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Hartmann, Adam Samuel: Der letzte Wille des Sohnes Gottes. Lissa, 1677.

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Christliche Leich-Predigt.
Pronaq; cum spectent animalia coetera Terram,
Os homini sublime dedit, Coelumq; tueri
Jussit, & erectos ad sidera tollere vultus.    Ovid.)

So muß ich den Gelehrten fugen und sagen/ der Himmel sey
dreyerley: der Erste der Lufft/ der Ander der Sternen/ der
Dritte der ewigen Wohnung und Glorie GOttes. Der
Erste ist für die Vögel und Metheorische Dünste/ der Ander
für Sonn/ Mond und dergleichen brennende Lichter/ der Drit-
te für GOtt/ seine Engel und Heiligen. Der Erste ist GOttes
offener Vorhoff und Vorhalle/ der Ander sein Heiligthumb mit
den auffgesteckten Lichtern der immerbrennenden Lampen/ der
Dritte das Allerheiligste/ darein der ewige Hohe-Priester des
Neuen Testaments eingegangen ist/ und nachdem Er den Für-
hang davor zerrissen/ einen Weg gebähnet hat zum freyen Ein-
gange für seine Kinder/ die Jhm nachfolgen. Jn dem Ersten
und untersten ist perpetuus tumultus & Vanitas, eine immer-
wehrende Unruh und Eitelkeit/ in dem Andern und mittelsten
perpetuus motus & immutabilitas, eine stete Bewegung und
Unveränderligkeit/ in dem Dritten und Höchsten perpetua
qvies, gloria & felicitas,
eine beharrliche Ruhe/ Herrligkeit und
Glückseeligkeit. Den Ersten fühlen und besitzen wir/ den Andern
sehen und beschauen wir/ den Dritten glauben und hoffen wir. Jn
den Ersten zweyen ist keine wahre Glückseeligkeit/ denn weder Vö-
gel noch Sternen sind in der that seelig. Die Seeligkeit gehöret in
den dritten Himmel. Da hat sie GOtt/ und die Engel sammt den
Geistern der Außerwehlten. Der Lufft-Himmel ist Coelum sub
Coelo,
ein Himmel unter dem Himmel. Der Stern-Himmel ist
Coelum inter Coelos, ein Himmel zwischen den Himmeln. Der
dritte Himmel ist Coelum supra Coelos, ein Himmel über den
Himmeln. Jn dem Ersten bewegen wir unsern Mund/ nach
dem Andern richten wir unser Haupt/ nach dem Dritten sehnen

sich
Chriſtliche Leich-Predigt.
Pronaq́; cum ſpectent animalia cœtera Terram,
Os homini ſublime dedit, Cœlumq́; tueri
Juſſit, & erectos ad ſidera tollere vultus.    Ovid.)

So muß ich den Gelehrten fugen und ſagen/ der Himmel ſey
dreyerley: der Erſte der Lufft/ der Ander der Sternen/ der
Dritte der ewigen Wohnung und Glorie GOttes. Der
Erſte iſt fuͤr die Voͤgel und Metheoriſche Duͤnſte/ der Ander
fuͤr Sonn/ Mond und dergleichen brennende Lichter/ der Drit-
te für GOtt/ ſeine Engel und Heiligen. Der Erſte iſt GOttes
offener Vorhoff und Vorhalle/ der Ander ſein Heiligthumb mit
den auffgeſteckten Lichtern der immerbrennenden Lampen/ der
Dritte das Allerheiligſte/ darein der ewige Hohe-Prieſter des
Neuen Teſtaments eingegangen iſt/ und nachdem Er den Für-
hang davor zerriſſen/ einen Weg gebaͤhnet hat zum freyen Ein-
gange für ſeine Kinder/ die Jhm nachfolgen. Jn dem Erſten
und unterſten iſt perpetuus tumultus & Vanitas, eine immer-
wehrende Unruh und Eitelkeit/ in dem Andern und mittelſten
perpetuus motus & immutabilitas, eine ſtete Bewegung und
Unveraͤnderligkeit/ in dem Dritten und Hoͤchſten perpetua
qvies, gloria & felicitas,
eine beharrliche Ruhe/ Herrligkeit und
Gluͤckſeeligkeit. Den Erſten fuͤhlen und beſitzen wir/ den Andern
ſehen und beſchauen wir/ den Dritten glauben und hoffen wir. Jn
den Erſten zweyen iſt keine wahre Gluͤckſeeligkeit/ deñ weder Voͤ-
gel noch Sternen ſind in der that ſeelig. Die Seeligkeit gehoͤret in
den dritten Himmel. Da hat ſie GOtt/ und die Engel ſam̃t den
Geiſtern der Außerwehlten. Der Lufft-Himmel iſt Cœlum ſub
Cœlo,
ein Himmel unter dem Himmel. Der Stern-Himmel iſt
Cœlum inter Cœlos, ein Himmel zwiſchen den Himmeln. Der
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Himmeln. Jn dem Erſten bewegen wir unſern Mund/ nach
dem Andern richten wir unſer Haupt/ nach dem Dritten ſehnen

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[6/0008] Chriſtliche Leich-Predigt. Pronaq́; cum ſpectent animalia cœtera Terram, Os homini ſublime dedit, Cœlumq́; tueri Juſſit, & erectos ad ſidera tollere vultus. Ovid.) So muß ich den Gelehrten fugen und ſagen/ der Himmel ſey dreyerley: der Erſte der Lufft/ der Ander der Sternen/ der Dritte der ewigen Wohnung und Glorie GOttes. Der Erſte iſt fuͤr die Voͤgel und Metheoriſche Duͤnſte/ der Ander fuͤr Sonn/ Mond und dergleichen brennende Lichter/ der Drit- te für GOtt/ ſeine Engel und Heiligen. Der Erſte iſt GOttes offener Vorhoff und Vorhalle/ der Ander ſein Heiligthumb mit den auffgeſteckten Lichtern der immerbrennenden Lampen/ der Dritte das Allerheiligſte/ darein der ewige Hohe-Prieſter des Neuen Teſtaments eingegangen iſt/ und nachdem Er den Für- hang davor zerriſſen/ einen Weg gebaͤhnet hat zum freyen Ein- gange für ſeine Kinder/ die Jhm nachfolgen. Jn dem Erſten und unterſten iſt perpetuus tumultus & Vanitas, eine immer- wehrende Unruh und Eitelkeit/ in dem Andern und mittelſten perpetuus motus & immutabilitas, eine ſtete Bewegung und Unveraͤnderligkeit/ in dem Dritten und Hoͤchſten perpetua qvies, gloria & felicitas, eine beharrliche Ruhe/ Herrligkeit und Gluͤckſeeligkeit. Den Erſten fuͤhlen und beſitzen wir/ den Andern ſehen und beſchauen wir/ den Dritten glauben und hoffen wir. Jn den Erſten zweyen iſt keine wahre Gluͤckſeeligkeit/ deñ weder Voͤ- gel noch Sternen ſind in der that ſeelig. Die Seeligkeit gehoͤret in den dritten Himmel. Da hat ſie GOtt/ und die Engel ſam̃t den Geiſtern der Außerwehlten. Der Lufft-Himmel iſt Cœlum ſub Cœlo, ein Himmel unter dem Himmel. Der Stern-Himmel iſt Cœlum inter Cœlos, ein Himmel zwiſchen den Himmeln. Der dritte Himmel iſt Cœlum ſupra Cœlos, ein Himmel uͤber den Himmeln. Jn dem Erſten bewegen wir unſern Mund/ nach dem Andern richten wir unſer Haupt/ nach dem Dritten ſehnen ſich

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Zitationshilfe: Hartmann, Adam Samuel: Der letzte Wille des Sohnes Gottes. Lissa, 1677, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354523/8>, abgerufen am 28.03.2024.