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Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701].

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Das unschuldig vergossene Blut.
tes-Dienst halten/ dafür sich auch die Natur selbst entsetzet. Dieses thaten
die Israeliten an ihren eigenen Kindern/ an ihren leiblichenSöhnen und
Töchtern/ nach Heydnischer Art und Weise. Und eben daher wurde das
ganze Land mit Blut-Schulden beflecket/ es fahe dasLand gleichsam ganz
fleckicht von dem unschuldig-vergossenenBlut/ ihre Hände waren voll
Bluts/
welches auch ihnen Esaias zu seiner Zeit vorhält/ Es. 1, 15. 59, 3.

(Crudelia ista filiorum filiarumqve sacrificia Daemonis atqve Idolis, qvae
Chanaenaei colebant, ab Hebraeis eadem illorum superstitione imbutis fa-
cta. non extant qvidem in ullo Sacrae scripturae libro ante Davidis aetatem:
sed qvin facta sint, ambigi non potest, atqve per traditionem ad illum per-
venisse credi debet monente B. Augustino Tom. VIII. p. 1243.)

GOtt ergebene Hertzen in unserm blutigen Erlöser/ Christo JEsu;
Auch unser Mörder ist in diesem Stücke den Kindern Israel und ab-
göttischen Heyden nachgefolget/ wenn er sein eintziges/ sonst liebes
Söhngen am abgewichenen Montage/ in der Wiege liegend/ mit dem
Schermesser geschlachtet/ wie seine eigene Worte/ gleich nach begange-
ner Mordthat/ lauteten. Solte man das nunmehro selige und vor eu-
ren Augen liegende Kind fragen? Was sind das vor Wunden in
deinen Händen?
(an deinem Halse?) so düncket mich/ wenn es reden
könte/ es würde aus seinem Särglein antworten: So bin ich geschla-
gen
(so bin ich geschnitten) im Hause derer/ die mich lieben/ zu re-
den aus dem Propheten Zach. 13, 6. Denn es war ja freylich dieses
liebe Kind nicht etwa ermordet und umbracht von einem Fremb-
den/ von einem Strassen-Räuber/ sondern von seinem leiblichen
Vater/ auff seinem Bettgen/ da es sonsten ruhete und schlieff/ wel-
ches warlich recht schrecklich und entsetzlich zuhören ist. Da Amasa
in seinem Blute auff der Erden tod lag/ bleib alles Volck be-
stürtzt stehen/ und sahe die jämmerlich umgebrachte Leiche mit
Verwunderung an/
2. Sam. 20, 12. Was ist Wunder/ andächti-
ge Zuhörer/ mitleidende Hertzen/ wenn auch anitzo/ sonderlich bey die-
ser gehaltenen Mord-Predigt/ von so vielen Orten das Volck häufig
zusammen laufft/ und dieses vom seinem eigenen Vater ermordete
Söhnlein mit Erstaunen und vielen Thränen anschauet. Warlich

die-

Das unſchuldig vergoſſene Blut.
tes-Dienſt halten/ dafuͤr ſich auch die Natur ſelbſt entſetzet. Dieſes thaten
die Iſraeliten an ihren eigenen Kindern/ an ihren leiblichenSoͤhnen und
Toͤchtern/ nach Heydniſcher Art und Weiſe. Und eben daher wurde das
ganze Land mit Blut-Schulden beflecket/ es fahe dasLand gleichſam ganz
fleckicht von dem unſchuldig-veꝛgoſſenenBlut/ ihꝛe Haͤnde waꝛen voll
Bluts/
welches auch ihnen Eſaias zu ſeiner Zeit vorhaͤlt/ Eſ. 1, 15. 59, 3.

(Crudelia iſta filiorum filiarumqve ſacrificia Dæmonis atqve Idolis, qvæ
Chanænæi colebant, ab Hebræis eadem illorum ſuperſtitione imbutis fa-
cta. non extant qvidem in ullo Sacræ ſcripturæ libro ante Davidis ætatem:
ſed qvin facta ſint, ambigi non poteſt, atqve per traditionem ad illum per-
veniſſe credi debet monente B. Auguſtino Tom. VIII. p. 1243.)

GOtt ergebene Hertzen in unſerm blutigen Erloͤſer/ Chriſto JEſu;
Auch unſer Moͤrder iſt in dieſem Stuͤcke den Kindern Iſrael und ab-
goͤttiſchen Heyden nachgefolget/ wenn er ſein eintziges/ ſonſt liebes
Soͤhngen am abgewichenen Montage/ in der Wiege liegend/ mit dem
Schermeſſer geſchlachtet/ wie ſeine eigene Worte/ gleich nach begange-
ner Mordthat/ lauteten. Solte man das nunmehro ſelige und vor eu-
ren Augen liegende Kind fragen? Was ſind das vor Wunden in
deinen Haͤnden?
(an deinem Halſe?) ſo duͤncket mich/ wenn es reden
koͤnte/ es wuͤrde aus ſeinem Saͤrglein antworten: So bin ich geſchla-
gen
(ſo bin ich geſchnitten) im Hauſe derer/ die mich lieben/ zu re-
den aus dem Propheten Zach. 13, 6. Denn es war ja freylich dieſes
liebe Kind nicht etwa ermordet und umbracht von einem Fremb-
den/ von einem Straſſen-Raͤuber/ ſondern von ſeinem leiblichen
Vater/ auff ſeinem Bettgen/ da es ſonſten ruhete und ſchlieff/ wel-
ches warlich recht ſchrecklich und entſetzlich zuhoͤren iſt. Da Amaſa
in ſeinem Blute auff der Erden tod lag/ bleib alles Volck be-
ſtuͤrtzt ſtehen/ und ſahe die jaͤmmerlich umgebrachte Leiche mit
Verwunderung an/
2. Sam. 20, 12. Was iſt Wunder/ andaͤchti-
ge Zuhoͤrer/ mitleidende Hertzen/ wenn auch anitzo/ ſonderlich bey die-
ſer gehaltenen Mord-Predigt/ von ſo vielen Orten das Volck haͤufig
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Soͤhnlein mit Erſtaunen und vielen Thraͤnen anſchauet. Warlich

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[14[12]/0012] Das unſchuldig vergoſſene Blut. tes-Dienſt halten/ dafuͤr ſich auch die Natur ſelbſt entſetzet. Dieſes thaten die Iſraeliten an ihren eigenen Kindern/ an ihren leiblichenSoͤhnen und Toͤchtern/ nach Heydniſcher Art und Weiſe. Und eben daher wurde das ganze Land mit Blut-Schulden beflecket/ es fahe dasLand gleichſam ganz fleckicht von dem unſchuldig-veꝛgoſſenenBlut/ ihꝛe Haͤnde waꝛen voll Bluts/ welches auch ihnen Eſaias zu ſeiner Zeit vorhaͤlt/ Eſ. 1, 15. 59, 3. (Crudelia iſta filiorum filiarumqve ſacrificia Dæmonis atqve Idolis, qvæ Chanænæi colebant, ab Hebræis eadem illorum ſuperſtitione imbutis fa- cta. non extant qvidem in ullo Sacræ ſcripturæ libro ante Davidis ætatem: ſed qvin facta ſint, ambigi non poteſt, atqve per traditionem ad illum per- veniſſe credi debet monente B. Auguſtino Tom. VIII. p. 1243.) GOtt ergebene Hertzen in unſerm blutigen Erloͤſer/ Chriſto JEſu; Auch unſer Moͤrder iſt in dieſem Stuͤcke den Kindern Iſrael und ab- goͤttiſchen Heyden nachgefolget/ wenn er ſein eintziges/ ſonſt liebes Soͤhngen am abgewichenen Montage/ in der Wiege liegend/ mit dem Schermeſſer geſchlachtet/ wie ſeine eigene Worte/ gleich nach begange- ner Mordthat/ lauteten. Solte man das nunmehro ſelige und vor eu- ren Augen liegende Kind fragen? Was ſind das vor Wunden in deinen Haͤnden? (an deinem Halſe?) ſo duͤncket mich/ wenn es reden koͤnte/ es wuͤrde aus ſeinem Saͤrglein antworten: So bin ich geſchla- gen (ſo bin ich geſchnitten) im Hauſe derer/ die mich lieben/ zu re- den aus dem Propheten Zach. 13, 6. Denn es war ja freylich dieſes liebe Kind nicht etwa ermordet und umbracht von einem Fremb- den/ von einem Straſſen-Raͤuber/ ſondern von ſeinem leiblichen Vater/ auff ſeinem Bettgen/ da es ſonſten ruhete und ſchlieff/ wel- ches warlich recht ſchrecklich und entſetzlich zuhoͤren iſt. Da Amaſa in ſeinem Blute auff der Erden tod lag/ bleib alles Volck be- ſtuͤrtzt ſtehen/ und ſahe die jaͤmmerlich umgebrachte Leiche mit Verwunderung an/ 2. Sam. 20, 12. Was iſt Wunder/ andaͤchti- ge Zuhoͤrer/ mitleidende Hertzen/ wenn auch anitzo/ ſonderlich bey die- ſer gehaltenen Mord-Predigt/ von ſo vielen Orten das Volck haͤufig zuſammen laufft/ und dieſes vom ſeinem eigenen Vater ermordete Soͤhnlein mit Erſtaunen und vielen Thraͤnen anſchauet. Warlich die-

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Zitationshilfe: Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701], S. 14[12]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/421583/12>, abgerufen am 29.03.2024.