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Römer, Daniel: Jesus! Himmels-Verlangen Stillt Seelen-Bangen. Bautzen, 1678.

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Himmels-Verlangen
sich doch bey diesem Göttlichen Verschiessen dieses JEsus-Pfeils
ereignet! Verlangen bey seiner Hertzgeliebten Eheliebsten/ die
etliche siebentzig Meilen damals weit von Jhm gewesen/ ach wie
offt mag Sie mit der verlangenden Hanna mit thränenden Augen
und blutenden Hertzen Jhre (wiewohl in etwas geänderte) verlan-
gens-Worte nach geseuftzet haben: Ach mein Schatz! Ach mein
Schatz! Warumb hab ich dich ziehen lassen? Meine einige
Freude! Mein einiger Trost! Mein Hertz! Mein Erbe! Jch
Tob. 10.
v.
4: 5.
hätte Schatzes genung gehabt/ wann ich dich nicht hätte weg ge-
lassen; Verlangen bey seinem von GOtt der Hoffnung gezeigten
Ehe-Seegen/ der annoch unter dem keuschen Mütterlichen Her-
tzen verborgen gelegen/ darumb es auch denen Menschen ein ver-
borgenes/ allein dem Alles-wissenden GOtt ein bekantes Ver-
langen gewesen; Verlangen bey der Hertz-betrübten Frau Mut-
ter/ als die da an diesem Jhrem wohlgerathenen Sohn einigen
tröstenden und schützenden Stab in Jhrem verlassenen Witwen-
Stande gedacht zu haben. O wie willig hätte Sie ihreSeele statt
seiner Seelen/ ihr Leben statt seines Lebens/ in die Hände des Allwa[l]-
tenden GOttes eingeliefert/ wann Ers hätte annehmen wollen! Ver-
langen bey dem seligst in dem JEsus-Schos lebenden Herrn DIA-
CONO;
Owie hertzlich hat Jhn verlanget seine Jhm von dem Her-
ren JEsu aubefohlne Kirch-Schäflein mit seinem letzten Prie-
Seegen dem segnenden GOtt zu einem immerwehrenden Seegen
einzusegnen/ und sich mit ihnen abzusegnen! O wie hertzlich hat
Jhn verlanget in den Armen und Schoß seines Ehe-Schäfleins
einzuschlaffen/ und daher seine theuer erlösete Seele in die Arme
und Schoß des HErrn JEsu zu überreichen! Doch hat dieses
sein zeitliches Verlangen weit überwunden sein ewiges Verlan-
gen/ da Er sein jrrdisches Verlangen mit dem Himmlischen/ sein
Menschliches mit dem Göttlichen Verlangen verwechselt/ und
"mit dem Apostel Paulo geruffen: Und über denselbigen sehnen

wir

Himmels-Verlangen
ſich doch bey dieſem Goͤttlichen Verſchieſſen dieſes JEſus-Pfeils
ereignet! Verlangen bey ſeiner Hertzgeliebten Eheliebſten/ die
etliche ſiebentzig Meilen damals weit von Jhm geweſen/ ach wie
offt mag Sie mit der verlangenden Hanna mit thraͤnenden Augen
und blutenden Hertzen Jhre (wiewohl in etwas geaͤnderte) verlan-
gens-Worte nach geſeuftzet haben: Ach mein Schatz! Ach mein
Schatz! Warumb hab ich dich ziehen laſſen? Meine einige
Freude! Mein einiger Troſt! Mein Hertz! Mein Erbe! Jch
Tob. 10.
v.
4: 5.
haͤtte Schatzes genung gehabt/ wann ich dich nicht haͤtte weg ge-
laſſen; Verlangen bey ſeinem von GOtt der Hoffnung gezeigten
Ehe-Seegen/ der annoch unter dem keuſchen Muͤtterlichen Her-
tzen verborgen gelegen/ darumb es auch denen Menſchen ein ver-
borgenes/ allein dem Alles-wiſſenden GOtt ein bekantes Ver-
langen geweſen; Verlangen bey der Hertz-betruͤbten Frau Mut-
ter/ als die da an dieſem Jhrem wohlgerathenen Sohn einigen
tröſtenden und ſchuͤtzenden Stab in Jhrem verlaſſenen Witwen-
Stande gedacht zu haben. O wie willig haͤtte Sie ihreSeele ſtatt
ſeiner Seelen/ ihr Leben ſtatt ſeines Lebens/ in die Haͤnde des Allwa[l]-
tenden GOttes eingeliefert/ wañ Ers haͤtte annehmen wollen! Ver-
langen bey dem ſeligſt in dem JEſus-Schos lebenden Herrn DIA-
CONO;
Owie hertzlich hat Jhn verlanget ſeine Jhm von dem Her-
ren JEſu aubefohlne Kirch-Schaͤflein mit ſeinem letzten Prie-
Seegen dem ſegnenden GOtt zu einem immerwehrenden Seegen
einzuſegnen/ und ſich mit ihnen abzuſegnen! O wie hertzlich hat
Jhn verlanget in den Armen und Schoß ſeines Ehe-Schaͤfleins
einzuſchlaffen/ und daher ſeine theuer erlöſete Seele in die Arme
und Schoß des HErrn JEſu zu überreichen! Doch hat dieſes
ſein zeitliches Verlangen weit uͤberwunden ſein ewiges Verlan-
gen/ da Er ſein jrrdiſches Verlangen mit dem Him̃liſchen/ ſein
Menſchliches mit dem Goͤttlichen Verlangen verwechſelt/ und
“mit dem Apoſtel Paulo geruffen: Und uͤber denſelbigen ſehnen

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Zitationshilfe: Römer, Daniel: Jesus! Himmels-Verlangen Stillt Seelen-Bangen. Bautzen, 1678, S. [18]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542013/18>, abgerufen am 18.04.2024.