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Schubert, Christian: Apostolische Glaubens-Wage. Merseburg, 1672.

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Leich-Predigt.
Himmel ist/ Phil. 3/ 20. Andächtige Christen müssen sichPhil. 3, 20.
offtmahls verwundern/ woher es doch komme/ daß die
Weltweise Leute für den zeitlichen Feuer sich fürchten/
und doch für den ewigen sich nicht hüten? Daß sie nach
den zeitlichen Wollüsten trachten/ und doch an die ewi-
gen nicht gedencken? Daß sie die zeitliche Hütte bauen/
und die ewige verlassen? Wenn man einen unvernünff-
tigen Esel ins Feuer jagen wolte/ so würde er sich ehe er-
schmeissen lassen/ ehe er würde gutwillig hinein gehen;
Aber hingegen findet man viel Menschen die auß thö-
richter Unsinnigkeit sporenstreichs in die Hölle lauffen
und rennen; Und ist zu erbarmen/ das mancher Men-
sche nicht so viel Vernunfft haben soll/ als ein Esel. Ein
säugendes Kindlein sehnet sich nach der Mutter/ ein
Stuben-Vöglein nach der freyen Lufft/ ein Lämblein
nach dem Schaaffe/ ein Küchlein nach der Gluck-Hen-
ne. Ach solten wir uns dann nicht auch nach der himm-
lischen Gluck-Henne sehnen? Solten wir nicht mir der
H. Monica einander zuruffen und sagen: Evolemus
hinc, evolemus hinc!
Ach last uns dem Himmel zu-
ziehen;

Denn im Himmel ist gut wohnen/
Dahin steht mein Begier/
Da wil GOtt ewig lohnen
Dem/ der Jhn dient allhier.

Nun solchen ewigen Freuden-Lohn wird auch nun-
mehro der Seelen nach erlanget haben unsere selig Ver-
storbene Frau von Dießkau. Denn weil Sie auch ih-
rem GOtt allhier gedienet/ weil Jhr Hertz auch nach
dem Himmel gestanden/ und sie ihre zugeschickte Trüb-

sal/
F 2

Leich-Predigt.
Himmel iſt/ Phil. 3/ 20. Andaͤchtige Chriſten muͤſſen ſichPhil. 3, 20.
offtmahls verwundern/ woher es doch komme/ daß die
Weltweiſe Leute fuͤr den zeitlichen Feuer ſich fuͤrchten/
und doch fuͤr den ewigen ſich nicht huͤten? Daß ſie nach
den zeitlichen Wolluͤſten trachten/ und doch an die ewi-
gen nicht gedencken? Daß ſie die zeitliche Huͤtte bauen/
und die ewige verlaſſen? Wenn man einen unvernuͤnff-
tigen Eſel ins Feuer jagen wolte/ ſo wuͤrde er ſich ehe er-
ſchmeiſſen laſſen/ ehe er wuͤrde gutwillig hinein gehen;
Aber hingegen findet man viel Menſchen die auß thoͤ-
richter Unſinnigkeit ſporenſtreichs in die Hoͤlle lauffen
und rennen; Und iſt zu erbarmen/ das mancher Men-
ſche nicht ſo viel Vernunfft haben ſoll/ als ein Eſel. Ein
ſaͤugendes Kindlein ſehnet ſich nach der Mutter/ ein
Stuben-Voͤglein nach der freyen Lufft/ ein Laͤmblein
nach dem Schaaffe/ ein Kuͤchlein nach der Gluck-Hen-
ne. Ach ſolten wir uns dann nicht auch nach der himm-
liſchen Gluck-Henne ſehnen? Solten wir nicht mir der
H. Monica einander zuruffen und ſagen: Evolemus
hinc, evolemus hinc!
Ach laſt uns dem Himmel zu-
ziehen;

Denn im Himmel iſt gut wohnen/
Dahin ſteht mein Begier/
Da wil GOtt ewig lohnen
Dem/ der Jhn dient allhier.

Nun ſolchen ewigen Freuden-Lohn wird auch nun-
mehro der Seelen nach erlanget haben unſere ſelig Ver-
ſtorbene Frau von Dießkau. Denn weil Sie auch ih-
rem GOtt allhier gedienet/ weil Jhr Hertz auch nach
dem Himmel geſtanden/ und ſie ihre zugeſchickte Truͤb-

ſal/
F 2
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[43/0043] Leich-Predigt. Himmel iſt/ Phil. 3/ 20. Andaͤchtige Chriſten muͤſſen ſich offtmahls verwundern/ woher es doch komme/ daß die Weltweiſe Leute fuͤr den zeitlichen Feuer ſich fuͤrchten/ und doch fuͤr den ewigen ſich nicht huͤten? Daß ſie nach den zeitlichen Wolluͤſten trachten/ und doch an die ewi- gen nicht gedencken? Daß ſie die zeitliche Huͤtte bauen/ und die ewige verlaſſen? Wenn man einen unvernuͤnff- tigen Eſel ins Feuer jagen wolte/ ſo wuͤrde er ſich ehe er- ſchmeiſſen laſſen/ ehe er wuͤrde gutwillig hinein gehen; Aber hingegen findet man viel Menſchen die auß thoͤ- richter Unſinnigkeit ſporenſtreichs in die Hoͤlle lauffen und rennen; Und iſt zu erbarmen/ das mancher Men- ſche nicht ſo viel Vernunfft haben ſoll/ als ein Eſel. Ein ſaͤugendes Kindlein ſehnet ſich nach der Mutter/ ein Stuben-Voͤglein nach der freyen Lufft/ ein Laͤmblein nach dem Schaaffe/ ein Kuͤchlein nach der Gluck-Hen- ne. Ach ſolten wir uns dann nicht auch nach der himm- liſchen Gluck-Henne ſehnen? Solten wir nicht mir der H. Monica einander zuruffen und ſagen: Evolemus hinc, evolemus hinc! Ach laſt uns dem Himmel zu- ziehen; Phil. 3, 20. Denn im Himmel iſt gut wohnen/ Dahin ſteht mein Begier/ Da wil GOtt ewig lohnen Dem/ der Jhn dient allhier. Nun ſolchen ewigen Freuden-Lohn wird auch nun- mehro der Seelen nach erlanget haben unſere ſelig Ver- ſtorbene Frau von Dießkau. Denn weil Sie auch ih- rem GOtt allhier gedienet/ weil Jhr Hertz auch nach dem Himmel geſtanden/ und ſie ihre zugeſchickte Truͤb- ſal/ F 2

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Zitationshilfe: Schubert, Christian: Apostolische Glaubens-Wage. Merseburg, 1672, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508139/43>, abgerufen am 23.04.2024.