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Spener, Philipp Jakob: Leichenpredigt auf den kurfürstlich-brandenburgischen Kammergerichtsadvokaten und Berliner Bürgermeister Martin Friedrich Elerdt (1644–1693). Frankfurt (Main), 1696.

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Daher spricht auch David v. 9. Wie wird ein Jüngling seinen weg
unsträflich gehen : wann er sich hält nach deinen worten.

Es wird aber auch noch mehr von den wegen Gottes in solchem
Psalmen geredet. Und haben wir also die sache dahin zu verstehen : Es
ist dieses leben zwar auch ein weg oder vielmehr wie ein grosses Feld/
darauff mehrere wege sind/ einer aber allein führet zur seligkeit/ die andre
alle endigen ins verderben. So bald also der Mensch gebohren wird/
und so zu reden auff diese bahn trit/ zeigt ihm Gott den richtigen weg/ der
zum leben führt/ auf den er gleichsam in der tauffe gesetzet/ und ihm Gött-
licher wille vorgeleget wird/ daß er auf solchem weg der gebotte Gottes/ des
glaubens und des gehorsams/ fortwandern soll : dann dessen sein Ende
ist die vollkommene seligkeit. Nun wann einer auf dem rechten weg
ist/ da muß er gerade vor sich gehen/ dann wo er zur rechten oder lincken
abweichet/ kommt er stracks auf unrichtige wege/ also wird hie von solchen
leuten geredet/ die mit Gott in dem bund stehen/ der ihnen glauben und
gehorsam vorgeschriben hat/ darinnen gehen sie einher und weichen nicht
ab wann sie schon dieser oder jener auf die seite/ einer zu irriger lehr/ ein
ander zu bösem leben/ abruffen wil; sie aber wandeln immer richtig vor
sich hin. Also wird hiemit die beständigkeit des Gottseligen wandels
angedeutet/ daß der mensch nach seinem so allgemeinen als abson-
derlichen beruff/ dazu ihn sein GOtt beruffen hat/ sein gantzes leben
einzurichten befliessen ist. Welches denn der göttliche wandel oder das
göttliche lebe
/ ist so von Henoch/ 1. Mos. 5/ 24. und Noah/ c. 6/ 9. ge-
rühmet wird : da sie mit Gott gewandelt haben/ wie es eigentlich
lautet : das ist/ wie sie Gott auf dem richtigen wege geleitet hat.

Also alles zu sammen zu fassen/ was diese wort anzeigen/ wer hier
gemeinet seye/ und durch seinen tod zum Frieden und ruhe komme/ so
sinds solche leute : 1. Die Gott nach der warheit/ und zwar in seinem
Sohn erkennen/ denn solches erfordert der glaube/ auß dem sie müssen
gerecht werden. Daher wir den jenigen diesen frieden und ruhe nicht
versprechen können/ welche wol einen scheinbaren guten Wandel füh-
ren/ wo aber die erkäntniß Gottes und seines Sohnes nicht dabey ist : in
dero doch das ewige leben bestehet. Joh. 17/ 3. Die 2. aus solcher
erkäntnüß und im glauben sich allein an der gnade Gottes in Christo
Jesu halten/ darauß die vergebung der sünden erlangen/ und also gerecht
werden : Ferner 3. einem heiligen Wandel zu führen befliessen sind/
in liebe/ vertrauen/ forcht und gehorsam Gottes/ in der liebe des nechsten :
Auch 4. auff solchem wege immer richtig fortwandlen/ und weder still ste-
hen/ noch sich durch der welt verführung oder trohen auff diese oder jene
seite zu falscher lehr oder gottlosem leben abführen lassen/ sondern das an-


Daher spricht auch David v. 9. Wie wird ein Juͤngling seinen weg
unstraͤflich gehen : wann er sich haͤlt nach deinen worten.

Es wird aber auch noch mehr von den wegen Gottes in solchem
Psalmen geredet. Und haben wir also die sache dahin zu verstehen : Es
ist dieses leben zwar auch ein weg oder vielmehr wie ein grosses Feld/
darauff mehrere wege sind/ einer aber allein fuͤhret zur seligkeit/ die andre
alle endigen ins verderben. So bald also der Mensch gebohren wird/
und so zu reden auff diese bahn trit/ zeigt ihm Gott den richtigen weg/ der
zum leben fuͤhrt/ auf den er gleichsam in der tauffe gesetzet/ und ihm Goͤtt-
licher wille vorgeleget wird/ daß er auf solchem weg der gebotte Gottes/ des
glaubens und des gehorsams/ fortwandern soll : dann dessen sein Ende
ist die vollkommene seligkeit. Nun wann einer auf dem rechten weg
ist/ da muß er gerade vor sich gehen/ dann wo er zur rechten oder lincken
abweichet/ kommt er stracks auf unrichtige wege/ also wird hie von solchen
leuten geredet/ die mit Gott in dem bund stehen/ der ihnen glauben und
gehorsam vorgeschriben hat/ darinnen gehen sie einher und weichen nicht
ab wann sie schon dieser oder jener auf die seite/ einer zu irriger lehr/ ein
ander zu boͤsem leben/ abruffen wil; sie aber wandeln immer richtig vor
sich hin. Also wird hiemit die bestaͤndigkeit des Gottseligen wandels
angedeutet/ daß der mensch nach seinem so allgemeinen als abson-
derlichen beruff/ dazu ihn sein GOtt beruffen hat/ sein gantzes leben
einzurichten befliessen ist. Welches denn der goͤttliche wandel oder das
goͤttliche lebe
/ ist so von Henoch/ 1. Mos. 5/ 24. und Noah/ c. 6/ 9. ge-
ruͤhmet wird : da sie mit Gott gewandelt haben/ wie es eigentlich
lautet : das ist/ wie sie Gott auf dem richtigen wege geleitet hat.

Also alles zu sammen zu fassen/ was diese wort anzeigen/ wer hier
gemeinet seye/ und durch seinen tod zum Frieden und ruhe komme/ so
sinds solche leute : 1. Die Gott nach der warheit/ und zwar in seinem
Sohn erkennen/ denn solches erfordert der glaube/ auß dem sie muͤssen
gerecht werden. Daher wir den jenigen diesen frieden und ruhe nicht
versprechen koͤnnen/ welche wol einen scheinbaren guten Wandel fuͤh-
ren/ wo aber die erkaͤntniß Gottes und seines Sohnes nicht dabey ist : in
dero doch das ewige leben bestehet. Joh. 17/ 3. Die 2. aus solcher
erkaͤntnuͤß und im glauben sich allein an der gnade Gottes in Christo
Jesu halten/ darauß die vergebung der suͤnden erlangen/ und also gerecht
werden : Ferner 3. einem heiligen Wandel zu fuͤhren befliessen sind/
in liebe/ vertrauen/ forcht und gehorsam Gottes/ in der liebe des nechsten :
Auch 4. auff solchem wege immer richtig fortwandlen/ und weder still ste-
hen/ noch sich durch der welt verfuͤhrung oder trohen auff diese oder jene
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[164/0012] Daher spricht auch David v. 9. Wie wird ein Juͤngling seinen weg unstraͤflich gehen : wann er sich haͤlt nach deinen worten. Es wird aber auch noch mehr von den wegen Gottes in solchem Psalmen geredet. Und haben wir also die sache dahin zu verstehen : Es ist dieses leben zwar auch ein weg oder vielmehr wie ein grosses Feld/ darauff mehrere wege sind/ einer aber allein fuͤhret zur seligkeit/ die andre alle endigen ins verderben. So bald also der Mensch gebohren wird/ und so zu reden auff diese bahn trit/ zeigt ihm Gott den richtigen weg/ der zum leben fuͤhrt/ auf den er gleichsam in der tauffe gesetzet/ und ihm Goͤtt- licher wille vorgeleget wird/ daß er auf solchem weg der gebotte Gottes/ des glaubens und des gehorsams/ fortwandern soll : dann dessen sein Ende ist die vollkommene seligkeit. Nun wann einer auf dem rechten weg ist/ da muß er gerade vor sich gehen/ dann wo er zur rechten oder lincken abweichet/ kom̄ er stracks auf unrichtige wege/ also wird hie von solchen leuten geredet/ die mit Gott in dem bund stehen/ der ihnen glauben und gehorsam vorgeschriben hat/ darinnen gehen sie einher und weichen nicht ab wann sie schon dieser oder jener auf die seite/ einer zu irriger lehr/ ein ander zu boͤsem leben/ abruffen wil; sie aber wandeln immer richtig vor sich hin. Also wird hiemit die bestaͤndigkeit des Gottseligen wandels angedeutet/ daß der mensch nach seinem so allgemeinen als abson- derlichen beruff/ dazu ihn sein GOtt beruffen hat/ sein gantzes leben einzurichten befliessen ist. Welches denn der goͤttliche wandel oder das goͤttliche lebe/ ist so von Henoch/ 1. Mos. 5/ 24. und Noah/ c. 6/ 9. ge- ruͤhmet wird : da sie mit Gott gewandelt haben/ wie es eigentlich lautet : das ist/ wie sie Gott auf dem richtigen wege geleitet hat. Also alles zu sammen zu fassen/ was diese wort anzeigen/ wer hier gemeinet seye/ und durch seinen tod zum Frieden und ruhe komme/ so sinds solche leute : 1. Die Gott nach der warheit/ und zwar in seinem Sohn erkennen/ denn solches erfordert der glaube/ auß dem sie muͤssen gerecht werden. Daher wir den jenigen diesen frieden und ruhe nicht versprechen koͤnnen/ welche wol einen scheinbaren guten Wandel fuͤh- ren/ wo aber die erkaͤntniß Gottes und seines Sohnes nicht dabey ist : in dero doch das ewige leben bestehet. Joh. 17/ 3. Die 2. aus solcher erkaͤntnuͤß und im glauben sich allein an der gnade Gottes in Christo Jesu halten/ darauß die vergebung der suͤnden erlangen/ und also gerecht werden : Ferner 3. einem heiligen Wandel zu fuͤhren befliessen sind/ in liebe/ vertrauen/ forcht und gehorsam Gottes/ in der liebe des nechsten : Auch 4. auff solchem wege immer richtig fortwandlen/ und weder still ste- hen/ noch sich durch der welt verfuͤhrung oder trohen auff diese oder jene seite zu falscher lehr oder gottlosem leben abfuͤhren lassen/ sondern das an-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Leichenpredigt auf den kurfürstlich-brandenburgischen Kammergerichtsadvokaten und Berliner Bürgermeister Martin Friedrich Elerdt (1644–1693). Frankfurt (Main), 1696, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/3490624_6/12>, abgerufen am 24.04.2024.