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Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701].

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Das unschuldig vergossene Blut.
Oder es hätte sich Habel vor ihm gehütet/ und beyZeit an einen andern
Orth davon gemacht/ damit er ihm aus den Augen kommen. Aber
weil Cain sich so freundlich gegen ihm erzeiget/ meinte er/ dieSache sey
allerdings richtig/ und keine Gefahr mehr verhanden. Biß hieher
wohlgedachter Osiander. Das Instrument, wormit Cain seinen
Bruder ermordet/ wird im Texte nicht gemeldet.

In einer Arabischen Schrisst lieset man/ (wie Hottingerus Smegm. Orient.
pag.
221. meldet/) es habe Cain dem Abel mit einem Stein den Kopff
zerschmettert/ und die Hirnschale entzwey geschlagen. Die Jüden sagen/
aus lauter Grimm habe er ihn angefallen/ wie ein böser Hund/ und mit
Zähnen zerrissen. Chrysostomus will/ er habe es mit einem Schwerdt ge-
than; Irenaeus hingegen/ er habe ihm eine Sichel in den Leib gehauen/ und
Prudentius, er habe ihn mit einem Karst zu Boden geschlagen. Die Mah-
ler geben ihm eine grosse Keule in die Hand/ wie dem Herculi, und damit
soll er ihn getödtet haben. GOtt ists am besten bekannt/ wie/ oder mit
was Instrument es geschehen. (Has diversas Sententias collegit Polycar-
pus Kunadi
in den ersten Früchten seinerGott-geheiligten Kirchen-Arbeit/
pag. m. 15.)

Es kan seyn/ daß er ein Acker-Instrument gehabt/ welches er zu sei-
ner Arbeit gebrauchet/ und die Mordthat auszuführen beqvem genug
befunden/ er schlug ihn todt/ stehet im Text. Mactavit, er hat ihn
geschlachtet/
heists eigentlich nach dem Grund-Texte/ geschlachtet/
wie ein Opffer-Vieb/ wie die Gläubigen von ihren Feinden geachtet
werden als Schlacht Schaafe/
Ps. 44, 23. B. Lutherus stehet in
den Gedancken/ es habe Abel auff der Erden liegend seinen Bruder
gebeten/ seiner zu schonen/ welches er aber nicht geachtet. Comment. in
Genes. p. m. 67. D. Lucas Osiander
hegt gleiche Meynung/ cit.
loco.
Abel werde ohne Zweiffel GOtt kläglich um Hülffe angeruffen/
und den Cain zum höchsten und mit Flehen dafür gebeten haben/ daß er
seine Hände nicht beflecken solte mit seines Bruders Blut/ aber Cain
hat sich zu keinem Mitleyden wollen bewegen lassen. Aus welchen
Umständen die grosse Blut-Dürstigkeit des unerbittlichen Todtschlä-
gers desto mehr zu sehen ist. Eben die Einsamkeit war auch/ meines
Erachtens/ die allermeiste Gelegenheit unsers Mörders allhier/ er war

ein

Das unſchuldig vergoſſene Blut.
Oder es haͤtte ſich Habel vor ihm gehuͤtet/ und beyZeit an einen andern
Orth davon gemacht/ damit er ihm aus den Augen kommen. Aber
weil Cain ſich ſo freundlich gegen ihm erzeiget/ meinte er/ dieSache ſey
allerdings richtig/ und keine Gefahr mehr verhanden. Biß hieher
wohlgedachter Oſiander. Das Inſtrument, wormit Cain ſeinen
Bruder ermordet/ wird im Texte nicht gemeldet.

In einer Arabiſchen Schriſſt lieſet man/ (wie Hottingerus Smegm. Orient.
pag.
221. meldet/) es habe Cain dem Abel mit einem Stein den Kopff
zerſchmettert/ und die Hirnſchale entzwey geſchlagen. Die Juͤden ſagen/
aus lauter Grimm habe er ihn angefallen/ wie ein boͤſer Hund/ und mit
Zaͤhnen zerriſſen. Chryſoſtomus will/ er habe es mit einem Schwerdt ge-
than; Irenæus hingegen/ er habe ihm eine Sichel in den Leib gehauen/ und
Prudentius, er habe ihn mit einem Karſt zu Boden geſchlagen. Die Mah-
ler geben ihm eine groſſe Keule in die Hand/ wie dem Herculi, und damit
ſoll er ihn getoͤdtet haben. GOtt iſts am beſten bekannt/ wie/ oder mit
was Inſtrument es geſchehen. (Has diverſas Sententias collegit Polycar-
pus Kunadi
in den erſten Fruͤchten ſeinerGott-geheiligten Kirchen-Arbeit/
pag. m. 15.)

Es kan ſeyn/ daß er ein Acker-Inſtrument gehabt/ welches er zu ſei-
ner Arbeit gebrauchet/ und die Mordthat auszufuͤhren beqvem genug
befunden/ er ſchlug ihn todt/ ſtehet im Text. Mactavit, er hat ihn
geſchlachtet/
heiſts eigentlich nach dem Grund-Texte/ geſchlachtet/
wie ein Opffer-Vieb/ wie die Glaͤubigen von ihren Feinden geachtet
werden als Schlacht Schaafe/
Pſ. 44, 23. B. Lutherus ſtehet in
den Gedancken/ es habe Abel auff der Erden liegend ſeinen Bruder
gebeten/ ſeiner zu ſchonen/ welches er aber nicht geachtet. Comment. in
Geneſ. p. m. 67. D. Lucas Oſiander
hegt gleiche Meynung/ cit.
loco.
Abel werde ohne Zweiffel GOtt klaͤglich um Huͤlffe angeruffen/
und den Cain zum hoͤchſten und mit Flehen dafuͤr gebeten haben/ daß er
ſeine Haͤnde nicht beflecken ſolte mit ſeines Bruders Blut/ aber Cain
hat ſich zu keinem Mitleyden wollen bewegen laſſen. Aus welchen
Umſtaͤnden die groſſe Blut-Duͤrſtigkeit des unerbittlichen Todtſchlaͤ-
gers deſto mehr zu ſehen iſt. Eben die Einſamkeit war auch/ meines
Erachtens/ die allermeiſte Gelegenheit unſers Moͤrders allhier/ er war

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[20[18]/0018] Das unſchuldig vergoſſene Blut. Oder es haͤtte ſich Habel vor ihm gehuͤtet/ und beyZeit an einen andern Orth davon gemacht/ damit er ihm aus den Augen kommen. Aber weil Cain ſich ſo freundlich gegen ihm erzeiget/ meinte er/ dieSache ſey allerdings richtig/ und keine Gefahr mehr verhanden. Biß hieher wohlgedachter Oſiander. Das Inſtrument, wormit Cain ſeinen Bruder ermordet/ wird im Texte nicht gemeldet. In einer Arabiſchen Schriſſt lieſet man/ (wie Hottingerus Smegm. Orient. pag. 221. meldet/) es habe Cain dem Abel mit einem Stein den Kopff zerſchmettert/ und die Hirnſchale entzwey geſchlagen. Die Juͤden ſagen/ aus lauter Grimm habe er ihn angefallen/ wie ein boͤſer Hund/ und mit Zaͤhnen zerriſſen. Chryſoſtomus will/ er habe es mit einem Schwerdt ge- than; Irenæus hingegen/ er habe ihm eine Sichel in den Leib gehauen/ und Prudentius, er habe ihn mit einem Karſt zu Boden geſchlagen. Die Mah- ler geben ihm eine groſſe Keule in die Hand/ wie dem Herculi, und damit ſoll er ihn getoͤdtet haben. GOtt iſts am beſten bekannt/ wie/ oder mit was Inſtrument es geſchehen. (Has diverſas Sententias collegit Polycar- pus Kunadi in den erſten Fruͤchten ſeinerGott-geheiligten Kirchen-Arbeit/ pag. m. 15.) Es kan ſeyn/ daß er ein Acker-Inſtrument gehabt/ welches er zu ſei- ner Arbeit gebrauchet/ und die Mordthat auszufuͤhren beqvem genug befunden/ er ſchlug ihn todt/ ſtehet im Text. Mactavit, er hat ihn geſchlachtet/ heiſts eigentlich nach dem Grund-Texte/ geſchlachtet/ wie ein Opffer-Vieb/ wie die Glaͤubigen von ihren Feinden geachtet werden als Schlacht Schaafe/ Pſ. 44, 23. B. Lutherus ſtehet in den Gedancken/ es habe Abel auff der Erden liegend ſeinen Bruder gebeten/ ſeiner zu ſchonen/ welches er aber nicht geachtet. Comment. in Geneſ. p. m. 67. D. Lucas Oſiander hegt gleiche Meynung/ cit. loco. Abel werde ohne Zweiffel GOtt klaͤglich um Huͤlffe angeruffen/ und den Cain zum hoͤchſten und mit Flehen dafuͤr gebeten haben/ daß er ſeine Haͤnde nicht beflecken ſolte mit ſeines Bruders Blut/ aber Cain hat ſich zu keinem Mitleyden wollen bewegen laſſen. Aus welchen Umſtaͤnden die groſſe Blut-Duͤrſtigkeit des unerbittlichen Todtſchlaͤ- gers deſto mehr zu ſehen iſt. Eben die Einſamkeit war auch/ meines Erachtens/ die allermeiſte Gelegenheit unſers Moͤrders allhier/ er war ein

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Zitationshilfe: Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701], S. 20[18]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/421583/18>, abgerufen am 29.03.2024.