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Pomarius, Samuel: Christliches Sterben und Christliches Leben. Oels, 1659.

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Christliche Leichpredigt.
Wenn nun ein gutter Oculist und Artzt keme/ und
den Staren steche/ und risse dem Blinden das dicke
hinderliche Fell von seinen Augen/ und eröffnete jhm
die Ohren/ daß er das Licht alßbald sehen/ und den
lieblichen Schall alßbald hören könte/ was meinet
jhr/ daß er dencken würde? sonderlich da er sehe den
hellen Tag/ die liebe Sonne/ die schöne Welt/ und
hörete die wollautende Cymbeln/ Posaunen/ Schal-
mejen und dergleichen Jnstrumenta umb sich her!
Da würde er bekennen und sagen/ sein voriges Le-
ben were der halbe Todt gewest/ und numehr be-
finde er erst/ und werde recht gewahr/ was das Le-
ben sey/ und ein Leben heisse. Also könnet jhr euch
auch fein einbilden den unterschiedlichen zustand un-
sers himmlischen Lebens. Denn es ist ein recht-
gläubiger Christ auff dieser Welt schon seelig/ und
hat den Allmächtigen HErren Zebaoth/ GOtt Va-
ter/ Sohn/ und Heiligen Geist/ mit seinen Heiligen
Engeln/ als eine Himmlische Feurige Wagenburg
umb sich her gegenwertig/ und ist kein zweiffel/ die
lieben Engel/ so umb jhn her sind/ preisen allewege
jhren Schöpffer/ und singen ohn unterlaß: Heilig/
Heilig/ Heilig ist GOtt der HERR Zebaoth. Al-
lein es kan ein Christ auff dieser Welt solchen him-
lischen Glantz/ Masestät und Herrligkeit Gottes
und seiner Außerwehlten Engel/ nicht leiblich sehen
noch hören/ dieweil er wandelt im glauben und nicht
im schauen/ und ist dazu (wie die Schrifft saget) mit
dem sterdlichen Leichnam/ als mit einer irrdischen
Hütten beschweret. Derowegen liegts an dem/ daß
er nur den alten Adam gantz außzieß:/ [und d]urch

den
E

Chriſtliche Leichpredigt.
Wenn nun ein gutter Oculiſt und Artzt keme/ und
den Staren ſteche/ und riſſe dem Blinden das dicke
hinderliche Fell von ſeinen Augen/ und eroͤffnete jhm
die Ohren/ daß er das Licht alßbald ſehen/ und den
lieblichen Schall alßbald hoͤren koͤnte/ was meinet
jhr/ daß er dencken wuͤrde? ſonderlich da er ſehe den
hellen Tag/ die liebe Sonne/ die ſchoͤne Welt/ und
hoͤrete die wollautende Cymbeln/ Poſaunen/ Schal-
mejen und dergleichen Jnſtrumenta umb ſich her!
Da wuͤrde er bekennen und ſagen/ ſein voriges Le-
ben were der halbe Todt geweſt/ und numehr be-
finde er erſt/ und werde recht gewahr/ was das Le-
ben ſey/ und ein Leben heiſſe. Alſo koͤnnet jhr euch
auch fein einbilden den unterſchiedlichen zuſtand un-
ſers himmliſchen Lebens. Denn es iſt ein recht-
glaͤubiger Chriſt auff dieſer Welt ſchon ſeelig/ und
hat den Allmaͤchtigen HErren Zebaoth/ GOtt Va-
ter/ Sohn/ und Heiligen Geiſt/ mit ſeinen Heiligen
Engeln/ als eine Himmliſche Feurige Wagenburg
umb ſich her gegenwertig/ und iſt kein zweiffel/ die
lieben Engel/ ſo umb jhn her ſind/ preiſen allewege
jhren Schoͤpffer/ und ſingen ohn unterlaß: Heilig/
Heilig/ Heilig iſt GOtt der HERR Zebaoth. Al-
lein es kan ein Chriſt auff dieſer Welt ſolchen him-
liſchen Glantz/ Maſeſtaͤt und Herrligkeit Gottes
und ſeiner Außerwehlten Engel/ nicht leiblich ſehen
noch hoͤren/ dieweil er wandelt im glauben und nicht
im ſchauen/ und iſt dazu (wie die Schrifft ſaget) mit
dem ſterdlichen Leichnam/ als mit einer irrdiſchen
Huͤtten beſchweret. Derowegen liegts an dem/ daß
er nur den alten Adam gantz außzieß:/ [und d]urch

den
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[[33]/0033] Chriſtliche Leichpredigt. Wenn nun ein gutter Oculiſt und Artzt keme/ und den Staren ſteche/ und riſſe dem Blinden das dicke hinderliche Fell von ſeinen Augen/ und eroͤffnete jhm die Ohren/ daß er das Licht alßbald ſehen/ und den lieblichen Schall alßbald hoͤren koͤnte/ was meinet jhr/ daß er dencken wuͤrde? ſonderlich da er ſehe den hellen Tag/ die liebe Sonne/ die ſchoͤne Welt/ und hoͤrete die wollautende Cymbeln/ Poſaunen/ Schal- mejen und dergleichen Jnſtrumenta umb ſich her! Da wuͤrde er bekennen und ſagen/ ſein voriges Le- ben were der halbe Todt geweſt/ und numehr be- finde er erſt/ und werde recht gewahr/ was das Le- ben ſey/ und ein Leben heiſſe. Alſo koͤnnet jhr euch auch fein einbilden den unterſchiedlichen zuſtand un- ſers himmliſchen Lebens. Denn es iſt ein recht- glaͤubiger Chriſt auff dieſer Welt ſchon ſeelig/ und hat den Allmaͤchtigen HErren Zebaoth/ GOtt Va- ter/ Sohn/ und Heiligen Geiſt/ mit ſeinen Heiligen Engeln/ als eine Himmliſche Feurige Wagenburg umb ſich her gegenwertig/ und iſt kein zweiffel/ die lieben Engel/ ſo umb jhn her ſind/ preiſen allewege jhren Schoͤpffer/ und ſingen ohn unterlaß: Heilig/ Heilig/ Heilig iſt GOtt der HERR Zebaoth. Al- lein es kan ein Chriſt auff dieſer Welt ſolchen him- liſchen Glantz/ Maſeſtaͤt und Herrligkeit Gottes und ſeiner Außerwehlten Engel/ nicht leiblich ſehen noch hoͤren/ dieweil er wandelt im glauben und nicht im ſchauen/ und iſt dazu (wie die Schrifft ſaget) mit dem ſterdlichen Leichnam/ als mit einer irrdiſchen Huͤtten beſchweret. Derowegen liegts an dem/ daß er nur den alten Adam gantz außzieß:/ und durch den E

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Zitationshilfe: Pomarius, Samuel: Christliches Sterben und Christliches Leben. Oels, 1659, S. [33]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/389173/33>, abgerufen am 23.04.2024.