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Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742.

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Michaelis de Ellipsibus Ebraeis, davon unten etwas gesagt wird.
Hier mercke nur dieses an, daß er auf dem Titul der Mißion im ge-
ringsten nicht gedacht, sondern aus Demuth nur schlecht weg sei-
nen Namen gesetzt, und daß er aus der Neumarck bürtig ge-
wesen.

§. 21.

Jndessen, da dieses alles wegen der Vocation vorging, hat er
an seine beyden Brüder (g) folgende theils bedenckliche, theils er-
bauliche Worte geschrieben, welche hier mit eingerückt zu werden
verdienen. An den ältern schrieb er aus Halle den 3. Sept. "Es
"hat mich sonderlich erfreuet, daß du mich nun schon gantz dahin
"gegeben hast, als ginge ich in den Tod, und daß du zufrieden bist,
"mich nur noch einmal in der Welt zu sehen. - - Auch deine ernst-
"liche Fürbitte mit Seufzen soll mir einen favorablen Wind in den
"Segeln unsers Schiffs seyn, der mit anderer Christen Gebet in die
"Segel blasen, und das Schiff glücklich führen wird." Jngleichen
den 7. Dec. "Jch gehe dann, geliebt es GOTT, morgen früh
"von hier ab, und bitte dich, du wollest, (wie du es auch thust,)
"mit deinem Gebet mit mir gehen. Laß es gut seyn, lieber Bruder,
"wenn wir uns auch in diesem Leben nicht wieder sprechen solten.
"Hoffen wir allein in diesem Leben auf CHristum, so sind wir die
"elendesten unter allen Menschen. Dort können wir uns mit ein-
"ander recht satt besprechen. Doch kan ich auch nicht sagen, ob
"uns GOTT nicht in diesem Leben nach seinem Willen wieder zu-
"sammen bringt." An den jüngern schrieb er an eben dem Tage:
"Der leiblichen Gegenwart nach bleiben wir nun, nach GOttes Wil-
"len, wenigstens auf eine Zeitlang getrennet. Aber es kommt ein an-
"der Leben, da wir uns auf ewig wieder sehen wollen vor dem Thro-
"ne des Lammes."

§. 22.

So trat denn unser Seliger seine Ost-Jndische Reise an, in-
dem er mit seinen beyden Collegen den 8. Dec. 1724. von Halle abge-
reiset, und mit der Post über Halberstadt, Braunschweig, Bie-
lefeld, Ham und Wesel gegangen, und den 22. zu Rotterdam

glück-
(g) Der ältere ist ein Unter-Officier unter dem Sulkoffskischen Regiment:
der jüngere ein Schul-Diener zu Caselwitz bey Grätz im Voigtlande.
C

Michaelis de Ellipſibus Ebræis, davon unten etwas geſagt wird.
Hier mercke nur dieſes an, daß er auf dem Titul der Mißion im ge-
ringſten nicht gedacht, ſondern aus Demuth nur ſchlecht weg ſei-
nen Namen geſetzt, und daß er aus der Neumarck buͤrtig ge-
weſen.

§. 21.

Jndeſſen, da dieſes alles wegen der Vocation vorging, hat er
an ſeine beyden Bruͤder (g) folgende theils bedenckliche, theils er-
bauliche Worte geſchrieben, welche hier mit eingeruͤckt zu werden
verdienen. An den aͤltern ſchrieb er aus Halle den 3. Sept. „Es
„hat mich ſonderlich erfreuet, daß du mich nun ſchon gantz dahin
„gegeben haſt, als ginge ich in den Tod, und daß du zufrieden biſt,
„mich nur noch einmal in der Welt zu ſehen. - - Auch deine ernſt-
„liche Fuͤrbitte mit Seufzen ſoll mir einen favorablen Wind in den
„Segeln unſers Schiffs ſeyn, der mit anderer Chriſten Gebet in die
„Segel blaſen, und das Schiff gluͤcklich fuͤhren wird.„ Jngleichen
den 7. Dec. „Jch gehe dann, geliebt es GOTT, morgen fruͤh
„von hier ab, und bitte dich, du wolleſt, (wie du es auch thuſt,)
„mit deinem Gebet mit mir gehen. Laß es gut ſeyn, lieber Bruder,
„wenn wir uns auch in dieſem Leben nicht wieder ſprechen ſolten.
„Hoffen wir allein in dieſem Leben auf CHriſtum, ſo ſind wir die
„elendeſten unter allen Menſchen. Dort koͤnnen wir uns mit ein-
„ander recht ſatt beſprechen. Doch kan ich auch nicht ſagen, ob
„uns GOTT nicht in dieſem Leben nach ſeinem Willen wieder zu-
„ſammen bringt.„ An den juͤngern ſchrieb er an eben dem Tage:
„Der leiblichen Gegenwart nach bleiben wir nun, nach GOttes Wil-
„len, wenigſtens auf eine Zeitlang getrennet. Aber es kommt ein an-
„der Leben, da wir uns auf ewig wieder ſehen wollen vor dem Thro-
„ne des Lammes.„

§. 22.

So trat denn unſer Seliger ſeine Oſt-Jndiſche Reiſe an, in-
dem er mit ſeinen beyden Collegen den 8. Dec. 1724. von Halle abge-
reiſet, und mit der Poſt uͤber Halberſtadt, Braunſchweig, Bie-
lefeld, Ham und Weſel gegangen, und den 22. zu Rotterdam

gluͤck-
(g) Der aͤltere iſt ein Unter-Officier unter dem Sulkoffskiſchen Regiment:
der juͤngere ein Schul-Diener zu Caſelwitz bey Graͤtz im Voigtlande.
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[17/0017] Michaelis de Ellipſibus Ebræis, davon unten etwas geſagt wird. Hier mercke nur dieſes an, daß er auf dem Titul der Mißion im ge- ringſten nicht gedacht, ſondern aus Demuth nur ſchlecht weg ſei- nen Namen geſetzt, und daß er aus der Neumarck buͤrtig ge- weſen. §. 21. Jndeſſen, da dieſes alles wegen der Vocation vorging, hat er an ſeine beyden Bruͤder (g) folgende theils bedenckliche, theils er- bauliche Worte geſchrieben, welche hier mit eingeruͤckt zu werden verdienen. An den aͤltern ſchrieb er aus Halle den 3. Sept. „Es „hat mich ſonderlich erfreuet, daß du mich nun ſchon gantz dahin „gegeben haſt, als ginge ich in den Tod, und daß du zufrieden biſt, „mich nur noch einmal in der Welt zu ſehen. - - Auch deine ernſt- „liche Fuͤrbitte mit Seufzen ſoll mir einen favorablen Wind in den „Segeln unſers Schiffs ſeyn, der mit anderer Chriſten Gebet in die „Segel blaſen, und das Schiff gluͤcklich fuͤhren wird.„ Jngleichen den 7. Dec. „Jch gehe dann, geliebt es GOTT, morgen fruͤh „von hier ab, und bitte dich, du wolleſt, (wie du es auch thuſt,) „mit deinem Gebet mit mir gehen. Laß es gut ſeyn, lieber Bruder, „wenn wir uns auch in dieſem Leben nicht wieder ſprechen ſolten. „Hoffen wir allein in dieſem Leben auf CHriſtum, ſo ſind wir die „elendeſten unter allen Menſchen. Dort koͤnnen wir uns mit ein- „ander recht ſatt beſprechen. Doch kan ich auch nicht ſagen, ob „uns GOTT nicht in dieſem Leben nach ſeinem Willen wieder zu- „ſammen bringt.„ An den juͤngern ſchrieb er an eben dem Tage: „Der leiblichen Gegenwart nach bleiben wir nun, nach GOttes Wil- „len, wenigſtens auf eine Zeitlang getrennet. Aber es kommt ein an- „der Leben, da wir uns auf ewig wieder ſehen wollen vor dem Thro- „ne des Lammes.„ §. 22. So trat denn unſer Seliger ſeine Oſt-Jndiſche Reiſe an, in- dem er mit ſeinen beyden Collegen den 8. Dec. 1724. von Halle abge- reiſet, und mit der Poſt uͤber Halberſtadt, Braunſchweig, Bie- lefeld, Ham und Weſel gegangen, und den 22. zu Rotterdam gluͤck- (g) Der aͤltere iſt ein Unter-Officier unter dem Sulkoffskiſchen Regiment: der juͤngere ein Schul-Diener zu Caſelwitz bey Graͤtz im Voigtlande. C

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Zitationshilfe: Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/386596/17>, abgerufen am 23.04.2024.