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Kirsten, Johann: Cenotaphium Spirituale, exponens Sacerdotii TERRENA NUBILA, & SERENA cœli JUBILA. Liegnitz, 1683.

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ter denen/ die von grausamen Feinden umbeingelt/ und bela-
gert werden? Wenn die in Spanien/ am Flusse Ibero ge-
legene/ und von den Grichen hart belagerte Stadt Sagun-
tum
keine Hülffe hat/ sondern den gäntzlichen Untergang
für Augen siehet/ daß die Belagerten vor Angst ein grosses
Feuer anzünden/ alle ihre Schätze darein werffen/ letztlich a-
ber sich selbst/ allzumal/ mit ihren Kindern hinein stürtzen/ da-
mit sie nicht in die Hände der Feinde gerathen mögen/ (E-
rasmus Adag. pag. mihi 490. 491. Valer. Max, Lib.
6. c. 6. pag.
178) Wenn die von Philippo, dem Kö-
nige der Macedonier, belagerten Abydeni, beyEro-
berung ihrer Stadt/ die Schwerdter wieder sich selbst ge-
brauchen/ und einander so jämmerlich in Stücken zerhauen/
daß der König Philippus, über solchem Trauerspiele sich
selbst entsetzet/ und vor Consternation außruffen lässet:
Es solle keiner von Seineu Soldaten eine Hand an Sie le-
gen/ (Sabellicus, Lib. 6. Ennead. 5.] Wenn die be-
lagerten Juden zu Jerusalem/ für grossen Belagerungs-
Aengsten/ lieber sterben/ als leben wollen; ja den Tod/ gegen
ihrer Hungers-Noth/ vor eine Kurtzweile halten/ und deß-
halben mit grossen Hauffen in das Krieges-Heer Titi Ve-
spasiani
lauffen/ sich creutzigen zu lassen/ also/ daß Titus
letztlich nicht weiß/ wo er Creutze genung hernehmen solle/ ih-
nen zu willfahren/ (Josephus Lib. 5. de Bello Jud. cap.
28. pag. mihi
832.) Heist es da nicht recht: Uns ist bange/
daß wir kaum Odem holen/ Esa. 26. v. 18. Weil denn
David in unserem Texte saget: Die Belagerungs-Aeng-
ste meines Hertzens haben sich weit außgebreitet:
So
spaltet er uns allerdinges sein Hertz auf/ daß wir mercklich
hinein sehen und warnehmen können/ wie selbiges nichts an-
ders/ denn ein hart belagertes Angst-Schloß gewesen/ wel-
thes täglich viel tausend Anfechtungen/ als ein grosses/ weit-

außge-
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ter denen/ die von grauſamen Feinden umbeingelt/ und bela-
gert werden? Wenn die in Spanien/ am Fluſſe Ibero ge-
legene/ und von den Grichen hart belagerte Stadt Sagun-
tum
keine Huͤlffe hat/ ſondern den gaͤntzlichen Untergang
fuͤr Augen ſiehet/ daß die Belagerten vor Angſt ein groſſes
Feuer anzuͤnden/ alle ihre Schaͤtze darein werffen/ letztlich a-
ber ſich ſelbſt/ allzumal/ mit ihren Kindern hinein ſtuͤrtzen/ da-
mit ſie nicht in die Haͤnde der Feinde gerathen moͤgen/ (E-
rasmus Adag. pag. mihi 490. 491. Valer. Max, Lib.
6. c. 6. pag.
178) Wenn die von Philippo, dem Koͤ-
nige der Macedonier, belagerten Abydeni, beyEro-
berung ihrer Stadt/ die Schwerdter wieder ſich ſelbſt ge-
brauchen/ und einander ſo jaͤmmerlich in Stuͤcken zerhauen/
daß der Koͤnig Philippus, uͤber ſolchem Trauerſpiele ſich
ſelbſt entſetzet/ und vor Conſternation außruffen laͤſſet:
Es ſolle keiner von Seineu Soldaten eine Hand an Sie le-
gen/ (Sabellicus, Lib. 6. Ennead. 5.] Wenn die be-
lagerten Juden zu Jeruſalem/ fuͤr groſſen Belagerungs-
Aengſten/ lieber ſterben/ als leben wollen; ja den Tod/ gegen
ihrer Hungers-Noth/ vor eine Kurtzweile halten/ und deß-
halben mit groſſen Hauffen in das Krieges-Heer Titi Ve-
ſpaſiani
lauffen/ ſich creutzigen zu laſſen/ alſo/ daß Titus
letztlich nicht weiß/ wo er Creutze genung hernehmen ſolle/ ih-
nen zu willfahren/ (Joſephus Lib. 5. de Bello Jud. cap.
28. pag. mihi
832.) Heiſt es da nicht recht: Uns iſt bange/
daß wir kaum Odem holen/ Eſa. 26. v. 18. Weil denn
David in unſerem Texte ſaget: Die Belagerungs-Aeng-
ſte meines Hertzens haben ſich weit außgebreitet:
So
ſpaltet er uns allerdinges ſein Hertz auf/ daß wir mercklich
hinein ſehen und warnehmen koͤnnen/ wie ſelbiges nichts an-
ders/ denn ein hart belagertes Angſt-Schloß geweſen/ wel-
thes taͤglich viel tauſend Anfechtungen/ als ein groſſes/ weit-

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[0019] ter denen/ die von grauſamen Feinden umbeingelt/ und bela- gert werden? Wenn die in Spanien/ am Fluſſe Ibero ge- legene/ und von den Grichen hart belagerte Stadt Sagun- tum keine Huͤlffe hat/ ſondern den gaͤntzlichen Untergang fuͤr Augen ſiehet/ daß die Belagerten vor Angſt ein groſſes Feuer anzuͤnden/ alle ihre Schaͤtze darein werffen/ letztlich a- ber ſich ſelbſt/ allzumal/ mit ihren Kindern hinein ſtuͤrtzen/ da- mit ſie nicht in die Haͤnde der Feinde gerathen moͤgen/ (E- rasmus Adag. pag. mihi 490. 491. Valer. Max, Lib. 6. c. 6. pag. 178) Wenn die von Philippo, dem Koͤ- nige der Macedonier, belagerten Abydeni, beyEro- berung ihrer Stadt/ die Schwerdter wieder ſich ſelbſt ge- brauchen/ und einander ſo jaͤmmerlich in Stuͤcken zerhauen/ daß der Koͤnig Philippus, uͤber ſolchem Trauerſpiele ſich ſelbſt entſetzet/ und vor Conſternation außruffen laͤſſet: Es ſolle keiner von Seineu Soldaten eine Hand an Sie le- gen/ (Sabellicus, Lib. 6. Ennead. 5.] Wenn die be- lagerten Juden zu Jeruſalem/ fuͤr groſſen Belagerungs- Aengſten/ lieber ſterben/ als leben wollen; ja den Tod/ gegen ihrer Hungers-Noth/ vor eine Kurtzweile halten/ und deß- halben mit groſſen Hauffen in das Krieges-Heer Titi Ve- ſpaſiani lauffen/ ſich creutzigen zu laſſen/ alſo/ daß Titus letztlich nicht weiß/ wo er Creutze genung hernehmen ſolle/ ih- nen zu willfahren/ (Joſephus Lib. 5. de Bello Jud. cap. 28. pag. mihi 832.) Heiſt es da nicht recht: Uns iſt bange/ daß wir kaum Odem holen/ Eſa. 26. v. 18. Weil denn David in unſerem Texte ſaget: Die Belagerungs-Aeng- ſte meines Hertzens haben ſich weit außgebreitet: So ſpaltet er uns allerdinges ſein Hertz auf/ daß wir mercklich hinein ſehen und warnehmen koͤnnen/ wie ſelbiges nichts an- ders/ denn ein hart belagertes Angſt-Schloß geweſen/ wel- thes taͤglich viel tauſend Anfechtungen/ als ein groſſes/ weit- außge- C ij

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Zitationshilfe: Kirsten, Johann: Cenotaphium Spirituale, exponens Sacerdotii TERRENA NUBILA, & SERENA cœli JUBILA. Liegnitz, 1683, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/353337/19>, abgerufen am 24.04.2024.