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Pomarius, Samuel: Christliches Sterben und Christliches Leben. Oels, 1659.

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Christliche Leichpredigt.
gläuben. Aber die weise in jenem Leben ist/ daß wir
Jhn nicht gläuben/ sondern sehen.

Eben Er in der Haußpostill über Evangeliun vom
gutten Hirten: Es ist eine Kunst einen Christen recht
kennen/ ja man kan jhn auff Erden nicht recht ken-
nen. Denn welcher Mensch kan sagen/ daß er im
Ewigen Leben sey. Gleichwol müssen wir beken-
nen/ ist auch lauter warheit/ daß ein Kind/ welches
noch mit Todt/ Sünde und allerley Schwachheit be-
laden ist/ da man kein ewiges Leben ansiehet/ von
seiner Tauffe bald anhebt ewig zu leben. Wie gehet
das zu? Siehet mans doch nicht/ sondern man sie-
het nur das alte Leben. Aber über das alte und sünd-
liche Leben hat Gott ein ewiges Leben gemacht/ darin
wir bereit leben/ dem Worte und Glauben nach zu-
rechnen/ ob wirs gleich noch nicht sehen noch fühlen.

Der Geistreiche Theologus Herr D. Philippus
Nicolai erkläret diese Trost-volle Lehre mit zweyen
schönen Gleichnüssen von einem Kinde in Mutter-
leibe/ und von einem Blinden beym Sonnenschein/
wenn er in seinem 4. Buch vom Ewigen Leben am[s]ol. 438.
sqq.

1. cap. also schreibet: Gleich wie ein Kind in Mutter-
leibe sein natürliches Leben hat/ und ist allbereit in
der Welt/ allein/ das solch Leben ist verschlossen und
verborgen/ und kan die schöne Welt nicht sehen. So
bald es aber seine Haut die secundinam ableget/ und
komt durch die natürliche Geburt von der Mutter
zur Welt/ da siehet es das weltliche Wesen für sich/
verwundert sich des Lichts/ so jhm für seine Eugelein
scheinet/ und höret die freundliche holdselige Stimme
seiner Mutter/ als auch anderer Freunde[,] seiner

Brüder-
Chriſtliche Leichpredigt.
glaͤuben. Aber die weiſe in jenem Leben iſt/ daß wir
Jhn nicht glaͤuben/ ſondern ſehen.

Eben Er in der Haußpoſtill uͤber Evangeliũ vom
gutten Hirten: Es iſt eine Kunſt einen Chriſten recht
kennen/ ja man kan jhn auff Erden nicht recht ken-
nen. Denn welcher Menſch kan ſagen/ daß er im
Ewigen Leben ſey. Gleichwol muͤſſen wir beken-
nen/ iſt auch lauter warheit/ daß ein Kind/ welches
noch mit Todt/ Suͤnde und allerley Schwachheit be-
laden iſt/ da man kein ewiges Leben anſiehet/ von
ſeiner Tauffe bald anhebt ewig zu leben. Wie gehet
das zu? Siehet mans doch nicht/ ſondern man ſie-
het nur das alte Leben. Aber uͤber das alte und ſuͤnd-
liche Leben hat Gott ein ewiges Leben gemacht/ darin
wir bereit leben/ dem Worte und Glauben nach zu-
rechnen/ ob wirs gleich noch nicht ſehen noch fuͤhlen.

Der Geiſtreiche Theologus Herr D. Philippus
Nicolai erklaͤret dieſe Troſt-volle Lehre mit zweyen
ſchoͤnen Gleichnuͤſſen von einem Kinde in Mutter-
leibe/ und von einem Blinden beym Sonnenſchein/
wenn er in ſeinem 4. Buch vom Ewigen Leben am[ſ]ol. 438.
ſqq.

1. cap. alſo ſchreibet: Gleich wie ein Kind in Mutter-
leibe ſein natuͤrliches Leben hat/ und iſt allbereit in
der Welt/ allein/ das ſolch Leben iſt verſchloſſen und
verborgen/ und kan die ſchoͤne Welt nicht ſehen. So
bald es aber ſeine Haut die ſecundinam ableget/ und
komt durch die natuͤrliche Geburt von der Mutter
zur Welt/ da ſiehet es das weltliche Weſen fuͤr ſich/
verwundert ſich des Lichts/ ſo jhm fuͤr ſeine Eugelein
ſcheinet/ und hoͤret die freundliche holdſelige Stimme
ſeiner Mutter/ als auch anderer Freunde[,] ſeiner

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[[31]/0031] Chriſtliche Leichpredigt. glaͤuben. Aber die weiſe in jenem Leben iſt/ daß wir Jhn nicht glaͤuben/ ſondern ſehen. Eben Er in der Haußpoſtill uͤber Evangeliũ vom gutten Hirten: Es iſt eine Kunſt einen Chriſten recht kennen/ ja man kan jhn auff Erden nicht recht ken- nen. Denn welcher Menſch kan ſagen/ daß er im Ewigen Leben ſey. Gleichwol muͤſſen wir beken- nen/ iſt auch lauter warheit/ daß ein Kind/ welches noch mit Todt/ Suͤnde und allerley Schwachheit be- laden iſt/ da man kein ewiges Leben anſiehet/ von ſeiner Tauffe bald anhebt ewig zu leben. Wie gehet das zu? Siehet mans doch nicht/ ſondern man ſie- het nur das alte Leben. Aber uͤber das alte und ſuͤnd- liche Leben hat Gott ein ewiges Leben gemacht/ darin wir bereit leben/ dem Worte und Glauben nach zu- rechnen/ ob wirs gleich noch nicht ſehen noch fuͤhlen. Der Geiſtreiche Theologus Herr D. Philippus Nicolai erklaͤret dieſe Troſt-volle Lehre mit zweyen ſchoͤnen Gleichnuͤſſen von einem Kinde in Mutter- leibe/ und von einem Blinden beym Sonnenſchein/ wenn er in ſeinem 4. Buch vom Ewigen Leben am 1. cap. alſo ſchreibet: Gleich wie ein Kind in Mutter- leibe ſein natuͤrliches Leben hat/ und iſt allbereit in der Welt/ allein/ das ſolch Leben iſt verſchloſſen und verborgen/ und kan die ſchoͤne Welt nicht ſehen. So bald es aber ſeine Haut die ſecundinam ableget/ und komt durch die natuͤrliche Geburt von der Mutter zur Welt/ da ſiehet es das weltliche Weſen fuͤr ſich/ verwundert ſich des Lichts/ ſo jhm fuͤr ſeine Eugelein ſcheinet/ und hoͤret die freundliche holdſelige Stimme ſeiner Mutter/ als auch anderer Freunde, ſeiner Bruͤder- ſol. 438. ſqq.

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Zitationshilfe: Pomarius, Samuel: Christliches Sterben und Christliches Leben. Oels, 1659, S. [31]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/389173/31>, abgerufen am 29.03.2024.