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Wellich, Georg: Christliche Leichpredigt. Oels, 1618.

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Christliche LeichPredigt.
Syrac. 40.
v.
1.
Jämmerlich ding sey/ vmb aller Menschen leben/ von
Mutter Leibe an/ biß das sie wider zur Erden werden/ die
vnser aller Mutter ist. Dann was die H. Schrifft belanget/
so ist dieselbe hin vnd wider voll vieler elender Klagen vnd
Erbärmlicher Traurgleichnüsse/ von der Gebrächligkeit
Menschliches lebens. Wie vornemlich auß dem Büchlein
Job/ den Psalmen Davids/ vnnd der andern Propheten
köndte dargethan werden. Vnd wenn wir auch im gemei-
nen leben solten mit andern lebendigen Thieren/ was das
elende anlanget/ eine vergleichung anstellen/ so würde sichs
befinden/ das dem Leibe nach/ kein elender vnd erbärmlichers
Thierlein vnd Würmlein auff dem gantzen Erdboden zu-
finden were/ als der arme Mensch ist. Wenn aber nun
dieses offters ein fromes Christen hertz höret/ siehet vnd er-
fähret/ das er so Elend/ müheselig vnd betrübt sein Leben
in diesem Thränenthal zubringen muß/ so hebet er als bald
Causae ca-
lamitatis
humanae.
nicht vnbillich an zufragen: Was dann gleichwol die
Vrsache sey: das der Barmhertzige Gott den Menschen/
welchen er Anfänglich nach seinem Ebenbilde erschaffen/
mit schönen Gaben/ Leibes vnd der Seelen gezieret/ vnd
da er auch schon solche Gaben durch den Sündenfall ver-
schertzet/ inn jhme dennoch widerumb seines Sohnes ver-
dienst durch wahren Glauben zugeeignet/ vernewret/ vnd
gleich wol/ so vielem vnd mancherley Creutz vnd Trübsall
lest vnterworffen sein. Ob nun zwar der allein weise Gott/
vns Rechenschafft darumb zugeben nicht schuldig ist: So
hat Er dennoch auß Väterlicher Gütte vnnd Trewe inn
Heil. Schriffc vrsachen auffzeichnen lassen/ warumb Er
solches thue vnd vornehme/ nemlich das Er die Menschen
1.
Probatio
fidei ut in
mit so viel creutz vnd trübsall in diesem Leben anheim sucht.
Diese Vrsachen sind entweder/ das Er wil die fromen im

Glauben

Chꝛiſtliche LeichPꝛedigt.
Syrac. 40.
v.
1.
Jaͤmmerlich ding ſey/ vmb aller Menſchen leben/ von
Mutter Leibe an/ biß das ſie wider zur Erden werden/ die
vnſer aller Mutter iſt. Dañ was die H. Schrifft belanget/
ſo iſt dieſelbe hin vnd wider voll vieler elender Klagen vnd
Erbaͤrmlicher Traurgleichnuͤſſe/ von der Gebraͤchligkeit
Menſchliches lebens. Wie vornemlich auß dem Buͤchlein
Job/ den Pſalmen Davids/ vnnd der andern Propheten
koͤndte dargethan werden. Vnd wenn wir auch im gemei-
nen leben ſolten mit andern lebendigen Thieren/ was das
elende anlanget/ eine vergleichung anſtellen/ ſo wuͤrde ſichs
befinden/ das dem Leibe nach/ kein elender vñ erbaͤrmlichers
Thierlein vnd Wuͤrmlein auff dem gantzen Erdboden zu-
finden were/ als der arme Menſch iſt. Wenn aber nun
dieſes offters ein fromes Chriſten hertz hoͤret/ ſiehet vnd er-
faͤhret/ das er ſo Elend/ muͤheſelig vnd betruͤbt ſein Leben
in dieſem Thꝛaͤnenthal zubringen muß/ ſo hebet er als bald
Cauſæ ca-
lamitatis
humanæ.
nicht vnbillich an zufragen: Was dann gleichwol die
Vrſache ſey: das der Barmhertzige Gott den Menſchen/
welchen er Anfaͤnglich nach ſeinem Ebenbilde erſchaffen/
mit ſchoͤnen Gaben/ Leibes vnd der Seelen gezieret/ vnd
da er auch ſchon ſolche Gaben durch den Suͤndenfall ver-
ſchertzet/ inn jhme dennoch widerumb ſeines Sohnes ver-
dienſt durch wahren Glauben zugeeignet/ vernewret/ vnd
gleich wol/ ſo vielem vnd mancherley Creutz vnd Truͤbſall
leſt vnterworffen ſein. Ob nun zwar der allein weiſe Gott/
vns Rechenſchafft darumb zugeben nicht ſchuldig iſt: So
hat Er dennoch auß Vaͤterlicher Guͤtte vnnd Trewe inn
Heil. Schriffc vrſachen auffzeichnen laſſen/ warumb Er
ſolches thue vnd vornehme/ nemlich das Er die Menſchen
1.
Probatio
fidei ut in
mit ſo viel creutz vñ truͤbſall in dieſem Leben anheim ſucht.
Dieſe Vrſachen ſind entweder/ das Er wil die fromen im

Glauben
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Zitationshilfe: Wellich, Georg: Christliche Leichpredigt. Oels, 1618, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/509201/6>, abgerufen am 29.03.2024.