Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerlach, Benjamin: Sterbe- und Begräbnüß-Tag. Breslau, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

dir angenehme Geschenckichen hinzuthun
möge: Wie ich dir jetzo eine weisse Lein-
wand sende/ derer Verbündnüß nicht
gringe sein kan/ wenn sie mehr nach mei-
nem Gemüthe gegen euch/ als nach jhrem
Werth geschätzet wird.
(b) Was würde gegen-
wärtiger betrübtester Herr Vater/ mit dessen Thrä-
nen-vollen Frauen Gemahlin mehr gewüntschet ha-
ben/ als den Nahmens-Tag jhrer Hoffnungs-vol-
len Jungfer Tochter in vielen Widerkehrungen der
Jahre zubegehen? Wäre es mit wüntschen außge-
richtet/ Er würde offters gesaget haben: Tochter?
dieser dein Nahmens-Tag müsse zu einer
grauen Zeit werden.
Es hat dem HErren an-
ders gefallen. Sie feyren heute jhren Nahmens-
Tag/ aber in jhrem Sarge. Sie beschenckens/ aber
mit der Leinwand jhres Sterbe-Geräthes/ den trau-
rigen Todten-Lichtern/ und bekümmerten Leichen-
Tuch. Alle jhre Hoffnungen/ endigen sich in diesem
Sarge/ und grossen Vorrath der Thränen. Es
ist/ ich bekenne es/ ein Bekümmernüß/ das durch die
Seele gehet/ seine Kinder nur dem Grabe zeugen.
Aber ich weiß auch das Christliche Poserische Hertz/
welches durch Thränen/ Tod und Grab in den Him-
mel schauet. Jch weiß/ daß Er/ und seine frome
Frau Gemahlin das/ was an jhnen/ als Eltern/
Menschlich ist/ verleugnen/ und das/ was GOttes

Wille
B 2

dir angenehme Geſchenckichen hinzuthun
moͤge: Wie ich dir jetzo eine weiſſe Lein-
wand ſende/ derer Verbuͤndnuͤß nicht
gringe ſein kan/ wenn ſie mehr nach mei-
nem Gemuͤthe gegen euch/ als nach jhrem
Werth geſchaͤtzet wird.
(b) Was wuͤrde gegen-
waͤrtiger betruͤbteſter Herꝛ Vater/ mit deſſen Thraͤ-
nen-vollen Frauen Gemahlin mehr gewuͤntſchet ha-
ben/ als den Nahmens-Tag jhrer Hoffnungs-vol-
len Jungfer Tochter in vielen Widerkehrungen der
Jahre zubegehen? Waͤre es mit wuͤntſchen außge-
richtet/ Er wuͤrde offters geſaget haben: Tochter?
dieſer dein Nahmens-Tag muͤſſe zu einer
grauen Zeit werden.
Es hat dem HErren an-
ders gefallen. Sie feyren heute jhren Nahmens-
Tag/ aber in jhrem Sarge. Sie beſchenckens/ aber
mit der Leinwand jhres Sterbe-Geraͤthes/ den trau-
rigen Todten-Lichtern/ und bekuͤmmerten Leichen-
Tuch. Alle jhre Hoffnungen/ endigen ſich in dieſem
Sarge/ und groſſen Vorrath der Thraͤnen. Es
iſt/ ich bekenne es/ ein Bekuͤmmernuͤß/ das durch die
Seele gehet/ ſeine Kinder nur dem Grabe zeugen.
Aber ich weiß auch das Chriſtliche Poſeriſche Hertz/
welches durch Thraͤnen/ Tod und Grab in den Him-
mel ſchauet. Jch weiß/ daß Er/ und ſeine frome
Frau Gemahlin das/ was an jhnen/ als Eltern/
Menſchlich iſt/ verleugnen/ und das/ was GOttes

Wille
B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="preface" n="2">
          <p><pb facs="#f0011" n="[9]"/><hi rendition="#fr">dir angenehme Ge&#x017F;chenckichen hinzuthun<lb/>
mo&#x0364;ge: Wie ich dir jetzo eine wei&#x017F;&#x017F;e Lein-<lb/>
wand &#x017F;ende/ derer Verbu&#x0364;ndnu&#x0364;ß nicht<lb/>
gringe &#x017F;ein kan/ wenn &#x017F;ie mehr nach mei-<lb/>
nem Gemu&#x0364;the gegen euch/ als nach jhrem<lb/>
Werth ge&#x017F;cha&#x0364;tzet wird.</hi><note xml:id="en2a" next="#en2b" place="end" n="(b)"/> Was wu&#x0364;rde gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtiger betru&#x0364;bte&#x017F;ter Her&#xA75B; Vater/ mit de&#x017F;&#x017F;en Thra&#x0364;-<lb/>
nen-vollen Frauen Gemahlin mehr gewu&#x0364;nt&#x017F;chet ha-<lb/>
ben/ als den Nahmens-Tag jhrer Hoffnungs-vol-<lb/>
len Jungfer Tochter in vielen Widerkehrungen der<lb/>
Jahre zubegehen? Wa&#x0364;re es mit wu&#x0364;nt&#x017F;chen außge-<lb/>
richtet/ Er wu&#x0364;rde offters ge&#x017F;aget haben: <hi rendition="#fr">Tochter?<lb/>
die&#x017F;er dein Nahmens-Tag mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu einer<lb/>
grauen Zeit werden.</hi> Es hat dem HErren an-<lb/>
ders gefallen. Sie feyren heute jhren Nahmens-<lb/>
Tag/ aber in jhrem Sarge. Sie be&#x017F;chenckens/ aber<lb/>
mit der Leinwand jhres Sterbe-Gera&#x0364;thes/ den trau-<lb/>
rigen Todten-Lichtern/ und beku&#x0364;mmerten Leichen-<lb/>
Tuch. Alle jhre Hoffnungen/ endigen &#x017F;ich in die&#x017F;em<lb/>
Sarge/ und gro&#x017F;&#x017F;en Vorrath der Thra&#x0364;nen. Es<lb/>
i&#x017F;t/ ich bekenne es/ ein Beku&#x0364;mmernu&#x0364;ß/ das durch die<lb/>
Seele gehet/ &#x017F;eine Kinder nur dem Grabe zeugen.<lb/>
Aber ich weiß auch das Chri&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">Po&#x017F;eri</hi>&#x017F;che Hertz/<lb/>
welches durch Thra&#x0364;nen/ Tod und Grab in den Him-<lb/>
mel &#x017F;chauet. Jch weiß/ daß Er/ und &#x017F;eine frome<lb/>
Frau Gemahlin das/ was an jhnen/ als Eltern/<lb/>
Men&#x017F;chlich i&#x017F;t/ verleugnen/ und das/ was GOttes<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Wille</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[9]/0011] dir angenehme Geſchenckichen hinzuthun moͤge: Wie ich dir jetzo eine weiſſe Lein- wand ſende/ derer Verbuͤndnuͤß nicht gringe ſein kan/ wenn ſie mehr nach mei- nem Gemuͤthe gegen euch/ als nach jhrem Werth geſchaͤtzet wird. ⁽b⁾ Was wuͤrde gegen- waͤrtiger betruͤbteſter Herꝛ Vater/ mit deſſen Thraͤ- nen-vollen Frauen Gemahlin mehr gewuͤntſchet ha- ben/ als den Nahmens-Tag jhrer Hoffnungs-vol- len Jungfer Tochter in vielen Widerkehrungen der Jahre zubegehen? Waͤre es mit wuͤntſchen außge- richtet/ Er wuͤrde offters geſaget haben: Tochter? dieſer dein Nahmens-Tag muͤſſe zu einer grauen Zeit werden. Es hat dem HErren an- ders gefallen. Sie feyren heute jhren Nahmens- Tag/ aber in jhrem Sarge. Sie beſchenckens/ aber mit der Leinwand jhres Sterbe-Geraͤthes/ den trau- rigen Todten-Lichtern/ und bekuͤmmerten Leichen- Tuch. Alle jhre Hoffnungen/ endigen ſich in dieſem Sarge/ und groſſen Vorrath der Thraͤnen. Es iſt/ ich bekenne es/ ein Bekuͤmmernuͤß/ das durch die Seele gehet/ ſeine Kinder nur dem Grabe zeugen. Aber ich weiß auch das Chriſtliche Poſeriſche Hertz/ welches durch Thraͤnen/ Tod und Grab in den Him- mel ſchauet. Jch weiß/ daß Er/ und ſeine frome Frau Gemahlin das/ was an jhnen/ als Eltern/ Menſchlich iſt/ verleugnen/ und das/ was GOttes Wille B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/354525
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/354525/11
Zitationshilfe: Gerlach, Benjamin: Sterbe- und Begräbnüß-Tag. Breslau, 1669, S. [9]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354525/11>, abgerufen am 24.04.2024.