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Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.

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Hält dieses denn noch nicht Dein schnelles Scheiden auf?
Ach nein! Du eilest fort, und endest deinen Lauf.
Allein, was soll man denn zu Deinen Söhnen sagen,
Wenn sie voll Lehr-Begier nach ihrem Lehrer fragen?
Gewiß, hier hebet sich ein neues Klagen an,
Eh jemand noch vor Schmertz die Antwort geben kan:
Er liegt erblaßt, erstarrt, ihr könnt die weisen Lehren
Nicht weiter, wie zuvor, aus seinem Munde hören.
Jch selbst steh gantz erstarrt bey seiner Bahre hier,
Und dencke bey mir selbst: wie wiederfähret dir!
Jsts möglich, daß der Tod sich diesen auserlesen,
Der gegen dich geneigt, ja väterlich gewesen?
Ach leyder! allzuwohl, gantz Lauban sieht betrübt,
Weil es den Mann vermießt, den es so sehr geliebt,
Der vor der Schule Wohl gesorget und gewachet,
Und nun durch seinen Tod die Schüler Waysen machet.
Die gantze Freundschafft fühlt den Riß, den GOtt gethan.
Ein jedes sieht den Sarg mit nassen Augen an.
Die Wittwe steht erblaßt, die Pflege-Kinder weinen.
Soll das nicht höchst betrübt, soll das nicht schmertzlich scheinen?
Nun wohl, so weinet denn, und hengt der Neigung nach,
Beklaget den Verlust; doch faßt euch allgemach,
Bedencket, was GOtt thut, sey wohl und gut gemeinet.
Obs uns gleich offt sehr hart und unerträglich scheinet.
Das Leid ist freylich groß, das euch betroffen hat.
Jch weine selber mit, und suche Trost und Rath.
Denselben zeiget mir des Höchsten Vaters Wille,
Dem überlasset euch, und halt geduldig stille.
Er, der der Wittwen Trost und ihr Berather ist,
Bey dem der Waisen Schaar den besten Schutz genüßt;
Er, der der beste Freund, wenn alle Freunde fallen,
Versiegle diesen Trost in mir und auch in allen.
Du
Haͤlt dieſes denn noch nicht Dein ſchnelles Scheiden auf?
Ach nein! Du eileſt fort, und endeſt deinen Lauf.
Allein, was ſoll man denn zu Deinen Soͤhnen ſagen,
Wenn ſie voll Lehr-Begier nach ihrem Lehrer fragen?
Gewiß, hier hebet ſich ein neues Klagen an,
Eh jemand noch vor Schmertz die Antwort geben kan:
Er liegt erblaßt, erſtarrt, ihr koͤnnt die weiſen Lehren
Nicht weiter, wie zuvor, aus ſeinem Munde hoͤren.
Jch ſelbſt ſteh gantz erſtarrt bey ſeiner Bahre hier,
Und dencke bey mir ſelbſt: wie wiederfaͤhret dir!
Jſts moͤglich, daß der Tod ſich dieſen auserleſen,
Der gegen dich geneigt, ja vaͤterlich geweſen?
Ach leyder! allzuwohl, gantz Lauban ſieht betruͤbt,
Weil es den Mann vermießt, den es ſo ſehr geliebt,
Der vor der Schule Wohl geſorget und gewachet,
Und nun durch ſeinen Tod die Schuͤler Wayſen machet.
Die gantze Freundſchafft fuͤhlt den Riß, den GOtt gethan.
Ein jedes ſieht den Sarg mit naſſen Augen an.
Die Wittwe ſteht erblaßt, die Pflege-Kinder weinen.
Soll das nicht hoͤchſt betruͤbt, ſoll das nicht ſchmertzlich ſcheinen?
Nun wohl, ſo weinet denn, und hengt der Neigung nach,
Beklaget den Verluſt; doch faßt euch allgemach,
Bedencket, was GOtt thut, ſey wohl und gut gemeinet.
Obs uns gleich offt ſehr hart und unertraͤglich ſcheinet.
Das Leid iſt freylich groß, das euch betroffen hat.
Jch weine ſelber mit, und ſuche Troſt und Rath.
Denſelben zeiget mir des Hoͤchſten Vaters Wille,
Dem uͤberlaſſet euch, und halt geduldig ſtille.
Er, der der Wittwen Troſt und ihr Berather iſt,
Bey dem der Waiſen Schaar den beſten Schutz genuͤßt;
Er, der der beſte Freund, wenn alle Freunde fallen,
Verſiegle dieſen Troſt in mir und auch in allen.
Du
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[86/0087] Haͤlt dieſes denn noch nicht Dein ſchnelles Scheiden auf? Ach nein! Du eileſt fort, und endeſt deinen Lauf. Allein, was ſoll man denn zu Deinen Soͤhnen ſagen, Wenn ſie voll Lehr-Begier nach ihrem Lehrer fragen? Gewiß, hier hebet ſich ein neues Klagen an, Eh jemand noch vor Schmertz die Antwort geben kan: Er liegt erblaßt, erſtarrt, ihr koͤnnt die weiſen Lehren Nicht weiter, wie zuvor, aus ſeinem Munde hoͤren. Jch ſelbſt ſteh gantz erſtarrt bey ſeiner Bahre hier, Und dencke bey mir ſelbſt: wie wiederfaͤhret dir! Jſts moͤglich, daß der Tod ſich dieſen auserleſen, Der gegen dich geneigt, ja vaͤterlich geweſen? Ach leyder! allzuwohl, gantz Lauban ſieht betruͤbt, Weil es den Mann vermießt, den es ſo ſehr geliebt, Der vor der Schule Wohl geſorget und gewachet, Und nun durch ſeinen Tod die Schuͤler Wayſen machet. Die gantze Freundſchafft fuͤhlt den Riß, den GOtt gethan. Ein jedes ſieht den Sarg mit naſſen Augen an. Die Wittwe ſteht erblaßt, die Pflege-Kinder weinen. Soll das nicht hoͤchſt betruͤbt, ſoll das nicht ſchmertzlich ſcheinen? Nun wohl, ſo weinet denn, und hengt der Neigung nach, Beklaget den Verluſt; doch faßt euch allgemach, Bedencket, was GOtt thut, ſey wohl und gut gemeinet. Obs uns gleich offt ſehr hart und unertraͤglich ſcheinet. Das Leid iſt freylich groß, das euch betroffen hat. Jch weine ſelber mit, und ſuche Troſt und Rath. Denſelben zeiget mir des Hoͤchſten Vaters Wille, Dem uͤberlaſſet euch, und halt geduldig ſtille. Er, der der Wittwen Troſt und ihr Berather iſt, Bey dem der Waiſen Schaar den beſten Schutz genuͤßt; Er, der der beſte Freund, wenn alle Freunde fallen, Verſiegle dieſen Troſt in mir und auch in allen. Du

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/87>, abgerufen am 29.03.2024.