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Wolder, Johannes: Vidua derelicta sed dilecta. Wittenberg, 1616.

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Christliche Leichpredigt.
Alters 37. Dem Edlen/ Achtbarn Ehrenvesten vnnd
Wolweisen Herrn Johanni Colrepio, weiland Lob-
würdigen/ wolverdienten Eltesten Herrn Bürgemei-
ster dieser vnser Stadt Stolp/ mit welchem fie in Lieb/
Fried/ guter Correspondentz/ vnd Einigkeit gelebet hat
in die 17. Jahr. Jn welchem jhrem Ehestand der lie-
be GOtt jhnen zwar einen Erben sehen lassen/ aber
nicht lange gelassen/ Dahero einer am andern seine
höchste Frewde vnd Trost gehabt/ vnnd haben beyde
vnter sich wie Kinder gelebet/ sich einander weder
erzürnet/ noch mit Worten vnd Wercken beleidiget
vnd betrübet/ vnnd also einen friedlichen vnd GOtt
wolgeselligen Ehestand geführet.

Daraus nun ein jeder frommer Christ/ leicht-
lich wird zuermessen haben/ wie sauer vnd schmertzlich
der Witwenstand dieser seeligen Frawen werde ange-Vidualis.
kommen sein/ denn es gemeiniglich also gehet: Quae
habita ardenter amavimus, graviter ablata suspi-
ramus,
Was liebet/ das betrubet/ Gott hat diese see-
lige Fraw jhres besten allerliebsten Schatzes beraubet/
vnd jhres Haupts Krone jhr etwa für vier Jahren ab-
geworffen. Wie seltzam vnd wunderlich jhr es auch
diese zeit vbergegangen/ ist jederman wol bekant/ vnd
bewust. Kurtz davon zu reden/ Sie ist geworden ein
verlassen/ vnd von Hertzen betrübtes Weib/ eine trost-
lose vnd vber die alle Wetter gegangen sein/ nach dem
alten sprichwort: Der Elende gehet den elenden weg.
Jn diesen jhren betrübten Witwenstand hat sie sich

still
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Chriſtliche Leichpredigt.
Alters 37. Dem Edlen/ Achtbarn Ehrenveſten vnnd
Wolweiſen Herrn Johanni Colrepio, weiland Lob-
wuͤrdigen/ wolverdienten Elteſten Herrn Buͤrgemei-
ſter dieſer vnſer Stadt Stolp/ mit welchem fie in Lieb/
Fried/ guter Correſpondentz/ vñ Einigkeit gelebet hat
in die 17. Jahr. Jn welchem jhrem Eheſtand der lie-
be GOtt jhnen zwar einen Erben ſehen laſſen/ aber
nicht lange gelaſſen/ Dahero einer am andern ſeine
hoͤchſte Frewde vnd Troſt gehabt/ vnnd haben beyde
vnter ſich wie Kinder gelebet/ ſich einander weder
erzuͤrnet/ noch mit Worten vnd Wercken beleidiget
vnd betruͤbet/ vnnd alſo einen friedlichen vnd GOtt
wolgeſelligen Eheſtand gefuͤhret.

Daraus nun ein jeder frommer Chriſt/ leicht-
lich wird zuermeſſen haben/ wie ſauer vnd ſchmertzlich
der Witwenſtand dieſer ſeeligen Frawen werde ange-Vidualis.
kommen ſein/ denn es gemeiniglich alſo gehet: Quæ
habita ardenter amavimus, graviter ablata ſuſpi-
ramus,
Was liebet/ das betrůbet/ Gott hat dieſe ſee-
lige Fraw jhres beſten allerliebſten Schatzes beraubet/
vnd jhres Haupts Krone jhr etwa fuͤr vier Jahren ab-
geworffen. Wie ſeltzam vnd wunderlich jhr es auch
dieſe zeit vbergegangen/ iſt jederman wol bekant/ vnd
bewuſt. Kurtz davon zu reden/ Sie iſt geworden ein
verlaſſen/ vnd von Hertzen betruͤbtes Weib/ eine troſt-
loſe vnd vber die alle Wetter gegangen ſein/ nach dem
alten ſprichwort: Der Elende gehet den elenden weg.
Jn dieſen jhren betruͤbten Witwenſtand hat ſie ſich

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[[37]/0037] Chriſtliche Leichpredigt. Alters 37. Dem Edlen/ Achtbarn Ehrenveſten vnnd Wolweiſen Herrn Johanni Colrepio, weiland Lob- wuͤrdigen/ wolverdienten Elteſten Herrn Buͤrgemei- ſter dieſer vnſer Stadt Stolp/ mit welchem fie in Lieb/ Fried/ guter Correſpondentz/ vñ Einigkeit gelebet hat in die 17. Jahr. Jn welchem jhrem Eheſtand der lie- be GOtt jhnen zwar einen Erben ſehen laſſen/ aber nicht lange gelaſſen/ Dahero einer am andern ſeine hoͤchſte Frewde vnd Troſt gehabt/ vnnd haben beyde vnter ſich wie Kinder gelebet/ ſich einander weder erzuͤrnet/ noch mit Worten vnd Wercken beleidiget vnd betruͤbet/ vnnd alſo einen friedlichen vnd GOtt wolgeſelligen Eheſtand gefuͤhret. Daraus nun ein jeder frommer Chriſt/ leicht- lich wird zuermeſſen haben/ wie ſauer vnd ſchmertzlich der Witwenſtand dieſer ſeeligen Frawen werde ange- kommen ſein/ denn es gemeiniglich alſo gehet: Quæ habita ardenter amavimus, graviter ablata ſuſpi- ramus, Was liebet/ das betrůbet/ Gott hat dieſe ſee- lige Fraw jhres beſten allerliebſten Schatzes beraubet/ vnd jhres Haupts Krone jhr etwa fuͤr vier Jahren ab- geworffen. Wie ſeltzam vnd wunderlich jhr es auch dieſe zeit vbergegangen/ iſt jederman wol bekant/ vnd bewuſt. Kurtz davon zu reden/ Sie iſt geworden ein verlaſſen/ vnd von Hertzen betruͤbtes Weib/ eine troſt- loſe vnd vber die alle Wetter gegangen ſein/ nach dem alten ſprichwort: Der Elende gehet den elenden weg. Jn dieſen jhren betruͤbten Witwenſtand hat ſie ſich ſtill Vidualis. E iij

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Zitationshilfe: Wolder, Johannes: Vidua derelicta sed dilecta. Wittenberg, 1616, S. [37]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/524559/37>, abgerufen am 28.03.2024.