Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

"Collegen zu mir, und fängt an vom Anliegen des Herrn Prof.
"Francken mit mir zu reden, wie er keine Leute nach Ost-Jndien
"kriegen könte, und sich nun resolviret hätte, es mit einigen aus
"dem Paedagogio zu versuchen. Jch stutzete mit Verwunderung,
"daß seine Anrede und meine Gedancken einerley Objectum hatten.
"Nach einigen Unterredungen sagte er: ich hätte keine Eltern mehr,
"er wolte mich mit vorschlagen. Jch antwortete: Bey Leibe nicht!
"Wie er insistirte, sagte ich endlich, weil solche penuria von Arbei-
"tern da wäre, wolte ich nicht zuwieder seyn, wenn es mir unge-
"sucht angetragen würde. Als solches geschahe, muste ich eine
"gantze Nacht darüber bey mir kämpfen; doch siegete immer das
"Apophthegma: Du bist ja nicht zu diesem Leben erschaffen. Je
"länger es denn währete, ie mehr Freudigkeit bekam ich."

§. 20.

Nachdem nun der selige Mann den festen Entschluß gefaßt, nach
Ost-Jndien zu gehen, und solches dem Hochlöblichen Mißions-Col-
legio nach Copenhagen berichtet worden, ward sogleich zum Werck
alle Anstalt gemacht. Er reisete nebst noch zween andern, nem-
lich Herrn Martin Bossen und Herrn Christian Friedrich Preßiern,
den 8. Sept. von Halle ab, und sie kamen den 23. zu Copenhagen
an. Der Herr Bischoff Worm examinirte sie den 3. Oct. darauf
sie von dem gantzen Mißions-Collegio zur brüderlichen Einigkeit
vermahnet wurden. Hierauf ward ihnen den 4. Oct. die Voca-
tion und den 6. ein allergnädigster Schutzbrief ausgefertiget. Un-
ser Seliger predigte den 11. Oct. in der Teutschen Kirche, den 18.
Sonntag nach Trinitatis aus der gewöhnlichen Epistel vor Jhro
Königl. Maj. zu Friedensburg, und die folgende Woche vor dem
Cron-Printzen zu Hirschholm. Er hatte auch die Gnade, nebst den
andern Mißionarien, von der Princeßin Charlotte Amalia, nach
verstatteter gnädigsten Audientz, beschenckt zu werden. (f) Unser
Herr Walther nahm die Rückreise über Pommern, alwo er mich
auch in Stargard besucht, und von denen Seinigen überall Ab-
schied genommen. Als er nach Halle zurück kam, disputirte er
noch erst den 7. Dec. unter Herrn Prof. Christian Benedict

Micha-
(f) Contin. XIX. p. 374. seqq. alwo auch die Vocation und Jnstruction in
extenso
zu lesen.

„Collegen zu mir, und faͤngt an vom Anliegen des Herrn Prof.
„Francken mit mir zu reden, wie er keine Leute nach Oſt-Jndien
„kriegen koͤnte, und ſich nun reſolviret haͤtte, es mit einigen aus
„dem Pædagogio zu verſuchen. Jch ſtutzete mit Verwunderung,
„daß ſeine Anrede und meine Gedancken einerley Objectum hatten.
„Nach einigen Unterredungen ſagte er: ich haͤtte keine Eltern mehr,
„er wolte mich mit vorſchlagen. Jch antwortete: Bey Leibe nicht!
„Wie er inſiſtirte, ſagte ich endlich, weil ſolche penuria von Arbei-
„tern da waͤre, wolte ich nicht zuwieder ſeyn, wenn es mir unge-
„ſucht angetragen wuͤrde. Als ſolches geſchahe, muſte ich eine
„gantze Nacht daruͤber bey mir kaͤmpfen; doch ſiegete immer das
„Apophthegma: Du biſt ja nicht zu dieſem Leben erſchaffen. Je
„laͤnger es denn waͤhrete, ie mehr Freudigkeit bekam ich.„

§. 20.

Nachdem nun der ſelige Mann den feſten Entſchluß gefaßt, nach
Oſt-Jndien zu gehen, und ſolches dem Hochloͤblichen Mißions-Col-
legio nach Copenhagen berichtet worden, ward ſogleich zum Werck
alle Anſtalt gemacht. Er reiſete nebſt noch zween andern, nem-
lich Herrn Martin Boſſen und Herrn Chriſtian Friedrich Preßiern,
den 8. Sept. von Halle ab, und ſie kamen den 23. zu Copenhagen
an. Der Herr Biſchoff Worm examinirte ſie den 3. Oct. darauf
ſie von dem gantzen Mißions-Collegio zur bruͤderlichen Einigkeit
vermahnet wurden. Hierauf ward ihnen den 4. Oct. die Voca-
tion und den 6. ein allergnaͤdigſter Schutzbrief ausgefertiget. Un-
ſer Seliger predigte den 11. Oct. in der Teutſchen Kirche, den 18.
Sonntag nach Trinitatis aus der gewoͤhnlichen Epiſtel vor Jhro
Koͤnigl. Maj. zu Friedensburg, und die folgende Woche vor dem
Cron-Printzen zu Hirſchholm. Er hatte auch die Gnade, nebſt den
andern Mißionarien, von der Princeßin Charlotte Amalia, nach
verſtatteter gnaͤdigſten Audientz, beſchenckt zu werden. (f) Unſer
Herr Walther nahm die Ruͤckreiſe uͤber Pommern, alwo er mich
auch in Stargard beſucht, und von denen Seinigen uͤberall Ab-
ſchied genommen. Als er nach Halle zuruͤck kam, diſputirte er
noch erſt den 7. Dec. unter Herrn Prof. Chriſtian Benedict

Micha-
(f) Contin. XIX. p. 374. ſeqq. alwo auch die Vocation und Jnſtruction in
extenſo
zu leſen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsOtherPublication" n="1">
        <div type="fsPersonalia" n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0016" n="16"/>
&#x201E;Collegen zu mir, und fa&#x0364;ngt an vom Anliegen des Herrn Prof.<lb/>
&#x201E;Francken mit mir zu reden, wie er keine Leute nach O&#x017F;t-Jndien<lb/>
&#x201E;kriegen ko&#x0364;nte, und &#x017F;ich nun re&#x017F;olviret ha&#x0364;tte, es mit einigen aus<lb/>
&#x201E;dem <hi rendition="#aq">Pædagogio</hi> zu ver&#x017F;uchen. Jch &#x017F;tutzete mit Verwunderung,<lb/>
&#x201E;daß &#x017F;eine Anrede und meine Gedancken einerley Objectum hatten.<lb/>
&#x201E;Nach einigen Unterredungen &#x017F;agte er: ich ha&#x0364;tte keine Eltern mehr,<lb/>
&#x201E;er wolte mich mit vor&#x017F;chlagen. Jch antwortete: Bey Leibe nicht!<lb/>
&#x201E;Wie er in&#x017F;i&#x017F;tirte, &#x017F;agte ich endlich, weil &#x017F;olche <hi rendition="#aq">penuria</hi> von Arbei-<lb/>
&#x201E;tern da wa&#x0364;re, wolte ich nicht zuwieder &#x017F;eyn, wenn es mir unge-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ucht angetragen wu&#x0364;rde. Als &#x017F;olches ge&#x017F;chahe, mu&#x017F;te ich eine<lb/>
&#x201E;gantze Nacht daru&#x0364;ber bey mir ka&#x0364;mpfen; doch &#x017F;iegete immer das<lb/>
&#x201E;Apophthegma: Du bi&#x017F;t ja nicht zu die&#x017F;em Leben er&#x017F;chaffen. Je<lb/>
&#x201E;la&#x0364;nger es denn wa&#x0364;hrete, ie mehr Freudigkeit bekam ich.&#x201E;</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 20.</head><lb/>
            <p>Nachdem nun der &#x017F;elige Mann den fe&#x017F;ten Ent&#x017F;chluß gefaßt, nach<lb/>
O&#x017F;t-Jndien zu gehen, und &#x017F;olches dem Hochlo&#x0364;blichen Mißions-Col-<lb/>
legio nach Copenhagen berichtet worden, ward &#x017F;ogleich zum Werck<lb/>
alle An&#x017F;talt gemacht. Er rei&#x017F;ete neb&#x017F;t noch zween andern, nem-<lb/>
lich Herrn Martin Bo&#x017F;&#x017F;en und Herrn Chri&#x017F;tian Friedrich Preßiern,<lb/>
den 8. Sept. von Halle ab, und &#x017F;ie kamen den 23. zu Copenhagen<lb/>
an. Der Herr Bi&#x017F;choff Worm examinirte &#x017F;ie den 3. Oct. darauf<lb/>
&#x017F;ie von dem gantzen Mißions-Collegio zur bru&#x0364;derlichen Einigkeit<lb/>
vermahnet wurden. Hierauf ward ihnen den 4. Oct. die Voca-<lb/>
tion und den 6. ein allergna&#x0364;dig&#x017F;ter Schutzbrief ausgefertiget. Un-<lb/>
&#x017F;er Seliger predigte den 11. Oct. in der Teut&#x017F;chen Kirche, den 18.<lb/>
Sonntag nach Trinitatis aus der gewo&#x0364;hnlichen Epi&#x017F;tel vor Jhro<lb/>
Ko&#x0364;nigl. Maj. zu Friedensburg, und die folgende Woche vor dem<lb/>
Cron-Printzen zu Hir&#x017F;chholm. Er hatte auch die Gnade, neb&#x017F;t den<lb/>
andern Mißionarien, von der Princeßin Charlotte Amalia, nach<lb/>
ver&#x017F;tatteter gna&#x0364;dig&#x017F;ten Audientz, be&#x017F;chenckt zu werden. <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">Contin. XIX. p. 374. &#x017F;eqq.</hi> alwo auch die Vocation und Jn&#x017F;truction <hi rendition="#aq">in<lb/>
exten&#x017F;o</hi> zu le&#x017F;en.</note> Un&#x017F;er<lb/>
Herr Walther nahm die Ru&#x0364;ckrei&#x017F;e u&#x0364;ber Pommern, alwo er mich<lb/>
auch in Stargard be&#x017F;ucht, und von denen Seinigen u&#x0364;berall Ab-<lb/>
&#x017F;chied genommen. Als er nach Halle zuru&#x0364;ck kam, di&#x017F;putirte er<lb/>
noch er&#x017F;t den 7. Dec. unter Herrn Prof. Chri&#x017F;tian Benedict<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">Micha-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0016] „Collegen zu mir, und faͤngt an vom Anliegen des Herrn Prof. „Francken mit mir zu reden, wie er keine Leute nach Oſt-Jndien „kriegen koͤnte, und ſich nun reſolviret haͤtte, es mit einigen aus „dem Pædagogio zu verſuchen. Jch ſtutzete mit Verwunderung, „daß ſeine Anrede und meine Gedancken einerley Objectum hatten. „Nach einigen Unterredungen ſagte er: ich haͤtte keine Eltern mehr, „er wolte mich mit vorſchlagen. Jch antwortete: Bey Leibe nicht! „Wie er inſiſtirte, ſagte ich endlich, weil ſolche penuria von Arbei- „tern da waͤre, wolte ich nicht zuwieder ſeyn, wenn es mir unge- „ſucht angetragen wuͤrde. Als ſolches geſchahe, muſte ich eine „gantze Nacht daruͤber bey mir kaͤmpfen; doch ſiegete immer das „Apophthegma: Du biſt ja nicht zu dieſem Leben erſchaffen. Je „laͤnger es denn waͤhrete, ie mehr Freudigkeit bekam ich.„ §. 20. Nachdem nun der ſelige Mann den feſten Entſchluß gefaßt, nach Oſt-Jndien zu gehen, und ſolches dem Hochloͤblichen Mißions-Col- legio nach Copenhagen berichtet worden, ward ſogleich zum Werck alle Anſtalt gemacht. Er reiſete nebſt noch zween andern, nem- lich Herrn Martin Boſſen und Herrn Chriſtian Friedrich Preßiern, den 8. Sept. von Halle ab, und ſie kamen den 23. zu Copenhagen an. Der Herr Biſchoff Worm examinirte ſie den 3. Oct. darauf ſie von dem gantzen Mißions-Collegio zur bruͤderlichen Einigkeit vermahnet wurden. Hierauf ward ihnen den 4. Oct. die Voca- tion und den 6. ein allergnaͤdigſter Schutzbrief ausgefertiget. Un- ſer Seliger predigte den 11. Oct. in der Teutſchen Kirche, den 18. Sonntag nach Trinitatis aus der gewoͤhnlichen Epiſtel vor Jhro Koͤnigl. Maj. zu Friedensburg, und die folgende Woche vor dem Cron-Printzen zu Hirſchholm. Er hatte auch die Gnade, nebſt den andern Mißionarien, von der Princeßin Charlotte Amalia, nach verſtatteter gnaͤdigſten Audientz, beſchenckt zu werden. (f) Unſer Herr Walther nahm die Ruͤckreiſe uͤber Pommern, alwo er mich auch in Stargard beſucht, und von denen Seinigen uͤberall Ab- ſchied genommen. Als er nach Halle zuruͤck kam, diſputirte er noch erſt den 7. Dec. unter Herrn Prof. Chriſtian Benedict Micha- (f) Contin. XIX. p. 374. ſeqq. alwo auch die Vocation und Jnſtruction in extenſo zu leſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/386596
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/386596/16
Zitationshilfe: Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/386596/16>, abgerufen am 18.04.2024.