Höchst verehrter Freund.
Ihren vortrefflichen „Landolin von Reutershöfen“Auerbach, Berthold: Landolin von Reutershöfen. Berlin 1878. [Online verfügbar: Internet Archive, abgerufen am 23.01.2019.](https://archive.org/details/landolinvonreut00auergoog) habe ich
soeben beendet. Absichtlich wollte ich Ihnen meinen Dank für die
freundliche Übersendung Ihres Buches nicht eher aussprechen,
als bis ich Ihnen zugleich ein Wort über den Eindruck, den
Ihr jüngstes Werk auf mich gemacht, hinzufügen köñte. Nehmen
Sie um meinen doppelten und dreifachen freudigen und
bewundernden Dank für Ihre köstliche Gabe! Das ist der
alte, der verjüngte Odysseus, welchem
„das Haupt umgoß mit Anmuth Pallas Athene,
daß er höher erschien und völligen“,
der alte, jugendkräftige Odysseus, welcher mit Leichtigkeit und
Sicherheit den mächtigen Bogen handhabt, den auch nur zu
spañen die Andern vergeblich sich abmühen.
Das ist, so weit ich sehe, auch das Urtheil der gesam̃ten
Presse über Ihr jüngstes Werk und so kañ ich Ihnen deñ
zugleich mit meinem herzlichsten Freundesdank ein freu-
diges
diges „Glück auf!“ zurufen. Ich habe mich aufrichtig iñigst ge-
freut, daß Sie mir Ihr Buch so kurze Zeit nach dem ersten Erscheinen,
bereits in dritter Auflage zuschicken koñten.
Lassen Sie mich nur noch hinzufügen, was Sie Sich frei-
lich wohl von selber sagen werden, daß ich Ihr Buch zugleich als
eine sehr ergiebige Quelle für mein „Ergänzungs-Wörterbuch“Sanders, Daniel: Ergänzungs-Wörterbuch der deutschen Sprache. Eine Vervollständigung und Erweiterung aller bisher erschienen deutsch-sprachlichen Wörterbücher (einschließlich des Grimm'schen). Mit Belegen von Luther bis auf die neueste Gegenwart. Berlin 1885. [Online verfügbar: Internet Archive, abgerufen am 23.01.2019.](https://archive.org/details/bub_gb_mBQ9AAAAYAAJ_2)
ausbeuten werde. Sie werden darin gar manche Belege auch aus
diesem Ihrem jüngsten Buche begegnen. Auch in dem durch-
sichtigen, klaren und schönen Stil erscheint mir dasselbe
als ein Meister- und Musterwerk. Aus diesem Gesichts-
punkt erscheint mir nur an einer einzigen Stelle eine
leichte Änderung wünschenswerth. Sie verzeihen dem Freund,
daß er diese unbedeutenste Kleinigkeit Ihnen mittheilt,
wie er in Ihrem Anzuge angeflogenes Stäubchen
wegblasen wird. Auf S.Seite 168, Z.Zeile 3 im 4. Absatz stört mich mit
Rücksicht auf den Wortlaut das 3mal unmittelbar auf
einander folgende „das“. Aber damit auch voilà tout.
Ein Abdruck meiner „Sprachbriefe“Sanders, Daniel: Deutsche Sprachbriefe. Berlin 1879. [Online verfügbar: BSB digital, abgerufen am 23.01.2019.](http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb11023537-7) wird Ihnen
zugegangen sein. Ich würde nicht gewagt haben, Ihnen
eine solche – für ganz andere Kreise berechnete – Gabe
zu bieten, wenn nicht schon die einfachste Pflicht der Dankbarkeit
es geheischt hätte. Und vielleicht hat es Sie doch auch einen Augen-
blick gefreut, daß ich den Anfang Ihres vortrefflichen
„Waldfried“Auerbach, Berthold: Waldfried. Eine vaterländische Familiengeschichte in sechs Büchern. Berlin 1874. [Online verfügbar: BSB digital, abgerufen am 23.01.2019.](http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb11188545-1) meinen „Sprachbriefen“ mit zu Grunde gelegt.
Verzeihen Sie daher die Zusendung, durch die ich – nach
einem Lichtenberg’schen Wort – Sie mit Ihrem eigenen
Fett beträufelt. Sie finden wohl in dem Kreise Ihrer
Bekañten Jemand, dem Sie mit meinem Buch eine Weih-
nachtsfreude bereiten köñen.
Mit den besten Grüßen und Wünschen für Sie und
die Ihrigen und mit der Bitte, mich denselben ange-
legentlichst zu empfehlen bin ich
in hoher Bewunderung und Verehrung
Ihr freundschaftlich ergebenster
Dan.Daniel Sanders.
Altstrelitz, 14.12.78.