gegenseitige Entfernung, durch u und u′ ihre
elektroskopischen Kräfte, die wir in allen Punk-
ten eines und desselben Elementes von gleicher
Stärke annehmen, dann ist, wie sich aus Obigem
leicht abnehmen läſst, die abstoſsende Kraft zwi-
schen diesen beiden Elementen dem Zeittheilchen
dt, dem Produkte uu′, und auſserdem noch einer
von der Lage, Gröſse und Gestalt der beiden
Elemente abhängigen Funktion, die wir mit F′
bezeichnen wollen, proportional; man erhält dem-
nach für die abstoſsende Kraft zwischen beiden
Elementen den Ausdruck
Verfahren wir hier wieder auf dieselbe Weise
wie in No. 6., und verstehen unter dem Einwir-
kungsmomente κ′ zwischen zwei Orten das Pro-
dukt aus der unter völlig bestimmten Umständen
zwischen beiden sich erzeugenden Kraftäuſserung
q′ in ihre mittlere Entfernung s′, so daſs also
und bestimmen q′ in der Art, daſs wir u=u′=1
in dem Ausdrucke F′ uu′ dt setzen und die Wir-
kung auf die Zeiteinheit ausdehnen, so wird
woraus folgt
Denken wir uns nun, wie schon in No. 11.
geschehen ist, die prismatische Kette in lauter
gleich groſse, unendlich dünne Scheiben zerlegt,
und nennen M′, M, M͵ diejenigen unmittelbar
auf einander folgenden, welche zu den Abscissen
x + dx, x,′x — dx gehören, so ist, nach dem,
was eben gezeigt worden ist, der Druck, welchen
die Scheibe M′ auf die Scheibe M ausübt,
und wenn wir annehmen, daſs die Lage, Gröſse
und Gestalt der Körperelemente in allen Scheiben
dieselbe bleibt, so daſs die Funktion F′ von ei-
ner Scheibe zur andern sich nicht ändert, so ist
der Gegendruck, den die Scheibe M͵ auf die
Scheibe M ausübt,
der Unterschied dieser beiden Eindrücke, nämlich
gibt, sonach die Gröſse der Kraft zu erkennen,
womit die Scheibe M längs der Achse der Kette
sich hinzubewegen strebt. Diese Kraft wirkt ge-
gen die Richtung der Abscissen, wenn ihr Werth
positiv ist, und in der Richtung der Abscissen,
wenn er negativ ist.
Setzen wir für u′ — u͵ seinen aus den in
No. 11. für u′ und u͵ gegebenen Entwickelungen
hervorgehenden Werth, so verwandelt sich der
eben gefundene Ausdruck in folgenden
und nehmen wir statt der von der Natur eines
jeden Körpers abhängigen Funktion F′ ihren
Werth , so geht jener Ausdruck, weil das
dortige s′ hier offenbar dx ist, über in
oder wenn wir das, auf die Gröſse des Quer-
schnittes ω sich beziehende Einwirkungsmoment
κ′ auf die Flächeneinheit zurückführen, und zu-
gleich die Wirkung auf die Zeiteinheit ausdeh-
nen, in
wo das jetzige κ′ die Gröſse des auf die Flächen-
einheit bezogenen Einwirkungsmomentes bezeich-
net. Schreiben wir diesen letzten Ausdruck so:
wobei κ das absolute Leitungsvermögen der Kette
vorstellt, und setzen wir für κω , wodurch in
Folge der Gleichung (b) (No. 12.) die Gröſse
des elektrischen Stromes ausgedrückt wird, das
dafür gewählte Zeichen S, und i für , so ver-
wandelt er sich in
Wir sehen hieraus, daſs die Kraft, womit die
einzelnen Scheiben in der Kette sich zu bewegen
streben, der in ihnen wohnenden elektroskopi-
schen Kraft sowohl, als der Gröſse des Stromes
proportional ist, und daſs diese Kraft ihre Rich-
tung an der Stelle der Kette ändert, wo die
Elektrizität aus dem einen in den entgegen ge-
setzten Zustand übergeht. Und es findet hierbei
der nicht zu übersehende Umstand Statt, daſs
jener Ausdruck noch gültig bleibt, wenn auch
die elektroskopische Kraft u des Elementes M in
dem Augenblicke der Wirkung durch irgend Ur-
sachen in eine beliebige andere, abnormale U
abgeändert wird, während die elektroskopischen
Kräfte der Nachbarelemente dieselben bleiben;
nur muſs dann in dem Ausdrucke 2 i u S der
Werth U für u gesetzt werden. Uebrigens ist
zu bemerken, daſs der gefundene Ausdruck 2i u S
sich auf die ganze Ausdehnung des Querschnittes
ω bezieht, welcher dem Theile der Kette ange-
hört, den man gerade vor Augen hat; will man
dieselbe bewegende Kraft der Kette auf die Flä-
cheneinheit zurück führen, so muſs man jenen
Ausdruck noch mit der Gröſse des Querschnittes
ω dividiren.
Ueber das Kausalverhältniſs zwischen dem
Gesetze der elektrischen Anziehungen und Ab-
stoſsungen und dem der Elektrizitätsverbreitung,
oder über die Abhängigkeit der Funktionen κ
und κ′ von einander, wollen wir jetzt keine weitern
Untersuchungen anstellen, da sich dazu in Kurzem
eine Gelegenheit darbieten wird. Wir begnügen
uns hier mit der Bemerkung, daſs obige Darstel-
lungsweise aus dem Bestreben hervor gegangen
ist, die Gleichheit der Behandlung in der Elek-
trizitäts- und in der Wärmelehre recht anschau-
lich zu machen.
31) Ohne diese Bedingungen zu einer äu-
ſsern Ortsveränderung der Theile einer galvani-
schen Kette weiter zu verfolgen, wenden wir uns
sogleich zu jenen Umwandlungen, welche durch
den elektrischen Strom in der qualitativen Be-
schaffenheit der Kette, d. h. in der innern Bezie-
hung der Theile zu einander herbei geführt wer-
den, und aus der elektrochemischen Theorie der
Körper ihre Erklärung erhalten. Dieser Theorie
gemäſs müssen wir die zusammengesetzten Körper
als eine Vereinigung von Bestandtheilen ansehen,
die ungleichen elektrischen Werth, oder mit an-
dern Worten, ungleiche elektroskopische Kraft
besitzen. Es unterscheidet sich aber diese in den
Bestandtheilen der Körper ruhende elektroskopi-
sche Kraft von der, welche wir bisher betrachtet
haben, darin, daſs sie an das Wesen der Körper-
O
elemente gekettet ist, und von dem einen zum
andern nicht übergehen kann, ohne daſs die ganze
Art des Seins der Körpertheile aufgehoben würde.
Beschränken wir uns daher in nachstehenden Be-
trachtungen auf den Fall, wo zwar Aenderungen
in dem quantitativen Verhältnisse der Bestand-
theile und darum chemische Veränderungen des
aus diesen Bestandtheilen zusammen gesetzten
Körpers eintreten, die Bestandtheile selbst aber
keiner ihre Natur aufhebenden Veränderung aus-
gesetzt sind, so können wir alle oben von elektri-
schen Körpern in Beziehung auf ihre gegenseitige
Anziehung oder Abstoſsung entwickelten Gesetze
auch hier wieder geltend machen, nur der Ueber-
gang der Elektrizität von einem Elemente zum
andern fällt bei der Betrachtung chemisch diffe-
renter Bestandtheile ganz weg. Es tritt hier in
Bezug auf Elektrizität eine Unterscheidung ein,
die der ganz ähnlich ist, welche wir bei der
Wärme dadurch zu bezeichnen pflegen, daſs wir
sie bald gebundene, bald freie Wärme nennen.
Der Kürze wegen werden wir ebenfalls diejenige
elektroskopische Kraft, welche zum Wesen der
Bestandtheile gehört, deren sich die Bestandtheile
daher auch nicht entäuſsern können, ohne damit
ihre Art des Seins zugleich aufzugeben, die an
die Körper gebundene Elektrizität nennen, und
freie Elektrizität diejenige, welche zum Fortbe-
stehen der Körper in ihrer Besonderheit nicht
erforderlich ist, und die daher einen Uebergang
von dem einen Körpertheile zum andern haben
kann, ohne daſs deshalb die einzelnen Theile ge-
zwungen würden, ihre spezifische Art des Seins
mit einer andern zu vertauschen.
32) Aus diesen in der Elektrochemie aufge-
stellten Voraussetzungen, in Verbindung mit dem,
was in Nr. 30. über die Art, wie die galvanische
Kette auf Scheiben von verschiedener elektrischer
Beschaffenheit eine verschiedene mechanische Ge-
walt ausübt, gesagt worden ist, folgt nun sogleich,
daſs, wenn eine zur Kette gehörige Scheibe aus
Bestandtheilen von ungleichem elektrischen Wer-
the zusammen gesetzt ist, die Nachbarscheiben
auf diese beiden Bestandtheile eine ungleiche an-
ziehende oder abstoſsende Wirkung äuſsern wer-
den, wodurch in ihnen ein Bestreben, sich von
einander zu entfernen, rege gemacht wird, wel-
ches, wenn es ihren Zusammenhang zu überwin-
O 2
den im Stande ist, eine wirkliche Trennung der
Bestandtheile nach sich ziehen muſs. Wir wol-
len dieses Vermögen der galvanischen Kette, wo-
mit sie die Körperelemente in ihre Bestandtheile
zu zerlegen strebt, ihre zersetzende Kraft nen-
nen, und darauf ausgehen, die Gröſse dieser Kraft
näher zu bestimmen.
Indem wir zu diesem Behufe alle in No. 30.
eingeführten Bezeichnungen auch hier noch gelten
lassen, denken wir uns auſserdem jede Scheibe
aus zwei Bestandtheilen A und B zusammenge-
setzt, und bezeichnen durch m und n die gebun-
denen elektroskopischen Kräfte der Bestandtheile
A und B, wenn die Scheibe M blos mit dem
einen von beiden, unter gänzlichem Ausschlusse
des andern, angefüllt wäre, gleichwie u die in der-
selben Scheibe vorhandene, über beide Bestand-
theile gleichmäſsig verbreitete, freie elektroskopi-
sche Kraft vorstellt. Nehmen wir nun zur Ver-
einfachung der Rechnung an, daſs die beiden
Bestandtheile A und B vor und nach ihrer Ver-
einigung stets dieselbe Summe der Räume be-
haupten, und bezeichnen die gebundene, dem je-
desmaligen Mischungsverhältnisse entsprechende,
in der Scheibe M enthaltene, von dem Bestand-
theile A herrührende, elektroskopische Kraft durch
mz, so drückt n (1 — z) die gebundene, in der-
selben Scheibe M vorhandene, von dem Bestand-
theile B herrührende, elektroskopische Kraft
aus. — Denn die Intensität der über einen Körper
verbreiteten Kraft nimmt in dem Maaſse ab, in
welchem der Raum, den der Körper einnimmt,
gröſser wird, weil durch die vermehrte Entfer-
nung der Körpertheilchen von einander ihre auf
eine bestimmte Ausdehnung bezogene Wirkungs-
summe in demselben Maaſse vermindert wird.
Wenn aber zwei Bestandtheile sich zu einem Ge-
mische vereinen, dadurch, daſs sich beide einan-
der wechselseitig durchdringen, so dehnt sich je-
der über den ganzen Raum des Gemisches aus;
deshalb nimmt die Intensität der eigenthümlichen
Kraft eines jeden Bestandtheiles durch die Mi-
schung in demselben Verhältnisse ab, in welchem
der Raum des Gemisches gröſser ist, als der Raum,
den jeder Bestandtheil vor der Mischung einnahm.
Bezeichnet mithin z das Verhältniſs des Raumes,
welchen der in der Scheibe M befindliche Be-
standtheil A vor der Mischung einnimmt, zu dem
Raume, welchen das Gemisch in der Scheibe M
ausfüllt, und also, weil wir annehmen, daſs beide
Bestandtheile vor und nach der Mischung dieselbe
Summe ihres Rauminhaltes behaupten, 1 — z das-
selbe Verhältniſs hinsichtlich des Bestandtheiles
B, so stellen, weil m und n die elektroskopischen
Kräfte der Bestandtheile A und B vor der Mi-
schung bezeichnen, mz und n (1 — z) die gebun-
denen elektroskopischen Kräfte der Bestandtheile
A und B vor, welche dem jedesmaligen Mischungs-
verhältnisse der Scheibe M entsprechen, und zu-
gleich geht aus dem Gesagten hervor, daſs die
veränderlichen Werthe z und 1 — z die Grenzen
o und 1 nicht überschreiten können.
Um den, einem jeden Bestandtheile zukom-
menden, Antheil von der freien Elektrizität u er-
mitteln zu können, wollen wir annehmen, daſs
sich diese über die einzelnen Bestandtheile im
Verhältnisse ihrer Massen verbreite. Bezeichnet
man daher beziehlich durch α und β die Massen
der Bestandtheile A und B, wenn jeder für sich,
mit Ausschluſs des andern, die ganze Scheibe er-
füllte, so stellen αz und β (1 — z) die Massen
der in der Sceheib M vereinigten Bestandtheile
A und B vor; es kommen folglich den Bestand-
theilen A und B von der freien Elektrizität u die
Antheile
und
zu, wofür wir der Kürze wegen
schreiben wollen.
Zieht man nun das, was in Nr. 30. über die
bewegende Kraft der galvanischen Kette gesagt
worden ist, in Erwägung, so ergibt sich sogleich,
daſs das Bestreben des Bestandtheiles A zur Be-
wegung längs der Kette ausgedrückt wird durch
oder das des Bestandtheiles B durch
In beiden Fällen gibt ein positiver Werth des
Ausdruckes zu erkennen, daſs der Druck gegen
die Richtung der Abscissen geschieht; ein negati-
ver Werth dagegen zeigt an, daſs der Druck in
der Richtung der Abscissen ausgeübt wird. Um
aus diesen einzelnen Bestrebungen der Bestand-
theile die Kraft abzuleiten, mit der beide bemüht
sind, sich von einander loszureisen, müssen wir
bedenken; daſs diese Kraft durch den doppelten
Unterschied zwischen den Bewegungsgröſsen, die
jeder Bestandtheil für sich annähme, wenn er mit
dem andern durch gar keinen Zusammenhang
verknüpft wäre, und jenen Bewegungsgröſsen, die
jeder Bestandtheil annehmen müſste, wenn er mit
dem andern fest verbunden wäre, gegeben wird.
Auf solche Weise findet man nun ohne Mühe
für die zersetzende Kraft der Kette folgenden
Ausdruck:
durch welchen wir erfahren, daſs die zersetzende
Kraft der Kette dem elektrischen Strome und
auſserdem einem von der chemischen Beschaffen-
heit einer jeden Stelle der Kette abhängigen Koef-
fizienten proportional ist.
Erhält dieser Ausdruck einen positiven Werth,
so zeigt dieſs an, daſs die Losreisung des Be-
standtheiles A gegen die Richtung der Abscissen,
die des Bestandtheiles B in der Richtung der
Abscissen erfolge; erhält aber jener Ausdruck ei-
nen negativen Werth, so gibt dieſs eine Losrei-
sung im enteggen gesetzten Sinne zu erkennen.
Uebrigens nimmt man auf den ersten Blick wahr,
daſs die zersetzende Kraft der Kette stets durch
den absoluten Werth des Ausdruckes bestimmt
wird.
Ist α = β, so verwandelt sich die zersetzende
Kraft der Kette in
Ist m z + n (1 — z) = o, d. h., sind die,
in den vereinigten Bestandtheilen herrschenden,
gebundenen elektroskopischen Kräfte gleich und
entgegen gesetzt, oder, was dasselbe sagen will,
ist der in der Scheibe M befindliche Körper voll-
kommen neutral, in welchem Falle m und n stets
entgegengesetzte Werthe haben, so erhält man
für die zersetzende Kraft der Kette folgenden
Ausdruck:
Die Form des für die zersetzende Kraft der
Kette gefundenen allgemeinen Ausdruckes gibt
zu erkennen, daſs diese Kraft verschwindet: Er-
stens, wenn S = o, d. h., wenn kein elektrischer
Strom vorhanden ist; zweitens, wenn z = o oder
z = 1, d. h., wenn der zu zersetzende Körper
nicht zusammen gesetzt ist; drittens, wenn
mβ — nα = o ist, d. h., wenn die Dichtigkeiten
der Bestandtheile den in ihnen liegenden, gebun-
denen elektroskopischen Kräften proportional
sind, welcher Umstand bei Bestandtheilen von
entgegengesetzter elektrischer Beschaffenheit nie
eintreten kann.
Alle hier für die zersetzende Kraft der Kette
gegebenen Ausdrücke erstrecken sich über den
ganzen, zur betreffenden Stelle gehörigen, Quer-
schnitt; will man den Werth der zersetzenden
Kraft auf die Flächeneinheit zurückführen, so
muſs man jenen Ausdruck noch mit der Gröſse
des Querschnittes dividiren, wie in No. 30. an ei-
nem ähnlichen Beispiele schon erinnert worden ist.
33) Ist diese zersetzende Kraft der Kette im
Stande, den durch ihren elektrischen Gegensatz
bedingten Zusammenhang der in der Scheibe
liegenden Bestandtheile zu überwinden; so hat
dieſs nothwendig eine Veränderung in dem Mi-
schungsverhältnisse der Bestandtheile zur Folge.
Eine solche Aenderung in der physischen Kon-
stitution der Kette muſs aber zugleich auf den
elektrischenStro m selbst rückwirkend sein und
in ihm Veränderungen hervor rufen, deren nä-
here Kenntniſs wünschenswerth ist, weshalb wir,
dahin zu gelangen, die Mühe nicht scheuen wollen.
Wir denken uns zu dem Ende auf eine
Strecke der galvanischen Kette einen flüssigen
homogenen Körper, in welchem eine solche Zer-
setzung wirklich vor sich gehet, so werden auf
allen Punkten dieser Strecke die Elemente der
einen Art mit gröſserer Kraft nach der einen
Seite der Kette sich hinzubewegen streben, als
die der andern Art, und weil wir voraussetzen,
daſs durch die wirkenden Kräfte der Zusammen-
hang beider Bestandtheile überwunden wird, so
folgt, wenn wir auf die Natur flüssiger Körper
gehörig Rücksicht nehmen, daſs die einen Be-
standtheile sich in der That nach der einen, die
andern Bestandtheile hingegen nach der andern
Seite der Strecke hinziehen müssen, wodurch
nothwendig auf der einen Seite ein Uebergewicht
vom Bestandtheile der einen Art, auf der andern
Seite hingegen ein Uebergewicht vom Bestand-
theile der andern Art hervorgebracht wird. So
wie aber ein Bestandtheil auf der einen Seite ir-
gend einer Scheibe überwiegend ist, wird er sich
durch sein Uebergewicht der Bewegung des glei-
chen Bestandtheiles in der Scheibe nach seiner
Seite hin, in Folge der zwischen beiden Statt
findenden repulsiven Kraft, widersetzen; daher
hat die zersetzende Kraft jetzt nicht nur den Zu-
sammenhang zwischen beiden Bestandtheilen in
der Scheibe zu überwinden, sondern auſserdem
auch noch die gegenwirkende Kraft in den Nach-
barscheiben. Nun können zwei Fälle eintreten,
entweder überwiegt die zersetzende Kraft des elek-
trischen Stromes fortwährend alle sich ihr ent-
gegensetzenden Kräfte, und dann endigt sich die
Wirkung offenbar mit einer gänzlichen Trennung
der Bestandtheile, wobei die ganze Masse des
einen sich nach dem einen Ende der Strecke hin-
zieht, und die ganze Masse des andern Bestand-
theiles wird nach dem andern Ende dieser Strecke
hingedrängt; oder es findet zwischen den wirken-
den Kräften ein solches Verhältniſs Statt, daſs
die der Trennung widerstehenden Kräfte zu ir-
gend einer Zeit der zersetzenden Kraft das Gleich-
gewicht halten, dann wird von dieser Zeit an
keine fernere Zerlegung mehr Statt finden, und
die Strecke wird sich in einem merkwürdigen Zu-
stande einer besondern Vertheilung der beiden
Bestandtheile befinden, dessen Natur wir nun
erforschen wollen. Nennen wir Z die zersetzende
Kraft des Stromes an irgend einer Scheibe der
in der Zersetzung begriffenen Strecke, Y die
Gröſse der Gegenwirkung, womit die Nachbar-
scheiben der Zersetzung durch den elektrischen
Strom widerstehen, und X die Gröſse des Zu-
sammenhangs der beiden Bestandtheile in der-
selben Scheibe, so wird offenbar der Zustand
einer bleibenden Vertheilung innerhalb der vor-
gestellten Strecke bestimmt werden durch die
Gleichung
und es ist aus der vorigen Nummer schon be-
kannt, daſs
oder wenn wir κω für S setzen
Ehe wir weiter vorwärts schreiten, fügen
wir zu dem eben Gesagten noch folgende Be-
merkungen hinzu. An den Grenzen der in Rede
stehenden Strecke stellen wir uns die Kette so
beschaffen vor, daſs daselbst jeder ferneren Be-
wegung unübersteigliche Hindernisse in den Weg
treten; denn es läſst sich sogleich einsehen, daſs
auſserdem die äuſsersten Schichten beider Be-
standtheile — die, wie in die Augen fällt, von
selbst nie ins Gleichgewicht kommen können —
die Strecke, in welcher wir sie uns bisher immer
vorgestellt haben, verlassen, und entweder an die
nächsten Theile der Kette übergehen, oder aus
irgend andern Gründen von der Kette sich ganz
und gar absondern müſsten. Die zuletzt erwähn-
ten Modifikationen der Erscheinung werden wir
hier nicht weiter verfolgen, obgleich sie in der
Natur häufig angetroffen werden, wie die Was-
serzersetzung, die Oxydation oder Säuerung der
Metalle auf der einen Seite, und eine bisher we-
niger beobachtete, aber durch Pohl’s merkwür-
dige Versuche, über die von ihm sogenannte
Reaktion der Metalle, in ihrem ganzen Umfange
auſser allen Zweifel gesetzte, auf der andern
Seite der Strecke an den Metallen vorfallende,
chemische Aenderungen von entgegengesetzter Art
hinlänglich darthun. Uebrigens wollen wir noch
auf einen Unterschied aufmerksam machen, der
zwischen der oben untersuchten Elektrizitätsver-
breitung und der jetzt betrachteten Molekular-
bewegung Statt findet. Wenn nämlich dieselben
Kräfte, welche vorhin die Leitung der Elektrizi-
tät bewirkten, und dort, gleichsam ohne Leib,
ungehindert mit sich selber kämpfen, hier an
Massen sich üben, durch die ihre freie Wirk-
samkeit beschränkt wird — eine Beschränkung,
die, wir mögen die Elektrizität an sich für etwas
Materielles halten oder nicht, ihre jetzigen Ge-
schwindigkeiten ohne allen Vergleich geringer als
die vorigen machen muſs —, so dürfen wir auf
keinen Fall erwarten, daſs der bleibende Zustand, den
wir jetzt untersuchen, gleich dem oben bei der Elektri-
zitätsvertheilung wahrgenommenen, augenblicklich
eintreten werde; vielmehr haben wir uns darauf
zu versehen, daſs der in dem Mischungsverhält-
nisse beider Bestandtheile erfolgende bleibende
Zustand erst nach einer merklichen, obschon
längern oder kürzern, Zeit eintreten werde.
Nach diesen Bemerkungen gehen wir nun
zur Bestimmung der einzelnen Werthe X und
Y über.
34) Um den Werth X zu erhalten, haben
wir blos zu berücksichtigen, daſs die Stärke des
Zusammenhangs durch die Kraft bestimmt wird,
womit die beiden neben einander gelagerten Be-
standtheile vermöge ihres elektrischen Gegensatzes
sich einander anziehen oder abstoſsen, und also,
wie in No. 30. dargethan worden ist, dem Pro-
dukte aus den, in den Bestandtheilen der Scheibe
M liegenden, gebundenen elektroskopischen Kräf-
ten mz und n (1 — z) proportional, und auſser-
dem von einer aus der Gröſse, Gestalt und Ent-
fernung, der verschiedenartigen Körpertheilchen
herzuholenden Function, die wir mit 4 φ bezeich-
nen wollen, abhängig ist. Es ist demnach, wenn
wir den Zusammenhang auf die Gröſse des Quer-
schnittes ω beziehen,
Wir haben dem für die Gröſse des Zusammen-
hangs gefundenen Ausdrucke das Zeichen — vor-
gesetzt, weil eine gegenseitige Anziehung der Be-
standtheile nur dann erfolgt, wenn m und n ent-
gegengesetzte Zeichen haben; wenn m und n
einerlei Vorzeichen haben, so äuſsern die Bestand-
theile eine zurückstoſsende Wirkung auf einan-
der, die der zersetzenden Kraft nicht mehr hin-
derlich, sondern förderlich ist. Nach dieser Er-
innerung wird man nun auf den ersten Blick
gewahr, daſs der Funktion φ ein positiver oder
negativer Werth beigelegt werden müsse, je
nachdem der für die zersetzende Kraft Z genom-
mene Ausdruck positiv oder negativ ist; daher
springt das Zeichen der Funktion φ in das ent-
gegen gesetzte über, wenn die Richtung der Zer-
setzung von dem einen Bestandtheil auf den an-
dern verlegt wird. Die Natur der Funktion φ
ist uns so wenig bekannt, als die Gröſse und
Gestalt der Körperelemente, von denen sie ab-
hängig ist; indessen können wir bei unserer Un-
tersuchung ihren absoluten Werth als konstant
ansehen, da die Gröſse und Gestalt der auf ein-
ander wirkenden Körpertheilchen als unveränder-
lich gedacht werden muſs, so lange die beiden
Bestandtheile dieselben bleiben, und zudem dürfte
die Annahme, daſs die beiden Bestandtheile in
jedem Mischungsverhältnisse stets dieselbe Summe
der Räume behaupten, eine Berücksichtigung der
gegenseitigen Entfernung der chemisch von ein-
ander verschiedenen Körpertheilchen überflüssig
P
machen, weil schon bei der Bestimmung der in
der Scheibe M liegenden elektroskopischen Kräfte
auf die relativen Entfernungen der Elemente eines
jeden Bestandtheiles unter sich Rücksicht genom-
men worden ist.
35) Um nun die Gröſse der Gegenwirkung
Y zu bestimmen, welche in der Scheibe M der
zersetzenden Kraft durch die gebundene Elektrizi-
tät der Nachbarscheiben entgegen gestellt wird,
haben wir nichts weiter zu thun, als in dem Aus-
drucke für Z statt u die Summe der in der
Scheibe M gebundenen elektroskopischen Kräfte
zu setzen. Da nun die Summe dieser gebunde-
nen Kräfte mz + n (1 — z) ist, so erhält man
zur Bestimmung der Kraft Y, welche durch die
Mischungsänderung der Bestandtheile hervor ge-
bracht wird und der Zersetzung entgegen wirkt,
nach gehöriger Bestimmung des Vorzeichens fol-
gende Gleichung:
Setzen wir nun die für x, y und z gefun-
denen Werthe in die Gleichung
so erhalten wir, naeh Weglassung des gemein-
schaftlichen Faktors 4z (1 — z) und geschehener
Multiplikation der Gleichung durch ,
für die Bedingung des bleibenden Zustandes in
dem Mischungsverhältnisse der beiden Bestand-
theile nachstehende Gleichung:
welche, wenn wir
setzen, übergeht in
Diese Gleichung ändert sich nicht, wie auch
die Natur der Sache verlangt, wenn man m, α,
z und n, β, 1 — z beziehlich mit einander ver-
wechselt, und zugleich das Zeichen von φ in das
entgegengesetzte verwandelt, wie nach der in der
vorigen Nummer beigebrachten Erinnerung ge-
schehen muſs, weil durch diese Verwechselung die
Richtung der Zersetzung von dem einen Bestand-
theile auf den andern übergetragen wird.
36) Um nun aus dieser Gleichung die Art
der Vertheilung beider Bestandtheile in der Flüs-
sigkeit, d. h. den Werth von z ableiten zu kön-
nen, müſsten wir das Leitungsvermögen κ und
die elektroskopische Kraft u an jeder Stelle der
in der Zersetzung begriffenen Strecke kennen, de-
ren Werthe aber selbst wieder von jener Ver-
theilung abhängig sind. Die Erfahrung läſst uns
über die Aenderung der Leitungsfähigkeit, welche
eintritt, wenn zwei Flüssigkeiten in verschiedenen
Verhältnissen mit einander gemischt werden, so-
wohl, als über das Gesetz der Spannungen, wel-
ches verschiedene aus denselben Bestandtheilen,
aber in abgeändertem Verhältnisse gemischte Flüs-
sigkeiten bei der Berührung befolgen, bis jetzt
noch in Ungewiſsheit; denn in Bezug auf das
letztere Gesetz sind, wenn wir nicht irren, noch
gar keine Versuche angestellt, und das Gesetz der
Aenderung in dem Leitungsvermögen einer Flüs-
sigkeit durch Beimischung einer andern ist durch
die hierüber von Gay Lussac und Davy ge
machten Erfahrungen noch nicht entschieden aus-
gemacht. Aus diesem Grunde haben wir uns be-
wogen gefunden, den Mangel an Erfahrung durch
Hypothesen zuzudecken. Wir haben dabei zwar
stets die Natur der fraglichen Wirkung in ihrem
Zusammenhange mit solchen, deren Eigenthüm-
lichkeiten schon bekannter sind, aufzufassen uns
bemüht, aber darum wollen wir die von uns ge-
gebenen Bestimmungen doch für nichts weiter als
für Fiktionen angesehen wissen, die nur so lange
stehen bleiben sollen, bis wir durch die Erfahrung
in den Besitz der wahren Gesetze gekommen sein
werden.
Was nun zunächst die Aenderung in der
Leitungsfähigkeit eines Körpers durch Beimischung
eines andern betrifft, so haben uns dabei folgende
Betrachtungen geleitet. Wir dachten uns zwei
neben einander liegende Theile einer Kette von
einem und demselben Querschnitte ω, deren Län-
gen v und w und deren Leitungsvermögen a und
b sein mögen, so ist, wenn A die Summe der
Spannungen in der Kette und L die reduzirte
Länge des noch übrigen Theils der Kette be-
zeichnet, die Gröſse ihres Stromes, wie sich aus
den oben gefundenen Formeln ergibt, folgende:
Soll nun ein Leiter von der Länge v + w und
dem Leitungsvermögen κ bei demselben Quer-
schnitte, anstatt der beiden vorigen genommen,
den Strom der Kette ungeändert lassen, so muſs
bekanntlich
sein, woraus man findet
Nun ist es aber für die Gröſse des Stromes
völlig gleichgültig, ob die ganze Länge v neben
der ganzen Länge w liege, oder ob aus beiden
irgend wie viele Scheiben gebildet werden, die
man in einer beliebigen Ordnung auf einander
folgen läſst, wenn nur die äuſsersten Theile von
derselben Art bleiben, weil auſserdem eine Aen-
derung in der Summe der Spannungen, somit
auch in der Gröſse des Stromes eintreten könnte.
Dehnen wir dieses für jede mechanische Mengung
gültige Gesetz auch auf die chemische Mischung
aus, so gibt obiger für κ gefundene Werth offen-
bar das Leitungsvermögen des Gemisches zu er-
kennen, wobei jedoch vorausgesetzt worden ist,
daſs die beiden Theile der Kette auch nach der
Mischung noch dieselbe Summe ihrer Räume
einnehmen, denn v und w sind hier augenschein-
lich den Ausdehnungsgröſsen der beiden mit ein-
ander gemischten Körper proportional.
Wenden wir nun dieses Resultat auf unsern
Gegenstand an, und setzen deshalb statt v und
w die Werthe z und 1 — z, welche die Raum-
verhältnisse der beiden Bestandtheile in der
Scheibe M ausdrücken, so erhalten wir, wenn a
die Leitungsfähigkeit des einen Bestandtheils A
und b dasselbe für den Bestandtheil B, ferner
κ die Leitungsfähigkeit des in der Scheibe M
enthaltenen Gemisches aus beiden bezeichnet, für
κ folgenden Ausdruck:
37) Nachdem so das Leitungsvermögen an
jeder Stelle der in der Zersetzung begriffenen
Strecke bestimmt worden ist, bleibt nur noch die
Natur der Funktion u an jeder solchen Stelle
aufzufinden übrig, und da alle Spannungen und
reduzirten Längen in dem Theile der Kette,
worin keine chemische Aenderung vorfällt, unver-
änderlich und gegeben sind, so wird in Gemäſs-
heit der in No. 18. gegebenen, auch in unserm
jetzigen Falle noch gültigen allgemeinen Glei-
chung zur vollständigen Kenntniſs der Funktion
u nur noch erfordert, daſs man die Spannungen
und reduzirten Längen für jede Stelle innerhalb
der Strecke, worin die chemische Aenderung vor-
fällt, anzugeben wisse.
Es ist aber offenbar die reduzirte Länge
der Scheibe M
oder wenn wir für κ seinen eben gefundenen
Werth setzen
wir erhalten demnach die reduzirte Länge eines
beliebigen Theils jener Strecke, wenn wir den
vorstehenden Ausdruck integriren, und die Gren-
zen des Integrals dem Anfang und dem Ende
des Theiles entsprechend nehmen. Erwägt man
nun, daſs das Integral
sich auch so schreiben läſst:
wenn l die Länge des Theils vorstellt, über wel-
chen das Integral ausgedehnt werden soll, und
daſs z ω dx nichts anders als den Raum ausdrückt,
welchen der Bestandtheil A in der Scheibe M
einnimmt, mithin ∫ z ω dx die Summe aller Räume,
welche der Bestandtheil A in dem Theile erfüllt,
dessen reduzirte Länge gefunden werden soll, so
überzeugt man sich leicht, daſs die reduzirte
Länge der ganzen in der Zersetzung begriffenen
Strecke während der Dauer der chemischen Um-
wandlung unveränderlich dieselbe bleibe, weil,
wie wir vorausgesetzt haben, jeder Bestandtheil
unter allen Umständen stets dieselbe Summe
seiner Räume behauptet. Dasselbe Resultat läſst
sich auch unmittelbar aus dem, was in voriger
Nummer aufgestellt worden ist, ableiten; es gilt
jedoch diese Unveränderlichkeit nur von der re-
duzirten Länge der ganzen Strecke, die reduzirte
Länge eines Theils derselben ist im Allgemeinen
nicht blos von der wirklichen Länge dieses Theils,
sondern auch von der jedesmaligen chemischen
Vertheilung der Bestandtheile in der Strecke ab-
hängig, und muſs daher in jedem besondern
Falle auf die angezeigte Weise erst aufgefunden
werden.
38) Schlieſslich ist nun noch die Aenderung
in der Spannung der Kette zu bestimmen übrig,
welche durch die chemische Umwandlung der
Strecke, von welcher bisher immer die Rede war,
veranlaſst wird. Zu dem Ende stellen wir, bis
die Erfahrung uns eines Bessern belehrt, den
Satz auf, daſs die Gröſse der elektrischen Span-
nung zwischen zwei Körpern, erstlich der Diffe-
renz ihrer gebundenen elektroskopischen Kräfte,
und dann einer von der Gröſse, Lage und Ge-
stalt der Körpertheilchen, welche an der Berüh-
rungsstelle auf einander einwirken, abhängigen
Funktion, die wir den Koeffizienten der Span-
nung nennen werden, proportional sei. Es läſst
sich aus dieser Hypothese nicht nur das Gesetz
ableiten, welches die Spannungen der Metalle
unter einander beobachten, — wozu nichts wei-
ter erfordert wird, als daſs man zwischen allen
unter einerlei Umständen sich befindenden Me-
tallen denselben Koeffizienten der Spannung an-
nimmt, — sondern sie enthält auch einen Erklä-
rungsgrund für die Erscheinung, in Folge wel-
cher die elektrische Spannung nicht blos von dem
chemischen Gegensatze der beiden Körper, son-
dern auch von ihrer relativen Dichtigkeit abhän-
gig ist, und darum sogar schon in verschiedenen
Temperaturen verschieden sich zeigen kann. Aus
denselben Ursachen, die wir schon in No. 34.
bei der Bestimmung des Zusammenhanges, wel-
cher zwischen den beiden Bestandtheilen eines
gemischten Körpers Statt findet, aufgeführt ha-
ben, werden wir auch hier die uns unbekannte,
von der Gröſse, Lage und Gestalt der sich be-
rührenden Körpertheilchen abhängige Funktion
in dem Umfange der chemisch veränderlichen
Strecke konstant annehmen und mit φ′ bezeich-
nen. Da nun die gebundene elektroskopische
Kraft in der Scheibe M, zu welcher die Abscisse
x gehört, ausgedrückt wird durch
und also die in der Scheibe M′, zu welcher die
Abscisse x + dx gehört, durch
so ist die zwischen den Scheiben M und M′
sich bildende Spannung
folglich die Summe aller, im Umfange der einer
chemischen Veränderung ausgesetzten Strecke ver-
anlaſsten, Spannungen
wenn z′ und z″ diejenigen Werthe von z vor-
stellen, welche dem Anfange und dem Ende der
besprochenen Strecke zugehören.
Es erleidet aber die Spannung der Kette
auſser der eben zergliederten dadurch noch eine
zweite Abänderung, daſs die Enden der chemisch
wandelbaren Strecke, welche mit dem übrigen
chemisch unveränderlichen Theile der Kette in
Verbindung stehen, während der Zersetzung bis
zu ihrem bleibenden Zustande allmählig eine an-
dere Natur annehmen, wodurch an jenen Stellen
eine abgeänderte Spannung herbei geführt wird.
Nennen wir nämlich ζ den Werth von z, welcher
allen Stellen der in Rede stehenden Strecke zu-
kommt, ehe noch die chemische Veränderung in
ihr begonnen hat, und bezeichnen wir den an
den Enden dieser Strecke herrschenden Koeffi-
zienten der Spannung, von dem wir voraussetzen,
daſs er an beiden Enden derselbe sei, mit φ″,
drücken wir ferner durch μ und v die gebunde-
nen elektroskopischen Kräfte derjenigen Stellen
des chemisch unveränderlichen Theils der Kette
aus, welche an der chemisch wandelbaren Strecke
anliegen; so lassen sich die an diesen Stellen be-
findlichen Spannungen einzeln angeben. Sie sind
nämlich, ehe noch die chemische Aenderung be-
gonnen hat, folgende:
und nachdem der bleibende Zustand in der Zer-
setzung eingetreten ist, wenn man, wie eben, z′
und z″ diejenigen Werthe von z sein läſst, welche
in diesem Zustande jenen Stellen angehören, fol-
gende:
ihre Summe ist demnach in dem einen Falle
Q
und im andern Falle
mithin ist der an jenen Stellen eingetretene Zu-
wachs der Spannung
Fügt man diese Aenderung der Spannung zu der
eben gefundenen hinzu, so erhält man für den
ganzen, durch die Zersetzung bis zum Eintritte
des bleibenden Zustandes herbei geführten, Un-
terschied der Spannung
welcher, wenn man Φ statt φ″ — φ′ setzt, über-
geht in
Bezeichnet man nun durch S die Gröſse des
Stromes und durch A die Summe der Spannun-
gen in der Kette, ehe noch eine chemische Ver-
änderung begonnen hat, durch S′ die Gröſse des
Stromes, nachdem der bleibende Zustand der
chemischen Verheilung eingetreten ist, endlich
durch L die reduzirte Länge der ganzen Kette,
welche, wie wir gesehen, unter allen Umständen
dieselbe bleibt, so folgt
oder, wenn man für das diesem Werthe ent-
sprechende Zeichen S schreibt,
so daſs also die durch die
chemische Vertheilung in der Gröſse des Stromes
veranlaſste Verminderung bezeichnet.
39) Nach allen diesen Zwischenbetrachtungen
gehen wir nun zur endlichen Bestimmung der
chemischen Vertheilung in der veränderlichen
Strecke, und der durch diese Vertheilung herbei
geführten Aenderung des Stromes in der ganzen
Kette über, wobei wir jedoch stets nur den blei-
benden Zustand der veränderten Strecke vor Au-
gen haben werden. Setzt man in die Gleichung
(♁), welche in No. 35. aufgestellt worden ist,
für κω seinen Werth S′, der, wie wir eben
gefunden haben, blos von bestimmten und un-
veränderlichen Werthen von Z abhängig, und
deswegen in der Rechnung als eine konstante
Gröſse zu behandeln ist, ferner für κ seinen in
No. 36. angegebenen Werth so
verwandelt sich jene Gleichung in diese:
oder, wenn man
= Ω setzt in:
aus welcher man durch Integration folgende ab-
leitet:
wo c eine noch zu bestimmende Konstante vor-
stellt. Bezeichnet man durch χ die Abscisse der-
jenigen Stelle der chemisch veränderten Strecke,
für welche z noch denselben Werth hat, der vor
dem Eintritte der chemischen Zersetzung einer
jeden Stelle dieser Strecke zukam, für welche
also z=ζ ist, und bestimmt dieser Angabe gemäſs
die Konstante c, so erhält unsere letzte Gleichung
folgende Gestalt:
wo e die Basis der natürlichen Logarithmen be-
zeichnet.
Zur Bestimmung des Werthes χ führt fol-
gende Betrachtung. Da nämlich ζ den Raum
bezeichnet, welchen der Bestandtheil A in jeder
einzelnen Scheibe der veränderlichen Strecke vor
dem Beginne der chemischen Zersetzung ausfüllt,
so drückt, wenn man durch l die wirkliche Länge
dieser Strecke bezeichnet, lζ die Summe aller
Räume aus, die der Bestandtheil A auf die ganze
Ausdehnung der veränderlichen Strecke einnimmt;
diese Summe muſs aber, weil nach unserer Vor-
aussetzung von keinem der Bestandtheile irgend
etwas aus der genannten Strecke sich entfernt,
und beide unter allen Umständen dieselbe Summe
der Räume behaupten, auch nach erfolgter che-
mischer Zersetzung noch stets dieselbe bleiben.
So erhält man
wo für z sein aus der vorigen Gleichung sich er-
gebender Werth zu setzen ist, und als Grenzen
des Integrals die dem Anfange und Ende der
veränderlichen Strecke entsprechenden Abscissen
zu nehmen sind.
Diese beiden letzten Gleichungen, in Verbin-
dung mit der zu Ende der vorigen Nummer ge-
fundenen, beantworten alle Fragen, die über den
bleibenden Zustand der chemischen Vertheilung
und die dadurch bewirkte Abänderung des elek-
trischen Stromes aufgeworfen werden können,
und bilden sonach die vollständige Grundlage
zu einer Theorie dieser Erscheinungen, deren
Ausbau nur auf eine neue Zufuhr durch Versuche
wartet, um nicht durch das Aufeinanderhäufen
einer Menge problematischer Materialien sich in
eine philosophische Leere zu verirren.
40) Am Schlusse dieser Untersuchungen
wollen wir noch einen besondern Fall heraushe-
ben, welcher zu Ausdrücken führt, die ihrer
Einfachheit wegen die Art und Weise der durch
die chemische Umwandlung der Kette herbei ge-
führten Aenderungen des Stromes bequemer über-
blicken lassen. Nimmt man nämlich an, daſs
a = b und α = β ist, so verwandelt sich die
in voriger Nummer aufgestellte Differenzialglei-
chung in folgende:
aus der man durch Integration erhält:
wenn χ den Werth von x bezeichnet, für wel-
chen z = ζ wird. Da in diesem Falle der
Werth von z auf gleiche Unterschiede der Ab-
scissen sich stets um gleich viel ändert, so muſs
die Abscisse χ, welche seinem mittlern Werthe ζ,
wie er vor dem Beginne der Zersetzung an allen
Stellen der veränderlichen Strecke vorhanden war,
zugehört, auf die Mitte dieser Strecke hinführen.
Stellen also z′ und z″, wie vorhin, die Werthe
von z vor, welche dem Anfange und dem Ende
der chemisch wandelbaren Strecke entsprechen,
und bezeichnet l die wirkliche Länge dieser Strecke,
so folgt aus unserer letzten Gleichung
und
und aus diesen beiden Gleichungen ergibt sich:
oder, wenn man statt , wodurch hier nichts
anders, als die unveränderliche, reduzirte Länge
der chemisch wandelbaren Strecke ausgedrückt
wird, den Buchstaben λ setzt, folgende:
Setzt man diesen Werth von (n — m) (z″ — z′)
in die in No. 38. gefundene Gleichung
und zugleich statt Σ seinen Werth S′ + ϋ ω α,
so erhält man
eine Gleichung, deren Gestalt recht dazu geeignet
ist, die Natur der durch die chemische Umwand-
lung herbei geführten Aenderung des Stromes
im Allgemeinen anzudeuten, und deren Aussagen
mit den vielen Erfahrungen, die ich über das
Wogen der Kraft in der Hydrokette gemacht,
und nur zum kleinsten Theile mitgetheilt habe chweiggers Jahrb. 1825 Hft. 1. und 1826 Hft. 2.,
recht gut zusammen stimmen.