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Spener, Philipp Jakob: Leichenpredigt auf den kurfürstlich-brandenburgischen Kammergerichtsadvokaten und Berliner Bürgermeister Martin Friedrich Elerdt (1644–1693). Frankfurt (Main), 1696.

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rechigkeit zu sehen pfleget. Dahin gehören die ort/ 1. Joh. 2. vers. 29.
So ihr wisset/ daß Er gerecht ist/ so erkennet auch/ daß wer
recht thut/ der ist von ihm geboren.
Und c. 3/ 7. Kindlein laßt
euch niemand verführen. Wer recht thut/der ist gerecht/ gleich
wie Er gerecht ist.
Also heissen dann hier gerechte/ umb alles kurtz
zu fassen/ die jenige/ die durch den glauben vergebung der sünden empfan-
gen haben/ und solches glaubens früchte in gerechtem wandel/ das ist/ nach
den geboten des Herrn bringen.

Wir mercken so bald die grosse gütigkeit Gottes/ daß Er/ da wir
die erste erbgerechtigkeit in Adam verlohren/uns eine andere/ nemlich die
gerechtigkeit seines lieben Sohnes/ geschencket hat/ aus derselben/ weil sie
vollkommen ist/ vor ihm zu bestehen : So dann/ daß er auch unsere un-
vollkommene/ und wegen der stets anklebenden gebrechen und sünden
solches namens nicht würdige gerechtigkeit unsers wandels/ wo man nur
der sünden nicht mit willen und boßheit dienet/ ob Er sie wol nach der
strenge wegen der mängel gar verwerffen könte/ dannoch um Christi wil-
len nicht allein in gnaden annimmet/ sondern sie auch des namens der ge-
rechtigkeit würdiget. Welcher gütigkeit betrachtung uns so wol einen
herrlichen trost geben/ als zu desto mehrerm fleiß uns solcher gerechtigkeit
zu befleissen auffmuntern solle.

(2) Siehet da/ heilige leute/ eigentlich/ männer der frömmigkeit oder
gütigkeit. Welche durch den Gerechten den HErrn Christum verstehen/
verstehen durch diese heilige seine Apostel: Nun seye es fern/ daß wir sie
hievon außschliessen solten/ als die freylich auch an diesem text theil haben.
Jndessen haben wir nicht nöthig/ in solcher enge zu bleiben : auch gehet des
Propheten meinung nicht eigentlich dahin. Sondern wir verstehen durch
diese heilige wiederum eben die jenige/ die vorhin gerechte genennt wor-
den; wie es in der schrifft nichts ungemeines ist/ einerley mit abgewechselten
worten zu widerholen. Sonderlich aber siehet dieses wort nicht so wol auf
die gerechtigkeit des glaubens/ so zwar zum grunde ligen bleibet/ als viel-
mehr des lebens. Wie dann dmkh heisset eine frömmigkeit/ da man sich alles
guten befleisset/ sonderlich auch gegen seinen nechsten gütig und liebreich ist.

(3) Werden die Leute noch weiter beschrieben/ die richtig vor
sich gewandelt haben
: Es heisset nicht allein des menschen le-
ben ein weg/ auff dem man gehet; sondern auch heissen die Gött-
liche gebote ein weg. Wie es lautet/ Psalm. 119. vers. 32. und folgende Wenn
du mein hertz tröstest/ so lauffe ich den weg deiner gebot :
Zeige mir/ HErr/ den weg deiner rechte/ daß ich sie bewahre
biß ans ende.
Wiederum : Führe mich auf dem steig deiner gebot.



rechigkeit zu sehen pfleget. Dahin gehoͤren die ort/ 1. Joh. 2. vers. 29.
So ihr wisset/ daß Er gerecht ist/ so erkennet auch/ daß wer
recht thut/ der ist von ihm geboren.
Und c. 3/ 7. Kindlein laßt
euch niemand verfuͤhren. Wer recht thut/der ist gerecht/ gleich
wie Er gerecht ist.
Also heissen dann hier gerechte/ umb alles kurtz
zu fassen/ die jenige/ die durch den glauben vergebung der suͤnden empfan-
gen haben/ und solches glaubens fruͤchte in gerechtem wandel/ das ist/ nach
den geboten des Herrn bringen.

Wir mercken so bald die grosse guͤtigkeit Gottes/ daß Er/ da wir
die erste erbgerechtigkeit in Adam verlohren/uns eine andere/ nemlich die
gerechtigkeit seines lieben Sohnes/ geschencket hat/ aus derselben/ weil sie
vollkommen ist/ vor ihm zu bestehen : So dann/ daß er auch unsere un-
vollkommene/ und wegen der stets anklebenden gebrechen und suͤnden
solches namens nicht wuͤrdige gerechtigkeit unsers wandels/ wo man nur
der suͤnden nicht mit willen und boßheit dienet/ ob Er sie wol nach der
strenge wegen der maͤngel gar verwerffen koͤnte/ dannoch um Christi wil-
len nicht allein in gnaden annimmet/ sondern sie auch des namens der ge-
rechtigkeit wuͤrdiget. Welcher guͤtigkeit betrachtung uns so wol einen
herrlichen trost geben/ als zu desto mehrerm fleiß uns solcher gerechtigkeit
zu befleissen auffmuntern solle.

(2) Siehet da/ heilige leute/ eigentlich/ maͤnner der froͤmmigkeit oder
guͤtigkeit. Welche durch den Gerechten den HErrn Christum verstehen/
verstehen durch diese heilige seine Apostel: Nun seye es fern/ daß wir sie
hievon außschliessen solten/ als die freylich auch an diesem text theil haben.
Jndessen haben wir nicht noͤthig/ in solcher enge zu bleiben : auch gehet des
Propheten meinung nicht eigentlich dahin. Sondern wir verstehen durch
diese heilige wiederum eben die jenige/ die vorhin gerechte genennt wor-
den; wie es in der schrifft nichts ungemeines ist/ einerley mit abgewechselten
worten zu widerholen. Sonderlich aber siehet dieses wort nicht so wol auf
die gerechtigkeit des glaubens/ so zwar zum grunde ligen bleibet/ als viel-
mehr des lebens. Wie dann דםח heisset eine froͤmmigkeit/ da man sich alles
guten befleisset/ sonderlich auch gegen seinen nechsten guͤtig und liebreich ist.

(3) Werden die Leute noch weiter beschrieben/ die richtig vor
sich gewandelt haben
: Es heisset nicht allein des menschen le-
ben ein weg/ auff dem man gehet; sondern auch heissen die Goͤtt-
liche gebote ein weg. Wie es lautet/ Psalm. 119. vers. 32. und folgende Wenn
du mein hertz troͤstest/ so lauffe ich den weg deiner gebot :
Zeige mir/ HErr/ den weg deiner rechte/ daß ich sie bewahre
biß ans ende.
Wiederum : Fuͤhre mich auf dem steig deiner gebot.


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[163/0011] rechigkeit zu sehen pfleget. Dahin gehoͤren die ort/ 1. Joh. 2. vers. 29. So ihr wisset/ daß Er gerecht ist/ so erkennet auch/ daß wer recht thut/ der ist von ihm geboren. Und c. 3/ 7. Kindlein laßt euch niemand verfuͤhren. Wer recht thut/der ist gerecht/ gleich wie Er gerecht ist. Also heissen dann hier gerechte/ umb alles kurtz zu fassen/ die jenige/ die durch den glauben vergebung der suͤnden empfan- gen haben/ und solches glaubens fruͤchte in gerechtem wandel/ das ist/ nach den geboten des Herrn bringen. Wir mercken so bald die grosse guͤtigkeit Gottes/ daß Er/ da wir die erste erbgerechtigkeit in Adam verlohren/uns eine andere/ nemlich die gerechtigkeit seines lieben Sohnes/ geschencket hat/ aus derselben/ weil sie vollkommen ist/ vor ihm zu bestehen : So dann/ daß er auch unsere un- vollkommene/ und wegen der stets anklebenden gebrechen und suͤnden solches namens nicht wuͤrdige gerechtigkeit unsers wandels/ wo man nur der suͤnden nicht mit willen und boßheit dienet/ ob Er sie wol nach der strenge wegen der maͤngel gar verwerffen koͤnte/ dannoch um Christi wil- len nicht allein in gnaden annimmet/ sondern sie auch des namens der ge- rechtigkeit wuͤrdiget. Welcher guͤtigkeit betrachtung uns so wol einen herrlichen trost geben/ als zu desto mehrerm fleiß uns solcher gerechtigkeit zu befleissen auffmuntern solle. (2) Siehet da/ heilige leute/ eigentlich/ maͤnner der froͤmmigkeit oder guͤtigkeit. Welche durch den Gerechten den HErrn Christum verstehen/ verstehen durch diese heilige seine Apostel: Nun seye es fern/ daß wir sie hievon außschliessen solten/ als die freylich auch an diesem text theil haben. Jndessen haben wir nicht noͤthig/ in solcher enge zu bleiben : auch gehet des Propheten meinung nicht eigentlich dahin. Sondern wir verstehen durch diese heilige wiederum eben die jenige/ die vorhin gerechte genennt wor- den; wie es in der schrifft nichts ungemeines ist/ einerley mit abgewechselten worten zu widerholen. Sonderlich aber siehet dieses wort nicht so wol auf die gerechtigkeit des glaubens/ so zwar zum grunde ligen bleibet/ als viel- mehr des lebens. Wie dann דםח heisset eine froͤmmigkeit/ da man sich alles guten befleisset/ sonderlich auch gegen seinen nechsten guͤtig und liebreich ist. (3) Werden die Leute noch weiter beschrieben/ die richtig vor sich gewandelt haben : Es heisset nicht allein des menschen le- ben ein weg/ auff dem man gehet; sondern auch heissen die Goͤtt- liche gebote ein weg. Wie es lautet/ Psalm. 119. vers. 32. u. f. Wenn du mein hertz troͤstest/ so lauffe ich den weg deiner gebot : Zeige mir/ HErr/ den weg deiner rechte/ daß ich sie bewahre biß ans ende.Wiederum : Fuͤhre mich auf dem steig deiner gebot.

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Leichenpredigt auf den kurfürstlich-brandenburgischen Kammergerichtsadvokaten und Berliner Bürgermeister Martin Friedrich Elerdt (1644–1693). Frankfurt (Main), 1696, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/3490624_6/11>, abgerufen am 25.04.2024.