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Walther, Lucas: Christliche Leichpredigt/ Bey dem Begräbnis. Breslau, 1612.

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dieser Welt. O wie balde vnd geschwinde kan der gesunde
Mensch kranck werden/ vnd dahin sterben plötzlich. Ach wie
Elend ist vnser zeit allhie auff dieser Erden/ gar bald ein
Mensch darnider leidt/ wir müssen alle sterben: Heute ist der
Mensch schön Jung vnd lang/ Sihe morgen ist er schwach
vnnd kranck/ gar bald muß er auch sterben. Ach heute roht/
morgen todt. Darumb der Prophet Esaias nicht vorgeb[e]ns
saget: Omnis caro foenum, Alles Fleisch ist Hew/ vnd alleEsai. 40.
seine Gütter wie eine Blume auff dem felde/ das Hew verdor-
ret/ die Blume verwelcket. O wie gar geschwinde gehets offte
zu mit den Menschen/ das sie verdorren plötzlich wie das
graß/ vnd verwelcken/ wie eine Blume/ wenn sie sich dessen
am wenigsten vorsehen. Abimelech hette nicht vormeinet da
er zu streitten außzug/ das ein Weib auff dem Thurn zu The-Iudic. 9.
betz ein stück von einem Mühlstein jhm auff den Kopff werf-
fen/ vnd jhm den schedel zubrechen solte. Herodes als er sein
Königlich Kleidt anlegete/ vnd sich auff den Richtstul satzte/
hette nicht gedacht/ das er darauff sterben/ vnd so plötzlich von
den Würmen solte gefressen werden. Jener reiche Korn-Acto. 12.
Jude nam jhm viel für zu verrichten vnd anzustellen/ Er wol-
te die Scheune abbrechen/ vnd grösser bawen: Aber er wuste
nicht/ das sein Stündlein so nahe war. Denn Gott sprach:
Hac nocte animam tuam repetunt a te, Diese NachtLucae. 12.
wird man deine Seele von dir fodern/ Vnd wes wirds sein
das du bereitet hast? Hierauff macht der heilige Bernhardus
eine feine Glossam, vnd saget: Et tu qui ea collegisti cujusBernhar-
dus.

eris? Vnd du/ der du die Gütter gesamblet hast/ wes wirstu
denn sein? O du elender Mensch/ O du elendes Leben. War
ist es/ es finden sich allezeit Erben/ die sich der Verlassen-
schafft annehmen/ vnd darff niemand gedencken/ ob er gleich
nicht natürliche Erben hat/ das er nicht Erben haben werde.
Erben finden sich gnung. Die Gütter erben die Freunde/

Den
D

dieſer Welt. O wie balde vnd geſchwinde kan der geſunde
Menſch kranck werden/ vnd dahin ſterben ploͤtzlich. Ach wie
Elend iſt vnſer zeit allhie auff dieſer Erden/ gar bald ein
Menſch darnider leidt/ wir muͤſſen alle ſterben: Heute iſt der
Menſch ſchoͤn Jung vnd lang/ Sihe morgen iſt er ſchwach
vnnd kranck/ gar bald muß er auch ſterben. Ach heute roht/
morgen todt. Darumb der Prophet Eſaias nicht vorgeb[e]ns
ſaget: Omnis caro foenum, Alles Fleiſch iſt Hew/ vnd alleEſai. 40.
ſeine Guͤtter wie eine Blume auff dem felde/ das Hew verdor-
ret/ die Blume verwelcket. O wie gar geſchwinde gehets offte
zu mit den Menſchen/ das ſie verdorren ploͤtzlich wie das
graß/ vnd verwelcken/ wie eine Blume/ wenn ſie ſich deſſen
am wenigſten vorſehen. Abimelech hette nicht vormeinet da
er zu ſtreitten außzug/ das ein Weib auff dem Thurn zu The-Iudic. 9.
betz ein ſtuͤck von einem Muͤhlſtein jhm auff den Kopff werf-
fen/ vnd jhm den ſchedel zubrechen ſolte. Herodes als er ſein
Koͤniglich Kleidt anlegete/ vnd ſich auff den Richtſtul ſatzte/
hette nicht gedacht/ das er darauff ſterben/ vnd ſo ploͤtzlich von
den Wuͤrmen ſolte gefreſſen werden. Jener reiche Korn-Acto. 12.
Jude nam jhm viel fuͤr zu verrichten vnd anzuſtellen/ Er wol-
te die Scheune abbrechen/ vnd groͤſſer bawen: Aber er wuſte
nicht/ das ſein Stuͤndlein ſo nahe war. Denn Gott ſprach:
Hac nocte animam tuam repetunt á te, Dieſe NachtLucæ. 12.
wird man deine Seele von dir fodern/ Vnd wes wirds ſein
das du bereitet haſt? Hierauff macht der heilige Bernhardus
eine feine Gloſſam, vnd ſaget: Et tu qui ea collegiſti cujusBernhar-
dus.

eris? Vnd du/ der du die Guͤtter geſamblet haſt/ wes wirſtu
denn ſein? O du elender Menſch/ O du elendes Leben. War
iſt es/ es finden ſich allezeit Erben/ die ſich der Verlaſſen-
ſchafft annehmen/ vnd darff niemand gedencken/ ob er gleich
nicht natuͤrliche Erben hat/ das er nicht Erben haben werde.
Erben finden ſich gnung. Die Guͤtter erben die Freunde/

Den
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Zitationshilfe: Walther, Lucas: Christliche Leichpredigt/ Bey dem Begräbnis. Breslau, 1612, S. [25]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/523661/25>, abgerufen am 25.04.2024.