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Hafenreffer, Matthias: Passional vnd Leuchpredigt. Tübingen, 1610.

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Passional vnd Leuchpredigt/
gestelt vnd verrichtet worden/ nahend zum Hertzen
tringen/ vnd täglich vor Augen schweben solle. Dann
bedencke du Christliches Hertz/ was das für ein spatzir
Wege muß geweßt sein/ welcher nicht allein zu vnver-
schuldtem Tode führet/ sondern mit so vielen bitteren
Thränen/ vnd vnzählichen Blutstropffen des ewigen
Sohns Gottes besprenget war. Besihe den Creutz-
träger Christum/ welcher an seinem gantzen Leib ver-
wundet/ auff seinen frischen Wunden das vngehobel-
te Creutz ligen hat. Gib Achtung auff sein Dörnine
Cron/ an welches das Creutz jetzt hie/ dann dort anstos-
set/ vnd alle Tritt vnd Augenblick/ newe vnd vnleiden-
liche Schmertzen vnd Wunden machet. Gedencke
daran/ was Pilatus/ als er von den Kriegsknechten
gegeiselt/ vnd erbärmlich zugerichtet war/ wiewol er
ein Heid/ mitleidenlich gesagt hat: Sehet welch ein
Mensch. Aber nun ist sein Gestalt viel [v]erachter/ vnd
sein Schmertz grösser worden: Deßwegen viel Gott-
seelige Weiber mit Thränen vnd hertzlichem Weinen
jhne begleitet haben.

Dieser ist der Vorgänger/ welchem wir/ seinem
Bevelch nach/ zuvolgen haben. Dann so spricht er
Matth. 16. 24.zu seinen Jüngern: Wil mir jemand nachvolgen/ der
verläugne sich selbs/ vnd neme sein Creutz auff sich
Matth. 10. 37.vnd volge mir. Vnd widerumb: Wer nicht sein
Creutz auff sich nimpt vnd folget mir nach/ der ist mein
Luc. 9. 23.nicht werth. Vnd abermal spricht er zu allen: Wer
mir volgen wil/ der verläugne sich selbs/ vnd neme
sein Creutz auff sich täglich/ vnd volge mir nach.
Dann welch ein fauler Knecht müßte das sein/ welcher
seinen HErrn/ seinetwegen einen grossen Last tragen
sehe/ vnd er allerdings ledig vnd frey wandlen wolte.

Das

Paſſional vnd Leuchpredigt/
geſtelt vnd verꝛichtet woꝛden/ nahend zum Hertzen
tringen/ vnd taͤglich voꝛ Augen ſchweben ſolle. Dann
bedencke du Chriſtliches Hertz/ was das fuͤr ein ſpatzir
Wege muß geweßt ſein/ welcher nicht allein zu vnver-
ſchuldtem Tode fuͤhret/ ſondern mit ſo vielen bitteren
Thraͤnen/ vnd vnzaͤhlichen Blutstropffen des ewigen
Sohns Gottes beſpꝛenget war. Beſihe den Creutz-
traͤger Chriſtum/ welcher an ſeinem gantzen Leib ver-
wundet/ auff ſeinen friſchen Wunden das vngehobel-
te Creutz ligen hat. Gib Achtung auff ſein Doͤꝛnine
Cron/ an welches das Creutz jetzt hie/ dann dort anſtoſ-
ſet/ vnd alle Tritt vnd Augenblick/ newe vnd vnleiden-
liche Schmertzen vnd Wunden machet. Gedencke
daran/ was Pilatus/ als er von den Kriegsknechten
gegeiſelt/ vnd erbaͤrmlich zugerichtet war/ wiewol er
ein Heid/ mitleidenlich geſagt hat: Sehet welch ein
Menſch. Aber nun iſt ſein Geſtalt viel [v]erachter/ vnd
ſein Schmertz groͤſſer woꝛden: Deßwegen viel Gott-
ſeelige Weiber mit Thraͤnen vnd hertzlichem Weinen
jhne begleitet haben.

Dieſer iſt der Voꝛgaͤnger/ welchem wir/ ſeinem
Bevelch nach/ zuvolgen haben. Dann ſo ſpricht er
Matth. 16. 24.zu ſeinen Juͤngern: Wil mir jemand nachvolgen/ der
verlaͤugne ſich ſelbs/ vnd neme ſein Creutz auff ſich
Matth. 10. 37.vnd volge mir. Vnd widerumb: Wer nicht ſein
Creutz auff ſich nimpt vnd folget mir nach/ der iſt mein
Luc. 9. 23.nicht werth. Vnd abermal ſpꝛicht er zu allen: Wer
mir volgen wil/ der verlaͤugne ſich ſelbs/ vnd neme
ſein Creutz auff ſich taͤglich/ vnd volge mir nach.
Dann welch ein fauler Knecht muͤßte das ſein/ welcher
ſeinen HErꝛn/ ſeinetwegen einen groſſen Laſt tragen
ſehe/ vnd er allerdings ledig vnd frey wandlen wolte.

Das
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[12/0014] Paſſional vnd Leuchpredigt/ geſtelt vnd verꝛichtet woꝛden/ nahend zum Hertzen tringen/ vnd taͤglich voꝛ Augen ſchweben ſolle. Dann bedencke du Chriſtliches Hertz/ was das fuͤr ein ſpatzir Wege muß geweßt ſein/ welcher nicht allein zu vnver- ſchuldtem Tode fuͤhret/ ſondern mit ſo vielen bitteren Thraͤnen/ vnd vnzaͤhlichen Blutstropffen des ewigen Sohns Gottes beſpꝛenget war. Beſihe den Creutz- traͤger Chriſtum/ welcher an ſeinem gantzen Leib ver- wundet/ auff ſeinen friſchen Wunden das vngehobel- te Creutz ligen hat. Gib Achtung auff ſein Doͤꝛnine Cron/ an welches das Creutz jetzt hie/ dann dort anſtoſ- ſet/ vnd alle Tritt vnd Augenblick/ newe vnd vnleiden- liche Schmertzen vnd Wunden machet. Gedencke daran/ was Pilatus/ als er von den Kriegsknechten gegeiſelt/ vnd erbaͤrmlich zugerichtet war/ wiewol er ein Heid/ mitleidenlich geſagt hat: Sehet welch ein Menſch. Aber nun iſt ſein Geſtalt viel verachter/ vnd ſein Schmertz groͤſſer woꝛden: Deßwegen viel Gott- ſeelige Weiber mit Thraͤnen vnd hertzlichem Weinen jhne begleitet haben. Dieſer iſt der Voꝛgaͤnger/ welchem wir/ ſeinem Bevelch nach/ zuvolgen haben. Dann ſo ſpricht er zu ſeinen Juͤngern: Wil mir jemand nachvolgen/ der verlaͤugne ſich ſelbs/ vnd neme ſein Creutz auff ſich vnd volge mir. Vnd widerumb: Wer nicht ſein Creutz auff ſich nimpt vnd folget mir nach/ der iſt mein nicht werth. Vnd abermal ſpꝛicht er zu allen: Wer mir volgen wil/ der verlaͤugne ſich ſelbs/ vnd neme ſein Creutz auff ſich taͤglich/ vnd volge mir nach. Dann welch ein fauler Knecht muͤßte das ſein/ welcher ſeinen HErꝛn/ ſeinetwegen einen groſſen Laſt tragen ſehe/ vnd er allerdings ledig vnd frey wandlen wolte. Das Matth. 16. 24. Matth. 10. 37. Luc. 9. 23.

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Zitationshilfe: Hafenreffer, Matthias: Passional vnd Leuchpredigt. Tübingen, 1610, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/523592/14>, abgerufen am 28.03.2024.