Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hahnen, Gottfried: Das Abgewogene Leiden Gott-seliger Christen in der Welt. Breslau, [1669].

Bild:
<< vorherige Seite

Gewissen einen Druck geben/ und sagen/ daß es nichts sey.
Ein ander sagte: Wer in der Welt hoch und reich wer-
den wil/ müsse vor dem funffzigsten Jahre an kein Ge-
wissen gedencken. Es wuste der seel. Herr gar wol/ daß
das Gewissen als eine züchtige Jungfrau sey/ die nicht
viel Betastens: und ein subtiles künstliches Uhrwerck/
welches nicht viel Verziehens und Verdrehens leiden
könne. Jn der langwierigen Kranckheit war er höchst ge-
dultig offtmals sagende mit jenem frommen Juden: (m)(m)
R. Nachum,
alias Gamsu
dictus, pro-
pterea quod
ad omnia,
quae ipsi ac-
ciderunt, di-
ceret:

[fremdsprachliches Material - 5 Zeichen fehlen] [fremdsprachliches Material - 4 Zeichen fehlen] etiam hoc
cedet in bo-
num. Hot-
ting. Cipp.
p.
72.

Auch dieses ist gut/ und gereicht mir zum Besten. Je mehr
die Gicht rasete/ je inbrünstiger betete und sang er zu sei-
nem GOtt. Waren also dieses seine drey besten Kleinod
auff Erden: GOttes Huld/ deß Gewissens Unschuld
und die Christliche Gedult. Alle sein Leiden legte er auff
die Waag-Schale deß Worts GOttes gegen die zu-
künfftige Herrligkeit/ und sahe im Glauben/ wie jenes
dieser nicht werth sey. Was er nun dasür gehalten und
gegläubet/ das erfähret und besitzet er allbereit der See-
len nach. Sein Jammer/ Trübsal und Elend ist kom-
men zu einem seligen End [;] Er hat getragen Christi
Joch/ ist gestorben/ und lebet noch.

Sehet jhn nu an/ jhr Betrübtesten/ in der grossen
Herrligkeit! Jhr sehet durchauß kein Creutz mehr an
jhm. Wie glücklich hat er das Leiden dieser Zeit mit
einer ewigen und über alle massen wichtigen Herrligkeit
verwechselt! Nu sitzet er als ein Ober-Recht-Sitzer
bey der Taffel GOttes/ mit Abraham/ Jsaac und Ja-
cob/ im Himmel-Reich. Er stehet als ein Landes-Elte-Matth. 8.
v.
11.

ster im Lande der Lebendigen/ unter den 24. Eltesten/ die
den anbeten und loben/ der da lebet von Ewigkeit zuApoc. 4.
v.
10.

Ewigkeit. Als ein Hof-Richter unter den Heiligen/

die

Gewiſſen einen Druck geben/ und ſagen/ daß es nichts ſey.
Ein ander ſagte: Wer in der Welt hoch und reich wer-
den wil/ muͤſſe vor dem funffzigſten Jahre an kein Ge-
wiſſen gedencken. Es wuſte der ſeel. Herꝛ gar wol/ daß
das Gewiſſen als eine zuͤchtige Jungfrau ſey/ die nicht
viel Betaſtens: und ein ſubtiles kuͤnſtliches Uhrwerck/
welches nicht viel Verziehens und Verdrehens leiden
koͤnne. Jn der langwierigen Kranckheit war er hoͤchſt ge-
dultig offtmals ſagende mit jenem frommen Juden: (m)(m)
R. Nachum,
aliàs Gamſu
dictus, pro-
pterea quòd
ad omnia,
quæ ipſi ac-
ciderũt, di-
ceret:

[fremdsprachliches Material – 5 Zeichen fehlen] [fremdsprachliches Material – 4 Zeichen fehlen] etiam hoc
cedet in bo-
num. Hot-
ting. Cipp.
p.
72.

Auch dieſes iſt gut/ und gereicht mir zum Beſten. Je mehr
die Gicht raſete/ je inbruͤnſtiger betete und ſang er zu ſei-
nem GOtt. Waren alſo dieſes ſeine drey beſten Kleinod
auff Erden: GOttes Huld/ deß Gewiſſens Unſchuld
und die Chriſtliche Gedult. Alle ſein Leiden legte er auff
die Waag-Schale deß Worts GOttes gegen die zu-
kuͤnfftige Herꝛligkeit/ und ſahe im Glauben/ wie jenes
dieſer nicht werth ſey. Was er nun daſuͤr gehalten und
geglaͤubet/ das erfaͤhret und beſitzet er allbereit der See-
len nach. Sein Jammer/ Truͤbſal und Elend iſt kom-
men zu einem ſeligen End [;] Er hat getragen Chriſti
Joch/ iſt geſtorben/ und lebet noch.

Sehet jhn nu an/ jhr Betruͤbteſten/ in der groſſen
Herꝛligkeit! Jhr ſehet durchauß kein Creutz mehr an
jhm. Wie gluͤcklich hat er das Leiden dieſer Zeit mit
einer ewigen und uͤber alle maſſen wichtigen Herꝛligkeit
verwechſelt! Nu ſitzet er als ein Ober-Recht-Sitzer
bey der Taffel GOttes/ mit Abraham/ Jſaac und Ja-
cob/ im Himmel-Reich. Er ſtehet als ein Landes-Elte-Matth. 8.
v.
11.

ſter im Lande der Lebendigen/ unter den 24. Elteſten/ die
den anbeten und loben/ der da lebet von Ewigkeit zuApoc. 4.
v.
10.

Ewigkeit. Als ein Hof-Richter unter den Heiligen/

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsThanks" n="1">
        <div type="fsPersonalia" n="2">
          <p><pb facs="#f0023" n="[23]"/>
Gewi&#x017F;&#x017F;en einen Druck geben/ und &#x017F;agen/ daß es nichts &#x017F;ey.<lb/>
Ein ander &#x017F;agte: Wer in der Welt hoch und reich wer-<lb/>
den wil/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e vor dem funffzig&#x017F;ten Jahre an kein Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en gedencken. Es wu&#x017F;te der &#x017F;eel. Her&#xA75B; gar wol/ daß<lb/>
das Gewi&#x017F;&#x017F;en als eine zu&#x0364;chtige Jungfrau &#x017F;ey/ die nicht<lb/>
viel Beta&#x017F;tens: und ein &#x017F;ubtiles ku&#x0364;n&#x017F;tliches Uhrwerck/<lb/>
welches nicht viel Verziehens und Verdrehens leiden<lb/>
ko&#x0364;nne. Jn der langwierigen Kranckheit war er ho&#x0364;ch&#x017F;t ge-<lb/>
dultig offtmals &#x017F;agende mit jenem frommen Juden: <hi rendition="#aq">(m)</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">(m)<lb/><hi rendition="#i">R. Nachum,<lb/>
aliàs Gam&#x017F;u<lb/>
dictus, pro-<lb/>
pterea quòd<lb/>
ad omnia,<lb/>
quæ ip&#x017F;i ac-<lb/>
cideru&#x0303;t, di-<lb/>
ceret:</hi></hi><lb/><gap reason="fm" unit="chars" quantity="5"/><gap reason="fm" unit="chars" quantity="4"/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">etiam hoc<lb/>
cedet in bo-<lb/>
num. Hot-<lb/>
ting. Cipp.<lb/>
p.</hi> 72.</hi></note><lb/>
Auch die&#x017F;es i&#x017F;t gut/ und gereicht mir zum Be&#x017F;ten. Je mehr<lb/>
die Gicht ra&#x017F;ete/ je inbru&#x0364;n&#x017F;tiger betete und &#x017F;ang er zu &#x017F;ei-<lb/>
nem GOtt. Waren al&#x017F;o die&#x017F;es &#x017F;eine drey be&#x017F;ten Kleinod<lb/>
auff Erden: GOttes Huld/ deß Gewi&#x017F;&#x017F;ens Un&#x017F;chuld<lb/>
und die Chri&#x017F;tliche Gedult. Alle &#x017F;ein Leiden legte er auff<lb/>
die Waag-Schale deß Worts GOttes gegen die zu-<lb/>
ku&#x0364;nfftige Her&#xA75B;ligkeit/ und &#x017F;ahe im Glauben/ wie jenes<lb/>
die&#x017F;er nicht werth &#x017F;ey. Was er nun da&#x017F;u&#x0364;r gehalten und<lb/>
gegla&#x0364;ubet/ das erfa&#x0364;hret und be&#x017F;itzet er allbereit der See-<lb/>
len nach. Sein Jammer/ Tru&#x0364;b&#x017F;al und Elend i&#x017F;t kom-<lb/>
men zu einem &#x017F;eligen End <supplied>;</supplied> Er hat getragen Chri&#x017F;ti<lb/>
Joch/ i&#x017F;t ge&#x017F;torben/ und lebet noch.</p><lb/>
          <p>Sehet jhn nu an/ jhr Betru&#x0364;bte&#x017F;ten/ in der gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Her&#xA75B;ligkeit! Jhr &#x017F;ehet durchauß kein Creutz mehr an<lb/>
jhm. Wie glu&#x0364;cklich hat er <hi rendition="#fr">das Leiden die&#x017F;er Zeit mit</hi><lb/>
einer ewigen und u&#x0364;ber alle ma&#x017F;&#x017F;en wichtigen <hi rendition="#fr">Her&#xA75B;ligkeit</hi><lb/>
verwech&#x017F;elt! Nu &#x017F;itzet er als ein <hi rendition="#fr">Ober-Recht-Sitzer</hi><lb/>
bey der Taffel GOttes/ mit Abraham/ J&#x017F;aac und Ja-<lb/>
cob/ im Himmel-Reich. Er &#x017F;tehet als ein <hi rendition="#fr">Landes-Elte-</hi><note place="right"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Matth. 8.<lb/>
v.</hi> 11.</hi></note><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ter</hi> im Lande der Lebendigen/ unter den 24. Elte&#x017F;ten/ die<lb/>
den anbeten und loben/ der da lebet von Ewigkeit zu<note place="right"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Apoc. 4.<lb/>
v.</hi> 10.</hi></note><lb/>
Ewigkeit. Als ein <hi rendition="#fr">Hof-Richter</hi> unter den Heiligen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[23]/0023] Gewiſſen einen Druck geben/ und ſagen/ daß es nichts ſey. Ein ander ſagte: Wer in der Welt hoch und reich wer- den wil/ muͤſſe vor dem funffzigſten Jahre an kein Ge- wiſſen gedencken. Es wuſte der ſeel. Herꝛ gar wol/ daß das Gewiſſen als eine zuͤchtige Jungfrau ſey/ die nicht viel Betaſtens: und ein ſubtiles kuͤnſtliches Uhrwerck/ welches nicht viel Verziehens und Verdrehens leiden koͤnne. Jn der langwierigen Kranckheit war er hoͤchſt ge- dultig offtmals ſagende mit jenem frommen Juden: (m) Auch dieſes iſt gut/ und gereicht mir zum Beſten. Je mehr die Gicht raſete/ je inbruͤnſtiger betete und ſang er zu ſei- nem GOtt. Waren alſo dieſes ſeine drey beſten Kleinod auff Erden: GOttes Huld/ deß Gewiſſens Unſchuld und die Chriſtliche Gedult. Alle ſein Leiden legte er auff die Waag-Schale deß Worts GOttes gegen die zu- kuͤnfftige Herꝛligkeit/ und ſahe im Glauben/ wie jenes dieſer nicht werth ſey. Was er nun daſuͤr gehalten und geglaͤubet/ das erfaͤhret und beſitzet er allbereit der See- len nach. Sein Jammer/ Truͤbſal und Elend iſt kom- men zu einem ſeligen End ; Er hat getragen Chriſti Joch/ iſt geſtorben/ und lebet noch. (m) R. Nachum, aliàs Gamſu dictus, pro- pterea quòd ad omnia, quæ ipſi ac- ciderũt, di- ceret: _____ ____ etiam hoc cedet in bo- num. Hot- ting. Cipp. p. 72. Sehet jhn nu an/ jhr Betruͤbteſten/ in der groſſen Herꝛligkeit! Jhr ſehet durchauß kein Creutz mehr an jhm. Wie gluͤcklich hat er das Leiden dieſer Zeit mit einer ewigen und uͤber alle maſſen wichtigen Herꝛligkeit verwechſelt! Nu ſitzet er als ein Ober-Recht-Sitzer bey der Taffel GOttes/ mit Abraham/ Jſaac und Ja- cob/ im Himmel-Reich. Er ſtehet als ein Landes-Elte- ſter im Lande der Lebendigen/ unter den 24. Elteſten/ die den anbeten und loben/ der da lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit. Als ein Hof-Richter unter den Heiligen/ die Matth. 8. v. 11. Apoc. 4. v. 10.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/354494
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/354494/23
Zitationshilfe: Hahnen, Gottfried: Das Abgewogene Leiden Gott-seliger Christen in der Welt. Breslau, [1669], S. [23]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354494/23>, abgerufen am 24.04.2024.