Die
Philippinen und ihre Bewohner.
Sechs Skizzen.
Nach einem im Frankfurter geographischen Verein 1868
gehaltenen Cyclus von
Vorträgen.
Von
Dr. C. Semper,
Prof. extr.
in Würzburg.
Würzburg.
A. Stuber’s Buchhandlung.
1869.
Recht der Uebersetzung vorbehalten.
Meinem lieben Schwager
Moritz Herrmann
in Manila
dem thätigen Beförderer meiner
wissenschaftlichen Bestrebungen
widme ich diese Blätter
in
dankbarer Freundschaft.
Mein lieber Moritz.
Als wir uns vor 4 Jahren trennten, versprach ich Dir, Deinen Namen einer
Reisebeschreibung voranzusetzen. Doch »in der Zukunft d. h. der Verleger
dunklem Schoosse« ruht noch immer die versprochene Arbeit, ungewiss ihres
zukünftigen Geburtstages; darum biete ich Dir heute nur diese leichte Waare
an. Deutlich tragen die folgenden Skizzen den Charakter der frei gehaltenen
Vorträge an der Stirn. Sollte es mir gelungen sein, dennoch durch die
Verschmelzung eigener Anschauung mit fremden Angaben ein übersichtliches
Bild von dem Lande und seinen Leuten, den Wechselbeziehungen ihrer
geschichtlichen Entwickelung und der natürlichen Verhältnisse des
Bodens und seiner Erzeugnisse entworfen zu haben, so wurde dies mich
trösten bei dem Vorwurf, den Du mir vielleicht machen wirst, in diesen
Skizzen allzusehr den Reisenden vernachlässigt zu haben.
Sage den Palmen, ehe auch Du ihr Land verlässt, dass ich ihrer in treuer
Liebe gedenke.
Würzburg, im Mai 1869.
Dein Freund und Schwager
C. Semper.
I.
Die Vulcane der Philippinen.
Fast in gerader Linie von Nord nach Süd ziehen sich die philippinischen
Inseln von Formosa an hinunter bis nach Borneo und den Molucken. Von der
Südspitze Formosa’s durch einen etwa 40 Seemeilen breiten Canal
getrennt schliessen sich die kleinen Inseln der Provincia de Batanes an die schon zum Theil zu Luzon gehörenden und die
Gestalt dieser Insel in ihrer Gruppirung andeutenden Babuyanes an. Von fast viereckiger Form, mit parallelen, von Nord nach
Süd streichenden östlichen und westlichen Küsten zieht sich Luzon, die grösste Insel der Philippinen (2000
geogr. Quadratmeilen), vom 19. bis zum 14. Breitengrade herunter und biegt sich
dann plötzlich in fast ganz östlicher Richtung um. Durch Meeresarme
und Buchten in zahlreiche schmale Halbinseln und Landzungen zerspalten scheint
dieser südlichere Theil von Luzon aus einer Menge kleinerer Inseln
zusammengesetzt zu sein und lehnt sich so in natürlichster Weise an die
zahlreichen Inseln an, welche man gewöhnlich unter dem Namen der
»Islas Visayas« oder der »Islas de los Pintados« (der
tättowirten Menschen) begreift. Unter diesen, deren Zahl mit Einschluss der
kleineren Inseln viele Hunderte beträgt, fallen die beiden südlichsten
leicht in die Augen: die langgestreckte Palawan oder Paragua der Spanier, welche von Borneo’s
Nordspitze (in 7° N. Breite) nur durch einen schmalen Meeresarm getrennt
eine enge Beziehung zwischen dieser und den philippinischen Inseln anzudeuten
scheint, und dann am Meisten gegen Osten vortretend Mindanao oder Magindanao, die grösste
Insel der Philippinen nach Luzon (1600 geogr. Quadratmeilen). Mit ihrer
südwestlichen Spitze (Zamboanga) lehnt sie sich durch die Inselkette von
Basilan und den Sulu-Inseln ebenfalls an eine
östlich vorspringende Landzunge Borneo’s an, während die
südöstliche Spitze Mindanao’s, die Punta
Serangani in 5° 80′ N. Br. durch die Inselkette, welche
Sanguir, Siao &c. angehören mit Celebes, durch die Salibabo-Inseln mit
Gilolo
verbunden ist. So schliesst der Archipel der
Philippinen den nördlichen Theil des stillen Oceans mit seinen
östlichen Strömungen von der durch ihre Wirbelstürme
berüchtigten chinesischen See ab und gestattet eine Verbindung beider Meere
unmittelbar nur durch den nördlichen ziemlich breiten Canal zwischen Luzon
und Formosa, mittelbar durch die Strassen von S.
Bernardino und von Surigao, und die in mehr als
einer Beziehung wichtige Strasse von Celebes.
Gänzlich innerhalb des Tropengürtels und in einem Grenzgebiete
zwischen den
Monsun’s
Monsuns
und dem NO. Passat des stillen Meeres gelegen, mit unendlich reicher
Küstenentfaltung, wie sie nur wenigen begünstigten Ländern der
Welt eigen ist; mit langgestreckten Bergketten von 3–4000′ mittlerer
Kammhöhe und bis zu über 9000′ ansteigenden Berggipfeln und
isolirten Feuerbergen; mit einer durchschnittlichen mittleren Jahrestemperatur
von 21° R. und mittleren Extremen von 19–23° R. und einem mehr
als 70 $%$ betragenden mittleren Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre; von
zahlreichen Flüssen und Bächen durchfurcht und mit grossen Landseen in
den ausgedehnten Ebenen oder tief versteckt zwischen den Bergen—so
besitzen die Philippinen alle Momente zur üppigsten Entfaltung tropischer
Vegetation und Scenerien. Und in der That reihen sich diese Inseln in solcher
Beziehung durchaus würdig den gefeiertsten Gegenden tropischer Länder,
wie Brasilien, Java und Ceylon an. Vom dunklen Grün der tropischen
Laubwälder stechen die Fichtenwaldungen der hohen Berggipfel in ihrem
düstern einförmigen Ton ab—hier vermählt sich der
Tannenbaum mit der Palme—und in den Thälern den Flüssen entlang
zieht sich ein schwarzer Streif, der Wald der Casuarinen hin. Halb unter den
Cocospalmenhainen versteckt liegen die Städte und Dörfer zwischen dem
heiteren lichten Grün der Reisfelder und der Zuckerplantagen und alle die
Bäume des Waldes und die Sträucher der Gärten schmücken sich
mit blendend gefärbten Blumen und Früchten. Die Schönen des
Landes scheinen diesen die Kunst abgelauscht zu haben, sich in den grellsten,
blendendsten Farben zu kleiden, ohne unseren Augen wehe zu thun, und es steht
der Reichthum der Farben, mit denen sich die Pflanzen und Thiere, wie auch die
Menschen schmücken, in vollster Harmonie zu der Fülle des Lichtes,
welche eine tropische Sonne selbst durch Wolken hindurch ihrer geliebten Erde
zusendet.
Aber unter diesen Blumen ruht auch hier die Schlange, bereit zum Sprunge und zum
giftigen Bisse, und hier so wenig wie anderswo ist dem Menschen ungestörter
friedlicher Genuss gewährt. Schreckliche Krankheiten, Pocken und die
asiatische Cholera, diese Geissel der modernen Menschheit, decimiren die
bevölkerten Städte und Dörfer; Wanderheuschrecken, welche
wolkengleich den Himmel verfinstern, verheeren die Saat und es folgt ihnen
Theuerung und Hungersnoth nach; beim Wechsel der Monsune überschwemmen die
angeschwollenen Giessbäche das Land und wenn der Indier sich in seinen
Holzhütten oder Steinhäusern von der verheerenden Fluth glücklich
gerettet wähnt, so sieht er sich unter den Trümmern seines Hauses
durch ein Erdbeben begraben oder in der Gluth der Aschenregen eines neu
ausbrechenden Vulcanes erstickt.
Wir wollen aus der Reihe der hier angedeuteten Phänomene den Feuerbergen der
Philippinen, wie der Eingeborne die Vulcane nicht ganz richtig nennt, etwas mehr
Aufmerksamkeit schenken.
Auf der südlichsten Landspitze von Mindanao, der schon genannten Punta
Serangani liegt der längst bekannte Vulcan Serangani oder Sanguil, wie ihn einige der früheren
Geschichtsschreiber und Seefahrer nennen, denen er beim Einlaufen in die Strasse
von Celebes als fester Leuchtthurm gedient hat. Ihm schliessen sich auch den
allerdings vielfach sich widersprechenden Angaben der spanischen und englischen
Autoren zwei andere Vulcane an, deren einer, der Vulcan von Sujut, nahe der Bahia de Illanos, etwa 8–10 Seemeilen von dem
Orte gleichen Namens liegen soll, während der dritte nur von wenigen
Seefahrern früherer Zeiten gesehene Vulcan dicht bei dem Dorfe Davao, dem jetzt auf den spanischen Karten Vergara genannten Orte in der Bucht gleichen Namens (Tagloc der älteren Karten) liegt. Von dem ersten,
dem Sanguil oder besser Serangani—da der erste Name wahrscheinlich auf
einem Missverständniss beruht, und jetzt gänzlich verloren gegangen
ist—ist nur ein einziger historisch beglaubigter Ausbruch bekannt; es ist
der vom 4. Januar 1645 (oder 1641?). An demselben Tage sollen noch ein anderer
Vulcan auf einer kleinen Insel der Sulu-Gruppe und ein dritter auf Luzon selbst,
der auch auf Darwins bekannter Karte angegebene Vulcan von Aringay oder Mte. Sto. Tomas im
Golf von Lingayen zum
Ausbruch gekommen sein. Beide
sind jetzt jedenfalls als ruhende Vulcane zu bezeichnen, während der Vulcan
von Serangani auch noch auf den neuesten Karten als activer Feuerberg bezeichnet
wird. Nicht ganz genügend lassen sich die widersprechenden Nachrichten
über die beiden andern Vulcane vereinigen. Während dieser Reisende nur den Vulcan von Davao, ein anderer jenen von Sujut (oder Pollok) gesehen zu haben meint, sprechen
abermals Andere von einem feuerspeienden Berge, den sie zwar vom Hafen von
Pollok aus—also in der Nähe der Illanosbucht—gesehen haben
wollen, während sie ihm doch seine Lage in der schon oben erwähnten
Bahia de Tagloc—dem Meerbusen von Davao—zuweisen. Wäre die Meinung der
letzteren richtig, so würden somit der Vulcan von Sujut und von Davao in
einen zusammenfallen. Aus eigener Anschauung kann ich leider nur über den
von Davao berichten: doch kann auch ich mich nicht rühmen, meinen Fuss auf
seinen Boden gesetzt zu haben; denn nur aus grosser Entfernung konnte ich seinen
Doppelkegel erblicken. Lange schon hatte ich mich bemüht, genaue
Nachrichten von den spanischen Priestern und Beamten über Mindanao
einzuziehen; im Jahr 1859 hatte ich einen vergeblichen Versuch gemacht, von
Zamboanga an der Südwestspitze der Insel aus, tiefer in die ganz von
Muhamedanern bewohnten Gegenden der Südküste einzudringen, und auch im
Jahr 1864, dem letzten meines Aufenthaltes auf den Philippinen, war es mir
unmöglich einen genaueren Reiseplan über ein Vordringen vom
Norden her zu
entwerfen, da alle specielleren Anhaltspuncte zur Fixirung eines solchen
fehlten. So wurde ich denn auch durch die Schwierigkeit des Vordringens so lange
aufgehalten, und die entworfene Reiseroute zuerst durch die Cholera, nachher an
der Ostküste von Mindanao durch eine Expedition von Piraten dergestalt
verändert, dass ich wegen Mangels an Schuhen vom weiteren Vordringen
über die unwegsamen Wege des Innern abstehen musste, als ich schon den nach
der Messung eines spanischen Officiers etwa 8000′ hohen Berg in
ungefähr 30–40 Seemeilen Entfernung vor mir liegen sah; und ich
musste mich mit dem Bewusstsein begnügen, seine geographische Lage
wenigstens annähernd soweit bestimmt zu haben, dass eine ähnliche
Bestimmung des von Pollok aus gesehenen Berges Aufschluss über die oben
geäusserten Zweifel geben würde.
Gänzlich von dem Dreiecke, welches so die activen Vulcane Mindanao’s
bilden, getrennt, liegt ein anderer Vulcan auf der zu den Visaya’s
gehörenden Insel Negros, von dessen Vorhandensein
kein Reisender und keine Karte etwas weiss. Den Nachrichten, welche ich über ihn von einem
gebildeten in Iloilo auf Panay,
einer gerade Negros gegenüberliegenden Insel, residirenden Engländer
erhielt, würde ich kaum, trotz der hohen Glaubwürdigkeit des Mannes,
Beachtung geschenkt haben, wenn ich mich nicht selbst von der Wahrheit seiner
Angaben überzeugt hätte. Leider konnte ich auch diesen Vulcan nur aus
der Ferne sehen. Sein stark rauchender hoher Kegel ragt weit über die
niedrigen Kalkberge der benachbarten Insel Cebú empor, so dass er bei
günstiger Witterung in dem weiten Canal zwischen Bohol und Cebú zu erblicken ist. Nach
Schätzung muss er eine Meereshöhe von mindestens 5000′
erreichen.
In weiter Entfernung von den bisher behandelten Vulcanen tritt nun auf dem
langgestreckten südlichen Theile von Luzon eine Kette von Feuerbergen auf,
deren südlichster der Vulcan von Bulusan die
äusserste südöstliche Spitze von Luzon bezeichnet. Auch von ihm
weiss man kaum mehr, als dass er zu den activen Vulcanen gerechnet werden muss;
denn er sowohl, wie der etwas nördlicher liegende Vulcan von Albay haben den sich von Osten her nahenden Seefahrern
von jeher als Leuchtthurm bei der Einfahrt in die Strasse von S. Bernardino
gedient. Beide sind von beträchtlicher Höhe, der erste von etwa 5000,
der Vulcan von Albay oder der Mayon von über
7000′ Meereshöhe. Zahlreiche heftige Ausbrüche haben diesen
letzteren, welcher in seiner äusserst regelmässigen conischen Gestalt
als ein wahres Muster feuerspeiender Kegelberge dienen kaun, verrufen und
gefürchtet gemacht. Unter den 7 in den Geschichtsbüchern registrirten
Ausbrüchen sind
es die beiden vom 24. October 1767 und vom 1. Januar 1814, welche durch ihre
Schlammausbrüche oder Lavaströme und die vorausgehenden Erdbeben viele
Dörfer rings um den Fuss des Berges zerstörten und Hunderten von
Menschen das Leben raubten. Das Geräusch der Detonationen hörte man in
Manila wie nahen Kanonendonner, und die Asche fiel hier so dicht, dass sie eine
Schicht von 18 Linien Dicke auf dem Erdboden bildete. Aber der Mensch
gewöhnt sich hier, wie überall, leicht an die Schrecken
der ihn umgebenden Natur; und über die
Trümmer seines Hauses schlägt der Bewohner sein leichtes aus
Palmblättern gewebtes Dach und lebt in ihnen sorglos und rasch beruhigt
sein friedliches Leben weiter.
Ganz anders, als die bisher betrachteten Vulcane, die alle bis zu bedeutender
Höhe in regelmässigster Kegelform aufsteigen, entzieht sich der dritte
der Vulcanenreihe Süd-Luzon’s, der berüchtigte Taal ganz den Wirken der Reisenden. Mag man auf dem
Seewege von Manila her mit einem kleinen regelmässig fahrenden
Küstendampfer um die Provinz Cavite herum am Dorfe
Taal in der Provinz Batangas
landen, oder sich ihm auf dem Landwege durch den Rio de
Pasig und die herrliche Laguna de Bay über
Los Baños und Tanauan
zu nähern versuchen, immer erblickt man ihn erst, wenn man schon am Ufer
des Sees gleichen Namens [auch genannt Laguna de Bombon] steht. Mitten in diesem sehr tiefen
See—der nur ein durch die schwache Erhebung eines aus vulcanischem Tuff
gebildeten Dammes abgesperrter Meerbusen zu sein scheint—liegt in dreieckiger Gestalt eine
Insel mit ihrer breiten Nordseite dem Dorfe Talisay
zugekehrt, und ungefähr in ihrer Mitte der jetzt active beständig
rauchende Krater mit seinen kaum mehr als 600′ sich über dem See
erhebenden Kraterrändern. Vor ihm zeigt die Nordostspitze der Insel eine
Anzahl steil ansteigender, mit hohem Grase und krüppelhaften Bäumen
bewachsener stark gefurchter Hügel, welche den nördlichen Fuss des
Vulcan’s so verdecken, dass man die Lage des Kraters nur an der Ausdehnung
der zwischen den Kraterwänden aufsteigenden Rauchsäule erkennt. Die
nordwestliche etwas vorspringende Spitze wird von einem jetzt gänzlich
erloschenen regelmässig kegelförmigen Vulcane, dem Binintiang grande gebildet, während der auch in den
Geschichtsbüchern erwähnte Binintiang chiquito
(der kleine Binintiang) die nach dem Süden hindeutende dritte Spitze der
Insel bezeichnet. Ausbrüche dieses Vulcanes finden sich 11 verzeichnet, die
aber nicht alle aus demselben Krater stattfanden. Zwei zweifelhafte
Ausbrüche werden in den Jahren 1634 und 1645 erwähnt ohne Angabe des
Kraternamens, von 1707–1733 wechselten die beiden Binintiang’s mit
einander ab, bis endlich 1749 der mittlere Krater zum Ausbruch kam, der jene
beiden zum Schweigen bringend von nun an bis
in neuere
Zeit hinein die Rolle übernahm, in der erstickenden Asche den Bewohnern der
nahen Dörfer Tod und Segen zugleich zu bringen. Sein furchtbarster Ausbruch geschah am 2.
December 1754; Erdbeben kündigten ihn an. Am nächsten Tage erfolgte
die Eruption mit entsetzlichen weit hin in allen Provinzen gehörten
Explosionen und einem Aschenregen, der viele Stunden lang anhaltend bis in die
nördlichsten Gegenden Luzon’s hingetragen wurde, während er die
4 bevölkerten Dörfer Taal, Lipa, Tanauan und Sala
vollständig zerstörte. Nur die Ruinen der steinernen Gebäude, der
Kirchen und Convente dieser Orte ragen noch zwischen neu aufgewachsenen Palmen-
und Bambushainen am Ufer des See’s aus der festgewordenen Asche hervor.
Zahlreiche Erdbeben, welche seitdem die Bewohner der Hauptstadt Manila aus ihrer
Ruhe schreckten und deren stärkstes am 9. Juni 1863 viele Privathäuser
und die meisten der öffentlichen Gebäude in Ruinen legte, lassen sich
wohl mit Sicherheit auf diese nah gelegene Quelle unterirdischer Wühlereien
zurückführen.
Hier legten mir zum Glücke weder Piraten, noch meine Schuhe irgendwelche
Hindernisse in den Weg, so dass ich nach hinreichender Ausrüstung mit
Lebensmitteln, Aexten und Tauen den lange beabsichtigten Besuch der Insel
ausführen konnte. Am Nordrande der Insel gelandet, an welchem eine kleine
Fischerhütte mich mit meinen zahlreichen Begleitern aufnehmen musste,
bestieg ich am Nachmittag desselben Tages noch den nördlichen Kraterrand,
welcher in etwa 400′ mittlerer Höhe steil in den etwas ovalen und von
Süden her durch einen vorspringenden Berg in zwei Hälften getheilten
Krater abfällt. Ein günstiger Nordwind trieb den aus dem Schlot des
vielfach zerrissenen Eruptionskegels aufsteigenden Rauch nach Süden. Ueberall
durchzogen Spalten das Erdreich, das aus loser nur an der Oberfläche
zusammengebackener Asche bestand, und aus vielen derselben drang ein nach
schwefliger Säure riechender Dampf aus den Fumarolen hervor. Da ich in
wenig Tagen hier den Besuch von Freunden und ihren Damen erwartete, so
recognoscirte ich nur mit dem Fernrohr die Kraterwand, ohne weiter ein
Hinabsteigen an dieser nördlichen hohen Seite zu versuchen. Obgleich ich
mich dabei immer hart am Rande des Kraters bewegte, so hatte ich doch mehr
Glück als ein Spanier von Manila, welcher wie so manche
Andere an dieser Stelle heraufgestiegen war, um sich einmal das
»purgatorio« mehr aus der Nähe anzusehen. Diese Neugier aber kam
ihm theuer zu stehen. Das Erdreich am Rande des Kraters hielt ihn
nicht—ich weiss nicht, ob seine Corpulenz oder seine Sünden ihn so
schwer wiegen liessen—es gab nach, und auf einem Aschenblock reitend kam
er nach blitzesschneller Fahrt im Grunde des Kraters an und blieb hier dicht vor
einem rauchenden und von Gyps, Schwefel, Alaun und anderen Stoffen
angefüllten Sumpf liegen, welcher die ganze nördliche und
nordwestliche tiefste Seite des Kraters ausfüllt. Der weiche Boden hatte
ihn etwas warm, aber doch weich gebettet, so dass er nur
schwefeldurchräuchert, aber mit heilen Gliedern davon kam. Nach
mehrstündigem Aufenthalt im Krater wurde er von seinen Begleitern mit
Stricken wieder hervorgeholt. Die Geschichte schweigt darüber, ob er je
wieder den Versuch gemacht hat, sich während seines Lebens dem Fegefeuer zu
nähern.
Dort wo der südliche Kraterrand zu der höchsten, etwa 600′
über dem See liegenden und etwas in den Krater vorspringenden Spitze
ansteigt, bemerkte ich gegen Westen einen tiefen Einschnitt in die geschichteten
trachytischen Wände des Berges, in welchem die Einfahrt am leichtesten
möglich zu sein schien. Nach Berathung mit meinen Leuten gingen wir am
nächsten Morgen um den Binintiang grande herum an
die südwestliche Küste, wo ebenfalls am flachen und von hohem Grase
(cogon) und einzeln stehenden Bäumen bewachsenen Ufer eine Hütte
stand. Ein nicht ganz eine Stunde dauernder Marsch brachte mich zunächst
auf dem Rücken eines Höhenzuges entlang an tiefen Spalten und einigen
grossen conischen Löchern vorbei, dann über ein weites Aschenfeld hin,
in welchem das Gehen im höchsten Grade beschwerlich war und endlich
über einen kleinen Hügel hinweg an den Südwestrand des Kraters.
Mein Führer hatte den Weg vortrefflich ausgesucht, denn wir kamen genau an
der Stelle an, die ich ihm am Tage vorher bezeichnet hatte, am Anfange des
Spaltes, welcher mir von dem zur Regenzeit herabfallenden Regen in die Wand des
Kraters eingeschnitten zu sein schien. Das jetzt gänzlich trockene Bette
des Baches führte uns ziemlich steil, an zahlreichen Fumarolen vorbei, dem
Krater zu. Leider setzte ein senkrechter Absturz und die einbrechende Nacht
meinem Weiterdringen für
diesmal ein Ziel. Am
nächsten Morgen wurden nun aus rasch geschlagenen Bambusrohren Leitern
zusammengebunden und mit diesen ausgerüstet, machten wir Nachmittags einen
zweiten Versuch in den Krater zu gelangen. Der erste Absturz von etwa 30′
wurde glücklich überwunden, aber bald sahen wir uns, immer in dem
erwähnten Bachbette niedersteigend, vor einem zweiten ebenso hohen Abhang
und nachdem wir auch hier eine zweite der Leitern aufgestellt hatten, sahen wir
uns nun zum dritten Male durch die senkrecht abstürzende Wand aufgehalten.
Es stand uns noch eine dritte Leiter zu Gebote, die mittels eines Taues
herabgelassen wurde, aber sie reichte kaum bis zur Hälfte zu uns herauf.
Wir hatten sie durch ein Loch, welches von dem niederstürzenden Regen in
den Boden der Schlucht eingefressen, direct in den Krater führte,
herabgelassen. Mein Diener Mariano, ein munterer und zu allen gewagten
Unternehmungen bereitwilliger Tagale, liess sich am Taue durch das Loch
hinunter; als ich ihm aber folgen wollte, konnte ich wegen der grösseren
Breite meiner Schultern nicht hindurch. So musste ich ihm die Freude
gönnen, mir am Abend von ihm als einzigem Besucher des Kraterbodens genaue
Berichte geben zu lassen über seine Beobachtungen in dem
»Purgatorio«. Leid thaten ihm dabei nur seine blossen Füsse, die
ziemlich versengt waren; doch tröstete er sich leicht in der Ansicht, dass
er nun doch vor allen Anderen hoch begünstigt sei, da er auf seinem Wege
zum Himmel die Qualen des Fegefeuers noch bei Lebzeiten durchgemacht habe.
Am 3. Tage, dem 30. April 1859, endlich gelang es mir mit Hülfe einer nahe
an 70′ langen Leiter, die ich am äusseren Rande der Spalte, jenseits
jenes Loches, welches mich den Tag zuvor am Hinabsteigen gehindert, aufgestellt
hatte, in den Krater selbst zu kommen. Vereinzelte Grasbüschel wuchsen auf
dem völlig schwarzen Erdboden—an der Südwestseite des
Kratergrundes,—der gänzlich aus Asche und zahlreichen
Schlackenstücken zu bestehen schien. Gegen Norden sich schwach senkend,
veränderte der Boden mehr und mehr seine dunkle Farbe in Braun und Gelb,
zugleich wurde er weicher und es trat bald eine Kruste von gelbgefärbten
Gypskrystallen auf, die man mit einer etwas festeren grauen Masse von Thon von
dem darunter liegenden graulich gefärbten dicklichen Thonbrei abheben
konnte. Weiter gegen den erwähnten rauchenden Schwefelpfuhl zu, nur noch
etwa 50 Schritte von ihm
entfernt, wurde der Boden so
schlammig und zugleich dabei so heiss, dass ich von weiterem Vordringen abstehen
musste. Mariano tanzte dabei mit seinen blossen Füssen hin und her, wie ein
kleiner hier einheimischer Teufel, da er wegen des heissen Bodens nie
länger als einige Secunden auf demselben Flecke stehen bleiben konnte. Nun
wandte ich mich der Südseite des Kraters zu, wo die weisse aus festem
trachytischen Gestein bestehende Kraterwand, von zahllosen Fumarolen
durchbrochen, dem Südfusse des aus mehreren halb isolirten Hügeln
bestehenden Eruptionskegels entgegen tritt. Ueberall brach heisser Wasserdampf
hervor, bald in continuirlichen Strömen bald in regelmässig sich
folgenden Stössen, wie der Dampf einer Hochdruckmaschine entweicht.
Ueberall wo solcher Dampf hervorbrach, waren die Wände weiss und gelblich
gefärbt. Weiter gegen Osten zu traten zwei Sandhügel in die Ebene des
Kraters hinein, die sich durch das Abwaschen der Kraterwände gebildet
hatten; hier war die Dampfentwicklung noch stärker und hier traten auch an
einzelnen Stellen kleine Bäche kochenden Wassers aus. Nun bogen wir nach
Nordosten um, dem Eruptionskegel zu. Zwischen ausgetrockneten
Wasserpfützen, in deren Mitte sich immer eine kleine Erhöhung befand
und deren Umkreis durch weisse Färbung ausgezeichnet war; durch Rinnsale
hindurch kam ich nach Zurücklegung von einigen Hundert Schritten an eine
kleine Erhöhung, die ein tiefes von rauchendem Schlamm angefülltes
Loch enthielt, mit senkrecht abfallenden weiss und gelb gefärbten inneren
Wänden. Hier trat mir schon der Schwefeldampf, den mir der Wind gerade
in’s Gesicht trieb, hindernd in den Weg, doch ging ich weiter dem Rande
des eigentlichen Schlotes zu, der nur noch einige Hundert Schritte vor mir lag.
Ein erster Versuch, ihn zu erreichen, schlug fehl; heftiger Schwefeldampf zwang
mich zur schleunigen Umkehr. Meine tagalischen Begleiter schienen es besser
vertragen zu können, sie schritten hustend weiter und langten schon oben am
Rande an, als ich noch unten schnaufend stand, mich zu einem zweiten Versuch zu
erholen. Nun ging es laufend den Abhang hinauf, und die Risse und Spalten
überspringend dem Rande zu, den ich auch glücklich erreichte; aber nur
einen flüchtigen Blick konnte ich in den von kochendem milchweiss
gefärbtem Wasser erfüllten Schlot werfen. Die Oberfläche der
kochenden dampfenden Masse mochte etwa 30–40′ tief unter meinen
Füssen liegen, niedriger, wie es schien, als die
heissen kochenden Quellen, welche an der Südseite des Kratergrundes
ausbrachen. Links gegen Südwesten von diesem Loch lag noch ein kleineres,
dessen Wände ziemlich viel höher waren, als der Kegel auf dem ich
stand. Leider konnte ich diesen wegen des heftigen dort hingetriebenen
Schwefeldampfes nicht erreichen.
Wir hatten uns jetzt schon 3 Stunden lang im Krater herumgetrieben, uns Allen
that die Brust heftig weh und den zwei Dienern, die mir gefolgt waren, waren die
Füsse halbversengt; dazu brannte jetzt die Mittagssonne senkrecht auf
unsern Scheitel und der Wind brachte uns statt Kühlung nur heisse
Schwefeldämpfe; so enteilten wir, so schnell wir konnten, diesem heissen
Aufenthalte, und kletterten auf unserer Leiter dem Lagerplatz in der Schlucht
zu, wo die übrigen Leute zurückgeblieben waren. Diese waren
verschwunden, alles Wasser hatten sie uns ausgetrunken und ebensowenig Essen
für uns bereitet. Wir lagerten uns und schützten uns durch ein
Segeltuch, so gut wir konnten, gegen die brennende Sonne; wir warteten eine
halbe Stunde, und noch eine, aber Niemand kam; endlich machte ich mich in
Verzweiflung auf, die Schlucht emporzuklettern und fand denn auch hier
ausserhalb des Kraters meine Leute in süssem Schlaf versunken. Ich schickte
sie scheltend hinunter, und als ich nach Vollendung einiger Skizzen wieder
hinabstieg, fand ich endlich mein Essen zubereitet.
Nun packten wir die gesammelten Steine und übrigen Sachen zusammen, um
unsern Rückmarsch anzutreten, und ich hatte eben noch die letzten
Anordnungen gegeben, wie am nächsten Tage neben den Leitern auch
Bambusrohre angebracht werden sollten als Stützen für zarte
Hände; da brachten mir, während ich noch in der Kraterschlucht war,
Leute, die ich gestern nach Tananau beordert hatte, einige Briefe, welche mir
anzeigten, dass die erwarteten Freunde und mit ihnen auch die Damen nicht kommen
konnten, die ich doch so gerne im Krater des Vulcanes bewirthet hätte.
Traurig über dies gestörte Vergnügen wanderte ich heim. Und als
ich dann am nächsten Tage, ehe ich die Insel verliess, noch einmal dem
Gipfel des Binintiang grande und seinem Krater einen flüchtigen Besuch
abgestattet hatte, knickte mir mein Fuss beim raschen Heruntersteigen am steilen
Abhang so heftig um, dass ich eine starke Entzündung davon trug, die mich
in einem
Häuschen am Ufer des See’s 3 Tage
hindurch an das Bett fesselte. Es war, als wollte mir der in seinem Heiligthum
gestörte Geist des Vulcan’s noch zuletzt eine leichte Strafe für
mein vermessenes Beginnen geben.
Gänzlich von der Reihe dieser lebenden Vulcane Süd-Luzon’s
getrennt treten nun im äussersten Norden der Inselgruppe auf kleinen Raum
zusammengedrängt 4 Vulcane auf, von denen zwei schon seit alter Zeit her
bekannt sind und wie der Serangani im Canal von Celebes, so hier im Bashee-Canal
jenen vom Süden kommenden Schiffen als Signal gedient haben, welche auf
ihrem Wege nach China gegen den Nordost-Monsun an die östliche Passage
durch den stillen Ocean zu nehmen pflegten. Es sind dies der, wie es scheint in
beständiger Eruption befindliche Vulcan auf Babuyan
Claro, und der jetzt schon im Solfataren-Zustande ruhende Vulcan von
Camiguin, der südöstlichen Insel der Babuyanes. Ihm gegenüber liegt ein anderer feuerspeiender Berg dicht
unter dem Cabo Engaño in Cagayan, der
nördlichsten Provinz Luzon’s. Es ist der auf den neuesten spanischen
Karten als
M.-Cagua bezeichnete Berg, aus dessen nach einer Messung des D. Claudio Montero
2489 par. Fuss hohem Gipfel ich selbst im October 1860 eine Rauchwolke
aufsteigen sah, als ich in Aparri, dem Hafenorte des Rio Grande de Cagayan, auf eine Reisegelegenheit nach
Manila wartete. Die beiden schon genannten Vulcane mögen nach roher
Schätzung etwa 3000′ hoch sein. Dem vierten endlich habe ich einen
Namen geben zu müssen geglaubt, der den Seefahrern nicht unbekannt ist; es
ist die auf der beiliegenden Karte als Vulcan Didica
bezeichnete Insel, welche zwischen den längst bekannten und sehr
gefürchteten Didica-Klippen (escollos Didica) in den
letzten Jahren neu entstanden ist. Als ich im Herbste 1860 nach Camiguin
überfuhr, mit der Absicht hier zu überwintern und zootomische Studien
an Thieren des Meeres und des Landes zu machen, um dann im nächsten Jahre
mit den im Mai eintretenden Windstillen meine Reise über Babuyan Claro nach
den kleinen Batanes oder Bashee-Inseln fortzusetzen, erhielt ich von einem
spanisch sprechenden Bewohner der Insel genauen Bericht über einen Vulcan,
der sich gegen Ende des Jahres 1856 im Meere erhoben haben sollte. Ich citire
genau hier die Worte meines Tagebuches.
“1856 etwa im September oder October sahen sie (die Eingebornen) Morgens
früh zwischen 2 Klippen, die ihnen lange bekannt, hoch und schroff aus dem
Wasser emporragten, Rauch aufsteigen, den sie zuerst für ein Schiff
hielten. Er schwamm als leichte Wolke dicht über dem Wasser, allmälig
erhob sich diese mehr und mehr und schliesslich trat eine dichte Rauchwolke
senkrecht empor. Es schien, als ob ein grosser Theil nach allen Richtungen sich
ausbreitend wie ein Schirm dicht dabei wieder niederfiele und eine kleine Insel
bildete, die sich allmälig durch solches Aufschütten
vergrösserte. In der Nacht zuvor hatten sie nur ein heftiges Gewitter mit
Windstössen bemerkt, aber kein Erdbeben. Im Jahre 1857 fand ein sehr
heftiger Ausbruch statt mit heftigem Erdbeben. An demselben Tage, an welchem
sich 1856 der Ausbruch (der vulcanischen Masse) über die Wasserfläche
erhob, stürzte die obere Hälfte der beiden Klippen Didica ein,
zwischen denen jener Ausbruch stattgefunden hatte. Seitdem ist der Vulcan in
beständigem Arbeiten, und er hat sich nach Aussage der Leute zu einer
bedeutenden Höhe erhoben, die sie mit derjenigen des Berges von Camiguin
verglichen.” Angespornt durch diese Erzählung, begab ich mich an die
Ostküste der Insel, um zu sehen, ob es mir nicht, trotz der
vorgerückten Jahreszeit—im September—und der mit dem Wechsel
der Monsune eintretenden Stürme gelingen möchte, diesem
jungfräulichen schaumgebornen Vulcane einen ersten Besuch abzustatten.
Leider fand ich mich, wie in Mindanao durch den Mangel der Schuhe, so hier durch
den stürmischen Seegang verhindert, mich der Gefahr auszusetzen in der
Umgebung des Vulcans gebraten zu werden. Die Eingebornen waren auf keine Weise
zu einem solchen Wagestück zu bewegen. So musste ich mich mit einem
sehnsüchtigen Blick auf den Vulcan und einer Messung des Elevationswinkels
des aufgeworfenen Berges begnügen, dessen Berechnung bei Annahme der auf
einer Karte des schon genannten D. Claudio Montero angegebenen Distanz die
Höhe des Gipfels über dem Meere auf wenigstens 700′ ergiebt,
welche derselbe vom September 1856 bis zum October 1860 schon erreicht hatte. Es
dürfte nicht viele im Meere in historischer Zeit entstandene Vulcane geben,
welche eine so rasche Erhebung über dem Meere durch Aufschüttung
aufzuweisen hätten.
Es scheinen diese verschiedenen Gruppen lebender Vulcane der jetzigen Epoche
ziemlich unabhängig von einander zu sein. Aber schon der gleichzeitige
Ausbruch dreier von einander getrennter Vulcane deutet auf einen Zusammenhang
hin. Nach dem Padre
Iuan
Juan
de la Concepcion fand am 4. Januar 1645 gleichzeitig eine Eruption des
Vulcan von Serangani, eines jetzt gänzlich zur Ruhe
gekommenen Vulcans aus der Sulugruppe und des unter dem
Namen Vulcan de Aringay auch auf Darwin’s Karte
angegebenen Berges statt. Allerdings ist die Vulcan-Natur des letzteren nicht
über allen Zweifel erhaben; denn die Beschreibung des genannten
Historiker’s der Philippinen lässt völlig im Unklaren, ob aus
dem Berg, den er zwar einen Vulcan nennt, wirklich damals ein Ausbruch
stattgefunden habe oder ob er nicht vielleicht bloss durch die
Erschütterung in einem heftigen Erdbeben zusammengestürzt sei. Aber
abgesehen hiervon gibt es zwei wichtige Gründe, welche die
Zusammengehörigkeit aller dieser Vulcane beweisen. Zeichnet man die vielen
durch ihre ausgesprochen kegelförmige Gestalt, das Vorhandensein eines
verschütteten Kraters, zahlreiche heisse Quellen und deutlich erkennbare
alte Aschenauswürfe gekennzeichneten Vulcane zwischen jene lebenden ein, so
schliesst sich dadurch eine ganz zusammenhängende Kette von Bergen. Und es
schliesst sich diese Vulcanenkette, wie schon von Buch und Berghaus
hervorgehoben wurde, direct an die Reihe an, welche in gleicher Richtung
über Sanguir, Siao, Ternate, Celebes und Gilolo bis südlich vom
Aequator hinunterzieht, wo sie senkrecht auf die Vulcanenreihe der Sundainseln
trifft. Solcher erloschener Vulcane finden sich viele auf allen Inseln mit
einziger Ausnahme von Cebú und Bohol, welche gänzlich aus gehobenen
Korallenriffen und neptunischen Schichten gebildet zu sein scheinen. In der
westlichen wie östlichen Cordillere des Nordens und im Süden von
Luzon, in der isolirten Bergkette von Zambales und auf
Leyte und Samar, im
westlichen Gebirgslande des Nordens von Mindanao und in
dem Höhenzuge von Palawan erheben sich solche
erloschene Vulcane hoch über die mittlere Kammhöhe des Gebirgszuges,
dem sie angehören. Dahin gehört der Berg von Majaijai oder der M. Banajao von 7030 span.
Fuss Meereshöhe, dessen Fuss die vielgerühmte Laguna de Bay badet;
dahin der M. Datá im Distrikte der Kupferminen bei
Mancayan (Nordwest-Luzon) und der Subig in der
Bergkette von Zambales; dahin gehören die vielen als activ bezeichneten
Vulcane, welche in Berghaus bekannter Karte den Vulcan von Bulusan mit dem von
Majaijai durch die beiden Provinzen Camarines Sur y
Norte hindurch verbinden. Abweichend durch ihre gänzliche
Isolirung von allen Bergketten fallen 4 kleine vulcanische Berge im Norden der
centralen Ebene Luzon’s auf, unter denen ich nur den M.
Cujaput in der Provinz N. Ecija nennen will;
noch auffallender aber erscheint der trachytische Doppelkegel des M. Arayat, der aus einer kaum 90 Fuss über dem
Meere erhabenen Ebene steil und schroff bis zu 3150 Fuss Meereshöhe
aufsteigt. Alle diese Berge aber und die sie verbindenden Bergketten zeigen
durchaus die gleiche mineralogische Beschaffenheit, denn sie gehören alle
im Süden wie im Norden der Reihe moderner trachytischer Ausbrüche an.
Abgesehen von einigen zweifelhaften Stellen im Norden Luzon’s und in
Cebú, wo eigenthümliche Petrefacten ein etwas höheres Alter
anzudeuten scheinen, gehört somit die ganze Gebirgsmasse, das Skelett der
Philippinen, der Reihe trachytischer Gesteine an, welche in der jüngsten
geologischen Periode zum Vorschein kamen.
An diesen trachytischen Kern nun lehnen sich in sehr verschiedener
Meereshöhe zahlreiche sedimentäre versteinerungsreiche Sandstein- und
Thonschichten an, deren Muscheln und Schnecken theilweise noch heute lebend in
den umgebenden Meeren gefunden werden. Sie gehören also wohl alle einer
sehr jungen Periode an. Und wie an den Ufern der Inseln und in den Canälen
zwischen diesen und weit in’s Meer hinein sich Korallenriffe in den
mannigfaltigsten Formen finden, so sieht man auch in den trachytischen Bergen
des Nordens von Luzon und des Ostens von Mindanao und auf den Visaya’s
zahlreiche Ueberbleibsel früherer Korallenriffe, deren Wände in den
bizarrsten Formen aufsteigend meistens in sehr harten dichten Korallenkalk
umgewandelt sind. An diesen lassen sich nun mit Leichtigkeit zwei verschiedene
Altersstufen unterscheiden. Die ältesten Korallenriffe, welche aber doch
noch der tertiären Periode anzugehören scheinen, sind theilweise zu
einer bedeutenden Meereshöhe emporgehoben worden, so namentlich in dem
durch sein gleichmässig mildes Klima und die landschaftliche Schönheit
der umgebenden Berge so berühmt
gewordenen Thal
von Benguet. Nur uneigentlich wird es in Manila ein Thal
genannt. Es ist ein fast genau kreisförmiger Kessel von ungefähr
½ deutschen Meile Durchmesser, dessen Sohle nahezu horizontal fast
4000′ über dem Meere hoch liegt. In seinem Grunde findet sich ein
weitausgedehnter mit hohem Schilf umwachsener See. Ein etwa 450′ hoch
über dem See aufsteigender Ringwall aus gänzlich massivem Korallenkalk
umgibt steil anstrebend und an manchen Stellen wegen seiner mannigfachen
Zerklüftung gänzlich unersteigbar den Kessel. Um aber die Aehnlichkeit
mit einem Atoll noch deutlicher hervorzuheben, finden sich an zwei Stellen tief
und scharf wie mit einem Messer eingeschnittene Spalten in dem Wall, durch
welche sich mühsam jetzt ein Bach hindurchdrängt. An der
südwestlichen Seite endlich erniedrigt sich der Ringwall etwas, und
löst sich hier in eine Reihe kleiner unregelmässig gestalteter und von
trachytischem Thone bedeckter Hügel auf, zwischen denen hindurch sich der
Weg nach S. Fernando windet. Hier fanden sich in dem trachytisch aussehenden
röthlichen weichen Gestein nicht selten, aber schlecht erhaltene
Petrefacten und hier endlich liess sich an vielen Stellen eine durch allerlei
Geröll und völlig gut erhaltene ausnahmslos gerollte Korallenfragmente
eine alte Strandlinie nachweisen. Von diesem Atoll-ähnlichen Riffe an liess
sich eine ganze Kette mehr oder weniger getrennter Korallenbildungen bis hoch in
den Norden hinauf in ungefähr gleicher Meereshöhe verfolgen.
Während nun die älteren Korallenbildungen wenigstens theilweise von
Trachyt überlagert zu sein scheinen, schliesst sich die zweite Reihe der
gehobenen Riffe ganz an die jetzt lebenden an. Ueberall an den Küsten der
Inseln, auf Camiguin im Norden von Luzon und auf Basilan bei Zamboanga, an der
Ostküste Luzon’s und Mindanao’s, wie auf Bohol und—nach
Hörensagen—den Calamianes und Palawan finden sich bald länger
zusammenhängende, bald isolirte Fetzen gehobenen Korallenkalkes, die durch
ihren von der Brandung ausgewaschenen Fuss deutlich mit den bei Ebbezeit
entblössten oberen Theilen der jetzt in Hebung begriffenen lebenden Riffe
in Verbindung stehen. So liefert uns die ununterbrochene Reihe vulcanischer
Ausbrüche, älterer und neuerer Korallenbildungen den klarsten Beweis
stetig fortschreitender säcularer Hebung der Philippinen.
II.
Die Riffe und das Leben im Meere.
Tief und senkrecht aus dem Meere heraus bauen die Polypen ihre Häuser von
Stein, und erst, indem sie durch eigne oder durch unterirdische Kräfte
gehoben, bis nahe an die Oberfläche des Meeres gelangen, bildet sich das
Riff aus. Die Brandung reisst an der senkrechten Wand Korallentrümmer ab,
die bei niedrigem Wasserstande über den Rand des sich an die Küste
anlehnenden Walles von Korallen hinaufgeworfen werden; solche abgestorbene
Trümmer vereinigen sich miteinander durch Sand, und allmählig
erhöht sich so der Rand des Riffes selbst über die höchste
Fluthlinie. Nun bezeichnet eine beständige Linie weisser schäumender
Wellen, sogenannter “Brecher”, den Rand des Aussenriffes, welches
sich bald eng an die Küsten anschmiegt und mit völliger Treue die
Umrisse des Landes wiederholt, bald auch auf untermeerischen Rücken
fortlaufend weit in den Ocean vorspringende Riffzungen bildet. Solche
austretende Riffe finden sich vorzüglich an den Küsten, welche dem
offenen Meere zugewandt sind; denn hier hat die constante Wirkung der
herrschenden Winde und Meeresströmungen gar häufig Stücke des
Landes abgelöst und zerstört, deren untermeerische Grundfelsen dann
den günstigen Boden zur Ausbildung der Korallenriffe boten. Anders bilden
sich Riffe aus in stillen Buchten und in den engen Strassen zwischen den Inseln.
Die bald constanten, bald sehr wechselnden Strömungen der Luft; die durch
Ebbe und Fluth hervorgerufenen und die partiellen vom nordpacifischen
Aequatorialstrom abgeleiteten
Ströme, wie sie zu
den Strassen von Surigao und S. Bernardino hereindringen; die wechselnde
Höhe der Fluth und der Sturmfluthen; Gestalt und geognostische
Beschaffenheit der Küsten; chemische Constitution des Meerwassers und
mechanisch beigemengte Sandtheilchen;—alle diese sind in Verbindung mit
der säcularen Hebung der Inseln eben so viele Einflüsse, denen der
zarte Organismus der Korallen gehorchen muss und denen das von diesen aufgeführte Gebäude,
das Riff, seine Form verdankt. Ehe wir uns aber diese in einem Beispiele etwas
näher ansehen, wollen wir die Thiere bei ihrem nie unterbrochenen Baue
beobachten.
Eine weiche Larve der Meeresoberfläche senkt sich auf den tiefen Boden des
Meeres nieder. Wie die Schnecke ihr Haus absondert, so bildet sich der werdende
Polyp das seinige, nachdem er zuvor sich mit festem kalkigem Fusse auf dem
Felsen angesetzt hat. Rasch in die Höhe strebend, treibt er nun wie der
Baum seine Aeste und Zweige, Knospen, die sich zu neuen Polypen entwickeln und
während der Urahne weiter und weiter wächst, haben zahlreiche
Generationen ihn von allen Seiten umschlungen. So entsteht der Korallenstock,
der in seiner Form die ihm innewohnende allseitig sich ausbreitende Kraft des
Baumes offenbart, theils aber auch, wie dieser nur kurze Zweige an der Windseite
entwickelt und dem Sturmwinde durch Neigen zu entgehen sucht, in der Richtung
seines Wachsthumes und der vollendeten Gestalt des Gebäudes die
mannigfaltigen hindernden Einflüsse des Meeres zu erkennen gibt. Wo an
allseitig geschützten Stellen—so im Innern vieler Atolle—keine
Strömungen des Meeres störend einwirken und der Wogenschlag keine
Trümmer aufwirft, da wachsen die einzelnen Korallen nach allen Richtungen
hin gleichmässig weiter und bilden so allseitig abgerundete Knollen. Wenn
dann die sanft gebogene Oberfläche des Riffes bei tiefer Ebbe dem Einfluss
der Luft oder gar des herabströmenden Regens ausgesetzt wird, so sterben
die oberflächlichsten Korallenthiere ab, ihre Häuser werden
zerstört und es verflacht sich allmälig die Oberfläche, auf der
sich nun Korallensand und in ihm allerlei grabende Thiere ansiedeln. Nun
stürzt ein Theil der Insel ein, welcher sich jene bunt durcheinander
wachsenden Knollen anlegten. Ein Meeresarm hat sich Bahn gebrochen und schwemmt
nun in raschem Laufe alle die Korallentrümmer fort, welche vorher an Ort
und
Stelle liegen blieben; der mächtige Strom
setzt den übrigbleibenden lebenden Korallen unüberwindliche Schranken.
Die mechanische Gewalt desselben und die Intensität des Wachsthumes der
einzelnen Knollen setzen sich in Gleichgewicht. Ein treffliches Beispiel hierzu
liefert ein kleiner Krebs, ein Schmarotzer, der sich zwischen den Aesten verschiedener Korallen
ansiedelt. Seine Krallen reizen die Polypen zu unregelmässigem Wachsthum;
es bilden sich Auswüchse von zwei Seiten her, die allmälig zu Gallen
umgeformt jenen Eindringling umwachsen und ihn gänzlich einschliessen. Fort
und fort wachsen die Polypen, bis endlich der Strom, welchen der unfreiwillige
Einsiedler mit seinen strudelnden Füssen nach bestimmter Richtung hin
erregt, so stark wird, dass er dem Wachsthum der Koralle Halt gebietet. In
solchen Gallen erkennt man immer zwei sich ziemlich genau gegenüberstehende
feine Spalten. So verhindert der Strom im Meeresarme das seitliche Ausbreiten
der Korallen, die nun alle ihre Triebkraft senkrecht nach oben wenden, und es
entstehen bald mehr bald weniger schroffe Abstürze der Korallenwandung, je
nachdem der seitlich vorbeifliessende Strom stärker oder schwächer
war. Nur da, wo wie im Kanal von Basilan der Strom immer nach derselben Richtung
mit grosser Stärke geht, wachsen die Korallen absolut senkrecht in die
Höhe. Hier aber kommen ganz eigenthümliche Verhältnisse
in’s Spiel. Während in der nahe gelegenen Strasse von
Zamboanga die Strömung wechselt mit den Monsunen und der Ebbe und Fluth,
liegt der Kanal von Basilan so eigenthümlich, dass der östliche Strom
wohl durchtreten kann, der westliche dagegen in einen östlichen verwandelt
wird. Wo aber die Strömungen wechseln, wie in allen weiteren Kanälen,
da hebt sich die hindernde Wirkung derselben theilweise auf und so entstehen
hier senkrechte Wandungen der Korallenstöcke nur dann, wenn bei
hinreichender Stärke die wechselnden Strömungen keinen Winkel
miteinander machen. Ungehindert nach allen Seiten breiten sich die
Korallenstöcke in jenen Dreiecken aus, welche durch das Aufeinandertreffen
zweier Ströme oder durch die im Anprall gegen eine Insel bewirkte Theilung
eines einfachen Stromes gebildet werden, und in denen mannigfach abgelenkte, in
ihrer Richtung gänzlich unbestimmbare und schwache Strömungen
entstehen. Aus dem Innern des Landes durch die Flüsse und
Bäche herabgeführter Schlamm wird den einzelnen
Korallenstöcken ebenso verderblich, wie das reinste süsse Wasser eines
Bergstromes. Wo mächtig anschlagende Wogen immer in gleicher Weise
senkrecht gegen die Richtung des Landes, dem sich die Riffe anschmiegen,
einwirken, da entsteht dicht am Ufer ein hochgethürmter Aussenwall des
Riffes; aber von ihm ab gegen die Höhe des Oceans zu vertieft sich das Riff
ganz allmälig, bis es endlich langsam und ohne schroffen Abfall in die
Tiefe verschwindet.
Ein specielles Beispiel soll die schon angedeuteten Wirkungsweisen verschiedener
Momente, namentlich aber der Strömungen, näher erläutern.
Von ziemlich compacter Gestalt, mit nur geringer Küstenentwickelung liegt
die Insel Bohol (siehe Karte II) so zwischen Cebú,
Leyte und Mindanao eingekeilt, dass sie den von Norden kommenden Kanal zwischen
Leyte und Cebú in 2 Arme theilt, denen sie ihre westliche und östliche
Seite zuwendet, während die südliche und südöstliche von der
Nordküste Mindanao’s durch einen sehr viel breiteren Kanal getrennt
ist. In diesem letzteren verbinden sich die Strömungen, welche aus den
Strassen von Surigao mit einer Geschwindigkeit von 4–6 Seemeilen in der
Stunde herauskommen mit den weniger starken zwischen Leyte und Bohol. Je nach
Ebbe und Fluth wechseln diese Strömungen in entgegengesetzter Richtung ab,
oder wirken mit wechselnder Stärke, aber dann immer in gleicher Richtung,
wenn der Nordost- oder Südwest-Monsun ihre volle Kraft erreicht haben. So
treten die Meeresströme—gegen welche mitunter sogar die spanischen
Regierungsdampfer der Marine vergebens ankämpfen—tangirend nahe an
die östliche und südliche Küste Bohols heran, an welchen
demzufolge nur eine sehr geringe Breitenausdehnung des bei Ebbe trocken gelegten
Riffes zu bemerken ist. Aber in wenigen Schiffslängen Entfernung vom Rande
des Riffes schon findet das Senkblei erst Grund in mehr als 100 Faden
Tiefe—ein Beweis des jähen Absturzes der Korallenwand, wie er hier
nach Richtung und Stärke des Stromes wohl zu erwarten war. Das
Südwestmeer der Insel wird durch die von ihr nur durch einen
Seichtwasserkanal getrennte Insel Panglao bezeichnet,
welche aus gehobenem Korallenkalk besteht. Sie ist langgestreckt und liegt in
dem Winkel zwischen dem östlichen Strome des Südrandes von Bohol und
dem
von Norden herkommenden Strom des Canals zwischen
Cebú und Bohol, und als eine in demselben Winkel liegende untermeerische
Fortsetzung derselben findet sich hier ein weit vortretendes, mit seinem breiten
Aussenrande bei tiefer Ebbe gänzlich trocken gelegtes Riff. Von der
südwestlichen Spitze desselben durch einen schmalen Canal getrennt, liegt
eine sehr kleine ringsum von Riffen umgebene Insel, abgerissen offenbar durch
die hier schon stark wirkenden fressenden Ströme des Meeres. Das Keilriff
der Insel Panglao hat im Osten wie Westen, den beiden Wetterseiten einen etwas
erhöhten Rand, und mitten in der bis zu 4 Faden Tiefe ausgehöhlten
innern Fläche mehrere aus Sand und Korallentrümmern bestehende Inseln.
An der Westküste Bohols wird das zuerst wegen des nahe herantretenden
Stromes sehr schmale Riff allmälig gegen Norden hin breiter und nimmt
endlich an der Nordküste der Insel ganz den Character eines Barrenriffes
an. Parallel der Küste gestreckte, bei tiefer Ebbe fast gänzlich
trocken gelegte Riffe ziehen sich in meilenweiter Ausdehnung hin, und sind von
der Insel selbst durch einen bis zu 10 Faden tiefen Canal getrennt, welcher nach
Westen in den sehr tiefen Canal zwischen Cebú und Bohol, nach Osten hin in
den zwischen Bohol und Leyte liegenden Meeresarm übergeht. Zahlreiche meist
sehr niedrige, nur von Pandanusgebüschen oder Mangrovehainen bewachsene
Inseln machen die Schifffahrt in den Canälen innerhalb des Riffes
gefährlich und mühselig. Dieses ganze Labyrinth von Inseln und
Canälen und Riffen liegt aber, wie ein Blick auf die Karte lehrt, abermals
in einem vergleichsweise stillen Dreieck zwischen den beiden Strömen, in
welche sich der einfache Strom des Canals zwischen Leyte und Cebú bei
seinem Anprall gegen die Insel Bohol theilen musste. So sehen wir hier im
Grossen sich ganz dasselbe wiederholen, was wir im Kleinen an den
Wachsthumserscheinungen der einzelnen Korallenstücke bemerkten. Ueberall wo
Wirbel oder gänzlich stille Flecken im Meere gefunden werden, lösen
sich das Riff und die auf ihm entstehenden Inseln in eine grosse Menge
verschieden gebildeter Inselchen auf, ganz wie unter ähnlichen
Verhältnissen die einzelnen Korallenknollen sich zu keiner
zusammenhängenden Masse, zu keinem eigentlichen Riffe verbinden. Wo aber
constante Strömungen in immer gleicher Richtung auf ein Riff oder einen
einzelnen Korallenstock
treffen, da deutet die Form
beider das Gleichgewicht der entgegenwirkenden Kräfte an.
So sind sämmtliche Inseln der Philippinen von einem Kranz von Korallen
umsäumt, welche sich bald an das Ufer anlehnen, ohne ein eigentliches durch
den aufgeworfenen Aussenrand bezeichnetes Riff zu bilden, bald aber zu echten
Riffen werden, die nun als Küstenriffe oder als Barrenriffe—letzteres
allerdings in den seltensten Fällen—die zahllosen Meeresarme zwischen
den Inseln noch mehr einengen. Zwischen ihren Aesten siedeln sich eine Unzahl
von Thierchen an; auf den abgestorbenen Flächen der gehobenen Riffe oder im
Sande der tieferen Canäle liegen die kostbaren Perlenmuscheln und die
essbaren Holothurien; am Ufer der sandigen Inseln der Riffe legt die
Karettschildkröte ihre Eier ab und auf den von Seepflanzen dicht
bewachsenen schlammigen und versandeten Riffen grast nächtlich der Dujong,
während sich in den Canälen derselben, wie im hohen Meere zahllose
essbare Fische tummeln. Ueberall bietet sich dem küstenbewohnenden Malaien
eine reiche und leichte Erndte in der Ausbeutung der werthvollen Producte des
tropischen Meeres.
Die Holothurien oder der im Handel so genannte Trepang, balate, gehören jener bekannten
Gruppe von Lebensmitteln an, welche wie die essbaren Vogelnester und die
Haifischflossen ausschliesslich von den üppig lebenden Chinesen genossen
werden. Für den Zoologen aber vereinigen sie sich durch ihre gesammte
Organisation mit den wohlbekannten Seesternen und Seeigeln zu dem Kreise der
Echinodermen oder Stachelhäuter. Wie sie im Bau ihrer Organe eine
wunderbare Vollkommenheit und Mannichfaltigkeit zeigen, so sind sie auch in
ihren Sitten und Gebräuchen durch zahlreiche auffallende
Eigenthümlichkeiten ausgezeichnet. Hier zerfliesst eine Holothurie in wenig
Minuten in formlosen Schleim, wenn man sie der Luft aussetzt; ja nur ein leiser
Windhauch, der sie berührte, macht es dem Malaien unmöglich, sie durch
Kochen so zu erhärten, dass sie nachher der trocknenden Sonnenwärme
ausgesetzt werden kann. Mit dem Seewasser muss sie gleich in der grossen
Kochschale aus dem Meer gehoben werden, wenn sie nicht ein Lüftchen in
Schleim verwandeln soll. Fasst man diese Thiere an, so vergehen sie unter den
Händen. Andere Formen zeigen Eigenschaften, um die sie mancher Mensch
beneiden
möchte. Die Synapta ärgert der
hintere Theil ihres Körpers; so wirft sie denselben von sich und lebt auch
ohne ihn ruhig weiter, oder bildet ihn in kurzer Zeit neu wieder aus. Eine
andere Holothurie vereinigt alle Specialitäten des ärztlichen Standes
in sich. Eine selbst gemachte Wunde ihrer Haut heilt sie in wenig Stunden, ohne
eine Nath anzulegen; ihre krankhaften Organe stösst sie von sich ab und
macht sich in wenig Tagen vollständig neue; wenn sie keine Lungen mehr zum
Athmen hat, so athmet sie das Wasser in die Leibeshöhle ein.
Wie oft habe ich nicht auf meinen Reisen diese Thiere beneidet. Wenn ich unter
den Wilden nur Wurzeln und Krebse zu essen fand, oder ein schlecht besetzter
Mittagstisch eines Wirthshauses mir alle Freude am Genusse verdarb, so musste
ich jedesmal an meine Holothurien denken, die gefangen in kleinen Schalen mit
reinem Seewasser, ohne ihre beliebte Speise, den Korallensand, bald ihren
Darmcanal mit Lungen und allen andern Organen, die daran hingen, zum After
hinausstiessen, da sie ja unter den Umständen nicht mehr nöthig waren.
Liess ich dann diese Thiere nur lange genug leben,—etwa mindestens 9
Tage—so hatten sie sich unterdessen ganz neue Gedärme gemacht und
Lungen, mit denen sie das reine Seewasser ebenso ruhig frassen und einathmeten,
als früher den Sand und das weniger reine Wasser. Wie oft hört man
nicht einen Menschen im Zorne ausrufen: Möchte ich doch aus der Haut
fahren! Was aber Euch nicht gelingt, das macht Euch eine andre Holothurie in
wenig Minuten vor, wenn Ihr sie mit Nadeln und Messern zu quälen anfangt.
Sie dreht und windet sich nach allen Richtungen und schleudert ihren Körper
hin und her, wie es mitunter die Blutegel thun, hie und da reisst die Haut ein,
und bald seht Ihr statt des mit Warzen und Knoten besetzten kantigen
Körpers einen rundlichen Sack vor Euch liegen, der die völlig
unversehrten Eingeweide enthält. Die daneben liegende geborstene Haut
löst sich bald in Schleim auf.
Mannichfaltig gestaltete Arten derjenigen Gruppe, welche im System als
Aspidochirotae aufgeführt werden, dienen zur Bereitung des Trepang.
Mehrfach gedämpft und zuerst mit Seewasser, dann mit süssem Wasser
gekocht, nachher lange Zeit an der Sonne oder im Rauch über Feuer
getrocknet,—so kommen diese nun schwärzlich und geschrumpft
aussehenden Thiere in verschiedenen Sorten
in den
Handel. Da dieser in Manila wenigstens ausschliesslich in den Händen von
Chinesen liegt, so sind nur schwer sichere Angaben über den durch den
Trepang hervorgebrachten Werthumsatz zu erhalten. Ueber einige der letzten Jahre
liegen mir Angaben vor. Im Jahr 1864 wurden 2089 Picul (zu 130 Pfd.), 1865
dagegen 3920 Picul ausgeführt. Der Werth derselben schwankte 1866 zwischen
23–60 Thlr. per Picul.
Den kopflosen Weichthieren gehören einige andere commerciell wichtige Thiere
an, nemlich die echte Meeresperlenmuschel (Meleagrina
margaritifera L.) und die Temblegam-Perlenmuschel (Placuna placenta L.). Beide sind auf den Philippinen weniger wegen der
in ihnen erzeugten Perlen, als wegen ihrer Schalen selbst wichtig. Die grossen
Schalen der Meleagrina zeigen auf ihrer inneren glänzenden Fläche,
sowohl an der Ansatzstelle des Schliessmuskels, wie an der übrigen dem
Mantel sich anlegenden Fläche, gar häufig unregelmässige aber
schön glänzende Tröpfchen von Perlmuttersubstanz, welche
abgeschnitten als Halbperlen verwandt werden. Viel weniger häufig sind aber
die echten völlig glatten und freien Perlen, die sogenannten
“Wasserperlen” (perlas de agua), welche nur zwischen den Schichten
der Mantelblätter erzeugt werden und in fadenartigen Verlängerungen
derselben hängen, wie in einem Sacke. Hunderte von Schalen können vom
Grunde der tiefen Canäle heraufgeholt worden, ehe eine einzige solche
Wasserperle von erheblichem Werthe die unsägliche Mühe des Tauchers
belohnt. Es wird der Perlenfang hauptsächlich nur noch im Meere um die
Sulu-lnseln, um Palawan und Mindanao herum betrieben und zwar von Sclaven,
welche die muhamedanischen Fürsten im Süden der Philippinen auf ihren
alljährlich sich wiederholenden Menschenjagden einfangen. So finden sich
auf den zum Perlenfang ausgesandten Böten katholische Christen von Luzon
und den übrigen philippinischen Inseln neben heidnischen Bewohnern von
Celebes, Gilolo und den Dajak’s von Borneo auf derselben Bank gebunden,
dem blutigen und lebensgefährlichen Geschäft des Tauchens zum Opfer.
In immer grössere Tiefen ziehen sich die grossen Perlmuscheln—denn
nur diese geben Hoffnung auf gute Beute—zurück, so dass in den Meeren
um Sulú herum die Taucher bereits bis auf 15 und selbst mehr Faden Tiefe zu
tauchen haben. Der heftige Druck der grossen Wassermasse
treibt dem Taucher, während er mit einem Messer rasch die
festsitzenden Muscheln abzuschneiden sucht, das Blut aus Ohren, Nasen und Augen.
Mit zerschnittenen Händen und Fingern, mit blutendem Gesichte kommen diese
Unseligen an die Oberfläche, und empfangen als Belohnung für die
kostbare Perle, die sie dem Meere entrissen, nur kärgliche elende Nahrung;
oft auch ist gänzliche Taubheit, ja selbst ein rascher plötzlicher Tod
ihr Lohn. Fast sind sie dann glücklich zu schätzen. Denn die gewaltige
Anstrengung des raschen Tauchens zerstört langsam, aber sicher auch die
kräftigste Brust, bis sie endlich nach langdauernden Leiden der langsame
Tod dem grausigen Geschäfte entreisst. Tausende von Blutstropfen
hängen so an jeder Perle, welche das Ohrgehänge oder die Brustnadel
unserer Schönen zieren.
Auch der Handel mit Perlen ist in Manila gänzlich in Händen der
Chinesen, sodass sich auch hier keine sicheren Angaben über den Werth der
jährlich nach China gesandten Perlenmengen machen lassen. Dagegen findet
sich die Schale der Meleagrina als sogenannte “concha nacar” in
allen Exporttabellen aufgeführt. Das Jahr 1867 hat mit 3095 Picul die
grösste je ausgeführte Menge von Perlmutterschalen aufzuweisen. 1865
betrug der Preis per Picul 19 Dollar (57 Gulden) und durchschnittlich sollen
ungefähr 30 einfache Schalen auf ein Picul gehen.
Die zweite Muschel (Placuna placenta) wird hier nie, wie in Ceylon, der kleinen oft in ihr
gebildeten Perlen wegen gesucht. Sie lebt im Schlamme am Ausgange der
Flüsse mit anderen Thieren des brakigen Wassers, ohne Befestigung und in
grossen Mengen beisammen. Es ist bekannt, dass aus den flachen und dünnen
sehr durchscheinenden Schalen viereckige Scheiben geschnitten werden, welche in
China, auf den Philippinen und den Inseln des hinterindischen Ocean’s
statt der Glasscheiben in die Fensterrahmen eingesetzt werden. Gegenüber
dem Glase haben sie jedenfalls den in den lichthellen tropischen Ländern
hoch zu schätzenden Vortheil, dass sie das directe Sonnenlicht fast ganz
ausschliessen, das diffuse Tageslicht dagegen mit hinreichender Intensität
durchlassen. Ueber die Masse und den Werth der etwa ausgeführten Schalen
dieser Muschel fehlen alle statistischen Angaben.
Eine ganz kurze Erwähnung nur verdienen die hier in Manila “Sigay” genannten Kaurischnecken, Arten der Gattung
Cypraea. Sie finden sich wie überall in den
tropisch östlichen Meeren, so auch auf den Riffen der Philippinen und
werden alljährlich in grossen Quantitäten ausgeführt. Da aber der
Werth derselben neuerdings sehr gesunken ist—man bezahlt jetzt in Manila
etwas mehr als einen Thaler für das Picul—so ist der Werth des
Umsatzes von jährlich etwa 1500 Picul ein sehr geringer. Ebensowenig
beansprucht die Ausfuhr des Schildpatts bedeutendes
Interesse; denn trotz des ziemlich hohen Preises, der auch jetzt noch für
das Picul Schildpatt—von den Spaniern carey
genannt—, nemlich 4–500 Dollars, bezahlt wird, beträgt der
ganze Umsatz im Mittel kaum 15000 Gulden, da selbst in den günstigsten
Jahren nicht mehr als 20 Picul ausgeführt werden.
Dagegen ist der Dujong (Halicore Dugong L.) ein Thier,
welches in mehr als einer Beziehung interessant ist, da es sich in
eigenthümlicher Weise mit der Geschichte des Trepanghandels auf den
Philippinen verknüpft. Als im Anfang dieses Jahrhunderts einige Spanier von
Manila nach den westlichsten Inseln der Carolinen, den Pelew-Inseln oder den
Islas Palaos, gingen, um hier für Tabak, Eisenwaaren und baumwollene
Tücher den Trepang einzuhandeln, erkannten sie in einem Armband, welches das Handgelenk
der Fürsten des Landes zierte, den ersten Halswirbel des ihnen sehr gut
bekannten und auf den Philippinen wegen seines wohlschmeckenden Fleisches
häufig gejagten “pez mulier” wieder. Sie nahmen den hohen Werth
desselben wahr und wussten sich während der nachfolgenden Jahre auf den
Philippinen mit einer tüchtigen Ladung solcher Wirbel zu versehen, die den
glücklichen Speculanten denn auch rasch eine volle Schiffsladung fast
umsonst verschafften. Aber der Dujong ist sehr schwer zu jagen, und seine Menge,
wie es scheint, nicht beträchtlich. Er zog sich nach den am schwersten
zugänglichen Schlupfwinkeln an den Ostküsten des Archipels
zurück, so dass sich bald die auf Trepang fahrenden Mestizen und Spanier
von Manila wieder genöthigt sahen, sich der europäischen Waaren zu
ihrem Tauschhandel zu bedienen. Nie wieder sind solche Geschäfte in diesem
Handelszweige gemacht
werden
worden
, wie in der kurzen Periode jenes Handels mit dem Atlas des Dujong. Er
giebt uns auch ein Beispiel, wie leicht der Mensch geneigt ist, seiner Eitelkeit
schmerzliche Opfer zu bringen. Obgleich derselbe selbst im Verkehr der Bewohner
untereinander
Geldwerth besitzt, so hat er doch auch
den wirklichen Werth eines nationalen Ordens; denn nur den ausgezeichneten
Männern des Landes kann er vom König oder dem Fürstencongress
zuertheilt, aber auch entzogen werden. Es ist ein Fest, wenn einem Vornehmen des
Landes ein solches zuerkannt wird. Aber die Anlage des Ordens selbst ist eine
schmerzhafte Operation. Das allerdings durch Abfeilen der Kanten und
Vorsprünge etwas erweiterte Loch, durch welches das Rückenmark
hindurchtritt, ist so eng, dass selbst die zarten und in ihren Gelenken so
ausnehmend biegsamen Hände der Eingebornen nicht ohne grosse Mühe
hindurchkommen. Die Finger des Beglückten werden fest zusammengebunden, so
dass sich die Breite des gebogenen Handrückens möglichst vermindert,
und dann wird die Hand durch den Wirbel hindurchgezwängt, indem einige
Männer an dem Taue, welches die Finger hält, aus Leibeskräften
ziehen, während Andere von entgegengesetzter Seite her den Wirbel und den
Decorirten festhalten. Oft sieht man die Vornehmen des Landes mit Stolz die Hand
zeigen, von welcher sie bei solcher Standeserhöhung einen Finger, meistens
den Daumen, durch die Operation des Durchziehens verloren haben. Bei uns
Europäern möchte ein solcher Orden, der nie ohne grosse Schmerzen
angelegt werden kann, wohl als ein Mittel gegen die zu grosse Zahl der
Ehrendiener angewandt werden können.
Die vergleichsweise grosse Wichtigkeit der genannten Thiere, welche wesentlich
auf den Korallenriffen und durch sie leben, lässt sich kurz in einigen
Zahlen ausdrücken.—Es erreichte der Export der 4 wichtigeren Artikel
im Jahre 1864 die Summe von 97,683 Dollars, 1865 die viel grössere von
135,295 Dollars. Für die einzelnen Artikel stellt sich das Verhältniss
so:
|
Perlmutterschalen. |
Schildpatt. |
Kauris. |
Trepang. |
Summa. |
1864 |
52,972 |
931 |
2000 |
41,780 |
97,683 D. |
1865 |
47,215 |
3172 |
1792 |
78,400 |
135,295 D. |
Man sieht, dass der so bedeutend höhere Export im Jahre 1865
hauptsächlich durch die Zunahme des Trepanghandels bewirkt wurde.
Wenn man nun bedenkt, dass der bedürfnisslose Bewohner tropischer Gegenden
kaum mehr arbeitet, als gerade für die Beschaffung seiner unentbehrlichsten
Lebensbedürfnisse nothwendig
ist; wenn man
erwägt, wie gering die Kosten eines solchen einfachen Lebens sind inmitten
der überreichen primitiven Nahrungsmittel solcher Länder; so
bevölkert der aus obigen Thatsachen rückschliessende Blick die Meere
und Strassen zwischen jenen Inseln mit einer grossen Menge kleinerer und
grösserer Fahrzeuge, welche alle bei dem Fang und Transport der genannten
Thiere beschäftigt sind. Hier ziehen bei tiefer Ebbe Schaaren kleiner
offener Böte an den Rändern der Riffe entlang und holen die grossen
Holothurien aus der Tiefe durch Tauchen oder allerlei
Jnstrumente
Instrumente
empor; dort treiben die Aufseher des Sultans von Sulú die im
grossen halbgedeckten Boot (Panco) dichtstehenden Sclaven zum Tauchen nach den
kostbaren Perlenmuscheln im tiefen Meeresgrunde an; Kinder und Frauen sammeln
ausser Muscheln und anderen Seethieren für ihr bescheidenes Mittagsmahl die
Kauris und auf den Fischfang bei Nacht ausziehende Männer kehren heim mit
einer grossen Schildkröte beladen, die sie im Sande einer Insel beim
Eierlegen überraschten. Hunderte von kleinen gedeckten Schiffen bringen die
gesammelten und von einem Zwischenhändler, meistens Chinesen, aufgekauften
Gegenstände in kleineren Parthien in die wenigen dem transatlantischen
Verkehr freistehenden Häfen ein. Aber noch grösseren Einfluss auf die
Belebtheit der philippinischen Meere haben die Fische, welche der täglichen
Nahrung geopfert werden; denn sie bilden neben Reis die hauptsächlichste
Nahrung der Bewohner. Die grosse Mehrzahl der philippinischen Dörfer und
Städte liegen hart am Meere. Da ziehen dann bei tiefer Ebbe sämmtliche
Bewohner hinaus auf die Riffe, harpuniren hier einen Meeraal, dort betäuben
sie durch giftige Wurzeln alle Fische, welche sich in dem Wasser unter einem
grossen Korallenblock verborgen haben und werfen dann alle Arten mit Ausnahme
einiger weniger giftiger Sorten in ihren Korb. Häufig ziehen Nachts ganze
Schaaren von Böten mit brennenden Fackeln am Rande der Riffe entlang, um
die durch den Glanz des Feuers angelockten grossen Fische zu harpuniren. Diese
Sitte des Fischfangens bei Licht hat vielleicht zu einem sonderbaren Irrthum
Anlass gegeben. Die Insel Siquijor, südlich von Bohol gelegen, wurde schon
auf den älteren Karten Isla de Fuegos genannt, weil die Spanier an ihr in
einer Nacht vorüberfuhren, in welcher sämmtliche Bewohner gerade mit
dem Fischfang bei
Fackellicht beschäftigt waren.
Dieser Name wurde dann, ich weiss nicht von wem zuerst, auf einen Vulcan
bezogen, der dort sein sollte. In der That aber hatte Niemand einen solchen je
gesehen, nirgends findet sich eine Angabe über einen früheren Ausbruch
auf dieser Insel und die Priester, welche sie aus eigner Anschauung kennen,
versichern einstimmig, dass keine Spur eines Vulcanes dort in heissen Quellen
oder in der Form der Berge zu finden sei. Auch auf Darwin’s Karte findet
sich Siquijor als Vulcan angegeben. Ich selbst habe auf meinen Fahrten zwischen
den bisayischen Inseln gar häufig jene romantische Art des Fischfanges
beobachtet.—Nur in der Nähe der grösseren Städte, wie in
Manila, Yloilo, Cebú und anderen mehr bildet sich ein eigentliches
Fischergewerbe aus. Während sonst jeder Bewohner sowohl Seemann wie
Landbauer ist und zunächst nur an die Befriedigung seiner eignen
Bedürfnisse und derjenigen seiner Verwandten denkt, so dass er heute Fische
fängt und morgen seine Kleider flickt, bald die Wildschweine, Rehe und
Büffel jagt oder seinen Acker bestellt, den Bienen im Walde den süssen
Honig abjagt, oder sein jüngstes Kind in den Armen schaukelt, kurz alle
Geschäfte des menschlichen Lebens der Reihe nach durchmacht; haben sich in
den volkreicheren Districten schon die Gewerbe mehr von einander getrennt. So
findet man denn auch auf den Fischmärkten der grossen Städte das
eigentliche Fischervolk beisammen, das sich in seinem Wesen hier wie
überall so sehr von den übrigen Ständen unterscheidet. Von diesen
wird die Fischerei theils auf den Riffen, theils auch im hohen Meere mit ganz
anderen Mitteln betrieben. Von ihnen werden Arten von Fischreusen so gut, wie
die kleinen und grossen Angeln benutzt; am Ausfluss der Ströme sieht man
mächtige durch einen Baum auf- und abgesenkte flache Netze die kleinen im
Sonnenschein sich tummelnden Fische fangen, während in den
Süsswasserseen oder am seichten Ufer der Meeresbuchten und der Canäle
grosse von einem dichten Geflecht aus Bambusrohren umzäunte labyrinthische
Irrwege oft der Schifffahrt am Ufer hinderlich werden. Sie werden so gegen die
Strömung gestellt, dass die Fische mit ihr hineingelangen. Hier werden sie
dann mit Stöcken bis in den innersten Raum getrieben, wo sie völlig
abgeschlossen vom Fischer mit Handnetzen herausgefischt werden. Auf diesen hoch
in die Luft emporragenden Staketen sieht man
häufig die Fischer unbeweglich zwischen ebenso steinern aussehenden Reihern
sitzen, welche gleich ihnen auf die Ankunft eines Fischschwarmes warten. So
werden ungeheure Fischmassen täglich von den Bewohnern des Landes gefangen
und gegessen. Selten nur nimmt man sich die Mühe, die Fische und die
schmackhaften Süsswasserkrebse zu trocknen oder einzusalzen; aber die
wenigen so behandelten Arten bilden dann einen nicht unwichtigen Handelsartikel
im Verkehre der Bewohner untereinander. Leider fehlen hierüber alle
genaueren statistischen Angaben.
Wenn man so schon das Recht hätte, das Volk ein wesentlich maritimes zu
nennen, so springt die Richtigkeit dieser Bezeichnung noch mehr in die Augen,
wenn nun zum Schluss noch die Verkehrswege des grossen Handels aufgesucht
werden. Zwischen der Hauptstadt und den zahlreichen kleinen Inseln des
Südens, so wie zwischen diesen untereinander kann natürlich der
Verkehr nur zu Wasser stattfinden. Aber selbst zwischen Orten auf Luzon die sich
so nahe liegen, wie Mauban an der Ostküste und
Manila westlich, zieht der Handel den langen Umweg um die Südspitze der
Insel herum dem kurzen Landweg über die niedrige Bergkette nach der Laguna
de Bay vor. Eine Folge für diese ausgesprochene Vorliebe für den
Seeverkehr ist natürlich eine gründliche Vernachlässigung aller
Landstrassen. Dass nun in der That fast aller Handel die Seewege aufsucht,
beweist die kleine hier mitgetheilte Tabelle über die Zahl der im Jahre
1862 in Manila ausgelaufenen und eingelaufenen Schiffe.
|
Provinzschiffe. |
Spanische Schiffe. |
Fremde Schiffe. |
|
Zahl. |
Tonnengehalt. |
Zahl. |
Tonnengehalt. |
Zahl. |
Tonnengehalt. |
Eingelaufene |
2253 |
138,000 |
127 |
23,000 |
160 |
98,000 |
Ausgelaufene |
2298 |
135,000 |
137 |
25,000 |
157 |
98,000 |
Die grosse Zahl der Provinzschiffe gegenüber den wenigen über den Ocean
fahrenden Schiffen—den sogenannten buques de travesia—zeigt, wie im
inneren Verkehr der Inseln untereinander vor Allem die kleinsten Schiffe
bevorzugt werden. Nimmt man an, dass alle Schiffe eine volle Ladung
hatten—was natürlich nur annähernd richtig ist—und
vergleicht man die Tonnenzahl der in Manila eingelaufenen Provinzschiffe mit
derjenigen der von hier nach Europa, Australien etc. ausgelaufenen grossen
Seeschiffe,
so sieht man, dass höchstens 15,000 Tonnen der Landesprodukte in Manila selbst
geblieben sein können. Wahrscheinlich aber waren es viel weniger, denn die
Seeschiffe verlassen nie den Hafen ohne eine volle Ladung, während viele
der Provinzschiffe auch ohne vollständig gefüllt zu sein, die Reise
nach Manila unternehmen. Die analoge Differenz von 14,000 Tonnen zwischen den
eingelaufenen Seeschiffen und den ausgelaufenen Provinzschiffen beweist, dass
auch die eingeführten europäischen Producte auf dem Seewege nach den
übrigen Provinzen übergeführt werden müssen.
Auch in diesen Zahlen tritt uns also ein bedeutender Verkehr zur See entgegen.
Mit grossen Schwierigkeiten hat derselbe in den philippinischen Meeren zu
kämpfen. Die bis in die neuere Zeit hinein sehr schlechten Karten, die
heftigen und mannichfaltig wechselnden Strömungen, die Häufigkeit der
Riffe und Untiefen und die schweren beim Wechsel der Monsune so oft eintretenden
Stürme; der Mangel aller nautisch durchgebildeten Capitaine und die
angeborne Sorglosigkeit der Mannschaften—alles dies sind ebensoviele
Hindernisse, aber auch zugleich bestimmende Momente für die Form des
Verkehrs und die von ihm aufgesuchten Wege. Ganz besonders aber drückt der
periodische Wechsel der vorherrschenden Windrichtungen mit den übrigen
klimatologischen Erscheinungen dem Verkehr zur See, wie überhaupt dem
ganzen organischen Leben auf den Philippinen seinen Stempel auf. Diesen Einfluss
des Klima’s auf Land und Leute zu untersuchen, soll die Aufgabe der
nächsten Skizze sein.
III.
Das Klima und das organische Leben.
Im Allgemeinen lässt sich das Klima des
philippinischen Archipels als ein tropisch insulares im vollsten Sinne des
Wortes bezeichnen. Vollständiger Mangel aller schroffen Gegensätze in
der Temperatur, hohe mittlere Jahreswärme, grosse Regenmenge und
Feuchtigkeit der Luft, sowie die in gewissen Perioden wechselnde Windesrichtung
werden durch die geographische Lage dieser Inseln erklärt. Um uns ein
möglichst scharf gezeichnetes Bild von diesen einzelnen Momenten, die in
ihrer Gesammtwirkung als Klima solchen Einfluss auf alle Organismen und alles
Leben gewinnen, zu bilden, wollen wir den im Anhang ausführlich mitgetheilten
Resultaten mehrjähriger Beobachtungen in Sta. Ana, einem Dorfe dicht bei
Manila, folgende Mittelwerthe entnehmen:
Temperatur in Graden Reaumur. |
Regenmenge im Jahr. |
Relative Feuchtigkeit. |
Mittlerer Luftdruck. |
Mittlere des Jahres |
mittleres Maximum |
mittleres Minimum |
+20,88 |
+25,4 |
+16,2 |
974,6 par. Lin.
= 81,2 Zoll. |
78,7 par. Lin. |
337,18 |
Windesrichtung: |
October–April |
N 57° O |
|
April–October |
S 28° W |
Hier drückt sich zunächst in den 3 ersten Zahlen die hohe, aber sehr
gleichmässige Temperatur bestimmt aus; denn bei dem hohen Jahresmittel von
21° R. ist die Differenz der mittleren Monatsextreme nur 9°,
während sie beispielsweise in Frankfurt über 19° beträgt bei
der niedrigen Jahrestemperatur von 9° R. Gegen
eine nur 15,7 Zoll betragende Regenmenge an demselben Orte in Deutschland
fallen in Manila, einem vergleichsweise für die Philippinen sehr trockenen
Orte, alljährlich mehr als 81 Zoll, im Nordosten von Mindanao dagegen in
Linao nach den Beobachtungen eines Jahres 142 Zoll. Eine so ungeheure und dazu
noch in ziemlich regelmässigem Wechsel niederfallende jährliche
Regenmenge muss nothwendig von grossem Einfluss auf die Entwickelung des
organischen Lebens sein, dem wir denn auch dort im Verein mit anderen
Einflüssen überall begegnen. In der letzten Rubrik endlich spricht
sich der scharfe Gegensatz der beiden wichtigsten Jahresabschnitte aus, welche
man die kalte und die warme oder
besser mit Bezug auf die herrschenden Winde, die Jahreszeiten des Nordost- und des Südwest-Monsun’s nennen kann.
Allerdings ist durch dieses Wort nicht Alles bezeichnet. Wie die Monsune selbst
nur entstanden sind durch local wirkende Ursachen, die indischen nemlich durch
die Erwärmung des asiatischen Continentes in unserem Sommer; so muss es
natürlich auch Grenzgebiete geben, in welchen ein Uebergang stattfindet in
den regelmässigen durch allgemeiner wirkende Ursachen bestimmten
Erscheinungen, wie es die Passate sind. Und in der That scheinen wir uns auf den
Philippinen in einem solchen Grenzgebiete zu befinden: denn während in Manila der abgelenkte SW.-Monsun schon zu Ende April, der Nordost-Monsun im October einsetzt, ist die Dauer des SW.-Monsuns in Bohol um reichlich 1 Monat kürzer, da er nur vom Juli bis zum November dauert.
Aber durch diese allerdings interessanten Verschiebungen in den Windrichtungen
wird doch die im Wesentlichen in dem Worte Monsun angedeutete Periodicität nicht erheblich verändert, und für das
Ziel, welches wir hier im Auge haben, nemlich für den Einfluss der
periodischen Erscheinungen der Atmosphäre auf das organische Leben, ist
gerade diese Unregelmässigkeit viel weniger bestimmend, als die
periodischen Wechsel in der Temperatur und namentlich im Feuchtigkeitsgehalte
der Luft.
Wir ziehen hier abermals zur leichteren Vergleichung eine kleine Tabelle aus den
vollständigen Resultaten aus, in welcher wir die jährliche klimatische
Bewegung nach den 4 hier bei uns angenommenen Jahreszeiten für Manila in
Zahlen darstellen.
|
Winde. |
Regen. |
Gewitter. |
Temperatur. |
Luftdruck. |
|
|
Lin. |
|
° R. |
par. Lin. |
Winter |
N 35° O |
74 |
0,8 |
19,6 |
337,66 |
Frühling |
N 79° O |
73 |
14,7 |
21,6 |
337,40 |
Sommer |
S 41° W |
492 |
35,9 |
21,7 |
336,94 |
Herbst |
S 16° W |
334 |
19,5 |
20,7 |
336,71 |
Während der 3 Wintermonate December, Januar und Februar bringt der sehr
regelmässig wehende Nordostwind bei der niedrigsten Mittelwärme von
19°,6 R. gar keinen oder fast gar keinen Regen nieder. Die Felder trocknen
nun aus und das Erdreich springt häufig in tiefen Rissen auf;
unerträglichen Staub wirbeln die offnen Wagen der Bewohner Manila’s
auf und die Pflanzen sehen traurig und düster genug aus durch den dichten
Staub, der sie bedeckt. Der starke jeden Morgen fallende Thau genügt nicht,
um die verbrannten Blätter mit frischem Grün zu schmücken.
Dennoch aber gibt es nur selten völlig heitere Tage; denn die grosse
alltäglich mit aufsteigender Sonne in die Luft gehobene Wassermenge formt
sich rasch zu leichten Wölkchen, welche der starke Nordostwind vor sich hin
treibt. Wenn aber zum Anfang des Frühlings die Sonne sich dem Zenith
nähert, so mehren sich allmälig mit etwas sinkendem Luftdruck die
electrischen Entladungen der Atmosphäre, die zuerst als Wetterleuchten in
der Ferne, dann als immer näherkommende und heftiger auftretende Gewitter
das Herannahen des durch wechselnde Winde und Calmen bezeichneten Frühlings
anzeigen. Nun beeilt sich jeder Bewohner Manila’s, seinen Wagen repariren
zu lassen, um während der bald eintretenden heftigen Regen im geschlossenen
Fuhrwerk dem Unwetter trotzen und seinen Geschäften obliegen zu
können. Zwar erleuchtet die aufgehende Sonne noch
einen stets ungetrübten Himmel; aber gegen Mittag schon, wenn sie am
höchsten steht, decken dichte Wolken den Himmel und thürmen sich,
meistens an einem der benachbarten Berggipfel hängend, schwere dunkle
Gewitterwolken auf. Dabei erhöht sich die Temperatur rasch um 2 volle
Grade; aber noch immer harren Pflanzen, Thiere und Menschen vergebens auf den
erfrischenden Regen, der zuerst im Mai mit einzelnen schweren Tropfen sich
ankündigt, dann aber plötzlich in heftigen Gewitterregen losbricht.
Zugleich damit tritt ein Wechsel der Winde ein. Nicht ohne Zagen und doch mit
Freude sieht der Bewohner diesem Wechsel des Monsun’s entgegen. Wenn
im Mai oder Juni der von Süden her andringende
Südwestwind dem Nordost die Herrschaft über das Land zu entringen
sucht, so sind heftige Stürme, sogenannte “colla’s”,
welche einige Tage lang andauern, die Folge dieses Kampfes der Winde.
Häufig erzeugt sich dabei ein “baguio”, ein Wirbelsturm; doch
seltener, als in dem Uebergang des SW.-Monsun’s in den NO.-Monsun im
September oder October. Ist die “colla” vorüber, während
welcher fast unausgesetzt fallender Regen die durstige Erde tränkt, so
tritt nun die eigentliche Regenzeit mit ihren täglich sich wiederholenden
äusserst heftigen, aber meistens nur wenige Stunden dauernden Gewitterregen
ein. Mit dem Südwestwinde hat der Barometerstand fast sein Minimum
erreicht, während die Zahl der Gewitter sich enorm gesteigert und die
herabfallende Regenmenge ihr Maximum erreicht hat. Die mittlere Wärme ist
kaum gestiegen; aber die häufigen Windstillen zur Zeit des Mittags und die
eigenthümliche Schwüle, welche dort wie hier den Gewittern
voranzugehen pflegt, lassen die Hitze grösser erscheinen, als sie wirklich
ist; denn nie steigt die Temperatur im Schatten auf mehr als 27 oder 28° R.
zur Zeit des täglichen Maximum’s. Gegen Ende des Sommers sinkt die
Temperatur etwas, ebenso auch die Regenmenge, obgleich nun erst die relative
Feuchtigkeit ihr Maximum erreicht. Zum zweiten Male wiederholt sich dann im
September oder October der Streit zwischen den Luftströmungen. Unerwartet
und rasch, nicht durch das Fallen des Barometers oder die sich mehrende Zahl der
Gewitter angekündigt, bricht nun die “colla” des Herbstes
über Stadt und Land herein. Wehe den Pflanzen und Thieren, den Menschen in
ihren Hütten und an Bord der im Hafen ankernden Schiffe, wenn mit ihr der
gefürchtete “baguio” eintritt, der nun viel heftiger, als sein
Genosse im Frühling einherschreitet. Im heftigsten Anlauf reisst der Wind
in den Bergen ganze Waldungen nieder; Wolkenbrüche, die ihn begleiten,
schwellen die Giessbäche und die Ströme des Landes in rasender
Schnelle zu enormer Höhe; Brücken und Häuser werden
fortgeschwemmt und ausgedehnte Ebenen überfluthet und die Schiffe im Hafen
reisst der heftige rasch sich durch alle Richtungen der Windrose drehende
Sturmwind von ihren Ankern ab und auf die Untiefen oder gegen die Klippen an.
Zum Glück dauern diese Stürme selten lange. Einer der heftigsten und
längsten Wirbelstürme,
welcher Manila in
neuerer Zeit heimsuchte, war der vom September 1865; er begann am 26. Mittags
und endete am 28. Morgens. Während dieser 40 Stunden fiel
unaufhörlicher Regen in solchen Mengen, dass der Rio Pasig weit über
seine Ufer hinaustrat und die Stadt Manila mit allen ihren Vorstädten
überschwemmte, so dass der Verkehr auf den Strassen durch Boote unterhalten
werden musste. Hat dann endlich der Nordost, mitunter in mehrfach erneutem
Kampfe, im October seinen Rivalen aus dem Süden besiegt, so gehen dann
allmälig die wechselnden Winde in den stetigen Nordostwind des Winters oder
der trocknen Jahreszeit über, während zugleich
die Temperatur sich in dem Masse erniedrigt, als die Sonne sich mehr und mehr
ihrer südlichen Culmination unterhalb des Aequators nähert.
Wie wir aber schon zwischen Manila und Bohol eine grosse Verschiebung in der
Periode der Monsune bemerkt haben, so gilt auch die hier näher geschilderte
Periodicität in den übrigen atmosphärischen Erscheinungen nicht
für die ganze Inselgruppe, oder selbst für alle Orte derselben Insel.
Wir erinnern uns, dass Luzon mit seinen hohen von Nord nach Süd
streichenden Bergketten gegen die herrschenden mittleren Windrichtungen dieselbe
Stellung einnimmt, wie Ceylon im indischen Ocean und wir verstehen nun, warum
die östliche und westliche Hälfte der Insel in Bezug auf die
Vertheilung des Regens so gänzlich von einander verschieden sein
müssen. Denn während der nordöstliche Wind alle Feuchtigkeit, die
er auf seinem Wege durch den stillen Ocean angesammelt hat, an der Ostküste
und in den hohen Bergen des Ostens und Nordens vollständig absetzt, gelangt
er nun an die Westseite der Insel als trockner Wind; und der Südwestwind
schlägt seinen Regen an der westlichen Seite der Insel nieder. So kann man
leicht, indem man von einem Ort zum andern reist, sich aus der nassen in die trockne Jahreszeit
versetzen. Als ich mich im November 1860 in Aparri an
Bord eines Dampfers einschiffte, um nach Manila zu reisen, hatten wir dort an
der Nordküste Luzon’s fast täglich fallende heftige Regen, die
von starken Nordoststürmen gebracht wurden; und schon nach wenigen Stunden
waren wir hart an der Küste von Ylocos gänzlich gegen den
stürmischen Nordost durch die hohe Bergkette geschützt und fuhren nun
bei beständig heiterem Wetter bis nach Manila hinunter.
Wo sich in den Visaya’s zwischen den
vielen kleinen und grösseren Inseln zahlreiche Einschnitte bilden, da sind
hier den Winden ebensoviele Canäle vorgezeichnet, in welchen sie nun
theilweise abgelenkt werden, so dass hier die Vertheilung des Regens eine lange
nicht so regelmässige sein kann, wie in Luzon, und auch die Regenwinde
selbst nur selten in ihrer ursprünglichen Richtung auftreten können.
So war in Bohol die Vertheilung des Regens während
zweier Beobachtungsjahre eine viel weniger schroffe, wie in Manila. Im Winter
fiel hier das Maximum des Regens mit 209 Linien, im Frühling das Minimum
mit 50 Linien; der Sommer zeigte 199 und der Herbst 123 Lin. Regen. Während
also in Manila die kalte Jahreszeit auch die trockne war, erfreute sich der
Winter in Bohol (mit 20°,1 R. mittlerer Temp.) starken Niederschlags;
dagegen zeigten Sommer und Herbst auf dieser Insel eine
verhältnissmässig grosse Regenmenge, so dass hier eigentlich nur von
einer trocknen Jahreszeit im Frühlinge, aber nicht von einer nassen
gesprochen werden kann. Linao im Innern des
östlichen Mindanao’s liegt in einem gegen Nordwesten hin sehr weiten
offenen Thal, das gegen Osten durch eine 2–3000′ hohe Bergkette
geschützt ist. Dennoch ist auch hier der Winter die eigentlich nasse
Jahreszeit; aber der Nordostwind, welcher diesen Gegenden den Regen bringt,
dringt hier zur Strasse von Surigao und in dem Canal
zwischen Leyte, Bohol und Cebú durch und tritt nun bei Butuan als NW.- oder
NNW.-Wind herein in das Land der Manobo’s. Je nach der verschiedenen
Richtung der Zuflüsse des Agusan, welche bald mehr
aus dem Südwesten, bald aus dem Norden oder Nordwesten kommen, schwellen
dieselben durch den fallenden Regen in verschiedenster Weise an. Als ich im
Jahre 1864 dieses Land im August und September, also gegen Ende des
Südwest-Monsuns bereiste, waren die südwestlichen Zuflüsse alle
voll von Wasser, während in dem östlichen Theile und in dem
eigentlichen Agusan selbst der niedrigste Wasserstand herrschte. Nach
einjährigen Beobachtungen des P. Juan Ruiz in Linao fielen dort im Jahre 1865 im Winter
826 Linien, im Frühling 302 L., im Sommer 265 L. und im Herbst 312 L. Unter
sich verglichen fällt also hier die trockene Jahreszeit in den Sommer; aber
trotzdem ist die während dieses trockenen Sommers fallende Regenmenge
grösser als das Maximum
in Bohol und mehr als die
Hälfte des Sommermaximum’s in Manila. Das ganz im Westen und auf
6° 50′ N. B. liegende Zamboanga endlich
nähert sich in der Vertheilung des hier fallenden Regens noch mehr den
Verhältnissen, wie sie der Aequitorialzone der Calmen eigen zu sein
pflegen, denn trotzdem das Land hier gegen den Nordostwind geschützt, dem
Südwestwinde offen liegt, so bringen beide Winde hier doch so ziemlich die
gleiche Zahl von Regentagen.
Die Sonne ist der Quell alles Lebens. Wie ohne ihre erwärmenden Strahlen die
Blätter der Bäume und Sträucher nicht ergrünen, so ist sie
es auch, welche die Bewegung unserer Atmosphäre, die Winde erzeugt und das
Athmen des Meeres, den aufsteigenden Wasserdunst, hervorbringt, der nun als
Regen wieder vom Himmel den durstigen Pflanzen zugesandt wird. So hängt von
der verschiedenen Vertheilung der Wärme, der Winde und der Feuchtigkeit in
Zeit und Raum auch das Leben der Organismen ab. Wir wollen den Einfluss des Klima’s zunächst auf die vegetabilischen Producte des Landes näher untersuchen.
Grosse Ueppigkeit des Pflanzenwuchses ist hier die Folge des gleichmässig
warmen und sehr feuchten Klimas. Undurchdringlicher tropischer Wald bedeckt bis
auf die höchsten Spitzen der Berge hinauf das Land; und in den Ebenen und
Thälern, um die Dörfer der Eingeborenen herum, erzeugen sich die
bekannten tropischen Nutzpflanzen. Cacao und Indigo, Caffe, Baumwolle, im
Süden selbst Canehl—welcher in Mindanao wild zu wachsen scheint—dazu die
Mangabäume, die Cocospalmen und Bananen und viele andere Fruchtbäume
gedeihen in üppigster Fülle. Bald halten sie sich—wie die Manga,
Caffe, Indigo und Cacao—an besondere Jahreszeiten zur Reifung ihrer
Früchte; oder sie geben, wie die Cocospalmen und die Bananen, dem
Eingeborenen eine nie versiegende Quelle schmackhafter Nahrung. Schärfer
fast, als die einheimischen Pflanzen und Bäume, drückt sich in dem
Anbau der eingeführten Nutzpflanzen der Einfluss des Klima’s und
seiner periodischen Erscheinungen aus. Das Zuckerrohr
wird in den nächsten Provinzen um Manila herum, welche alle ein ziemlich
gleichartiges Klima besitzen, im März oder April, also kurz vor Eintritt
der Regenzeit gepflanzt; während sich die Manobo’s in Mindanao dabei
an gar keine bestimmte Jahreszeit halten, da selbst
in
der trockensten Periode hinreichender Regen fällt, um die jungen
Pflanzungen gegen Vertrocknen zu schützen. Der Anbau des Taback’s wird ebenfalls durch die Jahreszeiten geregelt. Im
Norden von Luzon, in den Provinzen Cagayan und Nueva Isabela, welcher letzteren das auf der Karte
bezeichnete Land der Catalanganes zugehört, wird auf erhöhtem, fern
von den Bächen und dem Hauptfluss der Provinz, dem Rio Grande de Cagayan,
liegenden Lande der Taback im August ausgesäet;
denn ein heftiger Regen, welcher die Bäche zum Austreten bringen
könnte, würde den zarten Pflänzchen durch den in den sogenannten
“avenida’s” mitgeführten Schlamm verderblich werden. Aber
wenn dann im September oder October die “colla” des Herbstes
vorüber ist und in den damit immer verbundenen Ueberschwemmungen des
tiefliegenden Landes der Boden durch den aus den tertiären Kalkgebirgen
herabgeführten Schlamm gedüngt worden ist; so haben nun die jungen
Tabackspflanzen, in die Niederungen versetzt, hinreichende Kraft und Höhe
erlangt, um nicht in kleineren Ueberschwemmungen zu Grunde zu gehen, oder durch
heftigen Regen ausgewaschen zu werden. Dieses Umsetzen, wobei jede Pflanze etwa
1½ Fuss von den anderen entfernt gesetzt werden muss, geschieht Ende
October oder Anfang November. Damit ist aber nicht alle Arbeit gethan.
Unausgesetzte Pflege verlangt nun die Tabackspflanze, um sie vor Untergang zu
bewahren und die Blätter einer günstigen Reife entgegen zu
führen. Bei zu grosser Dürre müssen die einzelnen Stämme
begossen werden; fällt zu viel Regen, so hat der Arbeiter beständig
Sorge zu tragen, dass durch den heftigen Tropfenfall nicht die Wurzeln gelockert
werden. Einzeln müssen die Raupen eines Schmetterlings, welche in wenig
Tagen aus den massenhaft gelegten Eiern desselben auskriechen, vom Stamm und den
Blättern abgesucht werden, da das kleinste Loch, das in den jungen Keim
eines Blattes gefressen wird, diesem allen Werth raubt. Nur der geringste Theil
der Pflanzen wird benutzt, um Samen für die nächste Aussaat zu ziehen;
und jede kleine Blüthenknospe muss, sowie sie sich zeigt, von dem Zweige
entfernt werden. Endlich naht im Mai und Juni die trockenste Zeit, und wenn dann
in den letzten Wochen kein Regen gefallen ist, welcher das eigenthümliche
Gummi des Blattes wieder abwusch, so wird im Juli mit der Erndte begonnen.
Diese wird möglichst rasch vollendet, und in der
kurzen Periode die nun bis zur nächsten Umpflanzung übrig bleibt, wird
der Mais, das einzige
selbstgebaute Nahrungsmittel der Bewohner der Provinz, gesät und geerndtet.
In 2 Monaten vollendet hier die Maispflanze ihren Lebenslauf.
Noch schärfer aber drückt der Reisbau den nach
den verschiedenen Orten wechselnden Einfluss der klimatischen Verhältnisse
aus, indem er zugleich mehr als irgend eine andere Beschäftigung des
täglichen Verkehrs bestimmend auf das Leben der Eingeborenen einwirkt. Im
Allgemeinen braucht auf den Philippinen der Reis 5–6 Monate
höchstens, von der Aussaat bis zur Vollendung der Erndte, so dass hier bei
sonst günstigen Verhältnissen die Möglichkeit zweier Erndten im
Jahre gegeben wäre. In der That aber wird dies scheinbar so günstige
Verhältniss gestört durch eine Menge verschiedenartiger
Einflüsse, welche einestheils in der Qualität
des gebauten Reis selbst und dem dabei angewandten System, anderntheils in dem schon geschilderten mannigfach wechselnden Klima
begründet liegen. Man zählt auf den Philippinen über 60
Reisvarietäten, welche aber nach dem Boden, dessen sie bedürfen, in
zwei scharf getrennte Kategorieen geschieden werden, nemlich in die des Bergreis und des Wasserreis.
Erstere Gruppe wird, wie schon der Name andeutet, nur auf den hohen, weder den
periodisch wiederkehrenden, noch den durch die Hand des Menschen künstlich
hervorgebrachten Ueberschwemmungen ausgesetzten Gegenden gebaut. Sie bedarf zu
ihrer Cultur sehr viel geringerer Sorgfalt, als die zweite Sorte, welche nur in
feuchtem oder ganz unter Wasser gesetztem Boden gut gedeiht; aber zugleich ist
sie auch den Unregelmässigkeiten des Wetters viel mehr unterworfen und
während bei dem Wasserreis die Periode seines Lebenslaufes so ziemlich
immer in denselben Gränzen gehalten wird, ist es bei dem Bergreis nicht
selten, eine Verzögerung seiner Reife um mehr als einen Monat eintreten zu
sehen. Auch die Methode des Reisbaues ist von einigem Einfluss; da diese
Einwirkung aber sehr gegen die des Klimas zurücktritt, so wollen wir die
Schilderung der Felderbewirthschaftung in jenes Capitel zurücksetzen, in
welchem wir in dem eigenthümlichen socialen Zustande einiger
philippinischer Völkerschaften bessere Anknüpfung finden werden.
Wie sehr nun endlich durch die wechselnden klimatischen Bedingungen der
verschiedenen Provinzen der Reisbau, und damit auch das Leben des Menschen,
beeinflusst werden muss, geht aus der einfachen Thatsache hervor, dass der
Reis—mag es nun Bergreis oder Sumpfreis sein—eine bestimmte
Quantität Feuchtigkeit neben hinreichender Wärme und
Nahrungebestandtheilen des Bodens braucht, die also weder zu gross, noch auch zu
klein sein darf. Hier kommt es vor Allem auf die wechselnden Feuchtigkeitsverhältnisse an. Während in Manila
und den umliegenden Provinzen, welche dem Südwestwinde ausgesetzt sind, die
Zeit der Aussaat im Juni, also nach dem Ende der
trocknen Jahreszeit, ist, da nun erst der Boden hinreichend durch Regen
befruchtet und durchfeuchtet ist, um den Samen aufnehmen zu können, wird
bei den Iraya’s im Nordosten von Luzon der Bergreis im Dezember und Januar nach Eintritt des
Nordostwindes, also hier abermals nach Beginn der eigentlichen Regenzeit,
ausgesät. Es fällt somit in diesem Lande die Zeit der Reiserndte mit
derjenigen des Tabacks und der Aussaat in Manila zusammen. Der ganz gleiche
Gegensatz ist schon den ältesten spanischen Schriftstellern auch auf den
Visaya’s aufgefallen. So sagt der Padre Chirino (1604) von der Insel Leyte
“wenn in der nördlichen Hälfte der Insel Winter herrscht, was in
denselben Monaten wie in Spanien zu geschehen pflegt, so ist es in der
südlichen Sommer; und umgekehrt in der andern Hälfte des Jahres; so
dass wenn die eine Hälfte der Insel sät, die andere ihre Erndten
einbringt”. Wieder anders stellt sich das Verhältniss in Bontoc dar, einem vom Mte. Data
ausgehenden und in nördlicher Richtung streichenden Thal, in welchem der
Südwestwind meistens den Regen bringt; aber doch säen die Eingebornen
den Sumpfreis erst viel später im December, weil hier die eigentlich
trockne, die Erndte gestattende Periode erst sehr spät, nemlich im Mai bis
Juli einzutreten pflegt. Die Zeit vom Juli bis October und November benutzen die
Eingebornen zur Anpflanzung des camote (convolvulus batata). Nur in Butuan in
Mindanao scheint die Vertheilung des Regens eine so günstige zu sein, dass
zwei Erndten stattfinden; die eine Aussaat erfolgt im Januar und Februar nach
Beendigung der Regenzeit (des Nordost-Monsuns), die andere im August oder
September mit Beginn derselben. Dagegen verhalten
sich
die Manobo’s im Sumpfgebiete des Agusan gerade so,
wie die Bewohner von Bontoc, da sie ihren Bergreis nur einmal im Jahr und zwar
im März mit Beendigung der heftigsten Regenzeit aussäen. Es mögen
diese wenigen Beispiele hier genügen, da sie hinreichend den Satz
feststellen, dass es auf den Philippinen ausschliesslich die Regenzeit und die
im Laufe der Monate fallende Regenmenge ist, welche die Zeit der Aussaat und der
Erndte bestimmen.
Wir gehen zur Beobachtung der Thierwelt über, die
wir, wie die Pflanzen, ebenfalls in einigen besonders auffallenden Beziehungen
in den klimatischen Verhältnissen kennen lernen wollen, wodurch dann
abermals ein Zusammenhang der letzteren mit dem Leben der Bewohner angedeutet
wäre, welchem wir wohl in den nächsten Skizzen wieder begegnen werden.
Theilweise war dieser Gegenstand schon weiter oben angedeutet, nemlich am
Schluss der zweiten Skizze, in welcher wir sahen, dass der Fang der zahlreichen
Seethiere, die für den Menschen wichtig sind
als Nahrungsmittel oder Handelsartikel, nicht zu allen Jahreszeiten geschehen
kann. Zur Zeit des Nordost-Monsun’s sind die östlichen steilen, nur
an wenigen Stellen tiefe Buchten aufweisenden Küsten gänzlich allem
Verkehr entzogen, und der Fischfang beschränkt sich auf die wenigen
essbaren Arten, welche die Eingeborenen bei tiefer Ebbe unter den
trockengelegten Korallenblöcken finden; wenn aber dann der
Südwest-Monsun die westlichen Meere aufregt und hier dem Fischfang und der
Schifffahrt enge Gränzen zieht, so ist jetzt an den östlichen
Küsten die Zeit des Lebens gekommen. Nun bevölkern sich hier die
Buchten und Strassen zwischen den Inseln mit Fischerböten oder kleineren
Schiffen, welche die Producte des Landes nach Cebú oder Manila führen;
handeltreibende Chinesen bringen die Manufacturwaaren von China, um sie gegen
Gold, Abaca, Reis, den balate und Kaurischnecken einzutauschen. Zu dem Fang der
letzteren ziehen jetzt zahlreiche kleine meist nur 3–4 Mann enthaltende
Bote aus. Und nun ist auch, wenigstens für den Südosten des Archipels,
die für den christlichen Bewohner gefährlichste Zeit gekommen; denn
jetzt erscheinen die muhamedanischen Piraten in ihren leichten und 60–70
Männer haltenden “panco’s”, die mit der grössten
Verwegenheit
ihre Raubzüge bis nahe an die
Hauptstädte der spanischen Provinzen heran ausdehnen.
Wie bei uns, so zeigen auch auf den Philippinen manche Thiere
des Landes eine Periodicität ihrer Lebenserscheinungen, welche
dann abermals, wie bei den Pflanzen, durch das relative Verhältniss
zwischen Wärme und Feuchtigkeit mehr oder weniger beeinflusst werden.
Obgleich die Mehrzahl der Insecten hier, wie wohl in den meisten aequatorialen
Ländern auch, an keine Jahreszeit so scharf gebunden zu sein scheint, als dies bei uns in
Europa durch die Kälte des Winters geschieht, so fällt doch gerade die
Ausbildung der grössten Individuenzahl in die Monate Mai bis Juli, in
welchen bei zunehmender Feuchtigkeit und steigender Sonnenwärme die
günstigsten Bedingungen für eine massenhafte Entwicklung derselben
gegeben sind. Dann auch haben die Bienen des Waldes ihre Waben mit süssem
Honig gefüllt, der aber statt den auskriechenden Larven den nach
Süssigkeit lüsternen Negern und Malaien zur Beute fällt. Zu
gewissen Zeiten steigen grosse Fischschwärme in die Mündungen der
Flüsse hinauf, die nun auf ihrem Wege von den Malaien mittels einer Unzahl
verschiedener Instrumente zu Millionen gefangen werden. Schon die ältesten
Schriftsteller erwähnen die unglaublichen Mengen der kleinen kaum
fingerlangen Fischchen, die nun in grossen irdenen Krügen—den
tinaja’s—eingesalzen werden, um dann mit nächster Gelegenheit
nach Manila übergeführt zu werden; denn nicht in allen Provinzen soll
dieser Fisch gefangen werden, so dass der “bagon”—so heisst
der eingesalzene Fisch—im inneren Handel und Verkehr eine nicht
unbedeutende, aber leider nicht in Zahlen auszudrückende Rolle spielt. In
jeder Beziehung aber eigenthümlich und charakteristisch für die grosse
Verschiedenheit der klimatischen Verhältnisse von Luzon und Mindanao, ist ein Fisch des
süssen Wassers, welcher über den ganzen hinterindischen Archipel und
Indien selbst verbreitet ist. Es ist die Gattung Ophiocephalus,
welche jener eigenthümlichen Gruppe von Fischen angehört, die durch
besondere Wasserreservoire an den Seiten des Kopfes ausgezeichnet sind, so dass
sie auf ihren Zügen über Land oder beim Erklettern der
Palmenbäume auf lange Zeit Wasser genug zur Befeuchtung ihrer Kiemen und
damit zu ihrer Athmung bei sich führen können. Es ist die Zahl dieser
Labyrinthfische eine ziemlich grosse; aber es sind
fast ausschliesslich die Arten der genannten Gattung, welche als beliebte Speise
von den Eingebornen zu Tausenden gefangen und verzehrt werden. Ihr Fang nun wird
in Luzon ganz anders betrieben, als in Mindanao. Während der trocknen
Jahreszeit versiegen auf Luzon zahlreiche kleinere Bäche, und die
Sümpfe und Reisfelder trocknen aus, in denen jene Fische
lebten.—Diese ziehen sich in die wenigen Seen zurück, aber zum
grössten Theile wohl bohren sie sich tiefer in den Schlamm des Bodens ein,
wo sie nun bis zum Anfang der nassen Jahreszeit durch eine harte sie bedeckende
Erdkruste gegen die Nachstellungen der Menschen geschützt, im Winterschlaf
versunken zubringen. Thatsache ist es, dass während dieser Zeit nur sehr
geringe Mengen des “dalag”—so heisst dieser Fisch auf den
Philippinen—auf den Markt von Manila kommen. Wenn aber dann nach den
ersten heftigen Regentagen im Monat Mai die harte Erde sich zu erweichen
beginnt, und der Regen die Reisfelder wieder mit frischem Wasser zu füllen
anfängt, so brechen jetzt die im Schlamme vorsteckten Fische hervor und
tummeln sich in grosser Menge in den Pfützen und auf den nassen Feldern im
Schlamme umher. Dann auch scheint die Zeit des Laichens und des Auskriechens der
Jungen gekommen zu sein, denn zahllose Mengen werden nun von den Fischern oder
den Landbauern, welche ihre Reisfelder bestellen wollen, gefangen und zu Markte
gebracht. Letztere schlagen die Fische einfach mit Knitteln todt; denn ihre Zahl
in den Reisfeldern ist so gross, und das Wasser so seicht, dass die Bewohner
hier, statt sie mit Netzen zu fangen, nur auf’s Geradewohl in den Sumpf
hineinzuschlagen brauchen. Es gibt eine tagalische Redensart, etwa unserem
“blind darauf losschlagen” zu vergleichen, die von diesem
eigenthümlichen Fang des dalag hergenommen ist (magpapalo maudin naun dalag
d. h. schlagen wie auf einen dalag). Es ist vor Allem die grosse Centralebene
Luzon’s, in welcher alljährlich Hunderttausende auf solche Weise
gefangen werden. Ganz anders wird der Fang in Mindanao im Sumpfgebiet des Agusan
betrieben. Die Zahl der in diesem Gebiete lebenden Christen ist eine sehr
geringe; die ziemlich zahlreichen Manobo’s und Mandayas haben ihre
Wohnsitze rund um das Sumpfgebiet herum und treiben keine eigentliche
Felderwirthschaft, wie es die christlichen
Bewohner
thun. Sie bauen immer nur in trocknen Gegenden den Bergreis. So kommt es, dass
jetzt wenigstens die
ausgedehnten bei den Ueberschwemmungen des Agusan unter Wasser gesetzten
Flächen nach allen Richtungen hin von Canälen durchschnitten und weder
durch Dämme eingeschlossen, noch überhaupt durch den regulirten Lauf
der Flüsse, wie in Luzon, bestimmt abgegränzt sind. Den Fischen bleibt
also, wenn mit Eintreten der trocknen Jahreszeit die Wasser zu sinken beginnen,
der Ausweg in die Flüsse und die grösseren Teiche oder Seen nach allen
Seiten hin offen. Aber auch so können sie den Nachstellungen der Menschen
nicht entgehen. Denn nun ziehen die Heiden hinunter in das Sumpfgebiet und bauen
sich hier zeitweilig ihre elenden Hütten auf, um in den Winkeln der
Flüsse zahlreiche Fischreusen oder grosse gegen den Strom gerichtete Netze
aufzustellen, in welchen dann die mit der Strömung immer tiefer hinab
ziehenden Fische gefangen werden. Leider kam ich im Jahre 1864 zu
spät—da mein ursprünglicher Reiseplan durch ungünstige
Momente gänzlich verändert wurde—, um noch das nach den
Schilderungen der Eingebornen äusserst interessante Leben der mit dem Fang
des dalag beschäftigten Manobo’s beobachten zu können. Nur ein
schon halbverfallenes, aus den elendesten Hütten auf Pfählen rasch
aufgeschlagenes Dorf sah ich noch. Eine Frau mit einigen kleinen Kindern war
beschäftigt, die letzten noch vor einigen Tagen gefangenen Fische über
dem Feuer zu dörren.
Indem wir so überall im Leben der Thiere wie der Pflanzen den entscheidenden
Einfluss der umgebenden Natur, vor Allem der klimatischen Verhältnisse in
ihrer grossen Mannichfaltigkeit kennen lernten, so wurden wir durch sie auch
schon auf die Einwirkung mehr oder weniger deutlich hingewiesen, welche das
Klima und der Boden, die Pflanzen und Thiere in ihrem periodischen Auftreten
auch auf den Menschen haben mussten. Wir wollen in den nächsten Skizzen
sehen, ob und wie sich der philippinische Mensch allmälig in seiner
geschichtlichen Entwicklung von den Fesseln, welche ihm die Natur geschlagen, zu
befreien vermocht hat.
IV.
Die Negrito’s und die heidnischen malaiischen Stämme.
Auf der Bühne, deren Bretter und Coulissen, Drähte und Maschinen wir
jetzt hinreichend kennen gelernt haben, spielte seit Jahrhunderten, wie
überall, der Mensch sein blutiges Drama. Auf den Philippinen, wie bei uns,
ist das erste Auftreten des Menschen in fast undurchdringliches Dunkel
gehüllt. Wie aber in Europa die Ueberreste der Pfahlbauten mit ihren Waffen
und Kochgeschirren, Schmuckgegenständen und Skeletten unsere Phantasie im
Aufbau einer vorkeltischen Menschenperiode Europa’s unterstützen; so
haben uns die früheren Bewohner der Philippinen zwar keine Denkmäler,
wohl aber einige lebende Stämme überliefert, die uns in ihren Sitten
und Gebräuchen ein ziemlich getreues Bild vergangener Jahrhunderte liefern.
Hier scheinen nun Negerstämme die ersten Besitzer des Landes gewesen zu
sein; wenigstens hat man von anderen Völkern, die ihnen vorangegangen
wären, keine Kunde, und auch die Steinbeile, welche man mitunter auf diesen
Inseln findet, lassen sich ganz ohne Zwang auf eine schwarze Bevölkerung
beziehen. Der Papua-Race auf Neu-Guinea und den angrenzenden Inseln, sowie den
Bewohnern der Fidji-Inseln und anderer Inselgruppen im stillen Ocean nahe
verwandt in
psychischer Beziehung und in vielen ihrer Sitten und Gebräuche, stehen sie
doch in Bezug auf Cultur und Gesittung auf einer viel niedrigeren Stufe, als die
Negerracen der Inseln im stillen Ocean. So könnte man entweder
in ihnen einen auf niedriger Entwickelungsstufe
stehengebliebenen, oder einen unter dem, Jahrhunderte alten, Einflusse
späterer Einwanderer degenerirten Zweig des allgemeinen Papua-Stammes
sehen, von welchem eine Anzahl frischer noch grünender Aeste als die
Repräsentanten des höchsten Culturzustandes, den diese Race erlangen
konnte, anzusehen wäre. Wenn man nach den spärlichen in Werken
spanischer Autoren niedergelegten Notizen über die Negritos der Philippinen
sich den Einfluss der malaiischen und christlichen Periode construirt, so glaubt
man freilich zu erkennen, dass man es nur noch mit den herabgekommenen Enkeln
einer einst viel höher stehenden Race zu thun hat.
Im Süden der Philippinen scheinen sie gänzlich ausgerottet zu sein.
Allerdings geben alle Autoren an, dass im Osten wie im Innern Mindanao’s
noch echte Negritos leben, eine Meinung, die aber auf vollständiger
Unkenntniss der dortigen Stämme beruht. Nur die wenig zahlreichen
Mamanua’s im Osten Mindanao’s haben Negerblut in ihren Adern, aber
sie sind ein Mischlingsvolk, das als solches auf den ersten Anblick kenntlich
ist. Mit Ausnahme der Insel Negros, wo noch einige wenige Negerfamilien
namentlich in der Gebirgsgegend um den Vulcan herum hausen sollen, sind die
Autochthonen auf sämmtlichen Inseln der Visayas verschwunden. Im
südlichen Luzon scheinen sie auch zu fehlen; mehr und mehr gegen den Norden
zu aber treten sie immer häufiger sporadisch auf—so an der
Ostküste auf der Insel Alabat, bei Mauban, in der Bergkette von Mariveles
und Zambales, an der Ostküste bei Baler, dann bei Casiguran, bis sie
endlich von Palanan an bis an das Cabo Engaño hinauf ausschliesslich die
Küste sowohl, wie die Gebirgsgegenden der östlichen Bergkette
bevölkern. Wenn irgendwo, so sind sie hier noch in ihrer grössten
Reinheit der physischen wie der geistigen Charactere zu finden.
Bei einer durchschnittlichen Körperhöhe von 4′ 7″ par.
(Männer) und 4′ 4″ (Weiber) sind ihre Glieder dem entsprechend
ungemein zart, aber wohl gebildet. Mit rundem, namentlich bei den Weibern stark
ausgeprägtem Gesicht, äusserst dicker, braunschwarzer, glanzloser und
wollig-krauser Haarkrone; mit geradem, wenig vorspringendem Kiefer und schwach
gewulsteten Lippen, mit sehr flacher und breiter Nase und dunkelkupferbrauner
Körperfarbe—so bilden diese Neger körperlich einen schroffen
Gegensatz zu
den grösseren und eckiger gebauten
malaiischen Usurpatoren. Durch die ungemeine Schmächtigkeit ihrer Beine und
die verhältnissmässig grossen Bäuche—muy barrigudos nennen
sie die spanischen Historiker—erinnern sie etwas an die glatthaarigen
Bewohner Australien’s. Die Milde des tropischen Klima’s nimmt sich
freundlich ihres fast gänzlich nackten Körpers an, den sie unter
leicht beweglichen Schirmen, wie sie auch unsere Steineklopfer haben, gegen
heftigen Wind und Regen oder die allzuheisse Sonne schützen. Unter ihnen
ausgestreckt liegen sie auf dem heissen Sande des Meeresstrandes oder am Ufer
der Gebirgsbäche, immer bereit, die schnell gebaute Hütte einige
Meilen weiter zu tragen, wenn Mangel an Nahrung sie dazu zwingt. Mehr Sorgfalt,
als den Schürzen und Schenkelbinden, wenden sie ihren Zierrathen zu, die
sie in Form von wunderlich gestalteten Ohrgehängen, Ringen für Beine
und Arme, Halsketten und einigen Utensilien für den Taback und das
Betelkauen sich aus Wurzeln und Stücken Holz, sowie Fasern der
Pandanus-Arten flechten. Nur die Reichsten unter ihnen gestatten sich den Luxus
einer von den Christen erhandelten Matte zum Schlafen. Auch das Tättowiren
üben sie; wenngleich lange nicht in dem Maase, wie die Malaien in der
westlichen Cordillere Luzon’s. In der Verbindung der dabei angewandten
Verzierungen, lauter gradlinigen Mustern, weichen die an verschiedenen Orten
lebenden Negritos nicht von einander ab; wohl aber in der Weise des
Tättowirens selbst. Die Neger der Ostküste von Baler an bis hinauf
nach Palanan brauchen dazu eine Nadel, wie sie auch bei den Malaien in Gebrauch ist; die von
Mariveles dagegen bringen sich in ihrer Haut lange Schnitte an, durch deren
Combination sie die gewünschten Muster erzielen. Bei diesen erhebt sich die
Zeichnung in Form von hohen Narben, während bei den mit der Nadel
tättowirten Negern die Haut ziemlich glatt bleibt.
Ihr Charakter ist meistens besser, als sein Ruf. Von Natur sind sie zutraulich,
frei und offen, misstrauisch nur im Verkehr mit den Christen, den Räubern
ihres Landes; ausdauernd und an Muth den malaiischen Nachbarn weit
überlegen; bereitwillig zu Diensten, sobald diese nur im Bereich des
Gewohnten liegen; und von einer unbegrenzten Liebe zur individuellen Freiheit
und zum Wanderleben. Von ihrer wirklich gutmüthigen Natur erhielt ich
im Land der Iraya’s an der Westseite der Cordillere von
Palanan einen freundlichen Beweis. In der einen Hälfte dieses Stammes fand
ich eine sehr ungastliche Aufnahme, und hier schienen sich die Bewohner fast
gänzlich allen intimen Umganges mit den Negern zu enthalten; in der andern
aber hatte die unverkennbare grosse Vermischung mit den Negern allen Leuten ein
so freundliches Wesen eingeprägt, dass mir der Gedanke an die Wochen, die
ich unter ihnen zubrachte, mit zu meinen liebsten Reiseerinnerungen gehört.
Grosse unbesiegbare Liebe zu ihrer Heimath und zu ihrem Wanderleben spricht sich
häufig in den Erzählungen der Spanier über eingefangene und in
Manila erzogene Neger aus. Doch irrt man sich wohl, wenn man diesen nicht zu
bändigenden Trieb nach dem Herumschweifen in den Bergen und am Meeresufer
für das wesentlichste Attribut dieser bedürfnisslosen Naturkinder
ansieht. Es scheint vielmehr die allerdings wohl vorhandene Anlage dazu durch
die Jahrhunderte alte Verfolgung von Seiten der Malaien und nachher der
Christen, und vor Allem durch die immer mehr zunehmende Trennung eines
politischen Zusammenhanges unter den einzelnen Clan’s dieser
Negerstämme in ihr jetziges Extrem ausgebildet worden zu sein. Eine gewisse
Tendenz zur Isolirung haben alle sogenannten wilden Völkerschaften; und wo
sich gewaltsam der in primitiven Zuständen, und bei geringer Dichtigkeit
der Bevölkerung überhaupt nie sehr innige und feste Zusammenhang der
Clan’s untereinander löst, und sich zwischen sie nun feindliche
Stämme einschieben, welche jede Möglichkeit des Verkehrs abschneiden:
da wird diese Unabhängigkeitsliebe des Einzelnen sich immer mehr steigern,
das geringe Bedürfniss nach Einigung grösserer Massen in gleichen
Gesellschaftsformen nothwendig absterben müssen. Und wie sich so in dem
socialen Zustande der isolirt lebenden Familiengruppen, in dem allmäligen
Verlust aller ihnen eigenthümlichen Eigenschaften, ja sogar ihrer
Sprache, dieser
verderbliche Einfluss der Trennung des politischen Zusammenhanges naheverwandter
Stämme ausspricht; so drückt sich andererseits in dem täglichen
Leben, in ihrem Kampfe ums Dasein der für sie jetzt fast allmächtige
Einfluss des Klima’s aus.
Ohne bedeutenden Handel, ohne Ackerbau, bilden die Herzen der Palmensorten und
die Wurzeln der vielen wild wachsenden
Aroideen, sowie
die jagdbaren Thiere des Waldes—Rehe, Schweine—und die Fische des
Meeres und der Flüsse ihre einzigste Nahrung. So ziehen sie in kleinen
Truppen von 6–8 Familien bald in den tiefen Schluchten der Berge am Ufer
der Giessbäche oder des Meeres einher, je nachdem die Jahreszeit gerade
hier oder dort eine beliebte Wurzel in Menge reifen oder eine gesuchte Fischart
in die Flüsse heraufsteigen und am Ufer in Schwärmen erscheinen
lässt. Die Werkzeuge, die sie beim Fischfange und auf der Jagd gebrauchen,
sind zugleich die einzigen Waffen. Mit Bogen und Pfeilen stellen sie im Wald den
Rehen und Schweinen, wie dem feindlich gesinnten Ylungut, im Wasser des Meeres und der
Flüsse den Fischen nach. Mit ihren eisernen Messern, den sogenannten
bolo’s, welche sie von den Christen erhalten, vertheidigen sie sich heute
muthig gegen einen hinterlistigen Angriff ihrer an Zahl überlegenen aber
feigeren Feinde, während sie morgen mit demselben Messer in friedlicher
Arbeit die Wurzeln ausgraben, die ihnen zum Unterhalt der nächsten Wochen
dienen sollen. Wenn dann alljährlich die aufsteigende Sonne im April und
Mai tausendfältiges Leben im Verein mit der grossen Regenmenge hervorruft,
und alle die Formen von Schmetterlingen und anderen Insecten, die in
kälterer oder in trockener Jahreszeit nur in wenig Individuen lebten, nun
auf einmal zu Hunderten erscheinen—dann ist auch für die Negritos die
Zeit festlicher Erndten gekommen. Denn nun ziehen sie aus, Klein und Gross, in
den dichtesten Wald hinein und suchen die längst schon von dem Entdecker
bezeichneten Baumstämme aus, in deren Krone ein Schwarm wilder Bienen sich
seit Monaten am Aufspeichern des Honigs erfreut hatte. Jetzt sind die Waben
gefüllt, denn die Zeit naht, in welcher Feuchtigkeit und Sonnenwärme
die Larven der Bienen zum Ausschlüpfen bringen. Aber ehe diese zum Leben
erwachten, hat der nach Honig lüsterne Neger durch Rauch giftiger
Kräuter den Schwarm der Bienen aus ihrem Baume vertrieben. Den Honig
lässt sich der Negrito wohl schmecken, das Wachs aber presst er in wenig
gereinigte Kuchen, welche er gegen Glasperlen, Strohmatten, etwas Reis und den
über Alles geliebten Taback an den christlichen Händler verkauft. Bald
aber ist der Reis und der Honig verzehrt, und nun geht das alte Wandern wieder
an von einem Ort zum andern, rast- und ruhelos,
bald
am Meer, bald in den tiefsten Bergschluchten, bis ihnen endlich im nächsten
Jahr das stärkere Schwirren der Insecten die Rückkehr ihres
Honigmonates anzeigt.
Auch über die erste Einwanderung der Malaien fehlen
uns jegliche historische Documente und ebensowenig haben sie uns Monumente ihrer
früheren Lebensperioden hinterlassen. Wohl aber ist die Zahl der noch
unabhängigen, nicht vom Christenthum veränderten heidnischen
Stämme dieser Race eine sehr grosse, wenn man sie mit den spärlichen
Resten der Neger
vergleicht. Da sie wenigstens auf einigen Inseln der Gruppe, namentlich im Osten
Mindanao’s und im Norden Luzon’s noch in ziemlich dichten Mengen bei
einander leben, so können wir hoffen, uns durch das eingehende Studium
dieser Racen ein recht genaues Bild von dem Culturzustande des Landes zu
entwerfen, wie er hier einige Jahrhunderte vor der christlichen Zeit etwa bei
Ankunft der muhamedanischen Priester herrschen mochte. Diese letzteren scheinen
sicherlich vom Südwesten herauf gegen die Philippinen nach Norden und Osten
vorgedrungen zu sein, und so finden sich dem entsprechend gerade im Norden
Luzon’s und im Osten Mindanao’s diejenigen Stämme, welche in
ihren Sitten und Gebräuchen noch den reinsten nicht durch muhamedanische
Glaubenslehren veränderten Charakter zeigen.
Innerhalb dieses gemeinsamen, am besten wohl durch das Wort
“malaisch” bezeichneten Wesens besitzen die einzelnen Stämme
zahllose Verschiedenheiten des Dialectes und der Sitten, der Kleidung, des
Charakters und Körperbaues, und in vielen Fällen lassen sich deutliche
Spuren fremder Beimischung aufzeigen, welche in einem Falle sogar durch ein
einheimisches der tagalischen Sprache angehöriges Wort bezeichnet ist. Die
Mamanua’s an der Ostküste
Mindanao’s führen ganz das Leben der Negrito’s, unterscheiden
sich aber wesentlich von ihnen durch die von den Angehörigen selbst
zugegebene Vermischung mit den malaiisch-christlichen Nachbarn. Das Wort
“Mamanua” bedeutet “Waldmensch”. Als eine ähnliche
gemischte Race zwischen Negern und Tagalen gibt sich die in der Provinz
Pangasinan lebende Race der “Baluga’s”
auf den ersten Blick zu erkennen. Hier aber zeigt die Bedeutung des Wortes,
welches nichts weiter sagen will, als “Mischling”, dass diese Race schon vor der Ankunft der
Spanier existirte und dass sie sich wahrscheinlich
seit Beginn der malaiischen Einwanderung zu bilden begonnen hatte. Endlich
zeigen gar viele der andern heidnischen Stämme eine deutlich zu erkennende
Beimischung von chinesischem Blut, für welche sich in einigen Fällen
wenigstens auch ein schwacher historischer Beleg auffinden lässt.
Wir wollen uns als Beispiele zur Illustrirung dieser malaischen Periode einige
Stämme im Norden Luzon’s und in Mindanao ansehen, die ich selbst
Monate lang zu beobachten Gelegenheit hatte.
Wenngleich die im Westen der nordöstlichen Cordillere von Luzon, nicht weit
von Palanan, lebenden Iraya’s im Körperbau
unverkennbar malaiischen Typus zeigen, so lassen sie doch auch wieder ebenso
deutlich zweierlei verschiedene Beimischungen erkennen. Chinesisches Blut
fliesst sicherlich in den Adern eines Zweiges, welcher an dem östlichen
Arme des Rio de Ilagan, dem Catalangan, wohnt, von dem
sie den Namen der Catalanganes erhalten haben. Die
eigentlichen Iraya’s dagegen am Ilarön leben
gesellig mit den Negrito’s der Umgegend, verbinden sich mit ihnen und
führen mit ihnen ein glückliches harmonisches Leben. Auch mischen sich
nicht selten mit ihnen sogenannte “Cristianos remontados”,
christliche Bewohner der Ebenen, welche sich vor dem strafenden Arme der
Behörden in die ziemlich unzugänglichen Berge der Iraya’s
geflüchtet haben. Solche Verschiedenheit der Mischung spricht sich auch in
ihren Sitten und Gewohnheiten, wie in ihrem Charakter aus. Bei jenen, den
Catalanganes, sind die Aecker, trotz des Mangels an Büffeln und jeglichen
Instrumenten zum Säen und Erndten,—sie schneiden die Reishalme nur
mit einem kleinen Messer einzeln ab—völlig rein von Unkraut und
Steinen, und der üppig gedeihende Reis gewährt ihnen eine
überreiche Erndte. Bei den Iraya’s—im engeren Sinne des
Wortes—werden schon Büffel benutzt, aber ihre Reisfelder geben ihnen
wegen geringer darauf verwandter Sorgfalt nur wenig einträgliche Erndten.
Die Häuser der Catalanganes sind meistens mit sehr dichten hohen
Dächern aus Rohr oder Gras—sogenanntem cogon—versehen,
während die Iraya’s die leichter herzustellenden, aber wenig
schützenden flachen Dächer aus gespaltenen Bambusrohren vorzuziehen
scheinen. Während
bei jenen die freien
Plätze, um das Haus und unter demselben, auf welchen einige kleine ihren
Göttern geweihte Monumente stehen, auf das Sorgfältigste rein gehalten
werden, lassen diese allerlei Gras und Unkraut auf ihnen wachsen und werfen wie
die Tagalen bei Manila allen Kehricht durch die Spalten des Fussbodens hinunter.
In ihrer Kleidung und ihren Zierrathen stimmen beide Stämme so ziemlich
überein. Aber während die Catalanganes als Tättowirungsmuster
sowohl, wie als Ornamente für ihre heiligen Plätze, ausschliesslich
Schriftzüge anwenden, welche mir chinesischen oder japanesischen Ursprungs
zu sein schienen, wenden die Iraya’s überall nur die aus geraden oder
einfachen krummen Linien gebildeten Verzierungsmuster an, wie wir sie schon bei
den Negern gefunden haben. Als ich im Juni 1860 mit 21 Christen von Palanan
über die Cordillere gegangen war, waren wir nahe daran inmitten der grossen
in Scheunen der Catalanganes aufgespeicherten Mengen von Reis und Mais
Hunger’s zu sterben; denn unsern Bitten um Lebensmittel setzten sie
beharrliche Weigerung entgegen. Ich sah mich gezwungen, mit den Waffen in der
Hand mir die Lebensmittel zu rauben, die sie mir nicht gutwillig geben wollten,
und für die ihnen dann keine Bezahlung hoch genug zu sein schien. Nur die
ernste Drohung einer unnachsichtlich einzutreibenden Kriegssteuer brachte mir in
Minanga, von wo ich meine Leute nach Palanan zurückschicken wollte, so viel
Mais und Reis ein, dass ich Letzteren hinreichende Lebensmittel mit auf den Weg
geben konnte. Als stummen Zeugen ihres vollständigen Mangels an
Gastfreundschaft zeigten mir meine Begleiter, kurz vor der Ankunft im Lande
dieser Egoisten, mitten im Walde einen Steinhaufen, welchen fromm geübter
alter Brauch der Bewohner Palanan’s zum Andenken an einen hier vor Hunger
umgekommenen Christen aufgeworfen hatte. Auf seinem Durchmarsch durch ihr Land
hatten die Catalanganes ihm auch nicht ein Körnchen Reis für Geld oder
gute Worte geben wollen. Wie anders zeigten sich mir die wenige Meilen davon
wohnenden Iraya’s. Hier machten überall die gastlichste Aufnahme,
Geschenke aller Art für mich und meine Leute, veranstaltete Feste und gern
gewährte Unterstützung beim Besteigen der Berge oder zum Rudern des
Bootes das Reisen leicht und zu einem wahren Vergnügen, so dass ich ihnen
das Versprechen gab, sie bald wieder zu besuchen, als ich
durch heftiges Fieber gezwungen wurde, ihr Land zu verlassen. Leider
verhinderte mich die Entwicklung meiner Reisepläne an der Ausführung
dieses Vorhabens.
Der Glaube beider Stämme aber hat, trotz mannichfacher Abweichungen, doch
wieder so viel des Aehnlichen, dass wir wohl sicher annehmen dürfen, in den
wenigen erkennbaren Spuren, die auch noch allen übrigen Wilden des Landes
gemeinsam sind, die Reste eines religiösen Glaubens zu sehen, wie er in der
rein malaiischen Periode vor Ankunft der Muhamedaner dort geherrscht haben mag.
Ausser einigen Götterpaaren, über deren Beziehungen und Attribute ich
nicht recht klar zu werden vermochte, huldigen sie ganz besonders den Seelen
ihrer Vorfahren, die sie unter dem Namen “Anito” in die Reihen ihrer
niedrigeren Götter aufnehmen. Es sind Hausgötter, wahre Laren und
Penaten. Hier steht in einer Ecke des Hausinnern eine Art Topf, der an und
für sich nichts Auffallendes hätte; aber man sieht leicht, dass die
Glieder der Familie diese Ecke mit grosser Ehrfurcht behandeln. In dem Topfe hat
einer ihrer Anito’s seinen Sitz. Der Platz unter dem Hause, welcher
gemeiniglich auch als Begräbnissplatz dient, ist durch verschiedene
Abzeichen anderen Anito’s geheiligt, ebenso der kleine vor dem Eingang und
noch unter dem Dache, des Hauses befindliche Platz vor der Leiter, die
Hütte, in welcher die Schmieden befindlich sind, und vor Allem die durch
besondere, kleinen Häusern ähnelnde Altäre ausgezeichneten
Plätze vor dem Hause. Auch die Erndte ist ihren Anito’s geheiligt,
denen sie die Erstlingsfrüchte darbringen in grossen allgemeinen Festen.
Jenen andern höherstehenden Göttern scheinen sie auf der Seite des
Catalangan einen besonderen Dienst in einem Tempel zu weihen. Leider verhinderte
mich Krankheit, den Ort, wo dieser stehen sollte, zu besuchen.
So stehen die Iraya’s mit ihrem schon ziemlich hoch ausgebildeten Glauben
und ihrem Ahnencultus, dem eifrig betriebenen Ackerbau und dem sparsamen,
für die kommende Zeit sorgenden Sinn, und der grossen Kunstfertigkeit, die
sich im Bau ihrer Häuser wie ihrer Ornamente ausspricht, den reinen
Negrito’s weit überlegen gegenüber. Desshalb auch erscheinen sie
weniger abhängig von der Natur. Um ihre Reisfelder und Tabacksplantagen vor
den verheerenden Ueberschwemmungen zu schützen, haben
sie Dämme angelegt; im Flusse verfolgen sie die grösseren
Fische zwar noch mit dem Speere, aber durch Wehre wissen sie die zu bestimmten
Zeiten massenhaft auftretenden kleineren Sorten in zahlloser Menge einzufangen,
die ihnen eingesalzen für lange Monate dienen; durch reich versorgte
Vorrathshäuser bezwingen sie die feindliche Gewalt der
Heuschreckenschwärme oder der Misserndten und so spricht sich fast in jeder
kleinen Beschäftigung ihres Lebens die schon beginnende Herrschaft des
Menschen über die Naturgewalten aus. Aber dem allmächtigen Einfluss
der Jahreszeiten, des periodischen Wechsels der Monsune mit ihrer Dürre
oder ihrem Regenüberfluss gehorchen auch sie, wie ihre Nachbarn, die frei
wie das Wild herumschweifenden Neger, und so regeln sich auch bei ihnen nicht
bloss die Zeiten der Saat und der Erndte, sondern auch die ihrer nationalen und
religiösen Feste nach dem Laufe der Sonne.
Auf der westlichen Seite der Insel leben in der Berglandschaft, welche man
gewöhnlich als Land der Ygorrotes bezeichnet, eine
Anzahl von Stämmen nebeneinander, die sich untereinander sowohl, wie von
den ebengeschilderten Iraya’s in mehr als einer Beziehung unterscheiden.
Während diese, im höchsten Grad friedlich, als fleissige Ackerbauer zu
bezeichnen sind, haben jene als muthige Vertheidiger ihres angestammten Bodens
schon häufig den eindringenden Spanier abgewehrt, und die
Proselytenmacherei der christlichen Pfaffen mit heidnischem Trotze erschwert.
Ganze Districte sind in diesem Kampfe in den letzten Jahrzehenten wüst gelegt. Hier
wurden Dörfer niedergebrannt und ihre Einwohner verjagt, weil einer
derselben einem Christen das Haupt abgeschlagen hatte; dort wurden die eben der
Blattreife nahenden Tabackspflanzen auf Hunderten von Aeckern von den Soldaten
der Regierung umgehauen, um den Schmuggel mit dem Taback auszurotten;
Wasserleitungen, welche die sorgsam gesammelten kleinen Quellen der steilen
Berggehänge den terassenförmig aufgebauten Feldern
entgegenführten, wurden zerstört und überall lässt sich der
verderbliche Einfluss nachweisen, welcher vor Allem die sogenannte Comandancia
de Ygorroles auszeichnete. Seitdem die Regierung aber eine Anzahl kleiner
Provinzen aus diesem Bergdistrict gemacht und namentlich angefangen hat, die in
Mancayan zum Betriebe der Kupferminen etablirte
Empresa Cantabro-filipina
zu unterstützen oder
wenigstens nicht zu hindern; seitdem hat der Handel und Verkehr in diesen
Gegenden und mit ihnen auch das gegenseitige Zutrauen in erfreulichem Maase
zugenommen. Obgleich vortreffliche
Ackerbauer
Ackerbauern
, die den stammverwandten Iraya’s selbst noch überlegen
sind, drückt ihnen doch das kriegerische Leben einen eigenthümlich
herben und wenig freundlichen Charakter auf, den sie aber häufig durch
Zuverlässigkeit und Offenheit mildern. Nie gehen die Männer an ihre
Feldarbeit, ohne mit Lanze, Schild und einem breiten, mit Spitze versehenen
Beile ausgerüstet zu sein, welches letztere ihnen sowohl zum Erklettern der
Bäume wie zum Aufspiessen der Köpfe erschlagener Feinde dient. Selbst
in ihren Häusern legen sie selten ihre Waffen ab. Dabei sind sie,
vergleichsweise gesprochen, die industriellsten der wilden Völkerschaften
des Nordens. Sie hatten von jeher den Ruf, die trefflichsten Schmiede zu sein,
und eben das erwähnte Beil, die sogenannte “aligua” wird von
ihnen in Massen nach dem Osten und Norden hin ausgeführt. Mit grosser Kunst
wissen sie metallne Ketten zu schlingen, und die von ihnen selbst verfertigten
kleinen Thonpfeifen stehen auf einer hohen Stufe der Vollendung. Neben diesen
findet man auch häufig kleine kupferne Pfeifen, meistens die Gestalt eines
in nationaler Weise niederhockenden Mannes nachahmend, welche in dem seit alten
Zeiten berühmten Erzgiesserorte Buguias verfertigt
werden. Lange vor der christlichen Zeit schon scheinen die Ygorrotes aus der
Umgegend von Mancayan die dortigen reichen Kupferminen ausgebeutet zu haben, aus
deren durch einfache Calcinirung gewonnenen Erträgnissen sie die wegen
ihrer Reinheit weitberühmten kupfernen Kessel verfertigten. Auch das Gold,
das sie theils aus Quarzminen gewinnen, theils aus dem Sand der Flüsse
auswaschen, wissen sie zu allerlei kleinen Schmucksachen zu verarbeiten und mit
dem im Handel erhaltenen Silber zu legiren. Was sie aber ganz besonders, sowohl
vor ihren heidnischen wie auch christlichen Stammesgenossen auszeichnet, ist ihr
erfinderischer Geist in der Construction von Vogelscheuchen, die sie auf ihren
Feldern gegen die zahlreichen Reisvögel anbringen. Hierzu benutzen sie die
Kraft der zu den Feldern herabströmenden Bergbäche, die sie durch ein
geschickt angebrachtes und dem Stosse ausweichendes, dann aber
zurückschnellendes Bambusrohr einem oft sehr complicirten
Systeme von klappernden Stöcken und sich bewegenden Tuchfetzen,
menschenähnlichen Figuren etc. mittheilen. Leider sah ich, da ich nach
beendigter Erndte in diese Gegenden kam, nur noch ein einziges und kleines
dieser Instrumente in Bewegung.
Der etwas finstere und abentheuerliche Geist, der sich ihnen durch solche
Beschäftigungen einprägt, und der sich auch in den übrigen
Gewohnheiten des täglichen Lebens ausspricht, steht mit der grossartigen
Wildheit der sie umgebenden Natur in völliger Harmonie. Nur dort, wo sie in
den tiefsten Thälern sich des gleichen sonnigen Klima’s erfreuen, wie
die christlichen Bewohner der Ebene, schmücken sie sich mit den grellen
Farben ihrer Kopftücher oder dem reinen Weiss ihres langen Mantels, den sie
um den Körper schlagen. Wo aber in den hohen Bergthälern oder gar auf
den 5–6000′ hohen Bergzügen die Bewohner im feuchten, nur
Fichten, Gras und eine gesellig lebende Farre erzeugenden Boden nach Gold
wühlen oder an den schroffsten Abhängen mit unsäglicher Mühe
Felsblöcke zu einer Mauer aufthürmen müssen, um sich einen
kleinen Fleck horizontalen Landes für ihren Reisbau zu gewinnen; da steht
das vorherrschende Indigblau, das mitunter von ursprünglich weissen
Streifen unterbrochen wird, mit dem düsteren Sinn und dem vielen Nebel der
Landschaften und dem dunkeln Grün der Fichtenwaldungen in Einklang. Nur der
auch über den höchsten Höhen schwebende philippinische Falke
(Falco pondicerianus) deutet dem Reisenden an, dass er sich im tropischen Lande
befindet; oder es grüsst ihn die 2 Zoll grosse blendend weisse Blüthe
einer Orchidee (Phalaenopteris), die sich auf hohem Fichtenzweige schaukelt, wie
eine Freundin aus sonnenhelleren Gegenden.
Ein ganz anderes Bild wieder zeigen uns die stammverwandten heidnischen
Stämme im Osten von Mindanao, unter denen vor Allem
die Manobo’s zu nennen sind. Trotz der gleichen
psychischen Eigenschaften und obgleich sich auch bei ihnen, und ganz besonders
bei den Mandaya’s, eine Vermischung mit Chinesen
auf den ersten Blick erkennen lässt; ungeachtet der in ihren
Grundzügen auch bei ihnen geltenden Anito-Lehre, und der innern
Verwandschaft ihrer Sprache, haben sich doch hier eine Reihe besonderer
Eigenschaften entwickelt oder erhalten, die sich in solcher Ausbildung nicht bei
den Stämmen des Nordens nachweisen
lassen.
Während diese schon sesshaft geworden sind und Jahraus Jahrein dieselben
Felder bewirtschaften oder dieselben Waffen schmieden, vereinigt hier jeder
Vornehme, jeder “bagani”, die wenigen von ihm direct abhängigen
Menschen um sich herum und lebt so in 2–4 Häusern im dichtesten
Walde, weit entfernt von seinen nächsten Verwandten oder Freunden. Hoch auf
Pfählen gegründet, besitzt jedes seiner Weiber, deren Menge seinen
Reichthum bestimmt, ein Haus für sich, in welchem sie mit ihren Kindern und
den ihr zugehörigen Sclaven lebt. Eine unter ihnen
ist die eigentlich legitime Gattin, die auch den anderen Befehle gibt. Diese und
die Kinder des bagani, seiner Frauen Brüder, wenn diese selbst keinen
Hausstand gegründet haben, und eine Anzahl Sclaven, welche meistentheils
Kriegsgefangene sind, müssen für den täglichen Unterhalt sorgen.
Neben Taback, Mais, Bananen, Zuckerrohr und camote bauen sie vor Allem Reis in
so grosser Menge, dass sie nicht blos für sich selbst hinreichenden
Unterhalt des Jahres, sondern auch noch Ueberschuss zum Handel gewinnen. Als ich
im August 1864 bei dem “bagani” Adipan im Westen des Sumpfgebietes
des Agusan mehrere Wochen gelebt hatte, konnte er mir doch noch, als ich
abreiste, auf Monate dauernden Reisvorrath käuflich überlassen, ohne
dass in seinen Reisschuppen eine Abnahme des Vorrathes zu bemerken gewesen
wäre. Wenige Tage darauf begegneten mir auf meiner Fahrt den Fluss hinunter
eine grosse Anzahl Böte von Butuan, dessen christliche Einwohner alle
in’s Land der Manobo’s zogen, um sich für das nächste
halbe Jahr zu verproviantiren. Mehr als einmal schon haben die Manobo’s
mit ihrem Ueberfluss an Reis die christlichen Nachbarn vor dem Hungertode retten
müssen.
Die nicht sesshafte Lebensweise dieser Manobo’s liegt nun theilweise in der
Art ihres Ackerbaues begründet. Die geringe Dichtigkeit der
Bevölkerung im Verein mit der erstaunlichen Fruchtbarkeit des Landes
gestattet ihnen, der Neigung zur Isolirung zu folgen und zwingt sie weder zur
künstlichen Herstellung von Feldern und Bewässerung derselben, noch zu
sesshafter Lebensweise. Vielmehr ziehen sie es vor, mit geringerer Arbeit bald
hier und bald da ihre Aussaat zu machen, die ihnen dann von dem überreichen
Boden mehr als hundertfältig wiedergegeben wird. Das System, das sie dabei
befolgen, ist für viele andere
heidnische
Malaienstämme charakteristisch und wird auch noch von manchen christlichen
Bewohnern der Philippinen geübt. Es besteht wesentlich in der primitivsten
Bearbeitung des Bodens. Die grossen Waldbäume sowie das Unterholz werden
umgehauen und dann, nach gehörigem Austrocknen durch die Sonnenwärme
abgebrannt. Zwischen die Asche und die nur sehr flüchtig aufgewühlte
Erde werden nun bald die einzelnen Reispflanzen in Büscheln ausgepflanzt
oder auch selbst der Reis direct ausgesät. Manche der Körner oder
Pflanzen gehen dabei natürlich zu Grunde; aber der Reis, der aufgeht und
zur Reife kommt, gibt ihnen in diesen bevorzugten Gegenden nach mehreren an
verschiedenen Orten vorgenommenen Zählungen das 250fache Korn. In wenig
Jahren erschöpft sich dann der Boden dieses sogenannten
“cainin”, da sie weder Dünger einführen, noch mit den
angebauten Früchten wechseln. Dann ziehen sie weiter, lassen sich auf dem
ersten günstig aussehenden Platz nieder und beginnen die Arbeit des
Umhauens und Säens von Neuem. Ihre Vorrathshäuser bauen sie auf
Pfählen mitten in ihren Feldern. Es ist dieses System der
“cainines” auch unter den Christen überall dort üblich, wo
der dünngesäten Bevölkerung noch unbeschränkte
Bodenfläche zum Anbau zur Verfügung steht; wo aber die Einwohner sich
dichter drängen, da werden sie durch die Nothwendigkeit zu einem mehr
sesshaften Leben und geregelterer Ausnützung derselben Grundstücke
gezwungen. Es unterscheiden sich hierin die Christen durchaus nicht von ihren
heidnischen Stammverwandten.
Was aber die Manobo’s ganz besonders auszeichnet vor allen übrigen,
mir aus eigener Anschauung bekannten philippinischen Stämmen, ist die Form
ihres religiösen Aberglaubens. Auch sie huldigen im Wesentlichen dem
gleichen Anitodienste, wie die Ygorrotes und Iraya’s des Nordens; aber es
tritt dieser Ahnencultus hier mehr in den Hintergrund gegen den Dienst, den sie
anderen Göttern weihen. So halten sie den Donner für die Sprache des
Blitzes, den sie in der Gestalt eines abentheuerlichen Thieres verehren; wenn
der Blitz auf die Erde niederfährt und in die Bäume einschlägt,
so soll das Thier nach ihrer Meinung mitunter einen seiner Zähne darin
stecken lassen. Es sind alte, einer früheren Periode angehörige
Steinbeile, die in ihrer Gestalt manchen der in unsern europäischen
Pfahlbauten gefundenen ähnlich
sehen, und die
mitunter von ihnen in Bäumen oder in der Erde steckend entdeckt werden.
Auch das Krokodil wird von ihnen heilig gehalten, Krankheiten und
Unglücksfälle aller Art personificiren sie; aber der wichtigste ihrer
Götter nächst dem “Diuata” (= Anito) der Erndtefeste ist
ihr Kriegsgott, der “tagbusau”. Wenn in der Gegend des Sumpfgebietes des Agusan, um
welches herum sich die verschiedenen Familien der Manobo’s drängen,
im October die Erndte begonnen hat, so fangen die Männer an, ihre Lanzen
und Schilde, die Dolche und kurzen Schwerter zu putzen und zu schleifen und wenn
dann die Erndte beendigt ist, und der Talisman ihres Kriegsgottes ihnen
günstigen Ausgang für den Kriegszug angesagt hat, so schleichen sie in
kleinen Trupps unter Anführung ihres “bagani”, welcher zugleich
der Priester des Gottes ist und dessen Talisman in den Kampf tragen muss, in
heimlicher Weise nach der Wohnung ihrer Feinde. Gelingt es ihnen diese
frühmorgens noch im Schlafe, oder sonst im Walde zu überraschen, so
wird Jeder Erwachsene niedergemacht, die Kinder und Weiber als Sclaven
davongeführt. Selten nur kommt es dabei zum offnen Einzelkampfe und dies
fällt immer dem anführenden bagani zu, da er als Muthigster seinem
Volke voran zu gehen und als Priester seinem Gotte ein Opfer zu bringen hat. Ist
der Feind glücklich niedergeworfen und getödtet, so zieht er ein
heiliges, nur diesem Dienste geweihtes Schwert, öffnet der Leiche die Brust
und taucht die Talismane des Gottes, die ihm um den Hals hängen, in das
rauchende Blut ein. Dann reisst er das Herz oder die Leber heraus und verzehrt
ein Stück davon, als Zeichen, dass er nun seine Rache an dem Feinde
befriedigt habe. Dem gemeinen Volk wird es nie gestattet, Menschenfleisch zu
kosten; es ist das Vorrecht, aber auch die Pflicht des fürstlichen
Priester’s. Immer liegt ihren Kriegen irgend ein persönliches Motiv
zu Grunde. Meist aber nimmt die Befriedigung ihrer Rachsucht einen anderen,
nicht religiösen Charakter an. Einzeln lauern sie auf Wegen dem Feinde auf,
dessen Bewegungen sie wochenlang ausgekundschaftet haben, und stechen ihn von
sicherem Versteck aus mit ihren langschaftigen Speeren nieder. Die Schädel
ihrer getödteten Feinde bringen sie dann im Triumphe nach Haus, aber sie
hängen sie nicht, wie es viele heidnische Stämme in Luzon thun, in und
vor ihren Häusern als Wahrzeichen
ihrer
Tapferkeit auf. Von den Sclaven aber, die sie heimführen, sind immer einige
dem Kriegsgotte oder dem Gotte ihrer Krankheiten geweiht. Durch den heiligen
Dolch oder das Schwert wird ihnen, am Rande der für sie gegrabenen Grube
stehend, mit wenigen sicheren Streichen das Leben genommen. Die anderen Sclaven,
Verwandte oder Freunde des Opfers, müssen das Grab mit Erde füllen.
So stehen die Manobo’s mit einigen anderen nahe verwandten Stämmen den
Ygorrotes und Iraya’s als religiöse Fanatiker gegenüber, bei
deren Götterdienst Menschenopfer und Cannibalismus eine hervorragende Rolle
spielen. Und zwischen diesen drei, annähernd die Extreme rein malaiischen
Culturzustandes repräsentirenden Völkern fanden sich wahrscheinlich
alle möglichen Verschiedenheiten der Race, die den Dialectverschiedenheiten
parallel gingen. Die älteren spanischen Autoren erwähnen als ein
auffallendes, nachher aber rasch vergessenes Factum, dass die Negrito’s
alle nur eine einzige gleichmässige Sprache sprechen, während die
braunen Bewohner der verschiedenen Inseln, obgleich sicherlich alle demselben
Stamme angehörig, sich doch durch die grosse Zahl ihrer verschiedenen
Dialecte unterscheiden sollten. Nur in einigen wenigen, allerdings aber
wesentlich charakteristischen Zügen, stimmten sie alle überein. Einmal
waren sie alle nach dem Zeugniss derselben spanischen Schriftsteller Ackerbauer
und cultivirten den Reis in solcher Menge, dass er schon bei Ankunft der
Spanier einen
Handelsartikel bildete. Manche der Stämme mochten damals schon sesshaft
geworden sein und den Ackerbau in solcher Vollkommenheit getrieben haben, wie es
jetzt die Ygorrotes thun. Dann lebten sie alle in einzelne Clan’s
getheilt, deren jeder einem Fürsten, einem “bagani”, unterthan
war. Obgleich die Spanier in ihren Beschreibungen mit dem Worte König (rey)
ziemlich freigebig waren, so zeigt das oft gebrauchte Wort
“reyezuelo”, ein kleiner König, und noch mehr die oft gegebene
Erläuterung hierzu, dass die Macht dieser Könige nur in den seltensten
Fällen über das nächste Gebiet des Dorfes hinausgriff. Der Anfang
einer Staatenbildung scheint nur an den wenigen Puncten gemacht worden zu sein,
an denen kurz vor Ankunft der Spanier die von Borneo und Ternate kommenden
Muhamedaner sich niedergelassen hatten.—Alle Civilstreitigkeiten wurden
nach alter Gewohnheit von dem Fürsten, der
seine Stellung theils durch Rang, besonders aber durch persönliche
Tapferkeit bewahren musste, im Rathe mit den Aeltesten des Dorfes geschlichtet.
Endlich entwickelte sich durch die Sitte der Vornehmen, sich unter den im Kriege
geraubten Sclavinnen ihre Concubinen zu wählen, im Laufe der Zeit, wie sich
die wenigen Häuser einer Familie zu einem Dorfe vergrösserten, die
Classe der Freien oder der “Timava’s”. Kinder derselben, oder
auch ihre Verwandten, die eine Zeit lang als Sclaven gedient hatten, wurden frei
gelassen, und diese Classe der Freien stellte sich zwischen diejenige der
Vornehmen, welche sich durch ihre Heirathen möglichst rein zu erhalten
suchten, und die der Sclaven, welche immer gewärtig sein mussten, dem
Kriegsgotte geopfert oder als Sühne für begangenes Unrecht verkauft zu
werden. So war der sociale Zustand der Bewohner der Philippinen, als die
Muhamedaner und die Spanier von zwei verschiedenen Seiten her ihre Religion im
Land einzuführen versuchten.
V.
Die Muhamedaner und der Anfang der christlichen Periode.
Die malaiische Race hatte sich längst über alle hinterindischen und
philippinischen Inseln ausgebreitet, ehe es den handeltreibenden Bekennern des
Islam, den Arabern, gelang, ihrem Glauben unter einzelnen Stämmen derselben
Eingang zu verschaffen. In dem ungefähr 1252 (von den aus Singapore
vertriebenen Malaien) gegründeten heidnischen Staat Malacca bekehrte sich
der Sultan Muhammed Shah 1276 zum Islam und erwarb durch die Ausbreitung des
neuen Glaubens grossen Ruhm während seiner langjährigen Regierung.
Mehr als ein Jahrhundert später, im Jahre 1391, machten ein Fremder, Raja
Charmen, und ein Araber, Maulana Ibrahim, einen unglücklichen Versuch die
Javanesen zum Islam zu bekehren. Obgleich schon ein ähnliches Unternehmen
1328 erwähnt wird, und die Einwanderung muhamedanischer Kaufleute vom
Westen gewiss schon lange vorher begonnen hatte, so scheiterten doch diese
ersten Versuche weniger an dem Gegensatz zwischen dem in Java herrschenden
buddhistischen Glauben und Mohamed’s Religion, als an der Macht der
buddhistischen Staaten selbst. Erst als Raden Patah, ein Muhamedaner aus
königlichem Geblüt und mit Talent und ehrgeizigem Sinn begabt, seine
Glaubensgenossen um sich versammelt und durch Intriguen und den Glanz seines
Namens eine mächtige Partei gebildet hatte, gelang es ihm nach der
Zerstörung (1478) des bis dahin mächtigsten Reiches von Java, des
weitberühmten Majapahit,
auch seinen Glauben zu
dem herrschenden des Landes zu machen. Früher schon waren Muhamedaner weit
nach Osten bis nach Ternate hin vorgedrungen und hatten hier, wie überall
neben dem Handel mit Gewürznelken und anderen ähnlichen Produkten des
Landes, auch die Bekehrung der Eingebornen betrieben. Auch hier fanden sie einen
blühenden Staat vor. Ursprünglich von Gilolo aus (1250) colonisirt,
hatte bald Ternate durch seinen Reichthum an Gewürzen und seine
günstige Lage für den Handel in den Molucken eine solche
Anziehungskraft gewonnen, dass Einwanderungen von Javanesen, Malaien und Arabern
in kurzen Zwischenräumen aufeinander folgten. Solche Zuzüge werden aus
den Jahren 1304, 1322, 1347, 1358 erwähnt. Dadurch gewann allmälig
dieser kleine Staat eine solche Macht, dass er in der 1322 gebildeten
Conföderation der 4 Könige der Molucken schon im Jahre 1377 den
bedeutendsten Rang einnahm. Dem König von Ternate waren damals bereits die
Xulla-Inseln, sowie auch Gilolo unterthan; am Ende des 15. Jahrhunderts
vereinigte Zainalabdin auch noch Boeroe, Ceram und Amboina unter seinem Scepter.
Als dann dieser Fürst 1495 zum Islam übertrat, ward es nun den
zahlreich eintreffenden muhamedanischen Einwanderern von Java unter
Anführung des Javanesen Husen leicht, auch das Volk selbst zu bekehren, so
dass auch hier schon bei der Ankunft der Portugiesen die muhamedanische Religion
herrschte. So wussten sich überall die Islamiten die Gunst der
Landesfürsten zu gewinnen, durch deren Einfluss dann ihre Religion auch
beim Volke eingeführt wurde. Weiter nach Norden hin verlieren sich die
Spuren des Islam mehr und mehr. Als die Portugiesen 1512 in Celebes ankamen,
fanden sie hier nur noch wenige Bekenner dieser Religion vor; erst ein
Jahrhundert später zwangen die Macassaren auch die Bewohner der
übrigen Staaten dieser Insel, den muhamedanischen Glauben anzunehmen. Ein
gewisser Einfluss des Islam zeigt sich auch noch auf den Philippinen, wo es
allein den muselmännischen Fürsten gelang, Reiche zu bilden, deren
Macht sich weiterhin als auf den Umkreis der nächsten Dörfer
erstreckte. Als die Spanier im 16. Jahrhundert die Philippinen eroberten, fanden
sie ihren stärksten Widersacher in dem Sultan von Manila, dessen Macht sich
ziemlich weit über die Provinzen des Centrum’s von Luzon erstreckte;
und die Sultane von Buhayen,
Mindanao und Joló
haben bis auf den heutigen Tag ihre Unabhängigkeit gegen die
Eroberungszüge der Spanier zu bewahren gewusst.
Zum Theil lag gewiss die Schnelligkeit, mit welcher sich die Mohamedaner solche
Erfolge zu erringen verstanden, in dem richtigen Tact begründet, mit
welchem die vereinzelten Missionäre die Vorschriften ihrer Religion den
bestehenden socialen Zuständen anzupassen wussten. Die natürliche
Grausamkeit und Rachsucht der früheren Heiden wurde in religiösen
Fanatismus umgewandelt; die vorgeschriebenen Waschungen fanden leicht Eingang in
einem heissen Lande, dessen Bewohner so schon halb im Wasser lebten; und das
ursprüngliche unabhängige Clan-Wesen wurde mit grossem Geschick in
eine von einer Centralgewalt abhängige Conföderation der einzelnen
Fürsten übergeführt. Hören wir, was hierüber der Padre
Gainza sagt: “Sie (die Muhamedaner) führten einige religiöse
Gebräuche ein, nahmen dafür ihre Sprache und manche ihrer Sitten an,
verheiratheten sich mit ihren Weibern, verschafften sich Sclaven, um ihre
persönliche Wichtigkeit zu erhöhen, und gelangten endlich dazu, sich
mit der vornehmen Classe der “Dato’s” zu amalgamiren. Da sie
mit grösserem Geschick und grösserer Eintracht als die Eingebornen
arbeiteten, erhöhten sie allmälig, wie jene im Besitze zahlreicher
Sclaven, mehr und mehr ihre Macht, bildeten unter sich eine Art Bund und
errichteten eine Art Monarchie, die sie in einer Familie erblich erklärten.
Aus der Zahl der Mitglieder dieser Familie erwählten die Dato’s ihren
Sultan. Und als sie bald das Missliche eines solchen Systemes erkannten,
beschlossen sie noch bei Lebzeiten des Sultan’s zwei Nachfolger zu
erwählen, deren einer den Titel “Raja-Muda”, der andere den des
“Guata-Mansa” erhielt. Obgleich nun solcher Bund ihnen grosse Macht
gab, so sahen sie sich doch genöthigt, mit den alten
Datto’s auf Friedensfuss stehen zu bleiben, und den
sogenannten “Taos-Marayaos” ihre Freiheit zu lassen, deren
Unterstützung sie nicht entbehren konnten. So behielten diese ihre
vollständige persönliche Freiheit und die völlig freie
Verfügung über ihre Sclaven, die sogenannten
“Sacop”....... So entstand endlich eine Conföderation, welche
nur schwach mit der höchsten Autorität in Verbindung steht, eine Art
aristocratischer Republik, deren Chef unter dem Titel eines Sultan’s
erwählt
wird, und deren Bürger
natürlich sehr an ihrer persönlichen Unabhängigkeit hängen
und zu Streit und Zank beständig geneigt sind.”
Dass in der That der muhamedanisch religiöse Charakter dieser Staaten
ursprünglich wenig ausgeprägt war, beweist das Verhältniss, in
welchem sie zu den ersten christlichen Eroberern, den Portugiesen sowohl wie den
Spaniern, standen. Antonio de Britto wurde in dem muhamedanischen Ternate 1521
auf die freundlichste Weise aufgenommen, und als er und seine Nachfolger durch
ihre grausame Behandlung der Bewohner allmälig einen Bund der malaiischen
Fürsten hervorgerufen hatten und die Portugiesen sich schon nahe daran
sahen, ihre Festung dem andrängenden Feinde übergeben zu müssen,
da rettete Antonio Galvan 1636 zuerst seine Landsleute von einer sicheren
Niederlage. Im Laufe weniger Jahre aber wusste dieser Mann nicht bloss den Bund
der Fürsten aufzulösen, sondern sich auch unter den Mohamedanern so
beliebt zu machen, dass sie ihm die Krone anboten. Durch ihn wurde das
Christenthum rasch auf den Molucken und in Celebes eingeführt. Auch die
spanischen Geschichtsschreiber bemerken ausdrücklich, dass sie mit den
“Moro’s” von Manila in freundschaftlichem Handelsverkehr
gestanden hätten. Legapsi bediente sich 1565 in seinem Verkehre mit Tupas,
dem Fürsten von Cebú, eines Mohamedaner’s von Borneo mit Namen
“Cid-Hamal”. Es sprach sich nirgends ein scharfer religiöser
Gegensatz aus; vielmehr bildete sich dieser erst allmälig im Laufe der
Zeiten, als die neu angekommenen Eroberer auch die Oberherrschaft über die
schon bestehenden mohamedanischen Staaten zu beanspruchen anfingen. Gegenseitig
belästigten sie sich nun, so viel sie konnten, mit Raubzügen und
Niederbrennen der Ortschaften, und auch die Spanier verfolgten eine Art und
Weise der Kriegführung, welche ganz dem dortigen Boden entwachsen zu sein
schien. Hier, wie überall, trat das persönliche Interesse oder die
Bequemlichkeit hindernd in den Weg. Lassen wir hier den Padre Zuñiga sprechen:
“Diejenigen, welche gingen, um sie (die Moro’s) zu unterjochen,
verfolgten andere Ziele, als die ersten Eroberer. Diese strebten nur nach einer
“encomienda”, einem Lehen, das ihnen genug zu leben gab. Aber
seitdem der Handel von Manila so gewinnbringend geworden, suchte man in kurzer
Zeit grossen Reichthum zu häufen, so dass diejenigen, welche solche
Expeditionen unternehmen, nur an ihren Erwerb denken
und an die Rückkehr nach Manila, um dort möglichst ihren Handel
vermehren zu können.” Die unterjochten Feinde wurden von beiden
Parteien als Sclaven davongeführt, die eingenommenen Dörfer
geplündert und nachher verbrannt. Allmälig erst bildete sich auch der
religiöse Fanatismus aus. Die unter dem Namen “amok” in allen
malaiischen Ländern bekannten Wuthanfälle, nehmen in den Grenzgebieten
der Christen und Muhamedaner, in Zamboanga und Basilan immer einen
religiösen Charakter an; obgleich ihr Hass gegen die Christen sich meistens
nur gegen die Spanier richtet. In Jolo selbst sind die Engländer gern
gesehene Gäste, da sie ihnen europäische Waffen und Pulver bringen,
die sie sehr im Kampfe gegen die “cachila’s”—so heissen
die Spanier hier—benöthigen. Dem Reisenden fallen überall,
namentlich aber im Süden, die meistens hoch auf Pfählen gebauten,
sogenannten “atalaya’s” auf, an deren Seite gewöhnlich
ein Telegraph steht. Es sind dies Wachtthürme, welche von Dorf zu Dorf die
Nachricht weitertragen, wenn sich irgendwo eine Flotille der leichten Fahrzeuge
aus Joló, der sogenannten “panco’s”, gezeigt hat. Selten
aber leisten die einzelnen Dörfer sich Hülfe, jedes vertheidigt sich,
so gut es kann; die Regierungsböte liegen im sichern Hafen, und erhalten
die Nachricht meistens so spät, dass es ihnen selten gelingt, die
Moro’s noch auf ihrem Zuge zu treffen. Haben diese einige Raubzüge
glücklich beendet, so beschliesst die spanische Regierung in Manila einen
Zug zur Ausrottung der Piraten. Es wird hier oder dort eine Festung in
Joló, Tavi-tavi oder in Mindanao eingenommen und zerstört, dann zieht
man froh über den errungenen Sieg heim und im nächsten Jahre beginnen
die Moro’s abermals ihre Raubzüge. So wird dieser kleine Krieg ferner
dauern, wie er bisher schon Jahrhunderte gedauert, wenn nicht die Spanier die
von Moro’s bewohnten Inseln faktisch in Besitz nehmen oder durch
grössere Wachsamkeit, als sie bisher entwickelten, die Piratenzüge
derselben nach andern Richtungen ablenken.
Während die muhamedanischen Sendlinge zur
Ausbreitung ihres Glaubens nur auf sich und die Macht ihres Wortes angewiesen,
dies hauptsächlich durch den Einfluss zu erringen suchten, den sie auf die
Fürsten und Vornehmen des Landes gewonnen, so zeigt sich bei der
Einführung des Christenthum’s durch
die Spanier die auffallende Erscheinung, dass gewisse
Einrichtungen in der Organisation ihrer Eroberungszüge die günstigsten
Mittel waren, um die erstaunlich raschen Erfolge ihrer Unternehmungen
hervorzubringen.
Die berühmte Demarcationslinie den Jahres 1493, welche die Erde in eine
spanische und eine portugiesische Hälfte theilen sollte, hatte jeder Nation
die Richtung ihrer Entdeckungsreisen vorgezeichnet. Während die
Portugiesen, dem Wege Vasco de Gama’s folgend, von Westen her in Malacca
1511, auf den Molucken 1512 anlangten, kamen ihnen die Spanier, welche von
Magellan’s unglücklicher Expedition (1519–1521) übrig
geblieben waren, von Osten her entgegen. Auch die zweite Expedition von Loaisa
(1525–1526) und die dritte von Saavedra (1528) nahmen ein
unglückliches Ende, und immer trafen die Spanier auf den Molucken mit ihren
alten Feinden, den Portugiesen zusammen, welchen sie gerne den Besitz dieser
kostbaren Inseln streitig gemacht hätten. Sie gründeten ihre
Ansprüche an diese Inseln auf die Verlegung des ersten Meridian’s von
Ferro nach Terceira, wodurch die Portugiesen Brasilien gewannen, und wodurch die
Gewürzinseln nach Magellan’s Meinung mit in die spanische
Erdhälfte hineingezogen worden waren. Dem kleinen zwischen den spanischen
und portugiesischen Abenteurern entbrannten Krieg auf Ternate und den
umliegenden Inseln wäre fast ein grösserer Kampf im Mutterlande
gefolgt. Als aber Carl V. 1539 einen Tractat mit Portugal schloss, wonach er
alle seine Ansprüche auf die Molucken für 350,000 Ducaten an die Krone
Portugal verkaufte, war der spanischen Eroberungslust im fernen Osten ein neuer
Weg vorgezeichnet. Während die früheren Expeditionen zur Eroberung der
Molucken bestimmt waren, sollte nun Villalobos die
Philippinen unter spanische Herrschaft zwingen und
durch die ihn begleitenden Augustinermönche den Eingebornen den
christlichen Glauben bringen. Aber auch diese Unternehmung verunglückte
gänzlich. Glücklicher als Carl war Philipp II., welcher 1564 eine
Expedition unter Legaspi auslaufen liess. Diesem schloss sich als Mönch der
Augustiner Padre Urdaneta an, ein kühner und gelehrter Seemann, der, unter
Loaisa Capitain eines der Schiffe, bereits die Philippinen aus eigner Anschauung
kennen gelernt hatte. Noch wichtiger als dieser Priester war dem Befehlshaber
sein eigner Neffe, Don Juan Salcedo; denn seiner
rastlosen Thätigkeit und grosser Thatkraft allein verdankte diese
Expedition ihren glücklichen, überraschend schnellen Erfolg. Am 27.
April ankerten die Schiffe in Cebú, bald darauf waren Panay, Leyte,
Masbate, Bohol und andere Inseln—die Islas de los Pintados—entdeckt
und eingenommen und am 5. Mai 1571 schon wurde Manila zur Hauptstadt der
neugewonnenen Inseln erklärt und in Besitz genommen. Die Missionäre
breiteten sich, durch
Soldaten unterstützt, über die Visaya’s aus und Juan de Salcedo
nahm es auf sich, den Norden Luzon’s der Krone Spanien zu unterwerfen.
Wenige Tage nach dem plötzlichen Tode Legaspi’s am 20. August 1572
kam er in Manila wieder an von einer Reise, die ihn rings um den Norden
Luzon’s herumgeführt und auf welcher er die Mehrzahl der Bewohner
sich unterworfen hatte. Einige Jahre später waren bereits die
Augustinermönche über den ganzen Norden verbreitet. So waren in
weniger als 10 Jahren die Mehrzahl der philippinischen Inseln der spanischen
Krone unterworfen, schon 1570 wurde der erste Tribut von den Einwohnern von Mindanao
erhoben und wenn auch seitdem mehrfache Empörungen gegen die neue Ordnung
versucht wurden, so brachen doch bald derartige Unternehmungen der Eingebornen
unter der Macht der Spanier wieder zusammen. Mit den Augustinern theilten sich
die bald nachher ankommenden Jesuiten, Dominikaner und Franziskaner in die
Aufgabe, den zahlreichen neuen Christen die gewünschten Priester zu geben
und durch die Missionen den christlichen Glauben auch unter die Stämme des
Innern zu tragen.
Der Handel, welcher nach einigen Autoren schon lange vor der
christlich-spanischen Zeit zwischen China, Japan, den Philippinen und Borneo
getrieben worden war, nahm rasch in bedeutendem Maasse zu. Im Anfang des Jahres
1572 schon kam eine Flotille aus China an, welche den handeltreibenden Soldaten
eine reiche Ladung Seidenzeuge, Porzellan und andere Erzeugnisse chinesischer
Industrie brachte, und in wenig Jahren war Manila der Mittelpunkt für den
Handel Spanien’s mit dem Orient geworden.
Es war der Anfang des 17. Jahrhunderts fast die blühendste Zeit des Handels
von Acapulco. Dieser Periode verdankt Manila ihren hochtrabenden Namen der
“Perle des Orients”.
Ein ganz anderes Bild liefert uns die Geschichte der Eroberung der Molucken durch
die Portugiesen. Trotzdem sie 1511 unter Antonio de Abreu und Francisco Serrano
die freundlichste Aufnahme in Amboina und Celebes finden, und sie aus den
zwischen Tidor und Ternate angestifteten Kriegen als Sieger hervorgehen, folgen
sich ununterbrochen Empörungen der einheimischen Fürsten und
Streitigkeiten dieser oder selbst der Portugiesen untereinander. 1531 sehen sie
sich sogar gänzlich auf ihre Festung in Ternate beschränkt, die durch
das Heer der verbündeten Könige der Molucken durch Jahre hindurch
belagert wird. Antonio Galvan befreit seine Landsleute, schlägt die
Fürsten in Tidore, und schliesst mit ihnen Frieden. Ihm gelingt es bald
durch freundliche Behandlung der Eingebornen und Schonung der angestammten
Fürsten, die er vorher hat seine Macht fühlen lassen, sich eine solche
Popularität zu erwerben, dass ihm bald nachher die Krone sämmtlicher
Molucken angeboten wird. Nun wird ihm das Gouvernement dieser Inseln genommen,
und die nachfolgenden Gouverneure beginnen von Neuem das alte Spiel der
Intriguen und kleinen Kriege, bis endlich 1581 Baber, König von Ternate,
die portugiesische Festung einnimmt und der Fremdherrschaft ein Ende macht. Dann
folgen einige vergebliche Versuche der Spanier, sich die Molucken zu
unterwerfen, bis es endlich im Anfang des 17. Jahrhunderts den Holländern
gelingt, die mit den einheimischen Fürsten abgeschlossenen Verträge
gegen die Spanier siegreich zu vertheidigen und die Portugiesen auf Timor und
Solor einzuschränken.
Hier ist die Episode des Antonio Galvan besonders lehrreich. Sie zeigt, dass es
bei Verfolgung einer humanen Politik und Schonung der Landessitten den
Portugiesen hatte leicht werden müssen, ihrer Herrschaft über die
Molucken grössere Sicherheit und längere Dauer zu geben, als es
wirklich der Fall war. Den Spaniern trat auf den Philippinen allerdings nie eine
so geschlossene Macht gegenüber, wie den Portugiesen auf den Molucken im
dortigen Fürstenbund, so dass es ihnen leichter werden musste, die
einzelnen gänzlich von einander unabhängigen Clan’s von Luzon
und den Visaya’s sich zu unterwerfen. Aber die Geschichtsbücher des
Landes bewahren uns mehrere Fälle von Empörungen auf, welche zeigen,
dass durch die allgemeine Sehnsucht nach Befreiung
vom
spanischen Joche mitunter eine Vereinigung der sonst getrennt lebenden
Stämme zu Stande kam, deren Macht allerdings derjenigen der Spanier nie
gewachsen war. Gerade die ersten Jahrzehente der Eroberung sind aber
verhältnissmässig frei von solchen Empörungen. So mochte wohl die
geringe Macht, welcher sich die Spanier in ihren Zügen bald in diesem, bald
in jenem Dorfe gegenübersahen, der Mangel aller gemeinsamen Opposition
gegen die Fremden mit eine der Hauptursachen gewesen sein, welche den Spaniern
das Spiel erleichterten; aber doch würde wohl kaum der Eroberung so schnell
die Ausbreitung des Christenthums und eine vergleichsweise lange ruhige Periode
des Handels gefolgt sein, wenn nicht noch andere Momente, ausser der geringen
Thatkraft und politischen Zersplitterung der Eingebornen, mit wirksam gewesen
wären.
Hierüber gibt uns die Organisation der früheren Expeditionen einigen
Aufschluss. Der Befehlshaber der Expedition erhielt mit dem Titel
“Adelantado” auch die allerausgedehntesten Vollmachten und die
Autorität als General-Gouverneur aller der Länder, welche er im Namen
des Königs erobern würde. Es wurde ihm gestattet, Waaren im Werth von
1000 Ducaten einzuschiffen und ebenso wurde ihm ein gewisser Prozentsatz vom
Einkommen der Inseln zugesichert. Von ihm hing aber vor Allem die Ernennung der
sogenannten “Encomendero’s” ab. Unter “encomienda”
verstanden die Spanier ein Lehen, welches an Land und Leuten den bei der
Eroberung besonders sich auszeichnenden Soldaten gegeben wurde. Der von ihnen
erhobene Tribut, von welchem sie einen gewissen Theil an die Regierung abgeben
mussten, sollte zum Unterhalt ihres Lebens dienen. So wurde z. B. dem Juan de
Salcedo nach der schon erwähnten Entdeckungsreise zuerst Camarines, nachher
aber die Provinz Ylocos als solches Lehen gegeben. Anfänglich herrschten
sie hier, im Besitz der Macht, unumschränkt über Land und Leute, die
sich leicht dem Eroberer unterwarfen; denn in der That war für sie nur der
Name ihres Fürsten, nicht aber ihr Verhältniss zu diesem
geändert. Ueberall wo Salcedo zuerst hinkam in Luzon, wie in Panay und
Mindoro, musste er erst mit den Einwohnern um die Herrschaft kämpfen; und
wenn diese sich durch eine blutige Niederlage von der grösseren Macht der
Spanier überzeugt hatten, so unterwarfen sie
sich
ziemlich willig dem Joche des Lehnsherren, welcher lediglich an die Stelle des
früheren einheimischen Fürsten getreten war. Statt der früheren
“baganis” oder “Datto’s” hatten sie nun spanische
Capitaine sowohl als Anführer im Kriege, wie auch als Herren, denen sie Gehorsam und
Tribut schuldig waren. Sonst aber wurde die sociale Ordnung nicht im Mindesten
verändert. Lange Zeit hindurch wurden die im Kriege gemachten Gefangenen
auch von diesen christlichen Lehensherren als Sclaven, als “sacopes”
behandelt, deren Arbeit und Körper ihnen gänzlich angehörte. Aus
dieser Classe der Sclaven bildete sich allmälig die tributzahlende niedrige
Bevölkerung aus, während die Classe der Freien als sogenannte
“cabeza’s de barangay” von jeher gänzlich frei von der
Pflicht des Tributzahlens war. Die Dattos aber oder die ursprünglichen
Vornehmen erhielten die Ehrenämter des Dorfes, welche wie jene Freien
gänzlich von allem Tribute und allen Zwangsarbeiten befreit wurden. Der
Lehnsherr hatte die Macht, welche die Eingebornen als erstes Requisit für
ihre Datto’s verlangten, und die ihm unterworfenen Vornehmen befriedigten
leicht ihren Ehrgeiz in der bevorzugten Stellung, welche sie im Dorfe einnahmen,
da sie nie gewohnt gewesen waren, über die natürlichen Grenzen
desselben hinaus zu greifen. Da die Sclaven oder Tributantes von jeher sich
selbst als Eigenthum ihrer Herren zu betrachten pflegten, so liessen sie sich
gerne den verhältnissmässig geringen Tribut von etwa 4 fl.
jährlich gefallen, den sie in Silber oder in Landesprodukten bezahlen
mussten. Manche harte Bedrückung selbst mochte ihnen von Seiten dieser
neuen Herren erträglich scheinen. Bald aber gingen die Erpressungen der
meisten Lehnsherren so weit, dass sich das Volk gegen sie auflehnte, und zu
gleicher Zeit gewannen die zur Ausbreitung der christlichen Religion
angekommenen Geistlichen verschiedener Orden einen solchen Einfluss auf
Philipp’s Regierung, dass ihnen im Streite gegen jene grosse
Prärogativen gegeben wurden. Mit der Vermehrung der Dörfer ging die
wiederholte Sendung eifriger Missionaire Hand in Hand, so dass die Oberen der
Mönchsorden sich bald im Stande sahen, jedem grösseren Dorf einen
eignen Seelenhirten zu geben. Indem diese nun im Streite des Tribut zahlenden
Volkes sich immer gegen die Lehnsherrn und die aus diesen hervorgegangenen
Gouverneure aussprachen, erlangten sie
bald in den
einzelnen Dörfern dieselbe Stellung, welche vor ihnen der Lehnsherr, noch
früher aber der “Datto” eingenommen hatte. Auch hinter ihnen
stand immer die militairische Macht der Regierung, um deren Politik sich der
Eingeborne wenig kümmerte, deren Strenge aber manches Dorf kennen lernte,
wenn es sich gegen die zu harte Bedrückung von Seiten seiner neuen Herren
in Kutte und Talar auflehnte. Auch die altgewohnte rein persönliche Seite
des Verkehres zwischen dem Herrn und Diener fehlte nicht. Den Bau eines
Conventes oder einer Kirche, oder selbst jede im Dorfe vorgenommene Arbeit sahen
die Bewohner wie einen persönlich dem Priester geleisteten Dienst an; und
sie arbeiteten willig für ihn, da der Glanz, welcher sich durch die Zahl
seiner Diener, die Pracht seiner Wohnung und seiner Messgewänder, den Luxus
seiner Gelage über ihr Dorf verbreitete, ihren Ehrgeiz vollständig
befriedigte. Nicht selten sind die Fälle, in denen ein Priester seinen
“sacopes” im Kampf wirklich voranging. Wie früher den
“bagani” im kriegerischen Kleide, so liessen sich nun die Bewohner
den “Datto” im farbigen Messgewand gerne gefallen. So wurde,
unbewusst oder bewusst, jedenfalls in glücklicher Weise das alte
einheimische Clanwesen der Heiden zur Basis der jetzt herrschenden christlichen
bürgerlichen Ordnung gemacht.
VI.
Die neueste christliche Zeit.
Es blieb also das einheimische Clanwesen die Grundlage der neuen socialen
Ordnung. Durch die Zwischenstufe der europäischen Priesterclasse, die sich
rasch über alle Dörfer verbreitete, und deren einzelne Mitglieder an
die Stelle der früheren heidnischen Fürsten—der bagani’s
oder reyezuelo’s—getreten waren, wurde das eines gemeinsamen
natürlichen Bandes bis dahin entbehrende Leben der Bewohner in sehr
künstlicher Weise mit dem fremden Staate verknüpft. Während in
dem Verhältniss der unteren, die eigentliche Bevölkerung bildenden
Classen zu einander keine oder nur eine sehr unbedeutende Veränderung
eintrat, blieb die Beziehung zwischen den Gouverneuren des Landes und ihren
Untergebenen eine so lockere, der ganze Schematismus der Verwaltung der Colonie
dem einheimischen Verstande so unverständlich und fremd, dass sich dabei
kein allgemein verbreiteter würdiger Bürgersinn ausbilden konnte. Es
war dies aus verschiedenen Gründen unmöglich. Nach unten hin
bekümmerten sich der militairische Gouverneur und der juristische Alcalde
gar nicht weiter um das Volk, weil ihnen einestheils die Grenzen ihrer
Thätigkeit von Spanien aus zu eng gezogen waren und sie andererseits sich
in ihrem Verkehr mit den Bewohnern bis in die neueste Zeit hinein immer der
Mönche bedienen mussten. Diese aber suchten gegen die Angriffe von oben her
vor Allem ihre Gerechtsame, theils die persönlichen der Priester des
Dorfes, theils die des Mönchsordens, dem sie angehörten, zu
vertheidigen; während
sie gegen ihre Pfarrkinder
fast allein die doppelte Pflicht zu haben glaubten, sie in ihren Streitigkeiten
mit den weltlichen Behörden so viel als möglich zu schützen und
sie ausser in der Doctrin allenfalls noch im Schreiben und im Lesen der von der
Kirche gestatteten Bücher zu unterrichten. Auf der anderen Seite wurde es
nie einem Eingebornen gestattet, sich über die Classe der niedrigsten
Civilbeamten emporzuschwingen. Nur ungerne bedienten sich die Oberen der
Mönchsorden der einheimischen Priester, und es gehört zu den
seltensten Ausnahmen, wenn sich ein dem Clero secular angehörender Eingeborner bedeutenden Einfluss erringen konnte. Alle
höheren Beamtenstellen der Militär- wie Civil-Verwaltung wurden von
Spanien aus mit Spaniern besetzt. Häufig wurden zu Gouverneuren und den
höchsten Beamten der Colonie politisch missliebige Personen genommen, deren
sich die Regierung in Madrid zeitweilig entledigen wollte, häufiger noch sah man in
den Stellen Sinecuren, welche zur Belohnung treuer Diener geschaffen und
vertheilt wurden. Die Habsucht der Beamten förderte man, anstatt sie zu
hindern, indem man ihnen früher einen Antheil an dem Monopol des Handels
von Acapulco, später in den Provinzen die Erlaubniss gab, auf eigne
Rechnung Handel treiben zu dürfen. Diese Erlaubniss war für manche
Gouverneure gleichbedeutend mit dem Monopol des Handels in ihrer Provinz. So
spiegelt sich denn natürlich in dem Wechsel, welchen die spanische
Verwaltung des Landes im Laufe der Zeit erfahren hat, immer nur der Umschwung in
der öffentlichen Meinung des Mutterlandes wieder. Die spanischen
Revolutionen des neunzehnten Jahrhunderts blieben dagegen gänzlich ohne
Einfluss auf die Stimmung der Bewohner der Philippinen; wohl aber zeigt sich
überall, wenigstens im materiellen Leben derselben, ein mehr oder weniger
direkter Einfluss der Eroberer auf die unterworfenen Stämme. Wir wollen
einige der hervorragendsten Aeusserungen dieser Einwirkung hier näher
untersuchen.
Im ersten Anfang der Eroberung liess man die 3 Classen der malaiischen Periode
ziemlich unverändert bestehen. Doch vertauschte man die Namen, und als man
die für jene Gegenden sehr complicirte Zusammensetzung der
Localbehörden spanischer Städte einführte, musste nothwendiger
Weise auch eine allmälige Verschiebung in der socialen Stellung der
Bewohner erfolgen. Die
Sclaven wurden nun
tributzahlende Bauern, deren Name—sacop—an manchen Orten der
Visaya’s noch heutigen Tages unter den Christen gebräuchlich ist. Den
Freien oder den tao-marayao’s gab man gewisse untere Aemter im Dorfe, und
zugleich damit die Befreiung vom Tribute und die Vornehmen, die
reyezuelo’s mit ihren nächsten Verwandten oder die Datto’s
erhielten die höheren Stellen der localen Verwaltung. Noch heutigen Tages
werden die bagani’s unter den der Regierung unterworfenen Manobo’s
von Mindanao ausgezeichnet durch die Verleihung des Stockes, welcher ihre
Würde als “gobernadorcillo”—d. i. kleiner
Gouverneur—bezeichnet. Ursprünglich mochten wohl alle solche Aemter
im Dorfe—deren specielle Aufzählung hier unnöthig
erscheint—ausschliesslich erblich gewesen sein. Als nun hauptsächlich
durch die Pfarrer der Dörfer veranlasst, die Bewohner, statt sich von
einander zu trennen, wie früher üblich, nun sich immer mehr um ihren
geistlichen Anführer drängten, die Kinder der Mitglieder der
verschiedenen Classen bei ihren Eltern im Dorf blieben: da konnten nicht mehr
jene scharfen Grenzen eingehalten werden, welche anfänglich die Kasten von
einander trennten. Die Zahl der unter einem sogenannten “cabeza de
barangay”—Haupt eines barangay—vereinigten tributpflichtigen Bewohner nahm
rasch zu, so dass bald diese aus der Classe der Freien hervorgegangenen Beamten
45–50 Familien unter ihre Aufsicht bekamen, mehr als vorher der bagani
desselben Dorfes Unterthanen je gehabt hatte. Es waren diese cabeza’s de
barangay die früher erwähnten “taos-marayaos”. Ihre Frauen
und Erstgebornen waren vom Tribute befreit. Aber ihre übrigen Kinder
zahlten Tribut, und es traten diese dadurch unwillkührlich in eine tiefere
Classe, die der “Tributantes” zurück, welche ja aus derjenigen
der “sacopes” hervorgegangen war. So wurde die letztere Classe durch
die innige Verschmelzung mit den Söhnen der Freigelassenen etwas in ihrer
socialen Stellung gehoben, während diese von ihren früheren Vorrechten
einbüssten. Zugleich aber wurde das Amt, einem “barangay”
vorzustehen—ihr hauptsächlichstes Geschäft besteht in dem
Eintreiben der Tribute, für welche sie persönlich verantwortlich
sind—wenigstens in manchen Provinzen ein Wahlamt; so dass noch heutigen
Tages durch Erbschaftsrecht und durch Wahl ernannte cabezas de barangay
nebeneinander existiren. Und ebenso wurden die
“gobernadorcillos”, ursprünglich gewiss erbliche Aemter, nun
mit den übrigen, die sogenannte “principalia”—d. h.
Aristokratie—des Dorfes bildenden Beamten, den Tenientes, alguaziles,
jueces etc., Ehrenämter, zu deren Besetzung alljährlich eine Wahl
vorgenommen wird. Der hierbei beobachtete Wahlmodus ist kurz folgender. Der
abtretende Gobernadorcillo und 12 durch das Loos bestimmte Einwohner, welche zur
Hälfte der Zahl der abgetretenen “gobernadorcillos” und
“cabezas”, zur Hälfte derjenigen der activen
“cabezas” entnommen werden, sind die Wähler, welche nun aus
ihrer Mitte nach absoluter Majorität den neuen Beamten zu wählen
haben. Obgleich von den Priestern ein directer Einfluss bei diesen Wahlen
ebensowenig, wie den Gouverneuren der Provinzen gestattet war, so musste es doch
dem im Dorfe selbst lebenden und mit allen Heimlichkeiten des Familienlebens
seiner Pfarrkinder wohl vertrauten Pfarrer ein Leichtes werden, auch bei diesen
Wahlen einen weitgehenden Einfluss zu erringen; während der militairische
Gouverneur oder der Alcalde selten nur in persönliche Beziehungen zu ihren
Untergebenen treten und auf sie einwirken konnten. So musste natürlich der
locale Einfluss der Priester ein sehr viel grösserer sein, und dies um so
mehr, als sie fast ausschliesslich im Besitze des Dialectes der Provinz waren,
die Gouverneure dagegen sich der Dollmetscher bedienen mussten, selbst im
Verkehre mit den Gobernadorcillos, welche trotz der Einführung der
spanischen Sprache als Amtssprache doch nur selten des Spanischen mächtig
waren. Vielleicht mögen sogar die Priester, in richtiger Erkenntniss ihrer
Stellung, die Ausbreitung ihrer Muttersprache absichtlich so viel als
möglich verhindert haben.
Wenngleich nun auf diese Weise, und dann vor Allem durch die noch näher zu
besprechende Mischlingsrace der Mestizen, eine nicht unbedeutende
Veränderung in der socialen Ordnung der Bewohner einzelner Dörfer
hervorgebracht wurde, so blieb doch das einheimische Clanwesen im Wesentlichen
unverändert. Noch heutigen Tages gelten im Verkehr der Bewohner
untereinander eine Menge alter aus der heidnischen Epoche überkommener
Gebräuche—unter denen wir hier nur die Sitte hervorheben wollen, dass
der Mann, um sich seine Frau zu erwerben, eine Zeitlang der
Familie seiner Geliebten Dienste thun muss. Vor Allem aber blieb das
Verhältniss der einzelnen Ortschaften zu einander gänzlich
unverändert. Kein gemeinsames Band der Selbstverwaltung oder gleichartiger
politischer Interessen vereinigte sie untereinander und wenn sie dem
überkommenen Hass gegeneinander nicht mehr, wie früher unter der
Herrschaft der baganis, durch Kriege Ausdruck zu geben versuchten, so hielt sie
davon gewiss nicht Friedensliebe oder das Gefühl der Stammesverwandtschaft
zurück, sondern nur ihre Feigheit und die Ueberzeugung, dass hinter den zum
Frieden ermahnenden Pfarrern schliesslich doch die gefürchtete Macht der
spanischen Waffen stand. Wo die Dörfer sich dem Arme der höchsten
Autorität entrückt wähnten, wurde das alte Spiel des kleinen
Krieges fortgeführt. So haben die Bewohner der beiden auf der Insel Siargao
bei Surigao liegenden Dörfer Dapa und Cabuntug noch in der Mitte dieses
Jahrhunderts offene Fehde miteinander geführt und noch heutigen Tages
besuchen sie sich gegenseitig nur ungerne, weil sie Vergiftung durch ihre alten
Feinde fürchten. Nur im Norden Luzon’s und auf den Visaya’s
etwa in jenen Provinzen, in denen eine starke Mestizenbevölkerung gefunden
wird, wie in Iloilo, hat sich ein gewisser Provinz-Patriotismus ausgebildet, der
in den früher nicht seltenen Reibereien zwischen den aus verschiedenen
Provinzen genommenen Soldaten eines Regimentes seinen Ausdruck fand. Keine
gemeinsamen politischen Volksinteressen verbinden die Colonie mit dem, nur
uneigentlich sogenannten Mutterlande.
Ebensowenig wie in der politischen Sphäre hat der christliche Spanier sonst
in geistiger Beziehung grossen Einfluss auf den Charakter der Bewohner zu
gewinnen gewusst. Der Volksunterricht lag von jeher und liegt auch jetzt noch,
in den Provinzen sowohl wie in der Metropole, gänzlich in den Händen
der Priester. Mit Ausnahme der Professoren für Völkerrecht und
römisches Recht sind alle Lehrstühle der Universität von Santo
Tomas in Manila in Händen der Priester, welche natürlich nicht blos
die theologischen Vorträge, sondern auch die über Metaphysik, Physik
und Logik nach den Grundsätzen der katholischen Kirche einrichten
müssen. In den Provinzen hat jedes Dorf allerdings seine öffentliche
Schule, in welcher der Unterricht obligatorisch ist; aber ausser Lesen und
Schreiben wird hier nur noch
geistlicher Gesang und
die christliche Doctrin gelehrt. Dieser Unterricht aber geschieht noch lange
nicht überall in spanischer Sprache; wenigstens ist die allgemeine
Einführung derselben als Schulsprache noch so neuen Datum’s, dass es
noch lange dauern mag, bis sich überall der spanische Beamte selbst mit
seinen nächsten Untergebenen wird in Spanisch unterhalten können. An
der Ostküste Mindanao’s, einer der ältesten und ergebensten
Provinzen, wurde noch vor 40–50 Jahren nur der einheimische Dialect
gesprochen, und die Priester bedienten sich hier sogar, wie man sagt, in ihrem
officiellen Verkehr bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts hinein der alten
malaiischen Buchstaben. Die Zahl derjenigen Eingebornen—die Spanier nennen
sie immer Indier—welche lesen und schreiben können, soll ziemlich
gross sein; aber bei der vollständigen Unzuverlässigkeit aller
statistischen Angaben lässt sich hierüber nichts Sicheres behaupten.
Im Jahre 1863 versuchte die spanische Regierung eine allgemeine Zählung der
Kopfzahl mit Umgehung des bisher üblichen Systems der Tributzählung
vorzunehmen, wobei auch angegeben werden sollte, wie viele des Lesens und
Schreibens kundig wären. Das Factum, dass die Regierung niemals die
Resultate dieser Zählung veröffentlichte, scheint für die damals
oft gehörte Meinung zu sprechen, dass die ungeheuerlichsten Resultate
herauskommen würden. Die überraschende Leichtigkeit endlich, mit
welcher sich das Christenthum gleich im Anfang der Eroberung über die
Inseln ausbreitete, lässt erwarten, dass es nur wie ein passendes Gewand
die alten religiösen Gebräuche deckte, und sich theilweise wohl gar mit ihnen
amalgamirte. Ehrliche Mönche hört man noch jetzt darüber klagen,
dass dieselben Menschen heute in die Kirche gehen, um zu ihrem christlichen
Gotte zu beten und morgen ihrem heidnischen Götzen, dem Diuata oder dem
Anito bei der Aussaat oder der Erndte ihre Opfer bringen. An einzelnen Orten
scheint sogar ein Rückfall in die alten heidnischen Zeiten stattgefunden zu
haben. Es existirt in dem Archiv des Gouvernements von Cayan, Provinz Lepanto,
im Nordwesten von Luzon, ein Document, aus welchem, wenn es überhaupt echt
ist, hervorgeht, dass die Bewohner des Districts vor dem Jahre 1700 bereits zum
grössten Theil Christen gewesen sind. Jetzt sind sie alle wieder Heiden. In
der reichen Familie des Ygorroten Lacampa wird
derTitel
der Titel
“Maestre de Campo”
geführt,
welcher einem ihrer christlichen Vorfahren im Anfang des 18. Jahrhunderts
gegeben wurde; jetzt ist die ganze Familie heidnisch.
So scheint weder in politischer noch religiöser Beziehung ein tiefer
geistiger Zusammenhang zwischen den Eingebornen und ihren Herren aus Spanien
hergestellt zu sein. Sie beugten sich willig vor der fremden starken Macht,
deren staatliche Organisation ihnen aufgedrungen wurde; und die dennoch
vorhandene grosse Sympathie zwischen den Eroberern und den Unterjochten beruht
auf der absichtlich oder unabsichtlich geübten Schonung der lokalen
Eigenthümlichkeiten, der Leichtigkeit, mit welcher sich der katholische
Cultus dem bestehenden Glauben anpassen liess, dem regen persönlichen
Verkehr zwischen ihnen und wohl vor Allem auf der allmäligen Entwickelung
eines sicheren und jedem Einzelnen greifbare Vortheile gewährenden Handels.
Die Entwickelungsgeschichte des philippinischen commerciellen Verkehr’s ist
in mehr als einer Beziehung interessant und lehrreich.
Schon bei der Ankunft der Spanier im 16. Jahrhundert scheinen die Bewohner der
Inseln einen ziemlich lebhaften Handel, namentlich mit China, getrieben zu haben. Ausser den
gewöhnlichsten Producten chinesischer Industrie waren es besonders Seide
und die noch heutigen Tages in Borneo so beliebten grossen irdenen Gefässe,
welche sie im Tausch gegen Reis, Gold und Trepang erhielten. Leider fehlen alle
bestimmteren Angaben über diesen Verkehr, so dass nicht zu sagen ist, wie
weit sich derselbe erstreckt haben mag; doch lässt sich aus der ungemein
raschen Entwickelung des Verkehrs und Handels in Manila in den ersten 10 Jahren
von Legaspi’s Ankunft an wohl schliessen, dass auch schon früher
wenigstens nach China und Japan hin ein bedeutender Handel stattgefunden haben
muss. Einer der ältesten philippinischen Historiographen, der P. Chirino,
welcher seine Geschichte der philippinischen Inseln 1604 in Rom herausgab, war
voll der Bewunderung über die von allen Seiten nach Manila
herbeiströmenden Nationen des Ostens. Die Chinesen brachten nun, um das
Silber der Spanier, die “Reales de à quatro, i de a ocho” zu
erhalten, ihre Seidenzeuge und Gefässe; zahlreiche gewerbtreibende
Männer kamen hinüber und arbeiteten für so geringen Lohn, dass
damals z. B. die von chinesischen Schustern gemachten Stiefel
nur 2 Realen = 1 Gulden kosteten und ihrer Billigkeit wegen als
Handelsartikel nach Mexiko geführt wurden. Von Indien, Malacca, den
Molucken erhielten die Manilesen männliche und weibliche Sclaven, die sich
trefflich zu allen häuslichen Geschäften brauchen liessen, ferner die
Gewürze, kostbare Steine, Elfenbein, Teppiche und Perlen. Japan endlich
sandte Mehl, Weizen, Silber, Metalle, Salpeter und Waffen “und viele
andere Merkwürdigkeiten: was Alles den Menschen das Bewohnen dieses Landes
bequem und begehrenswerth gemacht hat und noch macht: und in der That ist es ein
anderes Tirus gleich dem von Ezechiel so gepriesenen.”
Dieser Ausspruch des glaubwürdigen Jesuiten zeigt wohl besser als eine lange
Aufzählung die Bedeutung, welche schon im Jahre 1604, also nur 33 Jahre
nach der Landung Legaspi’s in Cebú, der Handel von Manila für
den Gesammtverkehr der Nationen gewonnen hatte. Noch waren China so wenig wie
Japan mit den Völkern des Westens in direkte Verbindung getreten. Der
portugiesischen Eroberung von Malacca und den Molucken waren beständige
Unruhen und Kriege, keine den Handel ermunternde Periode der Ruhe gefolgt. Im
Jahre 1611 erst langte der erste holländische Gouverneur in Bantam an, von
wo aus seit 1602 ein ziemlich lebhafter Handel mit den Engländern in Achin
eröffnet worden war. Dagegen hatte Manila schon seit 1512 fast
völliger Ruhe genossen—mit einziger Ausnahme des Ueberfalls durch den
chinesischen Piraten Limahon. Der schöne, gegen den Nord-Ost-Monsun
vollständig geschützte Hafen, die günstige Lage gegenüber
China, Japan und den hinterindischen Inseln und vor Allem die direkten, durch
die sogenannte Nao oder die Silberflotte vermittelten Beziehungen zu Neu-Spanien
machten die Hauptstadt der Philippinen rasch zu dem Ausfuhrhafen jener
östlichen Länder. Nur äusserst gering war der ursprüngliche
Antheil, welchen die Provinzen von Luzon oder der Visaya’s an jenem Handel
nahmen. So war Manila fast bis in den Anfang unseres Jahrhunderts hinein ein
Stapelplatz für die östlichen Producte, welche hier gegen das von
Mexiko eingeführte Silber eingetauscht wurden.
Schon die ersten Expeditionen, welche Carl V. ausgesendet hatte, fassten auch den
Handel mit den neu zu entdeckenden Ländern in’s Auge; wie sie selbst
ja ursprünglich aus dem Wunsche
entsprungen
waren, die kostbaren Producte der Gewürzinseln, welche bis dahin nur auf
dem Wege über Indien und Arabien ihren Weg nach Europa gefunden hatten, auf
direktem Weg nach Spanien zu bringen und dadurch den Handel mit diesen zu
monopolisiren. Alle höheren Officiere dieser Expeditionen hatten einen
gewissen Antheil an der Befrachtung des Schiffes, und ebenso wurde ihnen eine
bestimmte Tantième von dem Gewinn des Handels zugesichert, zu welchem die
Regierung das ausschliessliche Recht zu haben glaubte. Was vielleicht
ursprünglich nur eine vom Könige ergebenen Dienern geschenkte Gunst
war, wurde nun bald ein Recht der Einzelnen, und so entstand allmälig die
Form des Handelsverkehrs, wie er bis zum Jahre 1733 durch die Nao von Acapulco
vermittelt wurde. Aller socialer Verkehr zwischen den Philippinen und Spanien
fand, der durch die Demarcations-Linie gezogenen Richtung folgend, bis dahin
über Acapulco statt, und alle Civilbeamten wie Soldaten und Priester,
welche von hier aus mit der Nao alljährlich im Januar sich nach Manila hin
einschifften, hatten ihren durch besondere Gesetze bestimmten Antheil an der
Befrachtung des Schiffes, welches gewöhnlich im Juli Manila verliess. Der
Gehalt dieser Schiffe war durchschnittlich 1200–1500 Tonnen. Die Regierung
befrachtete wohl immer den grössten Theil des Schiffes; was sie übrig
liess, wurde in Theile getheilt, welche den Beamten, den in Manila
ansässigen Wittwen derselben und den Clerigo’s, d. h. den
Weltgeistlichen gegeben wurden mit dem Rechte, ihren Theil frei von Kosten zu
laden. Da aber diese Leute selten nur im Besitze hinreichender Capitalien waren,
um auf eigene Rechnung Handel treiben zu können, so verkauften sie die
Scheine, die sogenannten “boleta’s”, an die eigentlichen in
Manila ansässigen Kaufleute oder Gesellschaften um einen mitunter recht
hohen Preis. Die von Acapulco zurückkehrende Nao brachte dann ausser dem
durchschnittlich etwa 2 Millionen Dollars betragenden Baarvorrath den Soldaten
und Priestern noch Cochenille, Weine und Süssigkeiten aus Spanien. Fast das
ganze 17. Jahrhundert hindurch scheint der Handel in dieser Weise geführt
worden zu sein. Zu den natürlichen Schwierigkeiten eines solchen Systemes
kam nun bald auch die Rivalität von Cadix und Sevilla, deren Ausfuhr
europäischer Industrieproducte nach America hin sehr durch die Concurrenz
mit
den chinesischen Seidenzeugen und Baumwollenwaaren
vermindert worden war. Drückende Bestimmungen hinderten noch mehr die
Entwickelung des Handels von Manila, als es so schon der Zwang that, alle
Speculationen auf eine Karte, die glückliche Fahrt der Nao von Acapulco zu
setzen. Bald auch drängte die zunehmende Wichtigkeit des holländischen
und englischen Handels zum Aufsuchen eines direkteren Weges, besonders, weil
allmälig auch die Landesproducte namentlich Zucker, Indigo und Baumwolle zu
Ausfuhrartikeln wurden: und so entstand im Jahre 1733 die Real Compañia de Filipinas,
welche das Privilegium des Handels zwischen Spanien, den östlich vom Cap
der guten Hoffnung liegenden Ländern und Manila auf 25 Jahre erhielt. Das
Capital dieser Gesellschaft, welcher der Handel mit Amerika untersagt war,
betrug 4 Millionen Dollars. Als dann 1785 die Gesellschaft von Caracas ihr Ende
erreichte durch Erlöschen ihres Monopoles wurden diese und die
philippinische Gesellschaft unter dem alten Namen “Real Compañia de
Filipinas” vereinigt, welche nun einen mehr und mehr zunehmenden direkten
Handel nach Spanien mit einem Capital von 8 Millionen Dollars trieb. Auch ihr
blieb der Handel nach Acapulco untersagt. Das 1788 von Manila auslaufende Schiff
“La Concepcion” hatte ausser chinesischen Stoffen Indigo, Baumwolle
und Sibucao an Bord, 1789 wurden in drei Schiffen von Landesproducten
ausgeführt: Indigo 45,825 lbs., Sibucao 3550 lbs., Baumwolle 29 Ballen,
Zucker 1200 lbs., Perlmutterschalen 12,740 lbs., Wachs 1000 lbs. und einige
andere Sachen mehr. Mehr und mehr gerieth nun der Handel von Acapulco in
Verfall. Ohne ganz mit den alten Traditionen der monopolisirenden
Schutzzollpolitik zu brechen, sah sich doch im Anfang dieses Jahrhunderts die
spanische Regierung genöthigt, sowohl den Fremden Theilnahme am Handel der
Compania de Filipinas zu gestatten, als den Hafen von Manila den fremden
Schiffen zu öffnen. Schon 1789 war nichtspanischen Schiffen der Import
europäischer Waaren für einen Zeitraum von 3 Jahren gestattet worden.
1809 wurde das erste englische Haus in Manila etablirt, 1814 das
Niederlassungsrecht allen Fremden gegeben. Und als nun endlich durch die
Abtrennung der amerikanischen Besitzungen vom Mutterlande der Handel von
Acapulco seinen Todesstoss erhielt, zugleich aber auch die Menge der neuen
englischen Häfen an der östlich-asiatischen
Küste von Singapore nach Shanghai hinauf geöffnet wurden, welche den
Verkehr zwischen den zwei grössten handeltreibenden Nationen der Erde
direkt vermittelten; da verlor Manila seine Anziehungskraft als Stapelplatz
für die asiatischen Waaren gänzlich. Was in früheren Zeiten
vielleicht für die ganze Colonie ein grosses Unglück gewesen
wäre, konnte jetzt nur segensreiche Erfolge haben; denn nun wurde die
hauptsächlich von den Fremden entwickelte Energie im Handel der
nächste Anlass zur raschen Ausbildung der natürlichen in dem
überreichen Boden dieser Inseln liegenden Hülfsquellen des Landes
selbst. Auch fanden sich die Bewohner der Provinzen zur Steigerung ihrer
Thätigkeit hinreichend vorbereitet. Langes Zusammenleben mit den
Europäern, mit denen sie sich theilweise zu Mischlingsracen verbunden
hatten, und der allerdings oft unterbrochene Verkehr mit den Chinesen, diesen
Engländern des Ostens, hatte den Eingebornen allmälig grössere
Bedürfnisse eingeimpft, als sie im Anfang gehabt hatten. Der grosse Luxus
im Bau der europäischen Häuser, die Pracht, welche die einzelnen
Dorfschaften bei ihren festlichen Aufzügen und in der Kirche zu entfalten
suchten, die immer mehr zunehmende Neigung zu prächtigen Gewändern und
glänzendem Schmuck—alle diese und noch manche andere Ursachen
steigerten die Bedürfnisse der Bewohner und erhöhten allmälig
auch wohl ihre Arbeitskraft. Auf der andern Seite hatten von jeher die Regierung
oder vielmehr die einzelnen Beamten des Landes die Thätigkeit ihrer
Untergebenen künstlich zu erhöhen versucht. Ein jeder tributpflichtige
männliche Bewohner wurde gezwungen, alljährlich 40 Tage im Dienste der
Regierung zu opfern; es wurden diese sogenannten “polistas” zum Bau
der öffentlichen Strassen und Brücken, der Tribunale und andern
Regierungsgebäude verwendet. Der Bau des Tabacks und Handel mit demselben,
ursprünglich gänzlich frei, wurde 1782 Monopol der Regierung, die die
Anpflanzung desselben in einigen Provinzen untersagte, in anderen dagegen mit
solchem Eifer betrieb, dass den Bewohnern dieser Provinzen fast zu gar keiner
anderen Beschäftigung mehr Zeit blieb. Trotz des scheinbar Gehässigen
solcher Zwangsmassregeln haben doch diese Tabacksprovinzen sich zu grossem
Reichthum emporgeschwungen, der sich namentlich in ihren oft mit
europäischem Luxus ausgestatteten Tribunalen zu erkennen
gibt. Bis vor nicht gar langer Zeit war es noch den Gouverneuren und den
Alcalden der Provinzen gestattet, Handel zu treiben. Wenn auch diese Erlaubniss,
verbunden mit der politischen Macht, welche in ihre Hände gelegt war, sie
häufig zu weitgetriebenem Missbrauch der Arbeit der Eingebornen verleitet
haben mag; so kann doch wohl kaum der Nachtheil den nothwendig damit verbundenen
Vortheil überwogen haben. Gegen allzu starke und allzu lang fortgesetzte
Bedrückung standen den Eingebornen immer die Priester als Widersacher jener
Beamten zur Seite. Ohne das persönliche Interesse aber, welches den
Gouverneuren durch den zu erwartenden Profit an der Entwickelung des Ackerbaues
und des Handels gegeben war, würden sie sich schwerlich viel um die private
Thätigkeit der Einwohner gekümmert haben; ja es ist anzunehmen, dass
sie Alles gethan haben würden, um die Priester in ihren commerciellen
Unternehmungen zu hindern, wodurch sie dann indirekt auch wieder die mit den
Mönchen in Verbindung stehenden Bewohner mehr oder minder geschädigt
hätten. Die durch die politische Stellung der Mönche und der Beamten
leicht erzeugte Uneinigkeit endigte nun auf dem commerciellen Gebiete
häufig in einem Compromiss, aus welchem beiden Theilen ein sicherer
Verdienst erwuchs, während andererseits die Bewohner von der geistlichen
wie weltlichen Localbehörde zu immer grösserer Thätigkeit
angespornt wurden. Es war also wenigstens im Anfang der Occupation diese den
Lehnsherren zuerst und nachher den Gouverneuren gegebene Erlaubniss sicherlich
ein wichtiges Mittel zur Vermehrung des nationalen Reichthums. Als nun endlich
bei mehr und mehr zunehmender christlicher Bevölkerung das freie und zum
Ackerbau vorwiegend günstige Land der Ebenen
uud
und
Thäler immer seltener wurde und zugleich der Werth des schon in
Besitz genommenen Landes immer höher stieg, konnten nun die Eingebornen
nicht mehr das frühere, wie es scheint, allgemein übliche System der
“cainines” anwenden; vielmehr mussten sie nun das alljährlich
mit Reis bepflanzte Feld besser bearbeiten, als es bei jenem System nöthig
gewesen war, oder bei der Ausnutzung ihrer Zuckerplantagen europäische
Maschinen einführen, um durch gesteigerten Verdienst den wachsenden
Lebensbedürfnissen genügen zu können. Nun kam die mächtige
Anregung, welche durch die Einwanderung nichtspanischer
Europäer gegeben wurde, nicht mehr unzeitgemäss. Dass es in der That
wohl zum grössten Theil der Einfluss der Kaufleute angelsächsischer
Race war, welchem das rasche Wachsen der Ausfuhr einheimischer Producte zu
verdanken ist, geht unwiderleglich aus folgenden Zahlen hervor. Im Jahre 1810,
also ein Jahr nach Etablirung des ersten englischen Hauses, betrug die Ausfuhr
nur 500,000 Dollars, die Einfuhr dagegen 900,000 Dollars. Im Jahre 1841 betrug
der Gesammtumsatz über 5½ Millionen Dollars und in demselben Jahre
schon hatten englische und amerikanische Häuser mehr als 55 Prozent des
Handels in Händen. In diesem Jahr überstieg die Ausfuhr die Einfuhr
schon um nahe 1½ Millionen Dollars. 1863 betrug der Gesammthandel schon
mehr als 16 Millionen Dollars, der Export fast 9 Millionen. Jetzt ist die Zeit
eines gesunden Handels gekommen. Zwar mögen immer noch monopolistische
Neigungen oder schutzzöllnerische Vorurtheile der Spanier dem fremden d. h.
nicht spanischen Handel allerlei Hindernisse in den Weg zu legen versuchen, und
so den Verkehr auf einer niedrigeren Stufe erhalten, als vielleicht nach den im
Boden vergrabenen Reichthümern des Landes zu erwarten wäre. Aber es
sind doch endlich die Philippinen ganz und voll in die Reihe der producirenden
und damit auch consumirenden Länder getreten. Nun erscheinen
Manila—und mit ihr die anderen seit einigen Jahren geöffneten
Häfen—nicht mehr als Entrepotplätze für einen nur durch
zufällige Umstände oder künstlich dem Handel aufgedrängte
Richtungen hervorgerufenen Austausch der Waaren fremder Nationen; sondern als
die natürlichen Ausfuhrhäfen eines von der Natur auf’s Reichste
ausgestatteten Landes.
Aber es würde das Bild, welches wir so von dem Einfluss der Spanier und der
modernen Zeit zu entwerfen gesucht haben, wesentlich unvollständig bleiben,
ja vielleicht sogar seines auffallendsten Lichtes—oder
Schattens?—entbehren, wollten wir hier nicht auch noch einer Einwirkung
gedenken, bei welcher sich geistige wie materielle Momente vereinigten, um ein
gemeinsames Resultat zu erzielen. Wir meinen die theils durch die Spanier,
theils durch die Chinesen hervorgebrachten Mischlingsracen. Schon in den ersten
Jahren der Occupation fanden Heirathen zwischen Spaniern und Frauen von
Cebú und Manila statt. Zahlreiche Beamte—Soldaten wie
Civilbeamte—liessen sich im
Laufe der Jahre
hauptsächlich in Manila nieder. Durch ihre Heirathen untereinander und mit
den Eingebornen entstand theils die Classe der sogenannten Hijo’s del
Pais, den von 2 ganz spanischen Eltern stammenden Kindern ungemischten Blutes,
und die eigentlichen Mestizen, in deren Gesichtszügen die meist tagalische
Mutter immer einige Spuren ihrer Race zurückliess. Zahlreicher aber und an
manchen Orten auch durch ihre grosse Strebsamkeit wichtiger sind die aus der
Vermischung der Malaien und Chinesen hervorgegangenen Mischlinge, die
sogenannten Mestizos de Sangley, welche unter dem Einflusse der aus Europa
eingeführten Cultur und angetrieben durch die ihnen von väterlicher
Seite her mitgegebene Rührigkeit bald einen Einfluss im commerciellen
Verkehr des Landes erlangten, der dem der spanischen Mestizen gewiss völlig
gleichsteht. Leider ist aus den alljährlich in Manila publicirten
Zählungen nicht zu sehen, wie viele spanische Mestizen dort leben, und
ebenso leidet gewiss auch jede Angabe über die Menge der chinesischen
Mestizen an demselben Mangel, wie er überhaupt dem dort geübten System
der Zählung nach Tributos anklebt. Nach dem in der “Guia de
forasteros” für 1864 publicirten Census würden sich in den 3
Provinzen Manila, Cavite und Pampanga fast 45,000 chinesische Mestizen befinden,
gegen eine einheimische Bevölkerung von etwa 226,000 tributpflichtigen
Individuen. Es lässt sich hieraus schon der grosse Einfluss entnehmen, den
jene thätige und intelligente Race auf den Verkehr sowohl wie auf den Geist
des Volkes üben muss; noch bezeichnender aber ist in der ersten Richtung
wohl das Factum, dass das grösste Bankgeschäft in Manila, das Haus
Tuason, einen Chinesen zum Begründer hatte und auch bis jetzt immer in den
Händen seiner Kinder und Kindeskinder geblieben ist, die er mit einer
Tagalin oder Mestizin erzeugt hatte. Alle diese Mischlinge zeichnet aber nicht
blos die grössere körperliche Rührigkeit, das Bedürfniss
nach Ansammlung von Reichthum, grössere und edlere Genussfähigkeit
aus, als sie den rein malaiischen indolenten Eingebornen eigen zu sein pflegen;
sondern auch in intellectueller Beziehung stehen sie weit über ihnen. Es
dürfte schwer sein, in dieser Classe Individuen zu finden, welche nicht des
Lesens und Schreibens kundig wären. Das ihnen innewohnende Bedürfniss
nach höherer geistiger Ausbildung spricht sich in den von Tag zu Tag
sich mehrenden Reisen nach Europa aus, wohin selbst
häufig schon die Kinder in zartem Alter geschickt werden, um sich so viel
als möglich europäische Sprachen und Bildung anzueignen. Neben dem,
für den Reisenden wohlthuenden Gefühl höherer Selbstachtung, als
sie die Tagalen oder Visaya’s zur Schau tragen, hat sich endlich auch bei
ihnen das Bewusstsein, einem Stamme anzugehören, entwickelt, so dass eine
schwache Spur politischen Lebens—soweit solches überhaupt in dieser
ganz von Spanien aus regierten Colonie möglich ist—sich wenigstens in
dem Interesse ausspricht, mit welchem die intelligenteren Mestizen des Landes an
der Ausbildung mancher gemeinnütziger Institutionen des Landes und ganz
besonders der Hauptstadt theilnehmen. Ja, es scheint, als ob das Bedürfniss
nach grösserer politischer Selbständigkeit und nach Selbstregierung,
das offenbar in der Classe der Mestizen stark verbreitet ist, vielleicht mit der
Empörung des Militairs im Jahre 1823 zusammenhing. Die militärischen
Leiter der Erhebung des 2. Juni waren 2 in Manila geborne Offiziere niedrigen
Grades. 4 Monate früher schon hatte die Regierung Nachricht erhalten von
einer Verschwörung und in Folge der Untersuchung eine Anzahl in Manila
geborener Spanier sowie einige hervorragende Mestizen als Gefangene nach Spanien
geschickt. Unter letzteren befand sich D. Domingo Rojas, ein Mann, dessen
Familie noch heute in Manila und in den tagalischen Provinzen durch Talente und
grosse Reichthümer ausgezeichnet dasteht und grossen Einfluss besitzt. Bei
dem in Spanien sowohl von der Regierung wie von den einzelnen Männern seit
jeher geübten System der Verheimlichung und Verschönerung darf es
nicht Wunder nehmen, wenn in den Erzählungen über diese und
ähnliche Vorfälle, wie sie spanische Autoren enthalten, Alles
verschwiegen wird, was der Regierung oder der spanischen Nation etwa zum
Nachtheil ausgelegt werden könnte. Es geht denn auch in Manila selbst nur
ein dumpfes Gerücht von der Betheiligung der Mestizen an jener Revolution;
und nur selten deuten unbedachte Aeusserungen eines mit den dortigen
Verhältnissen vertrauten Mannes an, dass die stärksten Widersacher des
spanischen Regiments die Mestizen sind und die “Hijos del pais”.
Für einen Spanier, dessen Wunsch vor Allem ist, die Colonie dem Mutterlande
wie eine zu melkende Kuh zu bewahren, mögen
wohl
die Mestizen als gefährliche, oder wenigstens nicht zu missachtende Gegner
erscheinen. Dennoch ruht auf ihnen die Hoffnung des Landes. Eine Einwanderung
zahlreicher Europäer, die das Land—wie es die Engländer in
Neu-Seeland und Australien gethan haben—in ein europäisches
verwandeln würde, ist vorläufig wenigstens undenkbar. Der
europäische Ackerbauer würde hier den Kampf um’s Dasein nicht
durchfechten können. Der reine Malaie lebt aber heute noch fast ebenso, wie
früher, ohne Bewusstsein erhöhter persönlicher Würde, ohne
Interesse an dem gemeinsamen Geschicke des Landes. Sollte ein unglücklicher
Umstand dem Lande die politische Freiheit geben und die Macht zerstören,
welche allein durch Jahrhunderte hindurch im Stand war, die Bewohner zur Annahme
höherer Cultur zu zwingen, so würde trotz des Christenthums und der
Pfaffen und trotz der Sympathie zwischen Spaniern und Malaien augenblicklich ein
Zerfall in das alte Clan-Wesen eintreten, das ja noch bis auf den heutigen Tag
in der bürgerlichen Ordnung fortlebt. Dies könnte nur die
kräftige Hand eines neuen Besitzers und Herrschers verhüten. Und es
liegt in der Natur des Entwickelungsganges unserer Zeit begründet, dass
dann an jene Mestizenrace die Aufgabe heranträte, dem Untergang des
blühenden und zu noch grösserer Blüthe berufenen Gemeinwesens mit
kräftiger Hand zu steuern. Hoffen wir, dass ein solches Experiment dem
Lande nicht bevorstehen möge in Folge des Kampfes, der sich jetzt abermals
zwischen den Parteien Spanien’s erhoben hat.
Anmerkungen.
I. Skizze.—Vulcane.
Anmerkung 1. In Bezug auf diesen, sowie
die philippinischen Vulcane überhaupt herrscht in den Handbüchern
und Atlanten noch bedeutende Unsicherheit. Ich will versuchen, diese durch
eine Zusammenstellung der Angaben früherer Autoren und meiner eigenen
Beobachtungen zu zerstreuen, soweit dies überhaupt möglich ist.
Ich beginne mit den Vulcanen von Mindanao. Derjenige, über dessen
Vorhandensein und Lage sich gar kein Zweifel erheben kann, ist der Vulcan
von Serangani, welcher auf der am Meisten nach
Süden hin vorspringenden Halbinsel gleichen Namens liegt in 5°
45′ N. Br. nach der Karte von Morata. Die erste geographische
Bestimmung ist allerdings durch den P. Murillo geliefert (1749), er gibt auf
der von D. Nicolas de la Cruz Bagay gestochenen Karte—die ich im
Original besitze—die Lage desselben ziemlich genau an, aber keinen Namen. Berghaus sagt (Geo-hydrograph. Memoir
von den Philippinen 1832 pag. 62), dass dieser Vulcan Sanguili heisse, ich
weiss nicht, ob bloss auf die Autorität von L. v. Buch gestützt
(Canarische Inseln p. 376), den er dabei citirt, oder weil er in dem
Nachdruck der Murillo’schen Karte, deren Original er selbst nicht
gesehen (l. c. pag. 2), jenen Namen bemerkt hat. War das Letztere der Fall,
so muss von Moritz Lawitz, welcher die Copie der Karte 1760 bei
Homann’s Erben in Nürnberg herausgab, der Name
“Sanguili” nach eigenen Quellenstudien hinzugefügt sein;
denn er findet sich nicht im Original. Auf dieser Karte ist nur der einzige
Vulcan von Serangani angegeben, die beiden andern fehlen. Die einzige Stelle
in dem Werke des P. Murillo, welche sich auf den Vulcan Sanguil bezieht,
findet sich pag. 124, wo er sagt: “En Sanguil,
que esta en la parte meridional de Mindanao, hay un Vulcan, de que los
Mindanaos sacaban azufre para hacer polvora”. Nach der Karte nun diese
Stelle zu deuten, also den im Text angegebenen Namen auf den in der Karte
gezeichneten Vulcan zu beziehen,
war damals wohl
natürlich, aber doch wurde damit wohl ein Irrthum begangen. Ich
schliesse nemlich aus der Bemerkung, dass die Mindanaos aus jenem Vulcan
Schwefel holten, um Pulver zu machen, dass von P. Murillo nicht der
Serangani, sondern der Vulcan von Pollok gemeint war, denn die Bewohner von
Serangani werden nie als Mindanaos, sondern immer
nur als Moros von Buhayen (Buajan, Bayan etc.)
bezeichnet. Vor Allem aber bestärkt mich in dieser Meinung die
Ueberzeugung, dass die Quelle, aus welcher wahrscheinlich wohl der Jesuit
Murillo 1749 geschöpft hat, das Werk des dem gleichen Orden
angehörenden P. Combes (Historia de las Islas de Mindanao, Jolo etc.,
Madrid 1667) war. Diesem war keine Karte beigegeben. Aber im Texte spricht
er ganz deutlich von 2 verschiedenen Vulcanen. Er sagt pag. 8: “El
antiguo de Sangil, jurisdiccion del Mindanao”
und etwas weiter ebenda: “Otro (vulcan) manifesto el horrendo estrago,
que con pauor y miedo de todo este Archipielago hizo una montana, en la jurisdiccion del Rey de Buhayen”. Diese Stelle
ist beweisend. Murillo hat also das Versehen gemacht, im Text nur von dem
bei Mindanao d. h. bei dem jetzigen Pollok liegenden
Vulcan zu sprechen, welcher auf der Karte ausgelassen wurde; und er hat
ferner die Geschichte des Ausbruchs vom Januar 1640 (nach Combes) oder 1641
(nach Murillo), die wegen der Gefahr, in welcher sich während desselben
ein nach Ternate segelndes spanisches Geschwader befand, für die
Spanier besonderes Interesse hatte, fälschlich auf den Sanguil bezogen,
während Combes ausdrücklich erwähnt, dass es der Vulcan im
Gebiete des Königs von Buhayen gewesen sei. Der
P. Chirino in seiner 1604 erschienenen Historia de Philipinas erwähnt
die Vulcane gar nicht; das Werk des Oidor Morga (1609) habe ich bis jetzt
noch nicht einsehen können. Alle späteren spanischen Autoren haben
von Combes oder Murillo einfach abgeschrieben und nur selten eine,
vielleicht noch dazu falsche Notiz hinzugefügt. Wir finden in ihnen nur
die zwei Vulcane erwähnt.
So wäre die Sache ziemlich klar. Nun kommen aber die späteren
Reisenden hinzu, nemlich Forrest (1779), Sonnerat (1770), Dampier (1686),
Carteret (1767) und endlich Compilatoren wie Le Gentil, Mallat und L. v.
Buch. Des Letzteren durchweg irrthümliche Angaben sind theilweise schon
von Berghaus in seinem trefflichen “Geo-hydrographischen Memoir”
berichtigt; und sie sind so unzuverlässig, so gänzlich ohne alle
Kritik und Quellenstudium gemacht worden, dass ich es in der That für
völlig überflüssig halte, hier weiter auf Buchs Angaben
einzugehen. Wohl aber handelt es sich noch um Feststellung der ersten
Angaben über den Vulcan von Davao. Dieser liegt nach meinen eigenen
Beobachtungen auf etwa 7° 0′ N. Br., was mit der Angabe auf
Morata’s Karte vollkommen stimmt. Die spanischen Geschichtsschreiber
erwähnen ihn gar nicht, wie schon angegeben. Forrest scheint ihn zuerst
gesehen zu haben; denn obgleich der Vulcan von Serangani ebensoweit westlich
von Pundaguitan oder Cap S. Agustin liegt, wie der Vulcan von Pollok, so ist
doch die weitere Angabe (Forrest, A Voyage to New Guinea pag. 286—
nicht pag. 271 wie Buch citirt—), der Vulcan
liege im District von Kalaga (Caraga) sicherlich
nicht auf den von Buhayen zu beziehen, da das Terrain des Königs von
Buhayen niemals zum District Caraga gerechnet worden ist. Ausserdem stimmt
die in Buch’s Werke für Forrest’s Vulcan angegebene Breite
von 6° 45′ N. viel besser mit dem von Davao, als mit dem von
Serangani, in 5° 45′ N. Br. Den letzteren hat er gar nicht
gesehen, wohl aber den von Pollok, auf welchen schon Berghaus (l. c. p. 62)
mit Recht die meisten Angaben Forrest’s bezieht. Carteret hat nur den
Serangani gesehen, welchen Berghaus fälschlich Sangil nennt. Sonnerat
spricht auch von einem Vulcan von Mindanao, den Berghaus mit dem von
Carteret gesehenen Vulcan, dem Serangani, identificirt. Woher Buch die
Breitenangabe von 5° 45′ N. Br. nimmt, welche er dem
Sonnerat’schen Vulcan gibt, ist mir unklar; Sonnerat selbst gibt gar
keine Breitenbestimmungen an. Aus der Beschreibung des letztgenannten
Reisenden, welcher über das Ende seiner Reise absichtlich ein
romantisches Dunkel verbreitet, lässt sich vielleicht mit einiger
Sicherheit schliessen, das er gar nicht den Vulcan von Mindanao, sondern den der Insel Sanguir im Süden der
Serangani-Inseln gesehen hat. Jedenfalls aber hat er den Vulcan von Davao
nicht gesehen. Nun finden sich aber in Mallat (Les Iles Philippines 1843)
Angaben, freilich ohne zu sagen, woher er diese nimmt, welche wieder einigen
Zweifel darüber aufkommen lassen, ob der Vulcan von Pollok und der von Davao nicht vielleicht
ein und derselbe Berg sind. Er spricht auch, aber so bestimmt, von dem in
Sugud Bayan-Serangani, dass wir diesen ganz vernachlässigen
können. Er gibt nemlich (pag. 93) dem Vulcan von Pollok, dessen Lage er
durch verschiedene wohlbekannte Ortschaften, wie Brass, Ibus, Bunwut etc.
bestimmt, an, dass er im District Kalagan liege, “qu’on
aperçoit de l’île Bunwut placée dans la baie de Tagloc”. Diese letztere ist aber die Bucht von
Davao, und wenn Mallat, für seine Angabe
noch einen andern Gewährsmann, als Forrest hatte—welcher Letztere
auch die Insel Bunwut in der Bucht von Tagloc beschreibt—, so wäre daraufhin
einiger Zweifel an der Verschiedenheit der beiden Vulcane gestattet. Doch
muss ich gestehen, dass ich eher an ein Versehen dieses Compilator’s
glaube, der selbst nicht in Mindanao gewesen zu sein scheint.
Gänzlich apokryph ist der Vulcan Ambil bei
Luzon. Berghaus gibt in seinem Memoir nur 3 Citate hierfür,
Buch’s Canarische Inseln, Plant’s Polynesien und Allgem.
Historie der Reisen zu Wasser und zu Lande XI, 406. Die beiden ersten Werke
haben mich auf keine frühere Angabe zurückgeführt; das dritte
konnte ich nicht zu Rathe ziehen. Uebrigens bezweifle ich die Richtigkeit;
denn in keinem der alten spanischen Autoren, die ich
bis jetzt habe einsehen können, findet sich auch nur die geringste
Andeutung, dass der Berg von Ambil in geschichtlicher Zeit eine Eruption
gehabt habe. Bei der Lage so nahe am Eingange des Hafens von Manila
hätten Murillo, Juan de la Concepcion, Martinez de Zuniga und Andere
gewiss nicht versäumt denselben anzugeben.
In Bezug auf die ebenfalls apokryphen Vulcane von Siquijor und Aringay, sowie
auf den gänzlich in Vergessenheit gerathenen von Joló verweise ich
auf den Text und die weiteren Zusätze.
Anmerkung 2. S. Darwin, Geological
Observations on Coral Reefs Volcanic Islands and on South America. London
1851—mit der vor dem Titelblatt eingehefteten Karte.
Anmerkung 3. Auf den neueren spanischen
Karten wird diese Bahia de Tagloc immer nur Meerbusen von Davao, nach der Hauptstadt des jetzigen Districtes Vergara
genannt. Es schneidet diese Bucht viel weiter nach Norden in das Land ein,
als auf den meisten Karten, selbst auf der von Morate-Coello, angegeben
wird. Ich erreichte im Jahre 1864 im Thal des Flusses Agusan die Breite von
7° 40′ und konnte von hier aus deutlich die im Meerbusen von
Davao liegende Insel Samal in ungefähr 30 Seemeilen Entfernung sehen,
so dass das nördliche Ufer der Bucht kaum 20 Seemeilen von mir entfernt
liegen konnte. Dies gibt der Ausdehnung derselben von Nord nach Süd die
Länge von 1° 20′, da das Cap S. Agustin ungefähr auf
6° N. Br. liegt. Dies erklärt einen Irrthum, von dem ich nicht
weiss, ob er durch die Geographen schon aufgeklärt wurde. Dampier
spricht von einer Insel S. Juan, welche Berghaus auf der seinem
“Geo-hydrographischen Memoir von den Philippinen 1832”
beigegebenen Karte auch zeichnet. Diese Insel existirt in der That gar
nicht, und es ist die Deutung, welche James Burney (s. Berghaus l. c. pag.
94) der Beschreibung Dampier’s gegeben hat, völlig richtig. Bei
der grossen Breite und Länge der Bucht von Davao muss diese allerdings
dem Seefahrer, der um das Cap S. Agustin herumfährt, wie eine jenen
östlichen Theil von dem eigentlichen Mindanao abtrennende Meerenge oder
Canal erschienen sein. Doch ist wahrscheinlich wohl der Irrthum blos durch
ein falsches Quellenstudium von Seiten Valentyn’s entstanden. Die
älteren spanischen Autoren sprechen nemlich nicht blos von einer
“Isla S. Juan”, sondern auch von einer “Isla de Butuan, de Caraga”
u. s. w., ohne dass sie selbst jedoch die Isolirung der genannten
Punkte durch das Wort isla = Insel andeuten wollen. Endlich wird von den
Eingebornen noch heutigen Tages nicht die ganze Insel mit dem Namen Mindanao
bezeichnet, sondern nur der centrale die beiden grossen Seen enthaltende
Theil derselben, welcher von dem Rio Grande durchströmt wird und in
dessen weitausgedehnter Ebene der Sultan von Mindanao sein Reich
gegründet hatte. Bei allen alten Schriftstellern sind Mindanao,
Buhayen, Caraga, Zamboanga u. s. w. schroffe Gegensätze; und
es ist leicht denkbar, dass Dampier, Valentyn u. A., die des Spanischen
nicht mächtig waren, sich durch die etwas unklare Ausdrucksweise der
Eingebornen wie der alten spanischen Schriftsteller täuschen liessen.
Auf der Karte des P. Murillo Velarde fehlt die Insel S. Juan gänzlich.
(Historia de la Compania de Jesus, 1749.)
Anmerkung 4. Da ich wünsche, dass
meine so mühsam gesammelten Erfahrungen bald anderen Reisenden zu Gute
kommen mögen, so
erlaube ich mir hier darauf
aufmerksam zu machen, dass eine erfolgreiche Untersuchung Mindanao’s
nur am Besten von Butuan aus vorgenommen werden könnte. In diesem
christlichen Dorfe, oder noch besser in dem schon ganz im Sumpfgebiete des
Agusan liegenden Dorfe Linao würde der Naturforscher seine Hauptstation
zu nehmen haben. Von hier aus würde er nach allen Richtungen in das
Innere von Mindanao ungehindert—soweit ihn eben seine eigne Klugheit
und Energie tragen—vordringen können bis an jenen schmalen von
Muhamedanern eingenommenen Küstengürtel heran, welchen man von dem
Meere aus nur sehr schwer durchbricht. Der Vulcan von Davao würde zwar
bequemer von Davao selbst, dem Sitze eines Militair-Gouverneurs, zu
erreichen sein; aber dennoch eignet sich meiner Erfahrung nach das Land der
Manobo’s vom Agusan—oder Linao und Butuan—besser zum
Ausgangspunkt, da dem Reisenden von hier aus das Vordringen nach allen
Radien hin ermöglicht wird, während ihm von Davao aus eine ganz
bestimmte Route vorgeschrieben wäre. Ausserdem ist eine Communication
von Davao aus mit Manila, Cebú oder selbst Zamboanga nur sehr schwer
möglich; während der Reisende in Butuan immer Gelegenheit in
kleinen Booten findet, die ihn ohne alle Gefahr nach Cebú in wenig
Tagen bringen können.
Anmerkung 5. Man findet auf allen
Karten einen Vulcan auf Siquijor—oder Isla de Fuegos—angegeben,
der entschieden nicht vorhanden ist. Sollte vielleicht der Vulcan von Negros
Grund zu solchem Irrthum gegeben haben?
Anmerkung 6. In Bezug auf die Angaben
über die Ausbrüche der verschiedenen Vulcane der Philippinen
finden sich einige Widersprüche in älteren Werken. Auf diese werde
ich vielleicht in meinem Reisewerke zurückkommen. Ganz
unerklärlich bleibt mir aber die Auslassung des Ausbruches eines
Vulcanes dicht bei Joló, obgleich die beiden Berge, welche mit jenem
zugleich zum Ausbruch gekommen sein sollen, nemlich der Aringay und der
Serangani, in Buch’s Werk über die canarischen Inseln, in den
Atlanten und Handbüchern ausnahmslos aufgenommen worden sind. Alle
Angaben der späteren Schriftsteller, von Mallat, Chamisso, Juan de la
Concepcion etc. lassen sich zunächst auf die eine Quelle des P. Murillo
Velarde, dessen Geschichte der Philippinen 1749 edirt wurde,
zurückführen. Dieser Autor sagt pag. 124 “Todo nacio de aver
rebentado à un mismo tiempo tres Vulcanes, uno en Sanguil, otro en Joló, y otro en los Ygolotes de Ylocos”.
In dem 1604 erschienenen Werke des Padre Chirino “Historia de las
Islas Philipinas” finden sich gar keine Angaben über die Vulcane,
und P. Combes erwähnt (1667) wohl den Vulcan Sangil und den von Buhayen
oder Serangani, aber nicht den von Joló. Will man aber den
späteren Angaben des P. Murillo keinen Glauben schenken, bloss
desshalb, weil die älteren uns zu Gebote stehenden Autoren nichts
darüber sagen, so muss man vor Allem auch den Vulcan von
Aringay gänzlich streichen. Das Werk des D.
Antonio de Morga, welches vielleicht noch einige Nachrichten enthalten
könnte, habe ich mir bis jetzt nicht zu verschaffen vermocht.
Anmerkung 7. In der zu Manila
1859–60 herausgegebenen Ilustracion Filipina liest man 1860 Nr. 11
pag. 121 die Bemerkung, es rühre der Name Bonbon von einem Negerdorfe
gleichen Namens her, welches am Ufer des Sees gewesen sein soll. Woher diese
Notiz stammt, ist mir unbekannt.
Anmerkung 8. Dieser nach der Karte von
Coello sehr tiefe See—an einigen Stellen werden mehr als 100 Faden
(600 Fuss) Tiefe angegeben—ist vom Meere nur durch eine sehr schmale
kaum 2 Meilen breite niedrige und ganz aus trachytischem Tuff bestehende
Landenge getrennt, welche von dem aus dem See Taal kommenden Fluss Pansipit
durchströmt wird. Jetzt führt dieser letztere völlig oder
fast ganz süsses Wasser; doch gehen allerdings die characteristischen
Thiere und Pflanzen des brackigen Wassers weit höher hinauf, als es z.
B. in dem Flusse Pasig der Fall ist. Auch das Wasser des Sees selbst ist, in
einiger Entfernung von der Insel, auf welcher sich der Vulcan findet, fast
ganz süss; aber die älteren spanischen Autoren sprechen geradezu
von einer “laguna de agua salada” (Gaspar de S. Agustin,
Conquistas de las Islas Filipinas 1698 pag. 253) und erwähnen
ausdrücklich, dass es in ihnen gute Thunfische gäbe, obgleich sie
doch nicht so gut sein sollten wie die von Spanien. In der “Mapa
General de las Almas que administran los PP. Agustinos”,
Manila 1845, werden ausdrücklich Meerfische als in ihr vorkommend
erwähnt, nemlich “moros” (diesen Fischnamen finde ich in
meinen spanischen Wörterbüchern nicht) und “tiburones”
oder Haifische; ferner auch “salmonetes” (Mullus sp.). Ich
selbst habe keinen dieser Fische darin gefunden; doch will ich kein Gewicht
weiter darauf legen, da es mir nicht vergönnt war, trotz meines
ziemlich langen Aufenthaltes in der Nähe des Sees und auf der Insel,
die Fischfauna genauer zu untersuchen. In meinem Tagebuche angemerkt finden
sich nur: Gobius 3–4 sp., verschiedene Percoiden, Toxotes jaculator
und ein grosser Hemiramphus, welcher sich durch seinen Habitus sehr von den
kleinen und schmächtigen hoch in den Süsswasserbächen der
Insel bis über 800 Fuss Meereshöhe aufsteigenden Arten der Gattung
unterscheidet, und vielleicht mit einer der dortigen meerbewohnenden Species
identisch ist. Einer meiner Begleiter zeichnete mir in mein Tagebuch eine
rohe Skizze des grossen Fisches, den sie “tiburon”, Haifisch
nennen, doch lässt sich aus ihr nichts Sicheres entnehmen; obgleich ich
kaum zweifle, dass die Eingebornen mit ihrer Bezeichnung Recht haben, ich
sah nemlich eines Tages mitten im See zwei grosse nicht weit von einander
stehende Flossen von der charakteristischen Gestalt der Haifischflossen
über dem Wasser emporragen, wie es bei den Haien zu sein pflegt, die
sich an der Oberfläche des Wassers treiben lassen. Ausserdem soll, wie
die Eingebornen sagen, ein Sägehai in diesem See—wie auch in der
rein süsses Wasser enthaltenden Laguna de Bay—vorkommen. Es
dürften diese Angaben jetzt
um so weniger
angezweifelt werden, als Peters in seiner trefflichen Arbeit über die
Flussfische (Reise nach Mossambique IV, 1868 pag. 7–9) sowohl eine
Pristis wie eine Carcharias-Art in dem Fluss Zambeze bei Titte, etwa 120
Meilen von der Küste entfernt, gefangen hat. Ausser solchen Meerthieren
finden sich nun auch noch Ampullarien, Melanien, Cyrenen, sowie auch eine
Planorbis und ein Lymnaeus, und zwar alle am Ufer der Insel, an deren
Umkreis zahlreiche heisse Schwefelquellen ausbrechen, welche bis auf weiten
Umfang hin das Wasser erwärmen und trübe machen. Die Melanien
gehen, wie es scheint, am Nächsten an diese heissen Quellen heran.
Anmerkung 9. Der Erdboden der
bevölkertsten und am Meisten angebauten Provinzen
Luzon’s—Batangas, Bulacan, Pampanga, Cavite,
Manila—besteht durchweg aus trachytischem Tuff. Man schreibt diesem
Umstande allgemein den reichen Ertrag der genannten Provinzen an Zuckerrohr
und Reis zu.
Anmerkung 10. Es existirt in der schon
angezogenen, in Manila 1859 edirten Ilustracion filipina eine recht gute
Abbildung des Vulcanes, von Talisay gesehen, und eine andere des Kraters.
Die erstere ist in das bekannte oberflächliche Touristenbuch von Sir
John Bowring (A Visit to the Philippine Islands London, 1859)
übergegangen, beide waren auch in der London Illustrated News
abgedruckt. Die Abbildung von Choris in dem Voyage pittoresque ist von einer
ganz anderen Seite aufgenommen.
Anmerkung 11. Die Ehre der Entdeckung
dieses Vulcanes gebührt meinem Freunde D. Claudio Montero, dem ebenso
kenntnissreichen wie energischen Chef der jetzigen philippinischen Comision
hidrografica. Wir verdanken ihm eine Reihe trefflicher nautischer Karten und
Spezialpläne der philippinischen Inseln. Durch ihn auf den Vulcan
aufmerksam gemacht, wurde es mir leicht, von Aparri aus an der bezeichneten
Stelle die Rauchsäule desselben aufsteigen zu sehen. Obgleich die
Entfernung dieses Dorfes von dem Vulcan keine sehr grosse ist, so schienen
die Einwohner denselben doch gar nicht zu kennen; wenigstens konnte ich von
ihnen gar keine genaueren Nachrichten über ihn erhalten. Mein Diener
Antonio gelangte auf einer von ihm allein unternommenen Reise im Jahre 1861
bis an den Fuss desselben; und er erzählte mir, dass die dortigen
Negritos diesen feuerspeienden Berg sehr wohl kennen, so dass an eine
Täuschung durch ein von den Eingebornen etwa angezündetes Feuer
nicht mehr gedacht werden kann.
Anmerkung 12. Schon auf der Karte in
dem Geschichtswerke des P. Murillo Velarde, die im Jahre 1749 erschien,
finden sich diese “escollos Didica” (Didica-Klippen) der
späteren spanischen Karten als “Farallones” d. h. spitze
kleine Inseln, angegeben. Nirgends aber habe ich bis jetzt irgend eine
Andeutung gefunden von geschichtlich stattgehabten Ausbrüchen eines
Vulcanes an dieser Stelle. Diese Klippen sind wohl nichts anderes, als
Ueberbleibsel des Kraterrandes eines früheren Vulcans. Ganz
ähnliche stehen jetzt noch etwas südlicher, sie sind auf den
Karten bezeichnet als “escollos Guinapag”.
Das Wort “Guinapag” ist ein Compositum der Wurzel
“gapag” d. h. ein trockener Fisch mit der Partikel
“in”.
Anmerkung 13. Wie mir Herr Dr. Jagor,
welcher ziemlich zu gleicher Zeit mit mir die südlichen Provinzen von
Luzon, dann Samar und Leyte bereiste, versichert hat, finden sich in den von
ihm besuchten Gegenden in der That unter den trachytischen Laven und
Gesteinen auch Granit und Gneissfelsen. Ich will nun sicherlich nicht
behaupten, dass an den von mir besuchten Orten durchaus keine primitiven
Gesteine vorkommen, da ich als Laie in der Geologie zu einer solchen
Behauptung kein Recht hätte; wohl aber scheint mir festzustehen, dass
die weitaus grösste Masse der Gebirge auf den Philippinen ihre Bildung
einer vergleichsweise jungen Eruptionsperiode verdankt. Unter den mehr als
600 Nummern betragenden Gesteinsstücken, die ich von den
verschiedensten Fundorten mitgebracht habe, ist kaum ein Stück, welches den älteren Perioden der Bildung der
Erdrinde anzugehören scheint.
Anmerkung 14. Es sind diese Spuren
moderner Hebung auf den philippinischen Inseln ausserordentlich zahlreich.
Die Wasserscheide, welche in Mindanao die Quellen des Agusan von den nach
Süden in den Meerbusen von Davao fliessenden Bächen trennt, kann
nach der Beschreibung der Eingebornen und meinen eigenen Beobachtungen kaum
2–300 Fuss über dem Meere erhaben sein. Wie ein tiefer Spalt
zieht sich das Thal des Agusan zwischen Central-Mindanao und den Bergen der
Ostküste hin, und äusserst zahlreich sind hier die Petrefacten in
Thonschichten, welche theils im tiefen Meer, theils in den
Mangrovesümpfen mit brackigem Wasser gelebt haben müssen, fast
ausnahmslos aber noch jetzt lebende Species sind. Der direkte Uebergang der
zu ziemlicher Höhe über dem Meere erhobenen Korallenriffe in die
noch lebenden ist schon im Texte hervorgehoben. Dies war fast überall
zu erkennen; aber am Auffallendsten war es auf Camiguin de Luzon und auf der
kleinen Insel Lampinigan bei Basilan zu beobachten. Ich citire einige
Stellen aus meinem Tagebuche: “Ueberall wo (auf Lampinigan) der freie
Trachytfels vom Meere bespült wird, sind die Korallen in alle
Löcher und Spalten hineingedrungen und haben selbst lose Blöcke
und kleine Rollsteine fest mit dem anstehenden Gestein verkittet, so dass
eine Art rohen Puddingsteines gebildet wird. Diese Korallenincrustationen
treten jetzt schon über die Linie der
gewöhnlichen Fluthen hinaus und sind alle ohne Ausnahme todt
bis in eine ziemliche Tiefe in’s Meer hinein (nach Schätzung etwa
bis zu 8–10′). Es sind die Korallenmassen in den verschiedensten
Stadien der Umwandlung.” Noch deutlichere Spuren modernster Hebung
fand ich ebenda in der trachytischen Lava selbst. An der Nordostseite der
Insel fand ich eine kleine mannshohe Höhle, nach Schätzung etwa
20–35 Fuss über der höchsten Fluthlinie; sie war offenbar
durch die Einwirkung der Wellen und der Brandung gebildet und zeigte
überall eine Menge abgeschliffener Stellen. Nicht weit davon fand sich
etwa 15′ über dem Meere ein trichterförmiges
tiefes Loch, und in seinem Grunde noch der Stein,
welcher durch die Wirbelbewegung des Wassers dasselbe in das Gestein
hineingebohrt hatte. In der im höchsten Puncte kaum 150′
über dem Meere erhobenen Centralebene Luzon’s findet sich an
vielen Stellen nach den Beobachtungen des Padre Llanos unter der
oberflächlichen thonigen sehr dünnen Lage ein Meeressediment; und
an einzelnen Orten in der Provinz Pangasinam, nördlich vom Arayat,
sollen sich Salzwasserseen befinden, in welchen wie in manchen süsses
oder brackiges Wasser führenden Flüssen derselben Provinz, nach
Aussage der Priester noch jetzt Bohrmuscheln leben sollen. Ich habe leider
diese Seen selbst nicht besuchen können, zweifle aber nicht an der
Richtigkeit der Beobachtung, da die philippinischen “almejas”
den europäischen Lithodomusarten (dactylus etc.) so völlig
ähnlich sehen, dass die Priester, welche sie dort essen sollen, ihnen
den spanischen wohlbekannten Namen gegeben haben. In Spanien wird die
Lithodomus dactylus als ein trefflicher Leckerbissen geschätzt.
II. Skizze.—Die Riffe und das Leben im Meere.
Anmerkung 1. Da ich meine mit der
herrschenden Theorie Darwin’s im Widerspruch stehenden Ansichten in
einem zoologischen Berichte niedergelegt habe, welcher den meisten
Naturforschern unbekannt geblieben zu sein scheint, und da ich noch nicht in
der Lage bin, bald eine ausführlichere eingehendere Schilderung meiner
Beobachtungen zu geben, so erlaube ich mir hier einen Wiederabdruck des 1863
publicirten Aufsatzes (Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. 13, pag.
563–569):
“Die nördlichste Spitze der Gruppe der Pelew-Inseln oder Palaos
bilden ächte Atolle; die Hauptmasse, welche der ganzen Gruppe ihren
Namen übertragen hat, ist zum grössten Theil von Barrenriffen, im
Süden von Küstenriffen umgeben; und die südlichste Insel ist
völlig ohne eigentliches Riff. Der nördlichen Atolle sind drei:
Aruangel, Kreiangel und Cossol. Die nördlichste Spitze der Insel
Babelthaub setzt sich über in die hufeisenförmige Bank von Cossol,
die in einer Ausdehnung von 5–6 S.-M. ihr nördliches
geschlossenes Ende, durch einen 2 M. breiten Canal getrennt, dem Atoll von
Kreiangel zukehrt. Ihr südliches offenes Ende scheint aus einem tiefen
Canal durch allmäliges Verwachsen vereinzelter Korallenbänke
seinen Ursprung zu nehmen, und Arme dieses tiefen Canals vereinigen sich zu
dem Lagunencanal der eigentlichen atollförmigen Bank, welcher von dem
bei niedriger Ebbe fast ganz trocken gelegten erhöhten Rand des Riffes
umschlossen wird. Der Atoll Kreiangel ist vollkommen geschlossen, von
4–5 Meilen Länge und etwa 2 S.-M. Breite. Die westliche Seite des
Riffes, nur schwachen Winden und seltenen
aber
heftigen Stürmen ausgesetzt, ist breit, und sein erhöhter Rand
niedriger als alle andern Stellen des Riffes, und bezeichnet durch eine
Reihe grosser,
metarmophosirter
metamorphisirter
Korallenblöcke, die man mit Darwin als durch die
mächtige Brandung aufgeworfen betrachten, oder mit Wilkes (Un. St.
exploring exped.) als Reste eines gehobenen und in Zersetzung begriffenen
Riffes ansehen kann. Auf der östlichen, weniger breiten Seite des
Riffes liegen vier niedrige, kaum 5′ sich über die
Oberfläche des Meeres erhebende Inseln, deren südlichste keine 20
Schritt von der Brandung entfernt ist, während die andern sich mehr vom
Aussenrande des Riffes entfernen, je mehr sie gegen Norden liegen. Die
eingeschlossene Lagune ist schmal und an den tiefsten Stellen nur 7 Faden
tief. Dieser Atoll bezeichnet die nördlichste Spitze der Gruppe, da die
Canäle die ihn und die Bank von Cossol von den eigentlichen Inseln
trennen, nur eine Tiefe von 60–80 Faden haben. Ganz abgesondert
scheint nach den vorhandenen Karten, Aruangel zu sein, eine Bank, die 8
S.-M. weit nordwestlich von Kreiangel liegt, und die mir von den Eingebornen
als Atoll beschrieben wurde. Früher bewohnt, wurde er zu Ende des
vorigen Jahrhunderts überschwemmt und gänzlich zerstört; die
jetzigen Bewohner von Kreiangel erzählen, die Stümpfe grosser
Bäume und ein altes Badebassin dort gesehen zu haben. Leider musste ich
mich mit diesen Nachrichten begnügen, denn die Freundlichkeit der
Bewohner von Kreiangel vermochte nicht, ihre Faulheit zu besiegen, da ich
ihr Interesse nicht durch Bezahlung erwecken konnte.
Mit Ausnahme obengenannter dreier Riffe und der Insel Ngaur (Angaur) umzieht
ein einziges zusammenhängendes Riff alle übrigen Inseln, und nimmt
je nach den Einflüssen der Strömungen, der vorherrschenden
Windesrichtung und geologischen Constitution der eingeschlossenen Inseln,
mannichfach wechselnde Bildungen an. Die Inseln des Norden, Babelthaub,
Coröre, Malacca und Naracabersa sind durchaus trachytisch, während
die südlicheren Inseln, unter denen ich nur Peleliu, Eimeliss und
Urulong nenne, gehobene Korallenriffe sind, deren einzelne, oft senkrecht
aufsteigende Klippen eine Höhe von 4–500′ erreichen. Der
Trachyt der nördlichen Inseln, in seinen oberen Schichten zu einem
rothen Thon verwittert und häufig durch Basaltströme durchbrochen,
setzt nur geringen Widerstand dem zerstörenden Einflusse des
Wogenschlages und der Atmosphäre entgegen. Tiefe Buchten fressen weit
ins Land hinein, und selten sind kleine, von der Hauptinsel abgerissene
Inseln, als Marksteine ihrer früheren Ausdehnung zu finden. Westlich
liegt das Riff zwischen 3 und 6 M. entfernt von der Küste, und die
eingeschlossene Wasserfläche ist zu einem Labyrinth von tiefen
Canälen ausgefressen, welche meistens senkrecht gegen das Land auf die
Thäler zu führen, aus denen bei Ebbe ein mächtiger Strom
brackigen Wassers hervortritt, und dem Wachsthume der Korallen an dem Rande
des ausgewaschenen Canals hinderlich wird. Sie sammeln sich in einen
Hauptcanal, welcher in ziemlicher Breite dem äusseren Riffe parallel
läuft, und dasselbe hie und da mit kleineren Canälen durchbricht.
Für grössere Schiffe gangbare, das äussere
Riff durchbrechende Canäle finden sich auf der Westseite
drei, auf der Ostseite einer, und an der Nordspitze ebenfalls einer, doch
entsprechen sie nicht, wie es nach Darwin als allgemeine Regel erscheinen
möchte, den Thälern der Insel, vielmehr scheinen sie ihre Lage der
Richtung der Strömungen zu verdanken, welche durch den wechselnden Ein-
und Ausfluss bei Fluth und Ebbe gebildet werden.
Diese Strömungen nehmen immer ihre Richtung gegen den
nächstgelegenen Canal hin, und niemals erregt bei aufsteigender Fluth
das durch die Brandung über den Rand des Riffes geworfene Wasser einen
Strom nach innen.
Ganz verschieden von den eben geschilderten Verhältnissen zeigen sich
die Riffe der Ostseite, welche mit schwach erhöhtem Rand, dessen
mittlere Entfernung von der Küste höchstens 800–1000 Schritt
beträgt, einen kaum bei Fluth befahrbaren Canal zwischen sich und dem
Lande freilassen.
Auch hier ist das Riff von mehreren Kanälen durchbrochen, die aber, wenn
auch das Ein- und Austreten der durch Ebbe und Fluth erregten Ströme
durch sie geschieht, dennoch so flach sind, dass sie nur bei hoher Fluth die
Ueberfahrt den Böten erlauben. Der einzige Tiefwassercanal an
östlicher Seite findet sich nordöstlich von Malacca, wo aber auch
das durchbrochene Riff durch einen breiten Tiefwassercanal von dem
nächsten Lande getrennt ist. Malacca ist die südlichste der
trachytischen Inseln, und zwischen sie und die etwas westlich liegenden
Inseln Coröre und Naracabersa schiebt sich eine Reihe hoher Kalkfelsen
ein. Weithin gegen Süden bestehen alle Inseln ohne Ausnahme aus
demselben gehobenen Korallenkalk. Auffallend zeigt sich hier die
Verschiedenheit der Einwirkung gleicher Ursachen, je nachdem diese auf den
leicht zerstörbaren Trachyt des Nordens oder den festen Korallenkalk
des Südens einwirken. Während im Norden die vom Hauptlande
abgerissenen Inseln rasch unter der Oberfläche des Meeres verschwinden,
sind die Kalkfelsen des Südens durch die Einwirkung der Strömungen
und Brandung in eine Unzahl kleiner und dicht nebeneinander stehenden Inseln
zerrissen, und es ist durch gar viele derselben, so z. B. in der Gruppe,
welche Urulong angehört, der Zusammenhang und die frühere
Ausdehnung nachzuweisen. Alle diese Inseln sind von Urulong an bis Pelelew
durch eine ziemlich horizontale Fläche verbunden, die nur wenig von
tiefen Kanälen durchfurcht, wohl die Tiefe anzeigt, bis zu welcher hin
die abwaschende Wirkung der Brandung gegangen ist. So lässt sich auf
der ganzen Ausdehnung von Pelelew bis Malacca hin das Meer bei tiefer Ebbe
nicht mehr mit Sicherheit befahren. Pelelew, die südlichste dieser
Inseln, besteht aus einer, nur etwa 10′ über dem Meere erhabenen
ganz aus metamorphosirtem Korallenkalk gebildeten Fläche, in deren
nördlichem Ende man noch die vereinzelten Reste eines, einstmals gewiss
zusammenhängenden und jetzt bis auf 200–250′ erhobenen
Korallenriffes findet. Ziemlich zusammenhängend ist dieses Riff noch
auf der nordwestlichen Seite, wo es seine grösste Höhe erreicht
und sich auf einer schmalen
Landzunge in
niedrigeren Klippen fortsetzt, und der östlichen, von ihr durch eine
breite Niederung getrennten, und in einzelne Inseln aufgelösten
Klippenreihe entgegentritt. So scheint diese Niederung, welche theils von
Sümpfen und Mangrovebüschen erfüllt ist, theils die
Kukau-Felder der Bewohner der Insel trägt, eine Laguna anzudeuten,
welche einstmals bestanden haben mochte. Diese hohen Klippen sowohl, wie
die, welche der Ebene der Insel angehören, sind reich an Petrefacten,
welche, so weit ich augenblicklich darüber aburtheilen kann, den
Schichten ein sehr junges Alter zuweisen. Vorherrschend sind in den tiefsten
Schichten der centralen Klippenreihe zwei oder drei Arten Tubiporen, ferner
ein Pecten, und verschiedene Astreiden. In den Klippen der Ostküste,
welche zwischen 5 und 10′ über dem Meere erhoben sind, fand ich
eine Menge Maeandrinen und Astraeen. Aus der Reihe weniger häufig
vorkommender Petrefacten erwähne ich nur noch eines Haifischzahnes von
einer Insel bei Coröre, eines Reptilienzahnes, vermuthlich des
Crocodilus biporcatus und eines Dentalium von Pelelew.
Das lebende Riff, welches diese Insel umfasst, ist im Westen ungefähr
400–600 Schritte entfernt und von ihm durch keinen Tiefwasserkanal
getrennt; je mehr es sich gegen Süden zieht, tritt es näher an die
Küste heran, und ist im Osten an manchen Stellen kaum 30 Schritt von
den gehobenen Klippen entfernt. Diese sind, durch die hier mächtige
Brandung in eine Anzahl kleinerer Inseln und einzeln stehender Blöcke
aufgelöst, welche da, wo sie unter dem aufgeworfenen Sande
verschwinden, leicht zu der Annahme verführen könnten, als dankten
sie ihre Entstehung den durch die Brandung aufgeworfenen
Korallenblöcken im Sande.
Das Ende des Archipels sowie den Abschluss dieser verschiedenen
Entwickelungsstufen der Korallenriffe bildet die Insel Ngaur, welche von
Pelelew durch einen 4 Meilen breiten Tiefwasserkanal getrennt, gänzlich
frei von umgebenden Riffen ist. Sie besteht nach der Schilderung der
Bewohner von Pelelew aus demselben Korallenkalk wie diese letztere, welcher
ebenfalls von niedrigem Vorlande umgeben, in schmaler Klippenreihe zu
100–150′ Höhe ansteigen mag.
Darwin’s Theorie von Bildung der Korallenriffe
nimmt bekanntlich überall dort eine Senkung an, wo sich Barrenriffe und
Atolle befinden, eine Hebung dort, wo Küstenriffe entstehen. Hier aber
finden wir auf kleinem Raume (denn die ganze Ausdehnung von Nord nach
Süd zwischen Ngaur und Kreiangel beträgt nur etwa 60 Seemeilen)
sämmtliche Formen zusammen und die Bildung der innern Riffe des
südlichen Theiles der Gruppe deutet auf eine lange Epoche völliger
Ruhe, oder sehr geringer Hebung oder Senkung. Könnte nur eine Senkung
die Bildung der Atolle des Nordens erklären, so müsste entweder
die Insel Ngaur so gut von Riffen umgeben sein, wie alle übrigen, oder
stationär geblieben sein, Pelelew nur wenig, die nördlichen Inseln
sich bedeutend gesenkt haben. Aber diess bliebe nur eine Annahme, die nicht
besser und nicht schlechter als jede andere wäre. Ist meine
vorläufige
Bestimmung der in den gehobenen
Korallenriffen der südlichen Inseln gefundenen Petrefacten richtig, so
würde die Zeit der Hebung derselben, die wohl durch den letzten
trachytischen Ausbruch bezeichnet sein mag, in eine sehr junge geologische
Epoche fallen. Gerade aber auf das Nichtvorkommen solcher Hebungen in der
jüngsten Epoche legt Darwin bei der Begründung seiner Hypothese
das grösste Gewicht, und die definitive Bestimmung des geologischen
Alters jener gehobenen Koralleninseln könnte einen wesentlichen Einwand
gegen dieselbe abgeben. Aber auch hiervon abgesehen, scheint mir das
gemeinschaftliche Auftreten der Riffe in den verschiedensten Gestalten, die
grosse nur in geringer Tiefe unter dem Meere liegende Fläche der
südlicheren Insel von Pelelew bis Coröre, ja selbst die
Verschiedenheit der westlichen und östlichen Riffe des Nordens
hinreichender Grund zur Annahme, dass die Bildung der Riffe dieser Inselgruppe wenigstens von keiner Senkung
begleitet war.
Colonien einer Porites-Art deuten auf ein Moment, dem ich jetzt bei der
Bildung von Korallenriffen den wichtigsten Einfluss zuschreiben muss,
welches aber von den Reisenden, welche dieser Frage ihre Aufmerksamkeit
zugewandt, bisher gänzlich ausser Acht gelassen zu sein scheint.
Diess
Dies
sind die constanten, hauptsächlich durch Ebbe und Fluth
hervorgerufenen und durch das Wachsthum der Korallenriffe sowie durch
physikalische Einflüsse des Meeres beinflussten Strömungen. Die
erwähnte Porites bildet Colonien von Faustgrösse bis zu der
Oberfläche von 6–8 und mehr Fuss im Durchmesser. Diese
verschiedenen Stadien der Grösse zeigen, wie auf der Oberfläche
allmälig die mittleren Individuen absterben und den Mittelpunkt einer
mehr und mehr sich vergrössernden todten Fläche bilden. Auf dieser
treten schon bei kleinen Colonien Furchen auf, die, ursprünglich wohl
Resultat des ungleichen Wachsthums der verschiedenen die Colonie bildenden
Individuen, sich bald zu Rinnen gestalten, in denen bei tiefen Ebben das auf
der Oberfläche stehen bleibende Wasser seinen Abfluss findet. Der
erhöhte Rand dieser bald kreisrunden, bald länglichen Colonien
trägt nach aussen lebhaft vegetirende Individuen, die mehr und mehr
nach innen krankhafter werden, bis sie zuletzt absterben und durch den
Einfluss des auf der mittleren etwas niedrigeren Fläche stehenden
Wassers bald abgetragen und auf das Niveau derselben übergeführt
werden. Oft bleibt der äussere erhöhte Rand völlig
undurchbrochen, aber gewöhnlich wird er durchsetzt durch eine oder
mehrere Wasserrinnen. Je nach den verschiedenen Zufälligkeiten der
Gestalt, welche die ersten Anfänge dieser Polypenkolonien zeigen, und
dem dadurch bedingten Spiele der Strömungen bilden sich die
mannigfachsten Formen aus, die von dem ganz geschlossenen oder in einzelne
Wülste aufgelösten Ringe (dem Atoll) in Kolonien übergehen,
welche Korallenblöcke anderer Art so umsäumen, dass sie bald sich
einem Barrenriffe, bald einem Küstenriffe vergleichen liessen, je
nachdem sie mehr oder minder alt, in grösserer oder geringerer
Entfernung von dem sie umwachsenden Block stehen.
Eine kleine Porcellana gibt ein anderes interessantes Beispiel der Wirkung
constanter Ströme auf das Wachsthum der Korallen. Je ein Individuum
dieser Krabbe lebt an dem Stamme einer Koralle eingeschlossen in einer
krankhaften Wucherung derselben. Sie lebt darin, ein unfreiwilliger
Einsiedler, denn zwei, und sich gerade gegenüberstehende schmale
Spalten, das Resultat des constanten von den Thieren erregten Stromes,
erlauben zwar die Zuführung frischen Wassers und mikroskopischer
Thierchen, aber ihm nicht die Auswanderung, einer Lebensgefährtin nicht
den Eintritt. In früher Jugend klammert sich das Junge an den Stamm an,
und durch den Reiz hervorgerufen, wuchert die Korallenmasse mehr und mehr um
dasselbe herum, bis endlich in dem späteren Lebensalter der Krabbe, der
durch die Bewegung ihrer Beine erregte constante Strom hinreichende Kraft
erlangt hat, das Verschliessen der Oeffnungen durch das fortgesetzte
Wachsthum der Korallen zu verhindern.
Aehnliche Verhältnisse wiederholen sich im Grossen. Dort, wo sich bei
günstiger Beschaffenheit die horizontale Kuppe eines untermeerischen
Berges gleichmässig mit einer Schicht Korallen überzieht, bilden
sich dennoch von Anfang an solche Verschiedenheiten hervor, dass im Laufe
der Zeit bei Hinzutreten des Einflusses der Strömungen grosse
Unregelmässigkeiten des Riffes hervortreten können.
Aehnlich wie die Porites-Colonien ganz geschlossene oder stark durchbrochene
Ringe bilden, die einen mittleren, etwas niedrigeren von Wasser bedeckten
Raum umschliessen; ebenso mag auf jener Fläche das Riff bei ruhiger,
nicht von Strömen durchfurchter See einen geschlossenen Ring bilden
oder bei starken und wechselnden Strömungen sich in eine im Ringe
gestellte Reihe von Flecken auflösen. In beiden Fällen dient das
Ein- und Ausströmen des Wassers bei Fluth und Ebbe zur Austiefung des
inneren Raumes; denn während der aus lebenden Korallen bestehende
äussere Theil des Riffes dem Andrang des Wassers starken Widerstand
entgegensetzt und durch zufällig entstandene Riffe oder Spalten den
Fluthen bestimmte Bahnen vorschreibt, weicht die innere Masse, welche meist
nur aus losen Blöcken und leicht aufgehäuftem Sande besteht, rasch
den kräftig eintretenden Strömen der Fluthen und Ebben. Oder es
bilden sich eine Anzahl vereinzelter Riffe, welche ursprünglich klein,
den Strömen freien Spielraum lassen, aber allmälig wachsend und
sich vereinigend zu zusammenhängenden Riffen die vorhandenen
schwächeren und unbestimmteren Ströme in engere Bahnen
einschränken und zugleich damit so ihre Kraft verstärken, dass das
völlige Zusammenwachsen der einzelnen Riffe mehr oder weniger
verhindert wird. Mit der Mannichfaltigkeit der Grundlagen, auf denen sich
die Riffe bilden, wechseln so die Formen, welche die letztere annehmen.
Untermeerische Rücken werden die Träger der Atolle; aus
Küstenriffen, welche die Inseln umsäumten, werden durch den
Einfluss jener Strömungen Barrenriffe, die um so weiter von dem
umgebenden Lande entfernt sind, je schwächer die Neigung ihrer
Abhänge
oder je grösser das umgebende
Vorland war. Bei sehr steilen Küsten bilden sich selten nur eigentliche
Küstenriffe, niemals wirkliche Barrenriffe. So wachsen die Korallen an
der kleinen Insel Ngaur so dicht an der Küste, dass bei hoher See die
Brandung ihre Felsen bespült. Die ganze Ostküste des
nördlichen Theiles von Mindanao, ebenso die Ostküste des
nördlichen Theiles von Luzon zeigen nur in den Buchten grössere
Flecken lebender Korallen; aber niemals bildet sich, weder in dieser, noch
an der steil abfallenden, dem Meer ausgesetzten Küste ein eigentliches
Riff, und an den meisten Stellen würden sich die grössten Schiffe
denselben bis auf Kabellänge nähern können. Dort aber, wo
sich eine Landzunge untermeerisch fortsetzt, überzieht sie sich mit
Korallen und bildet weithin sich erstreckende Riffe, wie z. B. an
Luzons’s Ostküste, am Eingange des Hafens von Palanan.
Wesentlich abhängig ist die Bildung der Atolle und Barrenriffe von der
Festigkeit der Grundlagen oder der Inseln, an die sie sich anlehnten. So bot
die West- und Südseite der Insel Babelthaub dem Abwaschen durch die
Brandung nur wenig Widerstand, und die untermeerischen Strömungen
innerhalb des Aussenriffes vermochten leicht tiefe Canäle in den Boden
einzugraben, die sich im Norden zu dem zwischen 40 und 60 Faden tiefen
Lagunencanal vereinigten, im Westen von Coröre einen grossen tiefen See
bildeten, der sowohl mit dem nördlichen, als dem östlich von
Coröre einführenden Canale in Verbindung steht. Wesentlich anders
war die Wirkung der gleichen Strömungen auf dem südlichen Theil
des Archipels; hier konnte die Brandung wohl den Fuss der Inseln stark
aushöhlen, tiefe Höhlen und schmale Thore einfressen, aber viel
langsamer verschwanden die so abgerissenen Theile unter dem Meere. Die
tiefen und breiten Canäle des Nordens nehmen ab in Zahl und Breite, und
manche derselben verlieren sich allmälig in jene, nur wenige Faden
unter dem Meere liegende Fläche, welche in ihren ausgedehnten
Korallenfeldern den günstigsten Boden zur Betreibung der
Balate-Fischeri
Balate-Fischerei
bieten. Ein gleicher relativer Unterschied zeigt sich in den
östlichen Küstenriffen des Nordens und des Südens.
Während dort die Brandung, weniger zwar als auf der Westseite, die
theilweise basaltische Küste befressen, und die Bildung eines inneren
flachen Bootcanals zwischen jener, und dem höchstens 1000 Schritt
abstehenden Aussenrand des Riffes ermöglichen konnte, setzten die
Ostküsten der Kalkinseln des Südens solchen Widerstand dem
Einflusse des Meeres entgegen, dass sich nirgends die mindeste Spur eines
Canales zwischen dem Aussenriff und der Insel findet. Die grosse
Verschiedenheit, welche die Ost- und Westriffe in der Entfernung von ihren
angrenzenden Küsten zeigen, erklärt sich durch den Einfluss des
beständig von Osten mächtigen Seegangs, der in seiner stetig
fortgesetzten Wirkung den einzelnen Korallenindividuen das rasche Wachsthum
nach aussen unmöglich machte, während die Korallen des Westens in
den langen Perioden der Ruhe sich nach allen Seiten frei und kräftig
ausbreiten konnten. Doch kann diese Vergrösserung, welche das Riff nach
Westen hin erfahren haben mag, weniger bedeutend
gewesen sein, als das Hindrängen der östlichen Riffe an die
Inseln: und wie hier die zurückdrängende Wirkung des Seeganges das
Aussenriff immer der Küste dicht folgen lässt, und seine Neigung
nach aussen sanfter macht, als die der westlichen Seite, so muss das
westliche Riff so ziemlich immer die Ausdehnung des früher bestandenen
Landes oder des untermeerischen Rückens bezeichnen.
Hiermit soll indess keineswegs die Möglichkeit geläugnet werden,
dass manche Atolle oder Barrenriffe sich bildeten zur Zeit, als die
untermeerische Höhe, auf der sie standen, sich senkte; oder dass selbst
in manchen Fällen die Senkung wirklich den Anstoss zur Bildung
derselben abgab. So würde z. B. die Insel Ngaur sich senken
müssen, ehe sich um sie herum ein Barrenriff bildete. Zur Entscheidung
der Frage kommt es also zunächst auf das möglichst genaue Studium
aller einzelnen Fälle an. Schwieriger, als bei Barrenriffen, wo die
ihre Form bedingenden Ursachen dem Forscher noch zugänglich sind, ist
die Untersuchung, welche jener Ursachen wirksam
waren, bei Atollen, und hier dürfte die Entscheidung wohl nur durch die
grössere Natürlichkeit herbeigeführt werden, welche die eine
oder die andere Annahme zu besitzen schiene. Subjectiver Auffassung ist hier
ein reiches Feld geöffnet; denn selbst in solchen Fällen, wo, wie
in der grossen Chagos-Bank, eine Senkung neuerdings stattgefunden haben
muss, bleibt dennoch die Frage offen, ob der Bildung der lebenden Bank
ebenfalls eine Senkung zu Grunde lag. Die Annahme aber, dass nur oder
hauptsächlich das wechselnde Spiel der Strömungen bei der Bildung
der Korallenriffe wirksam sei, könnte manche Fälle erklären,
die für die Senkungstheorie jetzt noch eine Ausnahme bilden. Ich meine
das Vorkommen von ächten Atollen in Erhebungsflächen (areas of
elevation),
Von
von
den mir näher liegenden erwähne ich nur das Bajo de Apo
an der Westküste von Mindoro, dann die Islas Amantes und die Islas
Cagayan cillos, welche nach den mir vorliegenden Plänen
echte Atolle zu sein scheinen. Die West- und Nordküste
von Bohol sind von weit abstehenden Riffen umsäumt, welche mannigfach
durch kleine Canäle durchbrochen, vom Lande durch einen Tiefwassercanal
getrennt sind, in welchem selbst ziemlich grosse Schiffe sich dicht dem
Lande nähern können. Alle diese Punkte liegen eingeschlossen in
dem jetzt in Hebung begriffenen Archipel der Philippinen. Hier würde
die Annahme, dass Strömungen sie gebildet, nicht derselben
Schwierigkeit unterliegen, wie die Voraussetzung einer Senkung; und in der
That sind auch an andern Stellen dieses Archipels Fälle nicht selten,
in welchen die Bildung von Atoll-geformten Riffen oder solchen, die mit der
Zeit dazu werden können, deutlich auf die Einwirkung constanter
Strömung zurückgeführt werden kann.
Die Insel Tigtauan, in zwei Meilen Entfernung von der Ostküste der
Südwestspitze von Mindanao liegend, zeigt an ihrer Westseite, auf
welche der Fluss von Masinloc zuströmt, einen schmalen Canal, welcher
den höheren Rand der niedrigen, ganz aus Korallen bestehenden Insel
durchbricht und in
einen inneren von
Mangrove-Büschen bewachsenen Raum führt, welcher bei Fluth
völlig vom Wasser bedeckt, bei Ebbe grösstentheils trocken gelegt
wird. In den stehenbleibenden Lachen leben schwächlich einige
Astraeenknollen. Eine ähnliche Bildung zeigt die Insel S. Cruz vor
Zamboanga. Wie verschieden das Wachsthum der Korallenknoten ist, je nachdem
ein Strom trüben oder klaren, salzigen oder brackigen, in der einen
oder andern Richtung fliessenden Wassers sie trifft, konnte ich mit wenig
Mühe in der Silangan de Basilan erkennen. Hier sind die beiden Seiten
des Canals, welcher die Insel Malaunavi von Basilan trennt, ganz von
üppig lebenden Korallen bewachsen; aber der heftige Strom, welcher
sowohl bei Ebbe als bei Fluth immer von Ost nach West geht, bedingt durch
die eigenthümlichen topographischen Verhältnisse, verhindert das
Wachsthum der Korallen nach aussen, und zwingt sie, statt in die Breite sich
nur in die Länge nach oben auszudehnen. So sind die Wände des
Canals vollkommen senkrecht. Dort, wo sich durch die Gegenströmungen
des austretenden Baches von Isabela Wirbel und Stillen bilden, häuft
sich Sand und Schlamm an, auf dem ziemlich zahlreiche isolirte
Korallenknollen wachsen, die aber statt in die Höhe sich mehr in die
Breite ausdehnen. Am Westende des Canals theilt eine kleine Insel die
Strömung in zwei Arme. An der Spitze der Insel, welche diese Theilung
bewirkt, finden sich üppig vegetirende Korallen, welchen das hier
ruhige Wasser Wachsthum, sowie in die Breite auch in die Höhe erlaubt;
aber dort wo beiderseits die Ströme die Insel tangiren, wachsen die
Korallen wie vorher in die Höhe, ohne sich in die Breite
auszudehnen.”
Späterer Zusatz. Eine grosse Schwierigkeit
für alle früheren Theorien über Bildung der Korallen war die
Unmöglichkeit zu erklären, wie sie aus den grossen Tiefen der
tropischen Meere heraufbauen konnten. Diese schien durch Darwin’s
Ansicht gehoben zu sein, da die Tiefe, welche die Koralleninseln umgibt,
erst ein Product der Senkung sein sollte. Nach meiner Ansicht würde sie
dagegen wieder in ihr Recht eintreten—wenn nicht seitdem andere
Beobachtungen über das Leben der Thiere in grossen Tiefen hinzugekommen
wären. Ich erinnere hier nur an die Entdeckungen der Neuzeit durch das
Schleppnetz in den nordischen Meeren, an des jüngeren M. Edwards
Angaben über Thiere im Mittelmeere, an die Mittheilungen von Carpenter,
Pourtales etc. Hier kommen mir für meine Meinung hauptsächlich des
Letzteren Beobachtungen erwünscht, weil er nachwies, dass weit ab von
den Florida-Riffen eine Zone mit der Tiefe von 90–300 Faden gefunden
wird, in welcher zahllose Massen von Korallen und Schalentrümmern zu
einem Kalkconglomerat verbunden werden, welches dem der gehobenen
Florida-Riffe sehr ähnlich sieht, und bei fortgesetzter Hebung jener
Gegenden einen trefflichen Boden für die Ansiedlung der eigentlich
riffbildenden Madreporen und Milleporen abgeben kann. Auf das Factum, dass
letztere nur in geringen Tiefen leben, ist absolut kein Gewicht zu legen;
denn es kommt eben nur darauf an, dass in der Zone, in welcher sie leben,
ein hinreichend fester Boden
zu ihrer Ansiedlung
vorhanden ist. Dies aber kann, wie die Beobachtung von Pourtales lehrt, auf
die leichteste Weise durch allmälige Hebung irgend eines
Kalkconglomerates—oder eines vorgebildeten festen
Gesteines—geschehen. Eine scheinbare Schwierigkeit für meine
Ansicht, dass die Korallenriffe sehr wohl während einer Periode der Hebung sich gebildet haben können, liegt in
der Behauptung, dass die echten Barrenriffe sich wie die Atolle nur bis an
die Oberfläche des Meeres oder nur wenig über dieselbe erheben
sollen. Einmal ist dies nicht durchgehends richtig; aber selbst wenn es der
Fall wäre, so gäbe ein solches Factum noch durchaus keinen Grund
ab gegen die Annahme, dass die abschleifende und auflösende Wirkung des
Wogenschlages, der Strömungen und der athmosphärischen
Einflüsse stärker sei, als die erhebende
Kraft. Dass letztere, die vulcanische Kraft, wenn ich so sagen darf,
mitunter stärker ist, als die an der Oberfläche entgegenwirkende,
beweisen die gehobenen Korallenriffe auf den Pelew-Inseln, den Philippinen
etc.; ist sie aber schwächer, so ist eben allen jenen Einwirkungen der
Elemente freies Spiel gelassen, auf deren Complex ich die Bildung der echten
Korallenriffe eher zurückführen möchte, als auf die einzige
Ursache der Senkung ganzer Regionen, wie es Darwin thut.
Anmerkung 2. Für die Zoologen
füge ich über diesen interessanten Krebs noch einige Bemerkungen
hinzu. Der jüngere M. Edwards beschreibt (Maillard, Notes sur
l’isle de la Réunion) einen solchen Krebs, der in einem Loche
einer Maeandrina leben soll, unter dem Gattungsnamen Lithoscaptus. Dass
dieser M.
Edwars’sche
Edward’sche
Krebs, dessen Beschreibung sehr sorgfältig ist, wirklich mit
dem von mir in Gallen verschiedener Korallen
gefundenen generisch übereinstimmt, beweist mir eine philippinische in
dem Loch einer Astraea lebende Art, welche sich nur specifisch von den 2
philippinischen in Gallen lebenden Species trennen
lässt. Dann sehe ich aus einer Notiz von Verrill “Remarkable
Instances of Crustacean Parasitism” in Silliman’s American
Journal July 1867, dass schon Stimpson dieselbe Gattung aus Gallen der
Pocillopora cespitosa unter dem Namen Hapalocarcinus
beschrieben hat. Dieser letztere Name hat also die Priorität vor dem
von M. Edwards. Ob in neuerer Zeit, seit 1865, irgend ein Autor noch
Beobachtungen über diese Krebse mitgetheilt hat, kann ich nicht sagen,
da ich in Bezug auf Literatur hier in Würzburg sehr beschränkt
bin, und die entomologischen Jahresberichte von Gerstäcker so
unregelmässig erscheinen, dass ich bis jetzt immer noch nicht den
zweiten Theil des für 1865–66 herausgegebenen Berichtes erhalten
habe, welcher die Crustaceen enthält.
Anmerkung 3. Ich verweise in Bezug auf
die Lebensweise und Organisation der Holothurien auf mein Werk über
diese Thiergruppe, das als 1. Band des wissenschaftlichen Theiles meines
Reisewerkes erschienen ist.
Anmerkung 4. Ich verweise den Leser,
der sich spezieller über die Tamblegam Perlenmuschel unterrichten will,
auf einen Aufsatz in den Annals of Natural History 1858 Vol. I. pag.
88–91.
Anmerkung 5. Ich kann die Angaben,
welche Wilson in dem einst solches Aufsehen erregenden Buche von Keate
“An Account of the Pelew Islands etc. London 1788” pag.
234–236 über diesen Orden und die bei seiner Verleihung
beobachteten Gebräuche gemacht hat, durchaus bestätigen.
Ueberhaupt möchte ich hier ein Wort für die oft angezweifelte
Glaubwürdigkeit des englischen Seemannes einlegen. Ich für meinen
Theil habe seine Angaben durchweg bestätigt gefunden, und ich finde in
seinen Schilderungen eine solche Wahrheitsliebe, verbunden mit guter
Beobachtungsgabe und Kritik, dass ich wünschen möchte, die
gleichen Eigenschaften in demselben Masse bei allen späteren Reisenden
wiederzufinden. Leider ist dies durchaus nicht der Fall, und während
ich geneigt bin, die schlichten Erzählungen des gut beobachtenden
einfachen Seemannes durchaus als glaubwürdig und richtig anzunehmen,
hat mich auf anderem Boden die eigene Erfahrung gelehrt, wie
oberflächlich und falsch oft die Bemerkungen berühmter Gelehrter
und Reisender sind. Es scheint in der That keine leichte Kunst zu sein,
neben der Gelehrsamkeit sich auch die, ich möchte sagen, unschuldige
Naivität und Beobachtungsgabe zu bewahren, wie sie oft ungelehrten,
aber desswegen auch nicht von grossartigen Theoremen beeinflussten Reisenden
eigen zu sein pflegt. Wilson beschreibt die an ihm selbst vollführte
Ceremonie des Anlegens des Knochenordens, und fügt dann eine kurze
Ermahnung des Königs hinzu, “dass der Knochen täglich von
ihm blank gerieben und als ein Zeichen seines nun angenommenen Ranges
behalten werden müsse; dass dieses Zeichen seiner Würde von ihm
tapfer zu vertheidigen sei und er eher den Tod erdulden müsse, als zu
gestatten, dass man ihm dasselbe abnehme.”
Anmerkung 6. Unter diesem Namen findet
man in den älteren spanischen Schriftstellern den dujong häufig
erwähnt; leider aber sind die über ihn mitgetheilten Notizen so
dürftig—theilweise auch ganz abentheuerlich—, dass
eigentlich daraus nur die frühere bedeutende Häufigkeit des
Thieres zu ersehen ist. Ob die zweifellose Abnahme der Zahl derselben
lediglich auf Rechnung der Verfolgung durch den Menschen zu setzen ist, wird
kaum zu entscheiden sein. Wenn ich den Angaben der Bewohner der Pelew-Inseln
Glauben schenken darf, so muss der dujong im stillen Ocean früher nicht
gerade selten gewesen, jetzt dagegen gänzlich ausgestorben sein. Das
gleiche Schicksal theilt, wie es scheint, das Krokodil (Crocodilus
biporcatus Cav.). Es ist dies, das Meer wie die Seen und
Flüsse gleichzeitig, bewohnende Krokodil ungemein weit verbreitet,
nemlich von den Mascarenen an bis nach Nord-Australien und den Fidji-Inseln
(S. Strauch, Synopsis der gegenwärtig lebenden Crocodiliden pag. 53).
Kotzebue fand es auf seiner Reise um die Welt (Bd. III. pag. 189) auch auf
den Pelew-Inseln. Während meines zehnmonatlichen Aufenthaltes dort im
Jahr 1862 hörte ich weder von einem Unglück, noch von dem Fang
eines solchen Thieres; ein halb zerschlagener Schädel war das Einzige,
was ich dort fand. Auch sagten mir die Eingebornen auf Befragen, dass das
Thier jetzt sehr selten geworden sei.
Anmerkung 7. Bei der Einfahrt in den
Fluss Pasig ziehen diese mächtigen Netze mit den hochgestellten
Hebelbäumen, an denen sie sich bewegen, gleich die Aufmerksamkeit des
Reisenden auf sich. Sie bilden hier in der That eines der am meisten
charakteristischen Momente. Der ganze Hebelapparat steht auf einem grossen
von Bambusrohren gebauten Floss, auf welchem sich der Fischer mit seiner
Familie häuslich für Tage und Wochen niederlässt. Eine
leichtgebaute Hütte gewährt ihnen Schutz gegen Regen und Sonne,
und seine Fischmahlzeit mit Reis kocht er sich dicht daneben in freier Luft.
III. Skizze.—Das Klima und das organische Leben.
Anmerkung 1. Ich theile hier mit
gütiger Erlaubnis des Herrn Prof. Karsten in
Kiel den nachfolgenden Aufsatz in extenso mit, lasse dabei jedoch die
graphische Darstellung der allgemeineren Resulate fort, die ich in meinem
Reisewerke zugleich mit dem wiederabgedruckten Aufsatz geben werde.
Ueber das Klima der Philippinen.
Von Prof. G. Karsten in Kiel.
Die Beobachtungsresultate von den Philippinen, welche im
Folgenden zusammengestellt sind, gründen sich auf das
von Herrn Dr. Semper hergestellte
Material. Die einzelnen Beobachtungsreihen sind die
folgenden:
1) Sta. Ana bei Manila, die ausgedehnteste Reihe,
welche nach der Lage des Ortes und wie auch aus den
Resultaten der einzelnen Jahre sich ergibt, sehr
gute Mittelwerthe liefert, so dass Sta. Ana als
Normalort für die übrigen Punkte
betrachtet werden kann. Die Beobachtungen umfassen
die Zeit vom Februar 1859 bis September 1862. Sehr
vollständig sind Temperaturen, Winde, die
Niederschläge und die Psychrometer. Das
Barometer ist nur ein Jahr hindurch notirt.
Ausserdem finden sich Nebenbemerkungen über die
Himmelsansicht, Form der Niederschläge,
Gewitter und Erdbeben.
2) St. Miguel bei Manila, Januar bis Mitte
März 1863.
3) Bohol, südlich von Manila, 15 Monate, von
Oct. 1863 bis Dec. 1864.
4) Kürzere Reihen und Notizen des
Reisejournals von nordwärts Manila und zum
Theil hoch gelegenen Orten: Cagayan, Mancayan,
Benguet, Calumpit u. s. f. Die Beobachtungen von
Benguet etwa 4000′ über dem Meere sind
spanische zu den Stunden 7, 2, 9 angestellt. Ebenso
sind die Beobachtungen von Calumpit spanische. Eine
kleine Beobachtungsreihe (Thermometer und Barometer)
von Mr. Green von October 1851 bis December 1852 in
Binondo (zwischen Häusern). Desgl. eine Reihe
Thermometer- und
Barometerbeobachtungen für 1860 von Aguirre aus
Manila.
Ich beschränke mich im Wesentlichen auf die Reihe 1 und
werde nur einige Bemerkungen über das sonstige Material
hinzufügen. Die Beobachtungszeiten waren 6, 2, 10, so
dass nach Anbringung der für die Instrumente
ermittelten Correktion die Mittelwerthe direkt als das
arithmetische Mittel genommen werden konnten.
I. Monatswerthe von Temperatur, Barometer,
Dunstdruck, relativer Feuchtigkeit und mittlerer
Windrichtung zu Sta. Ana (Manila) in der
Zeit vom April 1859 bis September 1862.
|
Temperatur. |
Barometer. |
Dunstdr. |
Druck der trocknen Luft. |
Relative
Feuchtigkeit |
Niederschlag |
Mittlere Windrichtung.
|
|
Mittel. |
Maximum. |
Minimum. |
Mittel. |
Maximum. |
Minimum. |
|
|
Tag |
t |
Tag |
t |
|
Tag |
b |
Tag |
b |
par.‴ |
$%$ |
par.‴ |
1859 |
April |
20.82 |
25 |
28.0 |
5 |
15.0 |
|
|
|
|
|
— |
|
— |
— |
S 77° 34′
O |
Mai |
22.50 |
13 |
27.5 |
14 |
19.0 |
|
|
|
|
|
— |
|
— |
— |
N 45 0 W |
Juni |
22.36 |
1 |
27.5 |
29 |
19.1 |
|
|
|
|
|
9.32 |
|
76.0 |
— |
N 76 25 W |
Juli |
21.52 |
7 |
26.6 |
12 |
17.8 |
335.63 |
15 |
336.58 |
27 |
334.11 |
9.48 |
|
82.6 |
263.923 |
S 45 0 W |
August |
21.51 |
25 |
27.0 |
7 |
17.2 |
|
|
|
|
|
9.48 |
|
83.8 |
175.086 |
S 66 55 W |
Septbr. |
21.20 |
30 |
25.0 |
3 |
18.0 |
|
|
|
|
|
9.64 |
|
85.1 |
125.621 |
S 7 53 W |
Octbr. |
20.44 |
26 |
24.0 |
1 |
18.0 |
|
|
|
|
|
9.42 |
|
87.6 |
220.575 |
N 83 59 O |
Novbr. |
20.39 |
21 |
24.1 |
4 |
17.7 |
|
|
|
|
|
9.03 |
|
83.7 |
80.674 |
S 54 44 W |
Decbr. |
19.47 |
1 |
23.4 |
18 |
14.7 |
|
|
|
|
|
8.26 |
|
81.9 |
50.837 |
N 45 0 O |
1860 |
Januar |
19.25 |
19 |
23.1 |
9 |
14.6 |
|
|
|
|
|
7.72 |
|
78.7 |
12.486 |
N 39 57 O |
Febr. |
20.06 |
28 |
25.3 |
5 |
15.4 |
|
|
|
|
|
8.21 |
|
75.7 |
29.652 |
S 45 0 W |
März |
20.58 |
28 |
27.0 |
2 |
13.7 |
|
|
|
|
|
7.82 |
|
72.4 |
9.488 |
N 45 0 O |
April |
21.56 |
4 |
27.7 |
28 |
17.0 |
|
|
|
|
|
8.24 |
|
72.6 |
38.604 |
N 46 58 O |
Mai |
22.05 |
9 |
28.8 |
14 |
16.3 |
|
|
|
|
|
8.70 |
|
73.2 |
68.472 |
S 72 52 O |
Juni |
21.74 |
6 |
27.7 |
3 |
17.7 |
|
|
|
|
|
9.42 |
|
80.8 |
156.192 |
S 33 2 W |
Juli |
21.27 |
2 |
26.8 |
20 |
17.0 |
|
|
|
|
|
9.43 |
|
83.5 |
97.176 |
S 22 44 W |
August |
21.82 |
18 |
26.5 |
11 |
18.1 |
|
|
|
|
|
9.75 |
|
82.8 |
96.492 |
S 45 0 W |
Sept. |
21.21 |
4 |
25.9 |
24 |
17.6 |
|
|
|
|
|
9.58 |
|
83.5 |
257.136 |
S 42 14 W |
Oct. |
21.26 |
26 |
25.5 |
30 |
15.4 |
|
|
|
|
|
9.37 |
|
83.9 |
49.128 |
S 69 53 O |
Nov. |
20.16 |
2 |
24.6 |
26 |
12.7 |
|
|
|
|
|
8.27 |
|
79.5 |
18.408 |
N 71 15 O |
Dec. |
19.63 |
11 |
24.6 |
1 |
12.1 |
|
|
|
|
|
7.82 |
|
78.1 |
19.812 |
N 45 0 O |
Jahr |
20.72 |
1861 |
Jan. |
19.45 |
31 |
24.2 |
18 |
14.2 |
|
|
|
|
|
7.99 |
|
79.2 |
22.980 |
N 39 28 O |
Febr. |
20.18 |
17 |
25.0 |
23 |
14.5 |
|
|
|
|
|
7.87 |
|
75.5 |
12.552 |
N 57 26 O |
März |
20.97 |
28 |
26.1 |
12 |
14.5 |
|
|
|
|
|
7.98 |
|
71.8 |
9.288 |
S 83 13 O |
April |
22.22 |
8 |
26.5 |
10 |
14.6 |
|
|
|
|
|
8.83 |
|
72.5 |
26.268 |
S 48 50 O
|
Mai |
(—) |
— |
— |
— |
|
|
|
|
— |
— |
— |
43.974 |
— |
Juni |
21.46 |
17 |
26.2 |
22 |
18.0 |
|
|
|
|
|
9.15 |
|
80.3 |
66.192 |
S 33 29 O |
Juli |
21.59 |
4 |
25.5 |
21 |
18.0 |
|
|
|
|
|
9.34 |
|
81.2 |
66.528 |
S 18 14 W |
August |
21.18 |
10 |
25.5 |
15 |
18.1 |
|
|
|
|
|
9.52 |
|
84.2 |
457.788 |
S 43 52 W |
Sept. |
21.05 |
13 |
24.4 |
4 |
17.8 |
|
|
|
|
|
9.75 |
|
87.1 |
198.516 |
S 45 0 W |
Oct. |
20.67 |
8 |
24.1 |
14 |
16.9 |
335.96 |
28 |
337.30 |
11 |
332.56 |
9.30 |
326.66 |
85.2 |
80.100 |
N 53 52 O |
Nov. |
20.10 |
10 |
24.1 |
27 |
14.4 |
36.86 |
26 |
37.83 |
12 |
35.88 |
8.17 |
28.69 |
78.7 |
7.500 |
N 5 31 W |
Dec. |
19.35 |
18 |
24.0 |
27 |
14.6 |
37.68 |
7 |
39.12 |
2 |
35.57 |
7.48 |
30.20 |
76.7 |
9.408 |
N 61 1 O |
Jahr |
(20.80) |
1862 |
Jan. |
19.19 |
31 |
23.8 |
24 |
14.5 |
37.76 |
14 |
39.12 |
8 |
36.01 |
7.27 |
30.39 |
74.9 |
6.912 |
N 25 34 O |
Febr. |
19.60 |
5 |
23.9 |
19 |
13.9 |
37.56 |
10 |
38.93 |
5 |
36.11 |
7.86 |
29.70 |
78.7 |
56.232 |
N 39 47 W |
März |
20.46 |
28 |
24.5 |
18 |
15.7 |
37.81 |
8 |
38.98 |
31 |
35.97 |
7.42 |
30.39 |
73.1 |
3.156 |
N 90 0 O |
April |
22.00 |
20 |
26.0 |
22 |
17.1 |
37.27 |
22 |
38.19 |
9 |
36.01 |
7.95 |
29.32 |
67.0 |
0.456 |
S 45 0 O |
Mai |
22.75 |
22 |
27.4 |
2 |
17.2 |
37.10 |
31 |
38.27 |
27 |
34.68 |
8.64 |
28.46 |
69.1 |
19.476 |
S 9 10 W |
Juni |
22.35 |
10 |
27.1 |
22 |
18.4 |
36.95 |
2 |
38.23 |
5 |
35.39 |
9.50 |
27.45 |
77.1 |
91.908 |
S 40 29 W |
Juli |
21.51 |
1 |
25.2 |
14 |
18.6 |
36.92 |
8 |
38.41 |
24 |
34.46 |
9.73 |
27.19 |
84.2 |
158.436 |
S 45 0 W |
August |
21.49 |
3 |
24.6 |
16 |
18.3 |
36.90 |
18 |
38.23 |
6 |
34.07 |
9.71 |
27.19 |
84.1 |
234.084 |
S 46 6 W |
Sept. |
21.27 |
21 |
24.7 |
4 |
18.1 |
37.15 |
27 |
38.50 |
23 |
35.00 |
9.69 |
27.46 |
85.8 |
153.288 |
S 50 36 W |
Die Oscillationen um diese Mittelwerthe ergeben sich aus den
Zusammenstellungen über die einzelnen
Witterungsfaktoren, die ich hieran anschliesse.
A. Die Temperaturen.
Obwohl die Beobachtungsreihe zu kurz ist, um schon die 5
tägigen Mittel genau zu geben, führe ich
dieselben doch zunächst auf, um den Gang der
Wärme ausführlicher zu zeigen. Darauf folgen
die extremen Temperaturwerthe in den einzelnen Monaten,
sodann die Mittelwerthe der Monats- und
Jahrestemperaturen nebst den Abweichungen von den
Mittelwerthen. Endlich eine kleine Tafel über die
Temperatur des Wassers in einem Brunnen, welche ein Jahr
lang gemessen worden ist.
II. Fünftägige Mittelwerthe der
Lufttemperatur °R zu Sta. Ana (Manila)
für die Zeit vom 1. April 1859 bis 2. October
1862.
|
1859 |
1860 |
1861 |
1862 |
Mittel. |
Grösste Abweichung
vom Mittel. |
1–5 Jan. |
— |
18.81 |
19.30 |
19.32 |
19.14 |
-0.33 |
6–10 |
— |
18.59 |
19.97 |
18.85 |
19.14 |
-0.83 |
11–15 |
— |
19.14 |
19.27 |
19.13 |
19.18 |
+0.09 |
16–20 |
— |
19.56 |
18.94 |
19.11 |
19.17 |
+0.39 |
21–25 |
— |
19.53 |
19.36 |
19.08 |
19.32 |
-0.24 |
26–30 |
— |
19.89 |
19.55 |
19.49 |
19.64 |
+0.25 |
31–4 Febr. |
— |
19.30 |
20.16 |
19.91 |
19.79 |
-0.49 |
5–9 |
— |
19.20 |
20.94 |
20.52 |
20.22 |
-1.02 |
10–14 |
— |
20.36 |
20.76 |
19.56 |
20.23 |
-0.67 |
15–19 |
— |
20.08 |
20.42 |
18.93 |
19.81 |
-0.88 |
20–24 |
— |
20.47 |
19.60 |
18.85 |
19.64 |
-0.83 |
25–1 März |
— |
20.77 |
19.29 |
20.48 |
20.18 |
-0.89 |
2–6 |
— |
20.54 |
20.95 |
20.41 |
20.63 |
+0.32 |
7–11 |
— |
20.50 |
20.88 |
20.27 |
20.55 |
+0.33 |
12–16 |
— |
20.60 |
19.64 |
20.21 |
20.15 |
-0.51 |
17–21 |
— |
19.80 |
21.22 |
20.15 |
20.39 |
+0.83 |
22–26 |
— |
20.70 |
21.51 |
20.58 |
20.93 |
+0.58 |
27–31 |
— |
21.33 |
21.85 |
21.02 |
21.40 |
+0.45 |
1–5 April |
19.11! |
21.46 |
21.70 |
21.53 |
20.95 |
-1.84! |
6–10 |
21.28 |
21.10 |
22.29 |
21.98 |
21.66 |
+0.63 |
11–15 |
20.43 |
22.32 |
22.61 |
22.00 |
21.96 |
-1.03 |
16–20 |
20.48 |
21.43 |
22.54 |
22.40 |
21.71 |
-1.23 |
21–25 |
22.39 |
21.63 |
21.69 |
22.13 |
21.96 |
+0.43 |
26–30 |
20.74 |
21.44 |
22.99 |
21.97 |
21.79 |
+1.20 |
1–5 Mai |
22.40 |
21.67 |
— |
22.09 |
22.05 |
-0.38 |
6–10 |
22.33 |
22.57 |
— |
22.23 |
22.38 |
+0.19 |
11–15 |
22.25 |
22.33 |
— |
22.69 |
22.42 |
+0.27 |
16–20 |
22.60 |
22.40 |
— |
23.31 |
22.77 |
+0.45 |
21–25 |
23.23 |
21.80 |
— |
23.28 |
22.77 |
-0.97 |
26–30 |
22.51 |
21.60 |
— |
22.85 |
22.32 |
-0.72 |
31–4 Juni |
22.82 |
22.07 |
— |
22.98 |
22.62 |
-0.55 |
5–9 |
21.97 |
22.23 |
— |
22.98 |
22.39 |
+0.59 |
10–14 |
22.62 |
21.70 |
21.52 |
22.11 |
21.99 |
+0.63 |
15–19 |
21.84 |
22.16 |
22.14 |
21.81 |
21.99 |
-0.18 |
20–24 |
22.41 |
21.32 |
21.64 |
22.25 |
21.91 |
-0.59 |
25–29 |
22.23 |
21.00 |
20.69 |
22.24 |
21.54 |
-0.85 |
30–4 Juli |
22.07 |
22.10 |
21.93 |
21.94 |
22.01 |
+0.09 |
5–9 |
22.58 |
21.38 |
21.86 |
20.88 |
21.68 |
+0.90 |
10–14 |
21.58 |
21.48 |
22.19 |
21.23 |
21.62 |
+0.57 |
15–19 |
21.56 |
20.95 |
21.01 |
21.07 |
21.15 |
+0.41 |
20–24 |
20.94 |
21.03 |
21.33 |
21.28 |
21.15 |
-0.21 |
25–29 |
21.04 |
20.89 |
21.27 |
22.43 |
21.41 |
-0.52 |
30–3 Aug. |
20.72 |
21.03 |
21.32 |
22.38 |
21.34 |
+1.06 |
4–8 |
21.69 |
21.69 |
21.55 |
21.51 |
21.61 |
+0.08 |
9–13 |
20.96 |
21.57 |
22.03 |
21.91 |
21.62 |
+0.41 |
14–18 |
21.43 |
21.88 |
20.88 |
20.34 |
21.13 |
-0.79 |
19–23 |
21.36 |
21.89 |
21.77 |
21.47 |
21.62 |
-0.26 |
24–28 |
21.45 |
22.19 |
20.33 |
21.69 |
21.42 |
-1.09 |
29–2 Sept. |
20.73 |
21.81 |
20.54 |
22.25 |
21.33 |
+0.92 |
3–7 |
21.26 |
21.77 |
20.55 |
21.55 |
21.28 |
-0.73 |
8–12 |
21.38 |
21.93 |
21.55 |
21.35 |
21.55 |
+0.38
|
13–17 Sept. |
21.31 |
21.77 |
20.80 |
21.04 |
21.23 |
-0.43 |
18–22 |
21.36 |
20.50 |
21.60 |
21.19 |
21.18 |
-0.68 |
23–27 |
20.80 |
20.57 |
20.98 |
20.72 |
20.77 |
+0.21 |
28–2 Oct. |
21.07 |
20.43 |
20.69 |
20.61 |
20.70 |
+0.37 |
3–7 |
20.63 |
21.19 |
20.75 |
— |
20.86 |
+0.33 |
8–12 |
20.26 |
20.93 |
21.46 |
— |
20.88 |
-0.62 |
13–17 |
19.49 |
21.16 |
20.41 |
— |
20.35 |
-0.86 |
18–22 |
20.35 |
21.77 |
20.58 |
— |
20.90 |
+0.87 |
23–27 |
20.89 |
21.35 |
20.37 |
— |
20.87 |
+0.48 |
28–1 Nov. |
21.06 |
21.49 |
20.35 |
— |
20.97 |
-0.62 |
2–6 |
20.81 |
20.61 |
20.80 |
— |
20.74 |
-0.13 |
7–11 |
20.08 |
20.49 |
20.89 |
— |
20.49 |
+0.40 |
12–16 |
20.29 |
19.88 |
20.11 |
— |
20.09 |
-0.21 |
17–21 |
20.25 |
19.70 |
20.07 |
— |
20.01 |
-0.31 |
22–26 |
20.26 |
20.46 |
19.51 |
— |
20.08 |
-0.57 |
27–1 Dec. |
20.29 |
19.19 |
18.87 |
— |
19.45 |
+0.84 |
2–6 |
19.69 |
19.53 |
18.72 |
— |
19.31 |
-0.59 |
7–11 |
19.95 |
21.02 |
19.25 |
— |
20.07 |
+0.95 |
12–16 |
19.86 |
19.95 |
19.84 |
— |
19.88 |
+0.07 |
17–21 |
18.15 |
19.13 |
19.85 |
— |
19.04 |
-0.89 |
22–26 |
19.49 |
19.19 |
19.48 |
— |
19.39 |
-0.20 |
27–31 |
19.72 |
19.10 |
19.13 |
— |
19.32 |
+0.40 |
Die grössten Abweichungen der 5 tägigen Mittel
in den einzelnen Jahren gegen den Durchschnittswerth
betragen hiernach etwa 1°; nur die Pentade
1–5 April macht eine Ausnahme, indessen ist der
niedrige Werth unsicher, weil in den
Originalbeobachtungen ein Tag fehlt.
Die auf Sta. Ana als Normalort zu reducirenden einzelnen
Beobachtungen werden daher mit einer Unsicherheit von
etwa 1° R. behaftet sein.
Der Gang der Temperatur ist bemerkenswerth besonders
durch die frühe Entwickelung des Wärmemaximums
in der Zeit vom 16. bis 25. Mai. Das Jahresminimum
fällt in die erste Hälfte des Januar und ein
zweites kurz andauerndes Minimum in den December. Es ist
zu bedauern, dass gerade für die Feststellung der
Extreme die Sicherheit wegen des Fehlens eines der vier
Beobachtungsjahre vermindert ist.
III. Mittlere Monatstemperaturen und Extreme
der Monatstemperaturen zu Sta. Ana vom April 1859
bis September 1862.
|
1859 |
1860 |
1861 |
1861 |
Durchschnitt. |
Abweichung. |
Januar. |
Monatsmittel |
— |
19.25 |
19.45 |
19.19 |
19.30 |
+0.15 |
Maximum |
— |
23.1 |
24.4 |
24.0 |
23.8 |
-0.7 |
Minimum |
— |
14.6 |
14.0 |
14.3 |
14.3 |
+0.3 |
Differenz |
— |
8.5 |
10.4 |
9.7 |
9.5 |
-1.0
|
Februar. |
Monatsmittel |
— |
20.06 |
20.18 |
19.60 |
19.95 |
-0.35 |
Maximum |
— |
24.6 |
25.2 |
24.1 |
24.6 |
+0.6 |
Minimum |
— |
15.6 |
14.3 |
13.7 |
14.5 |
+1.1 |
Differenz |
— |
9.0 |
10.9 |
10.4 |
10.1 |
+0.8 |
März. |
Monatsmittel |
— |
20.58 |
20.97 |
20.46 |
20.67 |
+0.30 |
Maximum |
— |
26.1 |
26.3 |
24.7 |
25.7 |
-1.0 |
Minimum |
— |
13.9 |
14.3 |
15.5 |
14.6 |
+0.9 |
Differenz |
— |
12.2 |
12.0 |
9.2 |
11.1 |
-1.9 |
April. |
Monatsmittel |
20.82 |
21.56 |
22.22 |
22.00 |
21.65 |
-0.83 |
Maximum |
28.0 |
26.8 |
26.7 |
26.2 |
26.9 |
+1.1 |
Minimum |
15.0 |
17.2 |
17.4 |
16.9 |
16.3 |
-1.3 |
Differenz |
13.0 |
9.6 |
9.3 |
9.3 |
10.3 |
+2.7 |
Mai. |
Monatsmittel |
22.50 |
22.05 |
— |
22.75 |
22.43 |
+0.32 |
Maximum |
27.5 |
27.9 |
— |
27.6 |
27.7 |
+0.2 |
Minimum |
19.0 |
16.5 |
— |
17.0 |
17.5 |
1.5 |
Differenz |
8.5 |
11.4 |
— |
10.6 |
10.2 |
-1.7 |
Juni. |
Monatsmittel |
22.36 |
21.74 |
21.46 |
22.35 |
21.98 |
-0.52 |
Maximum |
27.5 |
26.8 |
26.4 |
27.3 |
27.0 |
-0.6 |
Minimum |
19.1 |
17.9 |
17.8 |
18.2 |
18.3 |
+0.8 |
Differenz |
8.4 |
8.9 |
8.6 |
9.1 |
8.7 |
+0.4 |
Juli. |
Monatsmittel |
21.52 |
21.27 |
21.59 |
21.51 |
21.47 |
-0.20 |
Maximum |
26.6 |
25.9 |
25.7 |
25.4 |
25.9 |
+0.7 |
Minimum |
17.8 |
17.1 |
17.8 |
18.4 |
17.8 |
-0.7 |
Differenz |
8.8 |
8.8 |
7.9 |
7.0 |
8.1 |
-1.1 |
August. |
Monatsmittel |
21.51 |
21.82 |
21.18 |
21.49 |
21.50 |
0.32 |
Maximum |
27.0 |
25.6 |
25.7 |
24.8 |
25.8 |
+1.2 |
Minimum |
17.2 |
18.3 |
17.9 |
18.3 |
17.9 |
-0.7 |
Differenz |
9.8 |
7.3 |
7.8 |
6.5 |
7.9 |
1.4 |
Septbr. |
Monatsmittel |
21.20 |
21.21 |
21.05 |
21.27 |
21.18 |
-0.13 |
Maximum |
25.0 |
25.0 |
24.6 |
24.9 |
24.9 |
-0.3 |
Minimum |
18.0 |
17.8 |
17.6 |
17.9 |
17.8 |
0.2 |
Differenz |
7.0 |
7.2 |
7.0 |
7.0 |
7.1 |
0.1 |
October. |
Monatsmittel |
20.44 |
21.26 |
20.67 |
— |
20.79 |
+0.47 |
Maximum |
24.0 |
24.6 |
24.3 |
— |
24.3 |
0.3 |
Minimum |
18.0 |
15.6 |
16.7 |
— |
16.8 |
1.2 |
Differenz |
6.0 |
9.0 |
7.6 |
— |
7.5 |
1.5 |
Novbr. |
Monatsmittel |
20.39 |
20.16 |
20.10 |
— |
20.22 |
+0.17 |
Maximum |
24.1 |
23.7 |
24.3 |
— |
24.0 |
0.3 |
Minimum |
17.7 |
12.9 |
14.2 |
— |
14.9 |
+2.8 |
Differenz |
6.4 |
10.8 |
10.1 |
— |
9.1 |
-2.9 |
Decbr. |
Monatsmittel |
19.47 |
19.63 |
19.35 |
— |
19.48 |
+0.15 |
Maximum |
23.4 |
23.7 |
24.2 |
— |
23.8 |
0.4 |
Minimum |
14.7 |
12.3 |
14.4 |
— |
13.8 |
-1.5 |
Differenz |
8.7 |
11.4 |
9.8 |
— |
10.0 |
+1.4 |
Die Werthe aus dieser Tafel anders geordnet, um die
Uebersicht der Schwankungen der einzelnen Jahre und die
Jahresmittel zu gewinnen, ergeben die folgende Tabelle:
IV.
|
1859 |
1860 |
1861 |
1863 |
Monats-Mittel |
Grösste Abweichung. |
Mittleres Maximum. |
Mittleres Minimum. |
Differenz. |
Absolutes t |
Maxim. Jahr. |
Absolutes t |
Min. Jahr. |
Januar |
(19.30) |
19.25 |
19.45 |
19.19 |
19.30 |
0.15 |
23.8 |
14.3 |
9.5 |
24.4 |
1861 |
14.0 |
1861 |
Februar |
(19.95) |
20.06 |
20.18 |
19.60 |
19.95 |
0.35 |
24.6 |
14.5 |
10.1 |
25.2 |
1861 |
13.7 |
1862 |
März |
(20.67) |
20.58 |
20.97 |
20.46 |
20.67 |
0.30 |
25.7 |
14.6 |
11.1 |
26.3 |
1861 |
13.9 |
1860 |
April |
20.82 |
21.56 |
22.22 |
22.00 |
21.65 |
0.83 |
26.9 |
16.6 |
10.3 |
28.0 |
1859 |
15.0 |
1859 |
Mai |
22.50 |
22.05 |
(22.43) |
22.75 |
22.43 |
0.32 |
27.7 |
17.5 |
10.2 |
27.9 |
1860 |
16.5 |
1860 |
Juni |
22.36 |
21.74 |
21.46 |
22.35 |
21.98 |
0.38 |
27.0 |
18.3 |
8.7 |
27.5 |
1859 |
17.8 |
1861 |
Juli |
21.52 |
21.27 |
21.59 |
21.51 |
21.47 |
0.20 |
25.9 |
17.8 |
8.1 |
26.6 |
1859 |
17.1 |
1860 |
August |
21.51 |
21.82 |
21.18 |
21.49 |
21.50 |
0.32 |
25.8 |
17.9 |
7.9 |
27.0 |
1859 |
17.2 |
1859 |
September |
21.20 |
21.21 |
21.05 |
21.27 |
21.18 |
0.13 |
24.9 |
17.8 |
7.1 |
25.0 |
1860 |
17.6 |
1861 |
October |
20.44 |
21.26 |
20.67 |
(20.79) |
20.79 |
0.47 |
24.3 |
16.8 |
7.5 |
24.6 |
1860 |
15.6 |
1860 |
November |
20.39 |
20.16 |
20.10 |
(20.22) |
20.22 |
0.17 |
24.0 |
14.9 |
9.1 |
24.3 |
1861 |
12.9 |
1860 |
December |
19.47 |
19.63 |
19.35 |
(19.48) |
19.48 |
0.15 |
23.8 |
13.8 |
10.0 |
24.2 |
1861 |
12.3 |
1860 |
Jahr |
20.844 |
20.882 |
20.887 |
20.926 |
20.885 |
0.041 |
25.37 |
16.23 |
9.14 |
28.0 |
1859 |
12.3 |
1860 |
Grösste Differenz im
Jahre |
3.20 |
2.80 |
3.08 |
3.56 |
3.13 |
V. Mittlere Temperatur des Brunnenwassers
verglichen mit der der Luft.
|
1861 |
1862 |
Mittel. |
|
Brunnen |
Luft |
Brunnen |
Luft |
Brunnen |
Luft |
Januar |
— |
— |
20.0 |
19.19 |
20.0 |
19.19 |
Februar |
— |
— |
20.0 |
19.60 |
20.0 |
19.60 |
März |
— |
— |
20.4 |
20.46 |
20.4 |
20.46 |
April |
21.2 |
22.22 |
20.9 |
22.00 |
21.05 |
22.11 |
Mai |
— |
— |
21.2 |
22.75 |
21.2 |
22.75 |
Juni |
— |
— |
21.2 |
22.35 |
21.2 |
22.35 |
Juli |
21.6 |
21.59 |
21.3 |
21.51 |
21.45 |
21.55 |
August |
21.6 |
21.18 |
21.5 |
21.49 |
21.55 |
21.34 |
September |
21.2 |
21.05 |
21.2 |
21.27 |
21.2 |
21.12 |
October |
21.1 |
20.67 |
— |
— |
21.1 |
20.67 |
November |
20.8 |
20.10 |
— |
— |
20.8 |
20.10 |
December |
20.5 |
19.35 |
— |
— |
20.5 |
19.35 |
Jahr |
|
|
|
|
20.87 |
20.88 |
Die Monatstemperaturen wird man, wie aus obigen Tafeln
hervorgeht, durch die vorliegenden Beobachtungen bis auf
eine Fehlergrenze von etwa 0°,3 R. sicher bestimmt
halten dürfen. Nur der Aprilmonat macht eine
Ausnahme, indem hier die Sicherheit bis auf 0°,83
vermindert ist, eine zweite etwas stärkere als die
mittlere Schwankung tritt im October mit 0°,47 ein.
Ohne Zweifel hängt dies mit dem in den genannten
Monaten eintretenden, sich aber in den verschiedenen
Jahren etwas verschiebenden Umsetzen der
Hauptwindrichtung zusammen, indem im April der Uebergang
aus dem NO. des Winters in den SW. des Sommers liegt und
im October der N. wieder einfällt.
Der wärmste Monat (Mai) und der kälteste
(Januar) weichen nur 3°,13 durchschnittlich von
einander ab und diese Differenz schwankt in den
einzelnen Jahren um keinen halben Grad.
Das absolute Maximum (28°) fällt zwar einmal in
den April, sonst liegt aber mit grosser
Regelmässigkeit das Maximum der Wärme im Mai
mit durchschnittlich 27°7. Das absolute Minimum
sowohl wie der durchschnittlich kleinste Werth der
Minima fällt in den December, dessen kürzere
Kälteperiode also intensiver ist als die
längere des Januar.
Das Jahresmittel zeigt sich sowohl in den einzelnen
Jahren so übereinstimmend als auch durch die
Vergleichung der Luft- und Wassertemperatur so
gleichmässig festgestellt, dass dasselbe als
völlig genau mit 20°,88 bestimmt anzusehen
ist.
B. Luftdruck.
Barometerbeobachtungen liegen allerdings wie Tab. I zeigt
nur vor einem Jahresumfang vor; indessen werden
dieselben auch als ziemlich gute
Mittelwerthe anzusehen sein, da die
Schwankungen des Luftdrucks überhaupt nicht
bedeutend sind.
Die folgende Tafel wiederholt die Werthe aus Tab. I unter
Hinzufügung des Werthes der extremsten Schwankungen
im Laufe des Monats und des Tages.
VI. Luftdruck zu Sta. Ana. paris.
‴
|
Barometer-Mittel |
Grösste
Monatsschwankung |
Grösste
Tagesschwankung |
Druck der trocknen Luft |
Grösste
Monatsschwankung |
Grösste
Tagesschwankung |
Januar |
337.76 |
3.11 |
1.59 |
330.49 |
4.37 |
2.24 |
Februar |
7.55 |
2.82 |
1.99 |
29.69 |
3.64 |
3.21 |
März |
7.80 |
3.01 |
1.06 |
30.38 |
4.19 |
1.13 |
April |
7.29 |
2.18 |
1.59 |
29.75 |
2.79 |
1.67 |
Mai |
7.11 |
3.59 |
1.86 |
28.47 |
3.63 |
0.63 |
Juni |
6.93 |
2.84 |
1.86 |
27.43 |
3.07 |
0.91 |
Juli |
6.93 |
3.95 |
1.33 |
27.20 |
4.30 |
2.51 |
August |
6.95 |
4.16 |
1.55 |
27.24 |
4.71 |
1.90 |
September |
7.32 |
3.50 |
1.33 |
27.63 |
4.50 |
1.88 |
October |
5.96 |
4.74 |
1.51 |
26.66 |
5.68 |
1.06 |
November |
6.86 |
1.95 |
1.24 |
28.69 |
3.90 |
1.18 |
December |
7.68 |
3.55 |
1.46 |
30.20 |
4.45 |
0.69 |
Jahr |
337.18 |
|
|
328.65 |
|
|
Winter |
7.66 |
|
|
30.13 |
|
|
Frühling |
7.40 |
|
|
29.53 |
|
|
Sommer |
6.94 |
|
|
27.29 |
|
|
Herbst |
6.71 |
|
|
27.66 |
|
|
Der Gang des Luftdruckes bezeichnet sichtlich die beiden
Hauptwindrichtungen des Jahres, selbst das Barometer
lässt dies erkennen, auch ohne Rücksicht auf
die durch die Dunstspannung bewirkte theilweise
Ausgleichung. Schärfer wird dies in dem Gange des
Druckes der trocknen Luft ausgedrückt. Den vollen
Gegensatz erhält man erst, indem man die Monate mit
überwiegend herrschendem NO. im Uebergang von
November bis April dann mit herrschenden SW. (im
Uebergang) von Mai bis October zusammenfasst, dann sind
vom Nov. an die aufeinander folgenden Mittelwerthe des
Drucks der trocknen Luft: 329.79; 329.94; 327.70;
327.18.
Die grosse Gleichmässigkeit des Klimas ist in den
geringfügigen Schwankungen des Luftdrucks
ausgesprochen.
C. Luftfeuchtigkeit und Hydrometeore.
Die Mittelwerthe für die Dunstspannung und relative
Feuchtigkeit und die Summen des Niederschlags sind
bereits in Tab. I enthalten.
Zur Uebersichtlichkeit der Durchschnittswerthe sind die
folgenden Tabellen dienend, in denen die Extreme
hinzugefügt sind und zugleich die mit den
Hydrometeoren unmittelbar zusammenhängenden
Erscheinungen aufgeführt werden.
VII. Luftfeuchtigkeit und Hydrometeore in den
Jahren 1869–62 zu Sta. Ana für die einzelnen Monate
zusammengestellt.
|
Dunstspannung. |
Relative Feuchtigkeit. |
Niederschlag |
Anzahl der Tage mit |
Gewitter |
Wetterleuchten. |
|
Mittel |
Max |
Min |
Diff |
Mittel |
Max |
Min |
Diff |
‴paris. |
Nebel |
Regen |
Hagel |
nah |
entf. |
Januar |
1859 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
1860 |
7.72 |
9.59 |
5.93 |
3.66 |
78.7 |
93 |
50 |
43 |
12.486 |
3 |
6 |
0 |
0 |
0 |
0 |
1861 |
7.99 |
9.50 |
6.34 |
3.16 |
79.2 |
96 |
49 |
47 |
22.980 |
3 |
8 |
0 |
0 |
0 |
1 |
1862 |
7.27 |
9.06 |
5.87 |
3.19 |
74.9 |
96 |
40 |
56 |
6.912 |
1 |
6 |
0 |
0 |
0 |
0 |
Durchschn. |
7.66 |
9.38 |
6.05 |
3.33 |
77.6 |
95 |
46 |
49 |
14.126 |
2.3 |
6.7 |
0 |
0 |
0 |
0.3 |
Februar |
1859 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
8 |
3 |
0 |
0 |
0 |
0 |
1860 |
8.21 |
9.96 |
6.56 |
3.40 |
75.7 |
94 |
58 |
36 |
29.652 |
2 |
4 |
0 |
0 |
0 |
0 |
1861 |
7.87 |
9.39 |
5.99 |
3.40 |
75.5 |
94 |
30 |
64 |
12.552 |
0 |
9 |
0 |
0 |
0 |
1 |
1862 |
7.86 |
9.36 |
5.54 |
3.82 |
78.7 |
98 |
51 |
47 |
56.232 |
1 |
13 |
0 |
2 |
0 |
1 |
Durchschn. |
7.98 |
9.57 |
6.03 |
3.54 |
76.6 |
95 |
46 |
49 |
32.812 |
2.8 |
7.3 |
0 |
0.5 |
0 |
0.5 |
März |
1859 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
5 |
4 |
0 |
0 |
0 |
2 |
1860 |
7.82 |
9.84 |
6.01 |
3.83 |
72.4 |
90 |
28 |
62 |
9.488 |
8 |
4 |
0 |
2 |
1 |
2 |
1861 |
7.98 |
9.69 |
5.98 |
3.71 |
71.8 |
97 |
39 |
58 |
9.288 |
5 |
6 |
0 |
0 |
4 |
8 |
1862 |
7.42 |
9.53 |
6.28 |
3.25 |
73.1 |
93 |
42 |
51 |
3.156 |
0 |
2 |
0 |
0 |
0 |
1 |
Durchschn. |
7.71 |
9.69 |
6.09 |
3.06 |
72.4 |
93 |
36 |
57 |
7.311 |
4.5 |
4.0 |
0 |
0.5 |
1.3 |
3.3 |
April |
1859 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
0 |
5 |
0 |
1 |
2 |
1 |
1860 |
8.24 |
10.15 |
6.64 |
3.51 |
72.6 |
97 |
49 |
48 |
38.604 |
2 |
5 |
0 |
3 |
0 |
2 |
1861 |
8.81 |
10.47 |
7.23 |
3.24 |
72.5 |
95 |
47 |
48 |
26.268 |
1 |
6 |
0 |
5 |
5 |
16 |
1862 |
7.95 |
9.95 |
6.62 |
3.33 |
67.0 |
97 |
37 |
60 |
0.456 |
0 |
1 |
0 |
0 |
2 |
9 |
Durchschn. |
8.33 |
10.19 |
6.83 |
3.36 |
70.7 |
96 |
44 |
52 |
21.776 |
0.8 |
4.3 |
0 |
2.3 |
2.3 |
7.0 |
Mai |
1859 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
0 |
4 |
0 |
1 |
2 |
2 |
1860 |
8.71 |
10.88 |
6.19 |
4.69 |
73.2 |
96 |
36 |
60 |
68.472 |
0 |
11 |
0 |
10 |
2 |
8 |
1861 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
43.974 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
1862 |
8.64 |
10.57 |
5.83 |
4.74 |
69.1 |
99 |
31 |
68 |
19.476 |
0 |
6 |
0 |
2 |
8 |
12 |
Durchschn. |
8.68 |
10.73 |
6.01 |
4.72 |
71.2 |
98 |
34 |
64 |
43.974 |
0 |
7 |
0 |
4.3 |
4.0 |
7.3
|
Juni |
1859 |
9.32 |
10.25 |
8.57 |
1.68 |
76.0 |
98 |
54 |
44 |
— |
0 |
13 |
0 |
5 |
5 |
6 |
1860 |
9.42 |
11.10 |
7.13 |
3.97 |
80.8 |
95 |
37 |
58 |
156.192 |
1 |
20 |
0 |
6 |
2 |
6 |
1861 |
9.15 |
10.47 |
8.36 |
2.11 |
80.3 |
92 |
50 |
42 |
66.192 |
0 |
17 |
0 |
3 |
5 |
10 |
1862 |
9.50 |
10.91 |
8.29 |
2.62 |
77.1 |
95 |
45 |
50 |
91.908 |
1 |
12 |
0 |
10 |
7 |
13 |
Durchschn. |
9.35 |
10.68 |
8.09 |
2.59 |
78.6 |
95 |
47 |
48 |
104.764 |
0.5 |
15.5 |
0 |
6.0 |
4.8 |
8.3 |
Juli |
1859 |
9.48 |
10.41 |
8.64 |
1.77 |
82.6 |
97 |
54 |
43 |
263.923 |
1 |
25 |
0 |
5 |
3 |
8 |
1860 |
9.43 |
10.93 |
7.74 |
3.19 |
83.5 |
99 |
56 |
43 |
97.176 |
0 |
15 |
0 |
10 |
1 |
6 |
1861 |
9.36 |
10.86 |
8.11 |
2.75 |
81.2 |
96 |
52 |
44 |
66.528 |
0 |
19 |
0 |
7 |
11 |
10 |
1862 |
9.73 |
10.69 |
8.79 |
1.90 |
84.2 |
95 |
61 |
34 |
158.436 |
0 |
23 |
0 |
4 |
9 |
5 |
Durchschn. |
9.50 |
10.72 |
8.32 |
2.40 |
82.9 |
97 |
56 |
41 |
146.516 |
0.3 |
20.5 |
0 |
6.5 |
6.0 |
7.3 |
August |
1859 |
9.48 |
10.65 |
8.35 |
2.30 |
83.8 |
96 |
63 |
33 |
175.086 |
2 |
16 |
0 |
5 |
6 |
2 |
1860 |
9.75 |
10.82 |
8.76 |
2.06 |
82.8 |
95 |
63 |
32 |
96.492 |
0 |
16 |
0 |
11 |
7 |
12 |
1861 |
9.52 |
10.55 |
8.36 |
2.19 |
84.2 |
99 |
60 |
39 |
457.788 |
0 |
21 |
0 |
6 |
3 |
6 |
1862 |
9.71 |
10.90 |
8.22 |
2.68 |
84.1 |
97 |
66 |
31 |
234.084 |
0 |
23 |
0 |
7 |
5 |
3 |
Durchschn. |
9.62 |
10.73 |
8.42 |
2.31 |
83.7 |
97 |
63 |
34 |
240.863 |
0.5 |
19.0 |
0 |
7.3 |
5.3 |
5.8 |
September |
1859 |
9.64 |
10.64 |
8.37 |
2.27 |
85.1 |
94 |
63 |
31 |
125.621 |
0 |
26 |
0 |
9 |
1 |
0 |
1860 |
9.58 |
10.90 |
7.61 |
3.29 |
83.5 |
95 |
54 |
41 |
257.136 |
0 |
25 |
0 |
13 |
1 |
4 |
1861 |
9.75 |
10.96 |
8.79 |
2.18 |
87.1 |
99 |
65 |
34 |
198.516 |
0 |
25 |
0 |
12 |
6 |
5 |
1862 |
9.69 |
10.66 |
8.88 |
1.78 |
85.8 |
97 |
58 |
39 |
153.288 |
1 |
19 |
0 |
5 |
4 |
4 |
Durchschn. |
9.67 |
10.79 |
8.41 |
2.38 |
85.4 |
96 |
60 |
36 |
183.640 |
0.3 |
23.8 |
0 |
9.8 |
3.0 |
3.3 |
October |
1859 |
9.42 |
10.64 |
8.35 |
2.29 |
87.6 |
96 |
61 |
35 |
220.575 |
2 |
21 |
0 |
0 |
0 |
2 |
1860 |
9.37 |
10.89 |
7.94 |
2.95 |
83.9 |
96 |
59 |
37 |
49.128 |
1 |
14 |
0 |
7 |
2 |
6 |
1861 |
9.30 |
10.47 |
7.90 |
2.57 |
85.2 |
99 |
54 |
45 |
80.100 |
1 |
18 |
0 |
3 |
3 |
4 |
1862 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
- |
Durchschn. |
9.36 |
10.67 |
8.06 |
2.61 |
85.6 |
97 |
58 |
39 |
116.601 |
1.3 |
17.7 |
0 |
3.3 |
1.7 |
4.0 |
November |
1859 |
9.03 |
10.53 |
6.78 |
3.75 |
83.7 |
98 |
49 |
49 |
80.674 |
0 |
17 |
0 |
1 |
1 |
0 |
1860 |
8.27 |
9.93 |
6.11 |
3.82 |
79.5 |
93 |
42 |
51 |
18.408 |
2 |
7 |
0 |
1 |
0 |
1 |
1861 |
8.17 |
10.42 |
6.29 |
4.13 |
78.7 |
96 |
50 |
46 |
7.500 |
0 |
6 |
0 |
0 |
2 |
5 |
1862 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— — |
— |
— |
— |
— |
— |
- |
Durchschn. |
8.49 |
10.29 |
6.39 |
3.90 |
80.6 |
96 |
47 |
49 |
35.527 |
0.7 |
10.0 |
0 |
0.7 |
1.0 |
2.0
|
December |
1859 |
8.26 |
9.71 |
6.08 |
3.63 |
81.9 |
94 |
59 |
35 |
50.837 |
3 |
9 |
0 |
0 |
1 |
0 |
1860 |
7.82 |
9.56 |
5.98 |
3.58 |
78.1 |
94 |
48 |
46 |
19.812 |
4 |
6 |
0 |
0 |
0 |
0 |
1861 |
7.48 |
9.92 |
5.81 |
4.11 |
76.7 |
96 |
43 |
53 |
9.408 |
1 |
7 |
0 |
0 |
0 |
0 |
1862 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
Durchschn. |
7.85 |
9.73 |
5.96 |
3.77 |
78.9 |
95 |
50 |
45 |
26.686 |
2.7 |
7.3 |
0 |
0 |
0.3 |
0 |
Für die Durchschnittwerthe der ganzen
Beobachtungsreihe ergiebt sich hieraus die folgende
Uebersicht:
VIII. Mittelwerthe der Luftfeuchtigkeit, des
Niederschlages, der Regen- und Gewittertage zu
Sta. Ana.
|
Dunstspannung. |
Relative Feuchtigkeit. |
Niederschlag |
Anzahl der Tage mit |
Gewitter |
Wetterleuchten. |
|
Mittel |
Max |
Min |
Diff |
Mittel |
Max |
Min |
Diff |
‴paris. |
Nebel |
Regen |
Hagel |
nah |
entf. |
Januar |
7.66 |
9.38 |
6.05 |
3.33 |
77.6 |
95 |
46 |
49 |
14.126 |
2.3 |
6.7 |
|
0 |
0 |
0.3 |
Februar |
7.98 |
9.57 |
6.03 |
3.54 |
76.6 |
95 |
46 |
49 |
32.812 |
2.8 |
7.3 |
|
0.5 |
0 |
0.3 |
März |
7.71 |
9.69 |
6.09 |
3.60 |
72.4 |
93 |
36 |
57 |
7.311 |
4.5 |
4.0 |
|
0.5 |
1.3 |
3.3 |
April |
8.33 |
10.19 |
6.83 |
3.36 |
70.7 |
96 |
44 |
52 |
21.776 |
0.8 |
4.3 |
|
2.3 |
2.3 |
7.0 |
Mai |
8.68 |
10.73 |
6.01 |
4.72 |
71.2 |
98 |
34 |
64 |
43.974 |
0 |
7.0 |
|
4.3 |
4.0 |
7.3 |
Juni |
9.35 |
10.68 |
8.09 |
2.59 |
78.6 |
95 |
47 |
48 |
104.764 |
0.5 |
15.5 |
|
6.0 |
4.8 |
8.3 |
Juli |
9.50 |
10.72 |
8.32 |
2.40 |
82.9 |
97 |
56 |
41 |
146.516 |
0.3 |
20.5 |
|
6.5 |
6.0 |
7.3 |
August |
9.62 |
10.73 |
8.42 |
2.31 |
83.7 |
97 |
63 |
34 |
240.863 |
0.5 |
19.0 |
|
7.3 |
5.3 |
5.8 |
September |
9.67 |
10.79 |
8.41 |
2.38 |
85.4 |
96 |
60 |
36 |
183.640 |
0.3 |
23.8 |
|
9.8 |
3.0 |
3.3 |
October |
9.36 |
10.67 |
8.06 |
2.61 |
85.6 |
97 |
58 |
39 |
116.601 |
1.3 |
17.7 |
|
3.3 |
1.7 |
4.0 |
November |
8.49 |
10.29 |
6.39 |
3.90 |
80.6 |
96 |
47 |
49 |
35.527 |
0.7 |
10.0 |
|
0.7 |
1.0 |
2.0 |
December |
7.85 |
9.73 |
5.96 |
3.77 |
78.9 |
95 |
50 |
45 |
26.686 |
2.7 |
7.3 |
|
0 |
0.3 |
0 |
Jahr |
8.68 |
|
|
|
78.7 |
|
|
974.596
8″216 |
17 |
143 |
|
41 |
30 |
49 |
Winter |
7.83 |
|
|
|
77.7 |
|
|
73‴.624 |
8 |
21.3 |
|
0.5 |
0.3 |
0.6 |
Frühling |
8.24 |
|
|
|
71.4 |
|
|
73.051 |
5.3 |
15.3 |
|
7.1 |
7.6 |
17.6 |
Sommer |
9.49 |
|
|
|
81.7 |
|
|
492.143 |
1.3 |
55 |
|
19.8 |
16.1 |
21.4 |
Herbst |
9.17 |
|
|
|
83.9 |
|
|
334.768 |
2.3 |
51.5 |
|
13.8 |
5.7 |
9.3 |
Zur Charakteristik des Klima’s sind die
vorstehenden Tafeln sehr bezeichnend. Die hohe
Dunstspannung ist wegen der Gleichmässigkeit der
Temperatur keinen bedeutenden Schwankungen im Jahre
unterworfen. Die Jahreszeit der höchsten
Dunstspannung ist der Sommer, aber das absolute Maximum
fällt noch für ein Jahr in den September, wie
überhaupt der Herbst dem Sommer in der Grösse
der Dunstspannung zunächst. Wieder müsste man,
um die Extreme der Jahreszeiten vollständig zu
zeigen, im Zusammenhang mit den Windrichtungen die
Zeiten Mai bis October und November bis April einander
gegenüber stellen (9‴,36 : 8‴,00).
Wie nahe die Luft das ganze Jahr hindurch dem
Sättigungspunkte kommt, ergibt sich aus der
Tabelle, in welcher das Maximum der relativen
Feuchtigkeit in jedem Monate zwischen 90 und 100$%$
erreicht. Der Niederschlag, der zwar in keinem Monate
ganz fehlt, zeigt doch in dem einen halben Jahre die
herrschende SW.-Strömung der Luft, in den
massenhaften Niederschlägen und den damit
verbundenen elektrischen Erscheinungen an. Im Mai, in
dem schon der SW. herrscht, sind die Niederschläge
noch nicht gross, weil in diesem Monat das Maximum der
Temperatur liegt und daher die Dampfcapacität noch
wächst. Den stärksten Niederschlag liefert der
August, den schwächsten der März. Sehr
schön ist das allmälige Nähern des SW.
und dann wieder das Einfallen des NO. durch die
elektrischen Erscheinungen ausgesprochen. Zuerst nur
Wetterleuchten; dies nimmt zu, entfernte Gewitter treten
ein, die immer näher rücken, bis sie an den
Beobachtungsort rücken und ihr Maximum im September
erreichen. Der im October eindringende Nordstrom
vermindert plötzlich die elektrischen
Phänomene.
D. Wind (Richtung, Stärke, Häufigkeit),
Himmelsansicht.
Ein besonders interessantes Element der vorliegenden
Beobachtungen bilden die Winde, nicht allein, weil sie,
worauf schon in den vorhergehenden Bemerkungen einige
Male hingewiesen wurde, die klimatischen
Eigenthümlichkeiten Manila’s erklären,
sondern besonders desswegen, weil die Philippinen auf
einem Grenzgebiete liegen und die Frage ist, ob sie
immer in das Gebiet der SW.- und NO.-Monsune fallen oder
zuweilen im Winter mehr oder weniger andauernd in einem
nördlichen Polarstrome liegen, der sich unmittelbar
dem NO.-Passat des stillen Oceans anschliesst. Die
Windrichtungen auf den Philippinen müssen sich im
Laufe des Jahres nach der veränderten Lage der
Kalmenzone verändern und diese Veränderung der
Lage der Kalmen von ihrer südlichsten Lage im
Winter innerhalb Neuholland bis zu ihrer
nördlichsten etwa mit dem Wüstengürtel
Asiens zusammenfallenden, scheint in den verschiedenen
Jahren in ungleicher Weise vor sich zu gehen.
So regelmässig nämlich im Durchschnitt aller
vorliegenden Beobachtungsjahre sich die Windrichtung auf
den Philippinen in der einen Hälfte des Jahres als
NO., in der andern als SW. also als Monsun ergibt, so
abweichend
gestalten sich die
Bewegungen doch in einzelnen Monaten der verschiedenen
Jahre, weisen also auf Störungen hin, welche in der
beeinflussenden Ursache der Winde auf den Philippinen,
in der Lage der Kalmen und der Richtung der Passate
temporär eintreten.
Ich stelle in den folgenden Tafeln die notirten Winde und
Windstillen sowie die hiernach berechneten
Windrichtungen zusammen und füge die Notizen
über die Himmelsansicht hinzu.
IX. Wind und Himmelsansicht zu Sta. Ana
1859–62.
|
Mittlere Windrichtung |
Wind überhaupt |
Windstille |
Tage m. Himmelsansicht |
Mittelgrad der Heiterkeit.
|
ganz bedeckt |
theilweis bewölkt |
völlig heiter |
Januar |
1859 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
1860 |
N 39°57′O |
31 |
62 |
2 |
29 |
0 |
1.8 |
1861 |
N 39 28 O |
35 |
58 |
1 |
30 |
0 |
2.3 |
1862 |
N 25 34 O |
26 |
67 |
0 |
31 |
0 |
1.8 |
Mittel |
N 36 51 O |
31 |
62 |
1 |
30 |
0 |
2.0 ziemlich heiter.
|
Februar |
1859 |
N 7 8 O |
9 |
75 |
0 |
28 |
0 |
2.7 |
1860 |
S 45 0 w |
27 |
60 |
1 |
27 |
1 |
2.1 |
1861 |
N 57 26 O |
30 |
54 |
1 |
27 |
0 |
1.7 |
1862 |
N 39 47 w |
26 |
58 |
4 |
24 |
0 |
1.2 |
Mittel |
N 3 17 O |
23 |
61 |
1.5 |
26.5 |
0.3 |
1.9 z. heit.
(—wolkig) |
März |
1859 |
N 0 0 O |
13 |
80 |
0 |
31 |
0 |
2.4 |
1860 |
N 45 0 O |
30 |
63 |
0 |
31 |
0 |
2.4 |
1861 |
S 83 13 O |
28 |
65 |
1 |
30 |
0 |
1.7 |
1862 |
N 90 0 O |
26 |
67 |
0 |
31 |
0 |
1.8 |
Mittel |
N 38 25 O |
24 |
69 |
0.3 |
30.7 |
0 |
2.1 z. heit. (heiter)
|
April |
1859 |
S 77 34 O |
21 |
69 |
0 |
30 |
0 |
2.4 |
1860 |
N 46 58 O |
25 |
65 |
0 |
30 |
0 |
2.7 |
1861 |
S 48 50 O |
35 |
55 |
0 |
30 |
0 |
2.0 |
1862 |
S 45 0 O |
24 |
66 |
0 |
30 |
0 |
2.4 |
Mittel |
S 74 51 O |
26 |
64 |
0 |
30 |
0 |
2.4 z. heit.
(—heiter) |
Mai |
1859 |
N 45 0 W |
19 |
74 |
3 |
28 |
0 |
1.7 |
1860 |
S 72 52 O |
42 |
51 |
3 |
29 |
0 |
1.9 |
1861 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
1862 |
S 9 10 W |
33 |
60 |
0 |
31 |
0 |
2.1 |
Mittel |
S 22 54 W |
31 |
62 |
2.0 |
29.0 |
0 |
1.9 z. heit.
(—wolkig) |
Juni |
1859 |
N 76 25 W |
14 |
76 |
2 |
28 |
0 |
1.8 |
1860 |
N 33 2 W |
40 |
50 |
4 |
26 |
0 |
1.2 |
1861 |
N 33 29 O |
24 |
66 |
7 |
23 |
0 |
0.7 |
1862 |
N 40 29 W |
29 |
61 |
1 |
29 |
0 |
1.4 |
Mittel |
N 37 46 W |
27 |
63 |
3.5 |
26.5 |
0 |
1.3 wolkig (—z.
heit.) |
Juli |
1859 |
S 52 44 W |
17 |
76 |
9 |
22 |
0 |
0.9 |
1860 |
S 22 44 O |
33 |
60 |
3 |
28 |
0 |
1.3 |
1861 |
S 18 14 O |
27 |
66 |
1 |
30 |
0 |
1.2 |
1862 |
S 45 0 O |
18 |
75 |
8 |
23 |
0 |
0.6 |
Mittel |
S 35 23 O |
24 |
69 |
5.3 |
25.7 |
0 |
1.0 wolkig.
|
August |
1859 |
S 66°55′W |
32 |
61 |
4 |
27 |
0 |
1.8 |
1860 |
S 45 0 W |
37 |
56 |
7 |
24 |
0 |
1.6 |
1861 |
S 43 52 W |
36 |
57 |
7 |
24 |
0 |
1.1 |
1862 |
S 46 6 W |
37 |
56 |
9 |
22 |
0 |
1.0 |
Mittel |
S 49 0 W |
36 |
57 |
6.7 |
24.3 |
0 |
1.4 wolkig (—z.
heit.) |
September |
1859 |
S 7 53 W |
31 |
59 |
2 |
28 |
0 |
1.7 |
1860 |
S 42 14 W |
22 |
68 |
5 |
25 |
0 |
1.2 |
1861 |
S 45 0 W |
25 |
65 |
5 |
25 |
0 |
0.6 |
1862 |
S 50 36 W |
15 |
75 |
4 |
26 |
0 |
1.0 |
Mittel |
S 37 46 W |
23 |
67 |
4 |
26 |
0 |
1.1 wolkig (—z.
heit.) |
October |
1859 |
N 83 59 O |
36 |
57 |
6 |
25 |
0 |
1.1 |
1860 |
S 69 53 O |
23 |
70 |
0 |
31 |
0 |
1.8 |
1861 |
N 53 52 O |
32 |
61 |
5 |
26 |
0 |
1.1 |
1862 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
Mittel |
N 89 10 O |
30 |
63 |
3.7 |
27.3 |
0 |
1.3 wolkig (—z.
heit.) |
November |
1859 |
S 54 4 W |
26 |
64 |
2 |
28 |
0 |
1.7 |
1860 |
N 71 15 O |
31 |
59 |
0 |
30 |
0 |
2.1 |
1861 |
N 5 31 W |
26 |
64 |
0 |
30 |
0 |
2.1 |
1862 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
Mittel |
N 12 22 O |
28 |
62 |
0.7 |
29.3 |
0 |
2.0 ziemlich heiter.
|
December |
1859 |
N 45 0 O |
23 |
70 |
3 |
28 |
0 |
1.6 |
1860 |
N 45 0 O |
19 |
74 |
5 |
26 |
0 |
2.0 |
1861 |
N 61 1 O |
22 |
71 |
0 |
31 |
0 |
2.2 |
1862 |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
— |
Mittel |
N 45 38 O |
21 |
72 |
2.7 |
28.3 |
0 |
1.9 z. heit.
(—wolkig) |
X. Durchschnittliche Windesrichtung und
Himmelsansicht im Verlaufe des Jahres zu Sta.
Ana.
|
Zahl der
Winde in Procenten. |
Windrichtung |
Wind |
Windstill |
Tage
|
N |
O |
S |
W |
NO |
SO |
NW |
SW |
bedeckt |
gemischt |
Grad der Helligkeit
|
Januar |
3.8 |
11.5 |
2.1 |
1.0 |
51.2 |
0 |
11.5 |
18.8 |
N 36° 51′ O |
31 |
62 |
1 |
30.0 |
2.0 |
Februar |
22.2 |
8.9 |
0 |
6.6 |
29.1 |
1.9 |
11.5 |
19.7 |
3 17 |
23 |
61 |
1.5 |
26.5 |
1.9 |
März |
25.0 |
8.5 |
0 |
4.8 |
38.6 |
12.9 |
3.9 |
6.3 |
38 25 |
24 |
69 |
0.3 |
30.7 |
2.1 |
April |
1.4 |
24.2 |
0 |
3.9 |
23.4 |
42.9 |
0 |
4.2 |
S 74 51 O |
26 |
64 |
0 |
30.0 |
2.4 |
Mai |
0 |
13.7 |
0 |
1.8 |
7.9 |
20.2 |
26.3 |
30.1 |
S 22 54 W |
31 |
62 |
2.0 |
29.0 |
1.9 |
Juni |
0 |
5.2 |
0 |
3.9 |
0 |
20.4 |
14.3 |
56.2 |
37 46 |
27 |
63 |
3.5 |
26.5 |
1.3 |
Juli |
0 |
5.0 |
0.7 |
6.7 |
3.9 |
12.4 |
0 |
71.2 |
35 23 |
24 |
69 |
5.3 |
25.7 |
1.0 |
August |
0 |
0 |
0.7 |
8.5 |
3.1 |
0 |
0.8 |
86.9 |
49 0 |
36 |
57 |
6.7 |
24.3 |
1.4 |
September |
0 |
0 |
17.8 |
3.3 |
1.6 |
1.1 |
0 |
76.2 |
37 46 |
23 |
67 |
4 |
26.0 |
1.1 |
October |
0 |
30.9 |
0 |
1.9 |
28.7 |
9.8 |
5.9 |
23.2 |
N 87 50 O |
30 |
63 |
3.7 |
27.3 |
1.3 |
November |
0 |
11.8 |
0 |
2.5 |
39.4 |
0 |
17.9 |
28.3 |
12 22 |
28 |
62 |
0.7 |
29.3 |
2.0 |
December |
0 |
6.1 |
0 |
0 |
77.4 |
4.5 |
1.5 |
10.5 |
45 38 |
21 |
72 |
2.7 |
28.3 |
1.9 |
Jahr |
4.37 |
10.48 |
1.78 |
3.74 |
25.36 |
10.50 |
7.80 |
35.97 |
S 10 53 O |
324 |
771 |
31.4 |
333.6 |
1.7 |
Winter |
8.67 |
8.83 |
0.70 |
2.53 |
52.57 |
2.13 |
8.17 |
16.33 |
N 35 21 O |
75 |
195 |
5.2 |
84.8 |
1.9 |
Frühling |
8.33 |
15.47 |
0 |
3.50 |
23.30 |
25.30 |
10.07 |
13.53 |
79 32 |
81 |
195 |
2.3 |
89.7 |
2.1 |
Sommer |
0 |
3.40 |
0.47 |
6.27 |
2.33 |
10.93 |
5.03 |
71.43 |
S 41 11 W |
87 |
189 |
15.5 |
76.5 |
1.2 |
Herbst |
0 |
10.30 |
5.93 |
2.57 |
23.33 |
3.97 |
7.93 |
42.57 |
16 7 |
81 |
192 |
8.4 |
82.6 |
1.5 |
XI. Durchschnittliche Windrichtungen in den
Quartalen der einzelnen Jahre und im Mittelwerthe
aller Jahre.
|
1859 |
1860 |
1861 |
1862 |
Mittel. |
Winter |
(N 37 55 O) |
N 48 26 O |
N 48 16 O |
N 22 57 O |
N 35 21 O |
Frühling |
N 34 44 O |
N 56 22 O |
S 53 31 O |
S 24 13 O |
N 79 32 O |
Sommer |
S 71 2 W |
S 34 53 W |
S 22 27 W |
S 44 13 W |
S 41 11 W |
Herbst |
S 2 4 O |
S 44 55 O |
N 63 13 W |
S 29 58 W |
S 16 7 W |
Jahr |
S 77 34 W |
S 38 16 O |
S 27 28 O |
S 23 48 W |
S 10 53 O |
Zunächst zeigt nun die Tafel
XI, dass nur der Winter in allen Jahren
regelmässig NO., der Sommer regelmässig SW.
hat, dagegen im Frühling und Herbst Abweichungen in
den verschiedenen Jahren eintreten, wenn auch der
Durchschnittswerth für jenen wieder auf NO.,
für diesen auf SW. führt.
Es deutet dies auf eine in den verschiedenen Jahren sehr
ungleiche Einwirkung der continentalen Masse Asiens nach
der Zeit der Sonnenwenden, die sich, wie Tab. IX zeigt,
zunächst im April geltend macht, welcher fast
regelmässig SO. bringt, dann aber in ungleicher
Weise im Mai hervortritt. Die Monate October bis
März entsprechen, obwohl SO.-, SW.-
und NW.-Winde in ihnen nicht fehlen, wie Tab. X zeigt, doch sehr
vollständig in allen Jahren dem Verhalten der
Windbewegungen in der innern Region der
Mussons
Monsuns
. Der April macht eine völlig
regelmässige Ausnahme von dem SW.-
Musson
Monsun
der innern Region durch seine sehr constanten
O.-, SO.- und NO.-Winde. Im Mai ist die Windrichtung am
unregelmässigsten.
In der Intensität, soweit sich diese in dem
Verhältniss der Zahl der Winde zur Zahl der
Windstillen (bei den täglich 3 Mal angestellten
Beobachtungen) ausspricht, zeigen die Monate keine
erheblichen Verschiedenheiten, December ist der
stillste, August der bewegteste Monat. In den August und
den Juli fallen die beiden einzigen Stürme (1859),
die innerhalb der fast vierjährigen
Beobachtungsreihe notirt sind.
Charakteristisch für das Klima ist die das ganze
Jahr hindurch stattfindende theilweise Bewölkung
des Himmels. Nur ein einziger wolkenfreier Tag (im
Februar 1860) ist notirt. Dagegen ist freilich auch die
Zahl der Tage mit völlig bedecktem Himmel nicht
gross, zumal wenn man die Häufigkeit und Heftigkeit
der Sommer- und Herbst-Regen berücksichtigt. Wird
völlig heiterer Himmel mit der Zahl 4, völlig
bedeckter mit 0 bezeichnet, ¾ bewölkt mit 1,
½ bewölkt mit 2, ¼ bewölkt mit 3, so
scheint nach den Notirungen die durchschnittliche
Himmelsansicht mehr als zur Hälfte bewölkt zu
sein.
Die von andern Punkten in der Nähe Manila’s
vorliegenden kürzern Beobachtungen ergeben kein
wesentlich verschiedenes Resultat von denen zu Sta. Ana
angestellten, wesshalb ich dieselben nicht mittheile.
Zwei und ein
halber Monat
(Januar—15. März 1863) zu St. Miguel zeigen
zwar eine etwas höhere Temperatur, die aber kaum
über die in einzelnen Jahren auch zu Sta. Ana
vorkommenden Abweichungen vom Mittelwerthe hinausgehen.
Dieser Punkt auf Luzon wird daher etwa die klimatischen
Verhältnisse mit Sta. Ana gemein haben.
Beobachtungen von der Insel Bohol zwischen Luzon und
Mindanao vom October 1863 bis Februar 1865 führen
zwar gleichfalls zu demselben Werthe der
Jahreswärme (20.8) und der mittleren Dunstspannung
(8.9) wie zu Sta. Ana. Die Vertheilung der Wärme im
Jahre ist aber sehr abweichend, 1864 zeigt sich zu Bohol
der Juni etwas wärmer als der Mai und der Februar
als der kälteste Monat, ferner geht die
NO.-Richtung des Windes bis in den Juni hinein. Da keine
gleichzeitigen Beobachtungen von Sta. Ana vorhanden
sind, so lässt sich nicht ermitteln, was aber nicht
wahrscheinlich ist, ob dieselben Monatsabweichungen dort
vorkamen. Ich lege daher die Berechnung der leider nicht
vollständigen Beobachtungen von Bohol in der
folgenden Tafel vor, aus denen wegen der so abweichenden
Windrichtung und Wärmevertheilung man schliessen
möchte, dass an Bohol die Region der NO.-Passate
bis zum Juni heranreicht und dann erst der SW.-Musson
sich weiter ostwärts verbreitend durchdringt.
XII. Beobachtungsresultate von Bohol.
|
Temperatur. |
Dunstspannung. |
Relative Feuchtigkeit. |
Niederschlag |
Windrichtung |
Mittel. |
Maximum. |
Minimum. |
|
|
|
Tag |
t |
Tag |
t |
1863 |
October |
20.13 |
10 |
25.2 |
9 |
18.6 |
9.01 |
80.4 |
149.19 |
N 13° 3′
W |
November 2–16 |
20.64 |
2 |
24.2 |
1 |
18.7 |
9.25 |
84.8 |
44.53 |
N 24 15 O |
December 12–31 |
20.09 |
12 |
24.2 |
13 |
15.8 |
9.11 |
81.5 |
103.25 |
N 37 27 O |
1864 |
Januar |
20.07 |
2 |
24.5 |
12 |
16.9 |
8.47 |
80.4 |
26.291 |
N 20 37 O |
Februar |
19.61 |
9 |
24.1 |
1 |
14.4 |
8.07 |
80.2 |
79.548 |
N 1 59 W |
März |
20.10 |
5 |
22.3 |
3 |
16.1 |
8.24 |
78.0 |
19.648 |
N 9 26 O |
April |
21.03 |
8 |
25.0 |
4 |
16.2 |
8.69 |
77.6 |
22.238 |
N 36 41 O |
Mai |
21.36 |
16 |
25.4 |
7 |
17.3 |
8.86 |
77.6 |
8.614 |
N 62 54 O |
Juni |
21.58 |
6 |
25.9 |
19 |
17.4 |
9.32 |
80.4 |
26.178 |
N 53 8 O |
Juli |
21.05 |
31 |
26.5 |
15 |
17.6 |
9.08 |
81.0 |
41.716 |
S 41 11 W |
August |
20.85 |
1 |
26.2 |
1 |
17.7 |
9.21 |
83.8 |
131.793 |
S 38 34 W |
September |
21.44 |
8 |
27.2 |
21 |
18.1 |
9.39 |
79.4 |
28.486 |
S 43 12 W |
October |
20.94 |
16 |
25.4 |
30 |
17.4 |
9.24 |
84.6 |
62.828 |
S 4 22 W |
November |
20.90 |
3 |
25.8 |
22 |
17.2 |
9.14 |
80.9 |
32.202 |
N 1 0 W |
December (1–14) |
20.70 |
3 |
23.2 |
28 |
15.8 |
9.08 |
84.3 |
44.362 |
N 24 0 O |
Mittel |
20.80 |
|
25.1 |
|
16.8 |
8.90 |
80.7 |
523.90 |
|
1865 |
Januar |
|
27 |
24.8 |
27 |
16.8 |
|
|
135.96 |
|
Februar |
|
1 |
23.5 |
27 |
15.7 |
|
|
16.05 |
|
Von den sonst vorliegenden Beobachtungen, namentlich den
zahlreichen Notizen auf Reisen nach verschiedenen
Punkten Luzon’s eignen sich keine, mit Ausnahme
der zu Benguet angestellten, zur Bestimmung fester
Werthe, wenn dieselben auch ihr Interesse im
Zusammenhange mit andern naturhistorischen Beobachtungen
haben. Dagegen ist die spanische Beobachtungsreihe zu
Benguet, welche durch Notizen des Reisejournals des Hrn.
Dr. Semper fast auf ein volles
Jahr ergänzt wird, um so mehr von Interesse, als
hierdurch die Temperatur eines nördlich und hoch
gelegenen Punktes (nach dem Journal 3868′
über Meeresspiegel) mit ziemlicher Sicherheit
festgestellt werden kann.
Die Benguetbeobachtungen umfassen mit Einschluss des
Journals die Zeit vom Juli 1861 bis Mai 1862, sind also
mit den gleichzeitigen von Sta. Ana zu vergleichen und
nach den für diesen Ort mit grösserer
Sicherheit bestimmten Mittelwerthen zu verbessern.
Die Beobachtungszeiten waren 7, 2, 9, gaben also im
Verhältniss der 6, 2, 10 Beobachtungen zu hohe
Werthe der Wärme. Die Grösse der bei den
Temperaturen anzubringenden Correktion wird vermuthlich
für die verschiedenen Monate etwas variiren. In
Ermanglung eines bestimmten Anhaltes hierfür nehme
ich indessen die Correktion an (-0,52), welche Dr.
Semper aus einer einen Monat lang durchgeführten
Reihe stündlicher Beobachtungen zu Sta. Ana (Juni
1859) evaluirt hat.
Es sind von Benguet nur die in der nachstehenden Tabelle
aufgeführten Resultate der Temperaturbeobachtungen
zu brauchen und die Mittelwerthe sind bereits mit der
erwähnten Correktion zur Vergleichung mit Sta. Ana
versehen.
|
a
Mitteltemperaturen zu Benguet. |
b
Gleichzeitige Mittelwerthe zu Sta. Ana. |
b - a |
Durchschnitts Werth zu Sta. Ana. |
Corregirter
Werth von Benguet. |
1862 |
Januar |
13.09 |
19.19 |
6.10 |
19.30 |
13.20 |
Februar |
13.87 |
19.60 |
5.73 |
19.95 |
14.22 |
März |
14.12 |
20.46 |
6.34 |
20.67 |
14.33 |
April |
15.17 |
22.00 |
6.83 |
21.65 |
14.87 |
Mai |
14.98 |
22.75 |
7.77 |
22.43 |
14.66 |
Juni |
— |
— |
(6.28) |
21.98 |
(15.70) |
1861 |
Juli |
14.80 |
21.59 |
6.79 |
21.47 |
14.68 |
August |
14.90 |
21.18 |
6.28 |
21.50 |
15.22 |
Septbr. |
14.94 |
20.05 |
6.11 |
21.18 |
15.07 |
October |
15.50 |
20.67 |
5.17 |
20.79 |
15.62 |
Novbr. |
14.70 |
20.10 |
6.40 |
20.22 |
13.82 |
Decbr. |
13.76 |
19.35 |
5.59 |
19.48 |
13.89 |
|
|
|
|
20.885 |
14.607 |
Das Jahresmittel würde sich hiernach zu Benguet auf
14°,6 stellen und dies einer Abnahme der Wärme
um 1° auf je circa 600 Fuss Erhebung über dem
Meere entsprechen.
G.
Karsten.
Anmerkung 2. Ich theile hier die
Beobachtung der Regenmenge der einzelnen Monate mit, behufs der Vergleichung
mit den übrigen Orten:
Januar 46,08; Februar 6,59; März 5,02; April 13,31; Mai 6,80; Juni 4,27;
Juli 4,66; August 13,10; September 6,42; October 7,23; November 12,41;
December 10,20 Zoll. Die Beobachtungen wurden mit einem meiner Regenmesser
angestellt, welchen ich dem liebenswürdigen Priester gab. Hoffentlich
wird ein günstiges Geschick ihn aus jener Waldeinsamkeit herausgerissen
und in ein civilisirteres Leben zurückversetzt haben, wo ihn vielleicht
der Ausdruck meines Dankes für die freundliche Unterstützung
erreichen mag. Linao liegt nach meinen Sternbeobachtungen auf 8°
5′ N. Br. und nach Peilungen 5° 5′ östlich von Manila.
Anmerkung 3. Der Kanehl von Mindanao
hat in den ersten Zeiten der Eroberung durch die Spanier eine ziemlich
bedeutende Rolle gespielt. Wie ja überhaupt die ersten Expeditionen von
Magellan an darauf ausgingen, die Gewürzinseln für die Krone
Spanien zu erobern, und damit auch derselben den wichtigen Handel mit den
Gewürzen als eine Quelle grosser Bereicherung zuzuführen, so zeigt
sich auch noch in der Geschichte der Eroberung durch Legaspi, dass hier die
Hoffnung auf gewinnbringenden Handel mit Gewürzen nicht aufgegeben war.
Allerdings war die Expedition zunächst für den Zweck der Eroberung
und Einführung des Christentums ausgerüstet. Aber wohin er auch im
Laufe der Expedition kommt, so sucht er doch immer zugleich auch noch Kanehl
für Rechnung des Königs. Nach Butuan wurden von ihm mehrfach
Expeditionen ausgeschickt von Cebú aus, mit der ausgesprochenen
Absicht, dort Kanehl zu laden. Matheo del Sanz wird von ihm (Gaspar de S.
Agustin, Couquistas etc.p. 187–188) an die Westküste
Mindanao’s geschickt, ebenfalls um dort Kanehl zu holen; aber es kommt
dabei fast zum Ausbruch einer Meuterei, da die Soldaten, gierig auf den
leichten und sicheren Gewinn, den Handel für sich haben wollen. Die
Rebellion wird aber noch glücklich unterdrückt; und Juan de
Morones bringt, nach Matheo del Sanz Tode, “cien quintales de
canela”, reichlich 9200 Pf. Kanehl nach Cebú. Am 1. Juni 1568
wurde die Nao Capitana nach Acapulco gesandt mit 400 Quintales Kanehl
(beinahe 37,000 Pf.), von denen 150 dem Könige, die übrigen den
Passagieren gehörten.
Anmerkung 4. Es sind Cagayan und
Isabela fast die einzigen Provinzen, in welchen der Taback in so allgemeiner
Weise und enormer Menge gebaut wird, dass dadurch den Bewohnern die
Möglichkeit vollständig genommen wird, auch noch Reis, Baumwolle,
Café, Zuckerrohr oder Abaca zu bauen. Wie der Handel mit dem Taback
Monopol der Regierung ist, so hängt auch das Bauen des Taback’s
nicht von dem Willen des Einzelnen ab; vielmehr werden die Bewohner der
sogenannten Tabacksdörfer—nicht alle Ortschaften werden in diese
Kategorie gestellt—gezwungen, alljährlich eine bestimmte Anzahl
Pflanzen per Kopf oder Tributo d. h. per Familie zu cultiviren. Je
höher der Alcalde der Provinz das Minimum der zu bauenden
Tabackspflanzen
zu treiben versteht, um so mehr
insinuirt er sich natürlich bei der Regierung, für welche der
Verkauf des Tabacks fast die wichtigste Einnahmequelle ist. In allerneuester
Zeit nun scheint, ich weiss nicht, ob in Folge einer solchen vom Alcalden
geübten Beeinflussung, die Tabackserndte eine nie geahnte Höhe
erreicht zu haben; denn es schrieb mir 1868 ein Freund aus Manila, dass
“die diesjährige Erndte bei weitem die grösste aller Erndten
überhaupt zu werden verspräche, so dass die Regierung im Stande
sein würde, die Schuld für die Nichtbezahlung der Erndten von 1863
an—in Folge des Erdbebens—nun gänzlich abzutragen”.
Aus dem im Texte Gesagten wird ersichtlich sein, dass die Tabackspflanze
sehr viel Sorgfalt und Pflege erfordert; und da sie dies gerade am Meisten
in den ersten Monaten verlangt, wenn sie noch keine bedeutende Höhe
erreicht hat, so ist klar, dass der Arbeiter dabei immer und ganze Tage lang
in sehr tief gebeugter Stellung stehen muss. Der auch in den statistischen
Zahlen sich aussprechende schlechte Gesundheitszustand wird in der Provinz
allgemein auf diese gebückte Stellung bei der Arbeit, als auf die
vornehmste Ursache, zurückgeführt, ganz besonders aber auch die
zahlreichen Fehlgeburten oder Todtgeburten, wozu sonst die Bewohner der
übrigen Provinzen gar keine Neigung zeigen. Selbst in ungesunden
Provinzen ist die Zahl der Geburten doch eine ziemlich hohe, und es wird in
diesen die rasche Vermehrung der Einwohnerzahl vielmehr durch leichtes
Sterben der Kinder in den ersten Lebensjahren verhindert. Im Durchschnitt
ist etwa die Bevölkerungszahl der tabackbauenden Dörfer 16,000
Familien (Tributos) mit 64,000 Einwohnern, so dass bei einer
Durchschnittssumme von etwa 750,000 Gulden, welche den Bewohnern für
den Taback von der Regierung in baarem Gelde ausbezahlt wurde
(1854–59), etwa 11½ Gulden auf den Kopf oder 46 Gulden auf die
Familie kommen.
Anmerkung 5. Es liegt hierin und in dem
etwas weiter oben angewandten Worte der Periodicität der
Lebenserscheinungen nur scheinbar ein Widerspruch. Wohl hält jedes Individuum bestimmte Perioden seiner
Lebenserscheinungen inne; aber doch bindet sich die Gesammtsumme aller
Individuen nicht durchaus an dieselben Jahreszeiten, wenn nicht in den
scharfen Gegensätzen des Klima’s oder in direkt bestimmenden
Einflüssen der Menschen—oder andrer Thier- und
Pflanzen-Arten—die Schranke auch hierfür gegeben ist. So
würden Reis und Taback und andere Culturpflanzen in allen Monaten
wachsen und reifen können; aber der Mensch zwingt beide in eine Periode
hinein, welche ihm bei möglichst geringer Arbeit die möglichst
grosse Erndte verspricht. Ebenso ist es bei den Insecten. Auch bei ihnen hat
die Natur die Entwickelung an bestimmte Wärme- und Feuchtigkeits-Grade
geknüpft, welche in den Tropen zu jeder Zeit gegeben zu sein scheinen;
und daher sieht man denn auch auf den Philippinen die Mehrzahl derselben in
allen Monaten so ziemlich in der gleichen Specieszahl, aber in verschiedener
Individuenzahl auftreten. Der Eintritt der Regenmonate bringt hier eine
auffallende Steigerung der Insectenmenge hervor. Es scheint dieses
in der sehr verkürzten Lebensperiode zu
liegen, welche hier den Insekten eigen ist und in einem Jahre zahlreiche
Generationen hervorzubringen vermag. Selbst die grössten Schwärmer
(Sphinx) und andere Nachtschmetterlinge welche bei uns oft eine
mehrjährige Puppenruhe aufweisen, leben als Puppe nie länger, als 18–25 Tage. Der ganze
Lebenscyclus des Papilio Pammon L. vollendet sich in 30–40, der von
Danais chrysippus L. in 20–25, der von Taragama Ganesa Lef. in
30–40 Tagen (Georg Semper, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte
einiger
ostariatischer
ostasiatischer
Schmetterlinge in Verhandl. d. zool. Gesellschaft in Wien 1867.
Sitzung 7. August.)
In Bezug auf Chaerocampa Oldenlandiae, eine Sphinx, habe ich in dieser
Beziehung eine Anzahl Beobachtungen aus meinen Tagebüchern
mitzutheilen. Ich fing den Schmetterling, obgleich
nie häufig, in den Monaten Juni bis October incl. und dann wieder im
Januar und Februar; gezüchtet aus der Raupe wurde derselbe, so dass das
Erscheinen der ausgekrochenen Thiere in dieselben Monate fiel. Die Puppenruhe nun dauerte (Georg Semper l. c. pag. 4)
in Manila 24–25 Tage, in Bohol nur 18–21 Tage, in Sydney dagegen vom März bis
November, also volle 8 Monate. Die Puppe von
Taragama Ganesa ruht ebenfalls in Manila länger als in Bohol, nemlich
dort 20 Tage, hier nur 10–15; ferner die von Chaerocampa alecto in
Luzon 24 Tage, in Bohol 16, die Puppe von
Chaerocompa
Chaerocampa
celerio in Manila 17–18 Tage.
Hier scheint nun die ungemein beschleunigte Ausbildung der Imago gegen die
Tropen hin anzudeuten, dass eine Vermehrung der Wärme die Entwicklung
begünstigt, ein Satz, der längst festgestellt ist. Aber doch zeigt
der Gegensatz zwischen Bohol und Manila, deren mittlere Monatstemperatur so
ziemlich die gleiche ist, dass wohl auch noch andere Momente mit einwirken
mögen, obgleich ich hierauf nicht allzuviel Gewicht legen will, weil
ich eine Beobachtung der Zimmertemperatur, in welcher die Raupen erzogen
worden, unterlassen hatte. Dass diese kurzen Beobachtungen überhaupt
hier mitgetheilt worden, hat seinen Grund in der Hoffnung, dadurch
vielleicht den einen oder andern in tropischen Ländern lebenden
Naturforscher zu ähnlichen Versuchen anzuregen. Dem Satze, »dass
eine bestimmte Periodicität in der Entwicklung der Gliederthiere um so
mehr hervortritt, je schärfer der Wechsel der Jahreszeiten
ausgeprägt ist« (Gerstäcker in Bronn’s Thierreich Bd. 5
pag. 238), möchte ich als nothwendige Erläuterung den anderen
hinzufügen, “dass um so mehr sich diese Periodicität
verwischt, je mehr bei steigender Wärme und Feuchtigkeit Gleichmässigkeit des Klima’s
eintritt”. Dies ist auf allen Inselgebieten in der Nähe des
Aequators der Fall, und hiernach möchte ich die Vermuthung aussprechen,
dass auf den Inseln des stillen Ocean’s so gut wie gar keine
eigentliche Insectenzeit stattfinden kann und dass hier die Lebensperiode
der Individuen sich in der allerkürzesten mittleren Zeit vollenden
muss. Auf den Philippinen ist dies nur annähernd der Fall.
Gänzlich emancipirt haben sich alle Thiere der philippinischen Meere
von dem
Wechsel der Wärme; denn zu allen
Zeiten findet man dort dieselben Arten von Echinodermen, Mollusken,
Würmern u. s. w. in allen Stadien der Ausbildung und in voller
geschlechtlicher Function. Auch die Landmollusken haben mir dasselbe
Resultat geliefert; und wenn ich auch während der Regenzeit leichter
die Schnecken in grösseren Mengen erhielt, so lag dies nicht darin dass
sie nun aus einem durch Trockenheit oder Kälte bedingten Winter- (oder
Sommer-) Schlaf erwachten, sondern vielmehr in ihrem Bestreben, sich durch
rasches Umherkriechen der allzugrossen Feuchtigkeit zu entziehen. Wenn ich
auch in der trockensten Zeit nur hinreichend ihren Schlupfwinkeln
nachspürte, so gelang es mir immer, Schnecken in Begattung, und
zugleich Eier, Junge und halberwachsene aufzufinden. Von der Helix
(Cochlostyla) metaformis Sow. bewahre ich ein Pärchen, das ich dicht
bei Manila während des Monates Februar, also im trockensten Monat, in
einem gar nicht sehr schattigen Garten “in copula” gefangen
habe. Die dortigen Helix-Arten der Gruppe Obba findet man am Tage immer an
den Baumstämmen in Spalten und Ritzen oder an der Schattenseite
derselben sitzen; bei Nacht aber und am frühen Morgen kann man sie in
aller Lebendigkeit beobachten. Winterdeckel, wie unsere europäischen
Heliceen—oder Sommerdeckel, je nachdem die Zeit der Trockne dort in
den Winter oder in den Sommer fällt—finden sich bei keiner
einzigen der dort lebenden Gruppen, mit einziger Ausnahme der Gruppe
Dorcasia. Die philippinischen Arten dieser Untergattung sind aber einer
europäischen Art so nahe verwandt, nemlich der Helix fruticum, dass sie
wohl mit dieser von dem gemeinsamen Stammvater die gleiche Gewohnheit
überkommen haben mögen. Da sie immer, wie schon Cuming bemerkte,
in der Erde halb eingegraben leben, zwar niemals sehr tief, aber auch nie an
Bäumen oder am Gemäuer und Felsen in die Höhe kriechen, so
ist einleuchtend, dass sie gerade hier eines solchen Schutzes gegen die
Trockenheit bedürfen, mehr als die an Bäumen lebenden Arten,
welche bei ihrer Lebensweise im Thau des Morgens hinreichende Feuchtigkeit
einzusaugen vermögen.
Anmerkung 6. Ich erinnere mich,
kürzlich in irgend einer englischen Zeitschrift einen Aufsatz gelesen
zu haben, in welchem nachzuweisen versucht wurde von einem Beobachter der
lebenden Thiere in Indien, dass in der That diese bisher immer als
Wasserreservoire angesehenen Höhlungen am Kopfe wirklich zur
Luftathmung derselben während ihres Lebens auf dem Lande dienen sollen.
Ich bin leider mit meinen zoologischen Notizen—wegen Mangels an
Platz—etwas in Unordnung gerathen, so dass ich kein Citat für
diese Bemerkung zu geben vermag.
Anmerkung 7. In früheren Zeiten
scheint dies allerdings anders gewesen zu sein. Wenigstens machen gewisse
Stellen in diesen Sümpfen durchaus den Eindruck, als müssten hier
früher ständige Bewohner gelebt haben, welche auch dies Gebiet in
regelmässiger Weise bebauten; es sprechen dafür die mitunter fast
dammartig aussehenden Ufer des Agusan und seiner Nebenflüsse, dann eine
Anzahl Pflanzen, welche sonst nur in der Nähe von
Feldern oder Dörfern vorzukommen pflegen, so namentlich
eine sehr stachelige Bambusart. Es ist dieselbe Species, welche noch
heutigen Tages in vielen Landbaudistricten zur Einzäunung der
Zuckerrohrplantagen und der Felder überhaupt benutzt wird, da sie so
dichte stachelige Hecken bildet, dass dadurch der wirksamste Schutz gegen
die Wildschweine erreicht wird.
IV. Skizze.—Die Negrito’s und die heidnischen malaiischen
Stämme.
Anmerkung 1. Es mag hierbei auf die
Steinbeile hingewiesen werden, welche, wie es scheint, nicht gerade selten
in Java und der Malaccahalbinsel gefunden werden (Siehe Journal of the East
Indian Archipelago Bd. 5 pag. 84). Die hier angezogene Notiz nimmt Bezug auf
einen Artikel in der »
Naturkundig
Natuurkundig
Tijdschrift voor Nederlandsch
Indie
Indië
«. Da ich aber den betreffenden Band derselben leider nicht
habe einsehen können, so kann ich auch nicht entscheiden, ob und
welcher von den dort abgebildeten Aexten die von mir im Centrum
Mindanao’s aufgefundene entspricht. Logan, der gelehrte Herausgeber
des J. E. I. A., benutzt die Thatsache ihrer Auffindung zur Stütze
seiner Behauptung, “es seien die ältesten Bewohner Java’s
von afrikanischer oder indo-afrikanischer Ableitung” (l. c.), zu
welchem Schluss er durch Aehnlichkeiten der Sprachbildungen gekommen sein
will. Hierüber kann ich nicht urtheilen. Wohl aber scheint
festzustehen, dass diese Steinbeile wirklich einem seit uralten Zeiten schon
verschwundenen Stamme angehört haben müssen; denn in Java und in
Malacca werden sie Donnerkeil, in Mindanao Zähne des personificirt gedachten Blitzes
genannt, zum Beweise, dass bei allen diesen malaiischen Racen sich die
Erinnerung an eine frühere Steinperiode ihres eignen—oder eines
fremden—Stammes gänzlich verloren hat. Die Wahrscheinlichkeit
spricht dann allerdings dafür, dass diese Urrace des hinterindischen
Inselgebietes mit den jetzt lebenden Papua’s nahe verwandt gewesen
sein müsse.
Anmerkung 2. Es mag mir hier
vergönnt sein auf einige Irrthümer hinzuweisen, welche sich in
Häckel’s neuestem Werk in das Capitel über die
Negerstämme eingeschlichen haben. Bei der grossen Bedeutung seiner
wissenschaftlichen Ansichten und der weiten Verbreitung, welche das Buch
“Natürliche Schöpfungsgeschichte” ohne Zweifel finden
wird, dürfte die Gefahr nahe liegen, dass falsche Ansichten und
positive Irrthümer, darin niedergelegt, auch leichten Eingang in die
weitesten Kreise finden möchten.
Zunächst ist es falsch, wenn Häckel die negerartigen Bewohner der
Philippinen und andrer Inseln des hinterindischen Gebietes in eine Gruppe
der glatthaarigen Neger, also in dieselbe Categorie mit den Bewohnern
Australien’s stellt, aber von den kraushaarigen Papuas abtrennt. Es
scheint dieser Irrthum—der sich übrigens schon früher in dem
populären Werke von Dr. Friedrich Rolle »der Mensch, seine
Abstammung und Gesittung im Licht der Darwin’schen Lehre, Frankfurt
1866«, pag. 238 findet—durch einen in Prichard’s Werk Bd. 4
pag. 231 übersetzten Bericht des Bernardo de la Fuente entstanden zu
sein. Dieser spricht sowohl von kraushaarigen, als von glatthaarigen Negern
Luzon’s. Nun sind aber die als Agta oder Negrito’s bezeichneten
Neger der Philippinen ausnahmslos kraushaarig, wie die älteren
spanischen Autoren sehr wohl wissen. Ich selbst kenne sie aus eigner
Anschauung von verschiedenen Orten. Es kann also über die Anwesenheit
solcher kraushaariger Neger kein Zweifel bestehen, und ich kann hinzusetzen,
dass sie in Lebensweise, Sitten und physischem Verhalten sich den echten
Papua’s entschieden nähern.
Was nun die andern von de la Fuente erwähnten Neger mit vollkommen
schwarzen langen Haaren betrifft, so ist sein Zusatz, “man halte sie
für Abkömmlinge der Malabaren” (Prichard Bd. 4) völlig
genügend, um ihnen das Bürgerrecht unter den echten Negern, selbst
unter den Verwandten der Australneger, völlig zu nehmen; ausserdem aber
sagt Prichard, man bezeichne die Neger auch als “Igalotes”. Dies
mag von Prichard aus einem alten spanischen Buche oder aus de la Fuente
richtig citirt sein, ist aber nichtsdestoweniger vollkommen falsch, denn die
Igolotes oder Igorrotes haben nichts von Negern, sondern sind dunkelbraune
Stämme des Nordwestens von Luzon, die entschieden malaiischen
Ursprunges sind. Nun gibt es aber freilich einige Stämme in Luzon und
Mindanao, welche dunkler als die olivenfarbigen Malaien sind und häufig
neben dem hohen Schädel und dem runden Gesicht des dortigen Negers
braunschwarze glatte Haare besitzen, aber dies sind entschiedene
Mischlingsracen zwischen den Malaien und den eigentlichen kraushaarigen
Negritos. Man trifft unter ihnen sowohl kraushaarige Individuen mit
malaiischem Typus des Kopfes und der Gesichtsfarbe, wie auch dunkelbraune
negerartig aussehende mit glattem, bald duffem, braunschwarzem, bald
glänzend schwarzem Haar. Sie stehen ausnahmslos mit den umwohnenden
christlichen oder heidnischen Malaien im Verkehr. So erzählten mir die
Mamanua’s, eine dieser Mischlingsracen, an der Nordküste von
Mindanao, nicht weit von Butuan, dass sie sich selbst noch mit den Christen
dort verheirathen, welche letzteren dann immer zu ihnen kommen und die
gleiche unstäte Lebensweise annehmen.
Ein andrer in Pangasinan in der Centralebene Luzon’s lebender Stamm
wird von dem Padre Mozo (Misiones de Philipinas 1763 pag. 101) als
Negerstamm beschrieben, aber blos der dunklen Hautfarbe wegen: dieser nennt
sich “Baluga” d. h. nach der Bedeutung des Wortes im Tagalischen
“mestizo
negro, schwarzer Mestize”,
also entweder ein Mischling zwischen Neger und Malaien, oder ein
Mestize—unbestimmt gelassener Beimischung—mit schwarzer
Hautfarbe. Ich habe auch diese Balugas gesehen, und glaube versichern zu
können, dass sie entschiedene Mischlinge zwischen Tagalen und echten
Negrito’s sind. Nicht alle von den Spaniern sogenannten
Negrito’s sind dies wirklich (s. Schetelig, On the Natives of Formosa
in Trans. Ethnogr. Society of London Vol. 7 pag. 12), und ich wiederhole,
dass alle sogenannten glatthaarigen Neger der Philippinen entweder Malaien
mit etwas dunklerer Hautfarbe, oder Mischlinge zwischen Malaien und echten
Negrito’s sind. Wer sich über die Papuas und ihre weite
Verbreitung über den hinterindischen Archipel genaue Kenntniss
verschaffen will, findet leichte Befriedigung in dem trefflichen Buche von
G. Windsor Earle “The Native Races of the Indian Archipelago. Papuans.
London 1853”. Pritchard’s Werk ist in dieser Beziehung
jedenfalls etwas veraltet.
Dann muss ich mich auf das Entschiedenste dagegen erklären, die Bewohner
Australien’s nach der Andeutung Prichards (Bd. 4 pag. 270) jetzt als
Harafura’s oder Alfuru-Neger zu bezeichnen (Häckel l. c. p.).
Einmal scheint Harafura oder Alfuru ein portugiesisches Wort zu sein, i. e.
“freigelassener Sclave”. Mit diesem Namen bezeichneten die
Portugiesen in Amboina die freien Stämme des Innern (G. Windsor Earle
in Journ. East Ind. Archipl. Vol. IV. 1850 pag. 2). Selbst wenn er aber auch
nicht portugiesischen, sondern östlichen Ursprungs sein sollte, so
würde er keinenfalls auf die glatthaarigen Australier angewandt werden
können, sondern höchstens auf die kraushaarigen—also zu den
Papuas gehörigen—Neger in der Nähe der Molucken. Auch
d’Urville beschreibt die Harfur’s vom Arfak-Gebirge in
Neu-Guinea als kraushaarig. Durch die Naturforscher der verschiedenen
Regierungs-Expeditionen sowohl, wie durch confuse Berichte anderer Seefahrer
ist die Frage, was die Harafura’s eigentlich für ein Stamm sind,
in eine so gründliche Confusion gebracht worden, dass man am Besten
thut, den gordischen Knoten zu zerhauen, indem man den Namen einfach fallen
lässt, oder ihn wenigstens so einschränkt, wie es neuerdings
Bastian in der Karte zu seinem Buche “Ueber das Beständige in den
Menschenracen, Berlin 1868” gethan hat. Dieser treffliche Ethnologe
deutet ferner auch durch die dort gebrauchte Bezeichnung
“Alfuru-Neger” und durch die Einordnung derselben in die Gruppe
“Austral-Neger mit Papuas” an, dass ihm (l. c. pag. 271) beide
Formen des Australnegers, die kraushaarige und die glatthaarige, sehr nahe
mit einander verwandt zu sein scheinen. Eine so weitgehende Trennung der
beiden Gruppen aber, wie sie Häckel vornimmt, wird durch keine aus dem
physischen wie geistigen Zustande der dahin gehörigen Völker
bekannte Thatsache gerechtfertigt werden können; und dies um so
weniger, als man es hier ebensowenig, wie irgendwo sonst, mit ethnologisch
reinen, von Beimischungen freigebliebenen Racen zu thun hat.
Anmerkung 3. Es ist hiernach nicht mehr
ganz richtig, wenn
d’Urnille
d’Urville
(s. Prichard Bd. 4 pag. 268) und jetzt auch noch
Earle (Journal E. I. Archipel. Bd. 3, 1849 pag. 686) angeben, dass die
östlichen Negerracen, Papuas oder Australier, sich nie tättowiren;
denn in der That ist, wie alle Reisende richtig und übereinstimmend
bemerken, diese letztere Weise des Schmückens des Körpers ganz
verschieden von der Erzeugung langgestreckter Narben durch schneidende
Instrumente. Auch die, sicherlich durch Papua’s und Malaien
hervorgebrachten Mischlingsracen der Pelew-Inseln (Carolinen)
tättowiren sich, haben also viel früher jene Sitte der
Papua’s, als ihren Körperbau und andere Merkmale verloren. Beide
Gebräuche, im Aussehen der hergestellten Muster und ihrer Anwendung so
verschieden, verdanken doch wohl ihren Ursprung dem gleichen psychologischen
Bedürfnisse, dem der Ausschmückung, der Verschönerung des
eignen Körpers.
Anmerkung 4. Siehe meinen
ausführlicheren Bericht über diese Stämme in der Zeitschrift
für die gesammte Erdkunde Bd. 10 p. 249–266.
Anmerkung 5. Es scheint jetzt
allerdings eine Thatsache zu sein, dass der eigentliche Dialect der
philippinischen Neger verloren gegangen ist, wie Prichard (l. c. pag. 232)
auf die Autorität verschiedener Autoren gestützt angibt. In einem
kleinen Wortregister, welches ich an der Ostküste von Luzon zu sammeln
Gelegenheit hatte, und das ich in meinem Reisewerke ausführlich zu
publiciren gedenke, finden sich trotz der grossen Uebereinstimmung mit dem
Tagaloc und einigen andern Dialecten doch einzelne abweichende Worte. Ich
würde dies kaum hervorgehoben haben, wenn ich nicht in dem schon
erwähnten spanischen Buche des Padre Mozo (Misiones de Philipinas p.
101) die beachtenswerthe Notiz gefunden hätte, dass alle die Negerracen
der verschiedenen Inseln die gleiche Sprache sprächen, im Gegensatz zu
den malaiischen Stämmen mit ihren zahlreichen Dialecten. So sehr
interessant und wichtig es nun auch sein würde, etwaige Reste der
ursprünglichen philippinischen Negersprache vor dem gänzlichen
Untergange zu retten, so würde hiezu doch eine Opferfreudigkeit und
Entsagung gehören, wie ich sie mir so wenig, wie irgend einem andern
Menschen zutraue. Mehr als einige sparsame Worte dieser Sprache werden wir
durch Reisende nie erwarten können; und die spanischen Pfaffen sind
jetzt weniger als je geneigt, diesem verkommenen Menschenstamm einige
Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Anmerkung 6. Die Ylungut oder
Ylongotes, wie die Spanier schreiben, sind Stämme malaiischen
Ursprungs, welche in der östlichen Cordillere zwischen Baler und
Casiguran leben. Sie gehören mit zu den wildesten Stämmen des
Landes, und sie stehen mit den Christen sowohl, wie mit den nahe wohnenden
Negrito’s in beständiger Fehde.
Anmerkung 7. Eine Schätzung der
Zahl der Negrito’s ist von Mallat versucht worden, der sie auf 25000
angibt (Mallat, les Philippines Bd. II p. 94). Dies wird jedenfalls sehr
übertrieben sein. Zu Legaspi’s Zeiten (1570–1580) freilich
muss die Zahl derselben noch eine sehr grosse gewesen sein. Sie
werden in dieser Zeit noch als ausschliessliche
Bewohner der Insel Negros erwähnt, und auch in Cebú sowie in Panay
lebten damals noch sehr zahlreiche Negrito’s dicht neben den von
Malaien bewohnten grösseren Städten. Auf beiden Inseln sind sie
seit Langem spurlos verschwunden. S. Gaspar de S. Agustin pag. 95; Chirino,
Relacion etc. pag. 24.
Anmerkung 8. Siehe meinen Bericht in
der Zeitschrift für die gesammte Erdkunde Bd. 13 pag. 81–97 und
das Tagebuch des D. G. Galvey, welches in dem Werke des D. Sinibaldo de Mas
Band I, Artikel Poblacion pag. 43 sqq. abgedruckt ist “Informe sobre
el Estado de las Islas Filipinas en 1842”.
Anmerkung 9. Im Visaya-Dialect heisst
busauang “Strom von Wasser, Blut etc.; die
Partikel tag wird vor Substantivwurzeln gesetzt, um die Herrschaft über
dasselbe anzudeuten; hiernach wäre die Bedeutung des Wortes wohl so zu
geben »der Gott (Herr) des Blutstromes” d. h. Gott des Krieges.
Ihm ist die rothe Farbe geheiligt, die der muthige
Krieger nur dann anlegen darf, wenn er eine bestimmte Zahl von Feinden
erschlagen hat. (Padre Combes, Historia de Mindanao pag. 54.)
Anmerkung 10. Es ist oben in Anmerkung 5 die Quelle angegeben, der ich diese
interessante Notiz entnommen habe.
Anmerkung 11. Man hört auf den
Philippinen jetzt häufig sagen, die Priester hätten den
Eingebornen nicht blos Kunst und Industrie, sondern auch sogar den Reisbau
gebracht. Es ist eine von allen älteren spanischen Autoren anerkannte
Thatsache, dass die Bewohner Luzon’s sowohl wie der Visaya’s bei
der Ankunft von Magellanes nicht blos den Reis zu eignem Bedarf bauten,
sondern auch als Handelsartikel benutzten. S. Martinez de
Zuniga, Hist. de Philip. Bd. I pag. 12; Combes, Historia de Mindanao p. 6 etc. Wenn man die einzelnen, in
den verschiedenen Autoren zerstreut liegenden Bemerkungen über den
Zustand des Handels vor Ankunft der Spanier zusammenfasst, so gewinnt man
ein ganz anderes Bild von dem Verkehr der dortigen Völker, als man es
nach den Darstellungen der neueren Autoren sich bildet. Pigafetta
erzählt—ich citire nach der französischen Ausgabe des Jahres
1801 von Charles Amoretti—, dass alljährlich 6 oder 7 Dschonken
aus dem Lande der Lequii nach Luzon kamen (pag. 134). In Borneo trifft
Pigafetta (pag. 146) den Sohn des Königs von Luzon, der als Feldherr
des Königs von Borneo die Bewohner von Laoe an der Westküste
Borneo’s bekriegt hatte, weil sie lieber die Oberherrschaft eines
Königs von Java, als die des Sultan’s von Borneo anerkennen
wollten. Die von ihm pag. 150 aus Borneo mitgetheilten Bemerkungen über
Gewichte und Geld deuten auf einen sehr regen Verkehr mit den Chinesen hin;
und der P. Gaspar de S. Agustin erzählt in seiner “Conquista de
las Islas Filipinas”, dass chinesische Schiffe in den grossen Fluss
von Mindanao—d. h. den bei Cota Batto an der Südküste
mündenden Fluss—zum Handeltreiben einliefen. Die bedeutendste
Stelle ist die auf pag. 96 des letztgenannten
Werkes, woraus hervorgeht, dass nur die grösseren chinesischen
Dschonken nach Manila kamen, von hier aus aber die mitgebrachten
chinesischen Waaren in kleineren Schiffen nach Borneo und den
philippinischen Inseln gebracht wurden. Auf dem Rückwege nahmen sie
dann die von den Chinesen und Siamesen gesuchten Waaren mit, nemlich
Sclaven, Gold, Wachs und Kaurisschnecken, sowie weisse
Tücher—wohl solche, wie sie noch heutzutage aus den Fasern der
Musa textilis gewoben werden—, die nun mittels der grösseren
Schiffe nach China hingebracht wurden. Also schon lange vor der christlichen
Periode war Manila ein Stapelplatz für chinesische Waaren, ein Emporium
des chinesisch-malaiischen Handels.
V. Skizze.—Die Muhamedaner und der Anfang der christlichen
Periode.
Anmerkung 1. Siehe Martinez de Zuniga
pag. 69–71. Gaspar de S. Agustin pag. 95–96. ibid pag. 108.
Pigafetta pag. 146.
Anmerkung 2. Siehe Martinez de Zuniga
pag. 196–196. Die Geschichte der Kriegsführung zwischen Spaniern
und Muhamedanern ist nicht ohne einiges Interesse. Leider ist man gezwungen,
hier wie überall, auf die voluminösen Geschichtswerke der
geistlichen Corporationen zurückzugehen, da das einzige meines Wissens
existirende Specialwerk über diesen Gegenstand “D. Emilio
Bernaldez, Resena historica de la Guerra al Sur de Filipinas” durchaus
einseitig abgefasst und eigentlich nur für den spanischen Militair
wichtig ist, welcher vielleicht einmal an die Spitze einer Expedition gegen
die Moro’s gestellt werden könnte. Trotz der vielen
Kriegszüge nach Joló, trotz der Einnahme von Balanguingui im Jahre
1851 und obgleich die schwerfälligen Segelschiffe der Christen in den
letzten Jahren durch Dampfkanonenböte ersetzt wurden, ist es den
Spaniern auch bis auf den heutigen Tag nicht gelungen, die Piraterie im
Süden der Philippinen auszurotten. Ich selbst wäre gewiss noch
1864 an der Ostküste Mindanao’s in die Hände der Moros
gefallen, wenn irgend ein Umstand meine Abreise aus Bohol um 8–14 Tage
verzögert hätte. Obgleich damals die in Cebú stationirten
Dampfschiffe rechtzeitig durch den Gouverneur von Surigao Kenntniss von der
Anwesenheit der Piraten erhalten hatten, so liefen diese doch so spät
aus, und gaben sich bei ihrer Verfolgung so wenig Mühe, dass die
Moro’s ganz ruhig mit ihrer Beute nach Hause gelangen konnten.
Anmerkung 3. Man hört häufig
sagen, und man liest es in allen neueren Werken der Spanier über die
Philippinen, es seien die Priester ununterstützt durch die Macht der
Waffen, an ihr Werk der Bekehrung gegangen. Es war Juan de Salcedo mit
seinen Soldaten, welcher den Priestern den Weg nach dem Norden von Luzon
durch die Gewalt der Waffen bahnte. Padre Combes sagt in seiner Historia de
Mindanao p. 84: “die PP. Juan del Campo und Juan de S. Lucar
hätten sich, da ohne die nöthige Unterstützung durch die
Waffen, nach der Caldera (dicht bei Zamboanga) zurückziehen
müssen”. Und Gaspar de S. Agustin p. 163 sagt:
“als die Indier sahen, dass sie nirgendwo sicher vor den Spaniern
waren, kamen sie von vielen Ortschaften nach Cebú, um Frieden zu
machen.” Er sagt dies, nachdem er erzählt hat, wie Legaspi schon
im Jahre 1564, wenige Monate nach seiner Ankunft, Expeditionen zur
Züchtigung verschiedener Stämme nach dem Norden und Osten von
Mindanao ausgeschickt hatte.
Anmerkung 4. Nach Pigafetta p. 119
waren schon durch Magallanes die Bewohner von Cebú im Jahr 1521 zur
Entrichtung eines festbestimmten Tributes gezwungen worden.
Anmerkung 5. Hierfür nur eine
Stelle des Gaspar de S. Agustin p. 143: “Und die Fürsten (los
Principales) sagten, dass er (Legaspi) ganz handeln möge, wie Herr und
Gebieter; denn sie wären nun treue Vasallen des Königs geworden,
und sie bäten ihn nun, dass er ihnen die Plätze anweisen
möchte, wo sie ihre Ortschaften neben denen der Spanier hinbauen
sollten.”
VI. Skizze.—Die neueste christliche Zeit.
Anmerkung 1. Ich habe im Texte
absichtlich die starken Ausdrücke gemildert, in welchen zahlreiche
spanische Autoren sich über das im 17. und 18. Jahrhundert befolgte
System der Regierung dieser Colonie aussprechen. Ich übersetze einige
Stellen aus D. Sinibaldo de Mas “Informe sobre el Estado de las Islas
Filipinas en 1842, Madrid 1843”, pag. 199: “Kurz nach den ersten
Zeiten, sagt der Duque de Almodovar, des Glaubenseifers und des Ruhmes der
Eroberung bemächtigte sich der Gemüther ein niedriges und
übel angewandtes Interesse. Die grosse Mehrzahl der Leute, die
später nach jenen entfernten Gegenden gingen, pflegten dem Auswurf der
Nation anzugehören (solian ser de las heces de la nacion)”. Und
D. Tomas de Comyn schrieb 1810: “In der That sieht man sehr
häufig einen Friseur oder den Lakaien eines Gouverneurs, einen Matrosen
oder einen Deserteur sich plötzlich in
einen
Alcalden oder einen Militär-Gouverneur eines volkreichen Districtes
verwandeln.”
Anmerkung 2. Die Entstehung dieses
Wortes ist gänzlich unklar. Alle neueren Autoren behaupten, es sei das
barangay,—womit man die aus 40–50 Familien bestehende
tributzahlende Gesammtheit bezeichnet—eine alte aus der heidnischen
Zeit überkommene Einrichtung. Nun findet sich aber dies Wort in solcher
Bedeutung nicht in den älteren Geschichtswerken, und es ist mir
völlig unklar, auf welche Autorität sich Buzeta, Maliat, Mas und
andere Autoren stützen, wenn sie behaupten, dass das barangay
ursprünglich die Menge bezeichnet hätte, welche in einem ihrer
grossen Boote, den sogenannten barangay, bei ihrer
Einwanderung auf den Philippinen angekommen sein sollen. Ohne eine bestimmte
Angabe der ältesten Chronisten der Philippinen hierüber wird sich
kaum entscheiden lassen, welche von beiden Bedeutungen des Wortes die
abgeleitete sei. In diesem Institut des barangay liegt der eigentliche
Schwerpunkt der philippinischen Communalverwaltung.
Anmerkung 3. Der Padre Gaspar de S.
Agustin schrieb 1698 (l. c. p. 12): »Man kann sicher annehmen, dass die
Bewohner sich nicht aus
reliösem
religiösem
Gefühl (devocion) und wirklicher Kenntniss dessen, was sie
empfingen, taufen liessen, sondern weil ihnen dies das Symbol des
Bündnisses und der Freundschaft mit den Castiliern zu sein schien.
Anmerkung 4. Ich verweise in dieser
Beziehung auf die kurzen in Anmerkung 11 der IV.
Skizze gemachten Angaben.
Anmerkung 5. Man liest in allen neueren
Büchern, dass die Real Compania de Filipinas 1785 errichtet wurde
(Nopitsch, kaufmännische Berichte gesammelt auf einer Reise um die
Welt, Hamburg 1849, p.78). Dies ist nicht ganz richtig. Aus der vom 10.
März 1785 datirten “Real Cedula de Ereccion de la Compania de
Filipinas” geht hervor, dass schon Philipp V. am 29. März 1733
einer zu gründenden Compania de Filipinas bedeutende Prärogativen
für den directen Handel nach und von Manila gegeben hatte. Trotz der
von der Regierung selbst zwischen 1733 und 1778 öfter unternommenen
Handelsexpeditionen nach Manila scheint die Compania gar keine oder nur
unbedeutende Geschäfte gemacht zu haben. 1785 nun ging die Compania de
Caracas zu Ende, und diese Gesellschaft übertrug nun ihre
Thätigkeit auch auf die Philippinen unter dem Titel der Real Compania
de Filipinas. Ihr stand nicht blos das Recht zu, directen Handel zwischen
Spanien und den Philippinen zu treiben, sondern sie durfte auch von America
aus Waaren nach Manila, China etc. führen, ja es war ihr sogar erlaubt,
chinesische Manufacturwaaren auf dem Umwege über einen spanischen Hafen
im Mutterlande nun auch in Neu-Spanien einzuführen, da sie jetzt als
spanische Waaren betrachtet wurden (s. die erwähnte Cedula vom Jahre
1785 p. 27.) Gänzlich untersagt war ihr jedoch der directe Handel
zwischen Manila und Acapulco, ein Verbot, das nur
gegeben worden war, um den Handel des Mutterlandes mit den Colonien in
Amerika nicht zu beeinträchtigen. (S. ebenda p. 20.)
Anmerkung 6. “Tribunal”
auch “Casa Real” wird das in jedem Dorfe befindliche
Gemeindehaus genannt, in welchem der Gobernadorcillo mit seinen Tenientes
etc. ihre Amtshandlungen vornehmen. Es dient zugleich als Gerichtshof und
Gefängniss, wie auch als Wirthshaus; und öfters habe ich auf
meinen Reisen in demselben Raume mit krummgeschlossenen Gefangenen zusammen
die Nächte zubringen müssen.
In A. Stuber’s Buchhandlung sind ferner erschienen:
Forel, Dr. F. A., Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Najaden. 20 ngr.
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Königreich Bayern. Zweite wohlf. Ausgabe. 26 ngr. oder fl. 1. 30 kr.
Munde, Dr. Chl., The Bancroft Naturalisation Treaties with the German States the
United States Constitution and the Rights and Privileges of Citizens of foreign
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Steigerwald. Mit 2 Holzschnitten und 2 lithographirten Tafeln. Rthlr. 1. oder
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15–20 Bogen stark, erscheinen und die Geschichte der Aristokratie, der
Mittelklassen, des vierten Standes, die Geschichte des Socialismus, Communismus,
der Berufsklassen, des Pauperismus, die sociale Frage, die Entwickelungs-Gesetze
der Gesellschaft, Credit- und Genossenschaften, Staat und Gesellschaft &c.
enthalten.
Das Manuscript ist vollständig vorhanden und werden die folgenden Bände
in kurzen Zwischenräumen erscheinen.
Rückert, Dr. E., Die Pfahlbauten und Völkerschichten Osteuropa’s,
besonders der Donaufürstenthümer. Mit 1 Lithogr. 15 ngr. oder 54 kr.
Spiess, P., Die Rhön. Mit einer Karte. Rthlr. 1. 10 ngr. oder fl. 2. 20 kr.
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National-Oekonomik. Rthlr. 1. 10 ngr. oder fl. 2. 20 kr.