Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhard, Gottfried: Himmlische Johanna Elisabeth. Breslau, 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

mich anietzo/ solchen zu entscheiden/ gantz
zweiffelhafftig lassen; Gleichwie aber das Ge-
stirne sehr klar und heiterer scheinet/ wenn der
schwartze Flügel trüber Nacht sonst alles über-
decket/ und dagegen bleicher/ indehm das
grosse Licht die hellen Straalen wirfft; So
hat auch derer Vollkommenheit/ bey frölichen
gesunden Tagen zwar nie tunckel/ iedoch bey
düsteren Angst-Nächten stärcker vorgeleuchtet.

Besonders ersahe die seligste Seele mit sterb-
lichen Augen was abwesend und unsichtbar:
Sie hielte ihnen vor/ das was schon weg und
noch nicht da war. Sie lebte im Himmel/
als Sie noch auff Erden gieng; Denn himm-
lisches Erbtheil zu erlangen/ war der eintzige
Wuntsch/ die eintzige Hoffnung. Das gan-
tze Hertz war GOTT gewiedmet und daher in
Weltlichen Sachen ein Frembdung. Den
Nechsten liebte Sie als sich selbst/ es stund dem
Armuth Thor und Angel offen; Ein saures
Gesicht/ so der bedrängten Noth vergrössert/
war von Jhr entfernet/ ja die Verweigerung
selbst/ verbündlich. Niemand kehrete unver-

gnügt

mich anietzo/ ſolchen zu entſcheiden/ gantz
zweiffelhafftig laſſen; Gleichwie aber das Ge-
ſtirne ſehr klar und heiterer ſcheinet/ wenn der
ſchwartze Fluͤgel truͤber Nacht ſonſt alles uͤber-
decket/ und dagegen bleicher/ indehm das
groſſe Licht die hellen Straalen wirfft; So
hat auch derer Vollkommenheit/ bey froͤlichen
geſunden Tagen zwar nie tunckel/ iedoch bey
duͤſteren Angſt-Naͤchten ſtaͤrcker vorgeleuchtet.

Beſonders erſahe die ſeligſte Seele mit ſterb-
lichen Augen was abweſend und unſichtbar:
Sie hielte ihnen vor/ das was ſchon weg und
noch nicht da war. Sie lebte im Himmel/
als Sie noch auff Erden gieng; Denn himm-
liſches Erbtheil zu erlangen/ war der eintzige
Wuntſch/ die eintzige Hoffnung. Das gan-
tze Hertz war GOTT gewiedmet und daher in
Weltlichen Sachen ein Frembdung. Den
Nechſten liebte Sie als ſich ſelbſt/ es ſtund dem
Armuth Thor und Angel offen; Ein ſaures
Geſicht/ ſo der bedraͤngten Noth vergroͤſſert/
war von Jhr entfernet/ ja die Verweigerung
ſelbſt/ verbuͤndlich. Niemand kehrete unver-

gnuͤgt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="fsOtherPublication" n="1">
              <p>
                <pb facs="#f0084" n="[84]"/> <hi rendition="#fr">mich anietzo/ &#x017F;olchen zu ent&#x017F;cheiden/ gantz<lb/>
zweiffelhafftig la&#x017F;&#x017F;en; Gleichwie aber das Ge-<lb/>
&#x017F;tirne &#x017F;ehr klar und heiterer &#x017F;cheinet/ wenn der<lb/>
&#x017F;chwartze Flu&#x0364;gel tru&#x0364;ber Nacht &#x017F;on&#x017F;t alles u&#x0364;ber-<lb/>
decket/ und dagegen bleicher/ indehm das<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Licht die hellen Straalen wirfft; So<lb/>
hat auch derer Vollkommenheit/ bey fro&#x0364;lichen<lb/>
ge&#x017F;unden Tagen zwar nie tunckel/ iedoch bey<lb/>
du&#x0364;&#x017F;teren Ang&#x017F;t-Na&#x0364;chten &#x017F;ta&#x0364;rcker vorgeleuchtet.</hi> </p><lb/>
              <p> <hi rendition="#fr">Be&#x017F;onders er&#x017F;ahe die &#x017F;elig&#x017F;te Seele mit &#x017F;terb-<lb/>
lichen Augen was abwe&#x017F;end und un&#x017F;ichtbar:<lb/>
Sie hielte ihnen vor/ das was &#x017F;chon weg und<lb/>
noch nicht da war. Sie lebte im Himmel/<lb/>
als Sie noch auff Erden gieng; Denn himm-<lb/>
li&#x017F;ches Erbtheil zu erlangen/ war der eintzige<lb/>
Wunt&#x017F;ch/ die eintzige Hoffnung. Das gan-<lb/>
tze Hertz war GOTT gewiedmet und daher in<lb/>
Weltlichen Sachen ein Frembdung. Den<lb/>
Nech&#x017F;ten liebte Sie als &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t/ es &#x017F;tund dem<lb/>
Armuth Thor und Angel offen; Ein &#x017F;aures<lb/>
Ge&#x017F;icht/ &#x017F;o der bedra&#x0364;ngten Noth vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert/<lb/>
war von Jhr entfernet/ ja die Verweigerung<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t/ verbu&#x0364;ndlich. Niemand kehrete unver-</hi><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">gnu&#x0364;gt</hi> </fw><lb/>
              </p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[84]/0084] mich anietzo/ ſolchen zu entſcheiden/ gantz zweiffelhafftig laſſen; Gleichwie aber das Ge- ſtirne ſehr klar und heiterer ſcheinet/ wenn der ſchwartze Fluͤgel truͤber Nacht ſonſt alles uͤber- decket/ und dagegen bleicher/ indehm das groſſe Licht die hellen Straalen wirfft; So hat auch derer Vollkommenheit/ bey froͤlichen geſunden Tagen zwar nie tunckel/ iedoch bey duͤſteren Angſt-Naͤchten ſtaͤrcker vorgeleuchtet. Beſonders erſahe die ſeligſte Seele mit ſterb- lichen Augen was abweſend und unſichtbar: Sie hielte ihnen vor/ das was ſchon weg und noch nicht da war. Sie lebte im Himmel/ als Sie noch auff Erden gieng; Denn himm- liſches Erbtheil zu erlangen/ war der eintzige Wuntſch/ die eintzige Hoffnung. Das gan- tze Hertz war GOTT gewiedmet und daher in Weltlichen Sachen ein Frembdung. Den Nechſten liebte Sie als ſich ſelbſt/ es ſtund dem Armuth Thor und Angel offen; Ein ſaures Geſicht/ ſo der bedraͤngten Noth vergroͤſſert/ war von Jhr entfernet/ ja die Verweigerung ſelbſt/ verbuͤndlich. Niemand kehrete unver- gnuͤgt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/511301
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/511301/84
Zitationshilfe: Burckhard, Gottfried: Himmlische Johanna Elisabeth. Breslau, 1673, S. [84]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/511301/84>, abgerufen am 25.04.2024.