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Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].

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sehen bey ihrem Himmels-Bräutigam, den Sie so hertzlich geliebet, und
der Jhr niemahls zu früh, sondern allzeit zu langsam kommen können. Und
was ists, daß die wohlseelige Jungfer Braut ihre angefangene Ehe auf
Erden nicht können vollziehen? Hat Sie doch eine viel bessere Ehe durch den
zeitigen Tod gefunden. Hier sind die Ehen zweiffelhafft, ob sie auch gera-
then. Allemahl schlägets nicht wohl aus, manchmahl ist das Unglück grös-
ser, als das Glück. Zuvor habe ich gedacht des Leontis, eines Schul-
Mannes Tochter, die durch die Heyrath zu einer Römischen Kayserin
worden; aber wie ging es ihr in der Ehe? Sie mußte inne werden, wie
kein Glück vollkommen und beständig. Der Kayser, gedachter Theo-
dosius,
bekam einen wunderschönen Apffel einmahls verehrt, denselben
schenckte er der Kayserin, sie aber schickte ihn Paulino, einem gelehrten und
geehrten Hoff-Manne, der bey beyden Majestäten in grossen Gnaden
stund, aus gutter Intention, weil er eben kranck war, dieser beschenckte
mit diesem Apffel den Kayser, unwissend, daß er schon in seiner Hand ge-
wesen; der Kayser schöpffte aus Antrieb des bösen Geistes einen Argwohn,
Paulinus müßte mit der Eudocia in unziemlichen Vernehmen stehen, ließ
ihn ums Leben bringen, und expostulierte sehr scharff mit seiner Gemahlin,
die aus Unmuth freywillig davon zog, sich gen Jerusalem begab, und GOtt,
nebst andern andächtigen Christen, eiferig dienete, biß sie 458. ihren Geist
sanft und seelig aufgab, nachdem sie vorher ihre Unschuld wegen des
Verdachts mit Paulino durch einen Eyd nochmahls bekräftiget. (n) So
gehts noch, irdische Ehen gerathen nicht allemahl wohl. Ein gottseliger
Hiob bekömmt offt eine böse Haus-Mutter, eine kluge Abigail wird offt ei-
nem Nabal zugeführet. Dieses Kummers, Hochbetrübte Eltern, sind
Sie nunmehr gäntzlich überhoben. Gesetzt Sie hätte es mit Jhrer Ehe,
wie es scheinet, und wir hofften, wohl getroffen, so würde doch das Weh
nicht seyn aussen blieben, und Freud und Leid einen steten Wechsel, wie
in aller andern, getrieben haben. Nun aber wird Sie mit Wollust ge-
tränckt wie mit einem Strom.
Ps. 36, 9. Das irdische Band würde
durch den Tod seyn zerrissen worden. Aber die himmlische Verknüpffung
wehret in Ewigkeit. O höchst beglückte Eltern! da statt Jhrer GOTT
selbst Jhre Tochter so wohl aus gestattet. Es ist besser ich gebe Sie dir,

denn
(n) Mich. Sachs. Kayser-Chron. I. p. 275.

ſehen bey ihrem Himmels-Braͤutigam, den Sie ſo hertzlich geliebet, und
der Jhr niemahls zu fruͤh, ſondern allzeit zu langſam kommen koͤnnen. Und
was iſts, daß die wohlſeelige Jungfer Braut ihre angefangene Ehe auf
Erden nicht koͤnnen vollziehen? Hat Sie doch eine viel beſſere Ehe durch den
zeitigen Tod gefunden. Hier ſind die Ehen zweiffelhafft, ob ſie auch gera-
then. Allemahl ſchlaͤgets nicht wohl aus, manchmahl iſt das Ungluͤck groͤſ-
ſer, als das Gluͤck. Zuvor habe ich gedacht des Leontis, eines Schul-
Mannes Tochter, die durch die Heyrath zu einer Roͤmiſchen Kayſerin
worden; aber wie ging es ihr in der Ehe? Sie mußte inne werden, wie
kein Gluͤck vollkommen und beſtaͤndig. Der Kayſer, gedachter Theo-
doſius,
bekam einen wunderſchoͤnen Apffel einmahls verehrt, denſelben
ſchenckte er der Kayſerin, ſie aber ſchickte ihn Paulino, einem gelehrten und
geehrten Hoff-Manne, der bey beyden Majeſtaͤten in groſſen Gnaden
ſtund, aus gutter Intention, weil er eben kranck war, dieſer beſchenckte
mit dieſem Apffel den Kayſer, unwiſſend, daß er ſchon in ſeiner Hand ge-
weſen; der Kayſer ſchoͤpffte aus Antrieb des boͤſen Geiſtes einen Argwohn,
Paulinus muͤßte mit der Eudocia in unziemlichen Vernehmen ſtehen, ließ
ihn ums Leben bringen, und expoſtulierte ſehr ſcharff mit ſeiner Gemahlin,
die aus Unmuth freywillig davon zog, ſich gen Jeruſalem begab, und GOtt,
nebſt andern andaͤchtigen Chriſten, eiferig dienete, biß ſie 458. ihren Geiſt
ſanft und ſeelig aufgab, nachdem ſie vorher ihre Unſchuld wegen des
Verdachts mit Paulino durch einen Eyd nochmahls bekraͤftiget. (n) So
gehts noch, irdiſche Ehen gerathen nicht allemahl wohl. Ein gottſeliger
Hiob bekoͤmmt offt eine boͤſe Haus-Mutter, eine kluge Abigail wird offt ei-
nem Nabal zugefuͤhret. Dieſes Kummers, Hochbetruͤbte Eltern, ſind
Sie nunmehr gaͤntzlich uͤberhoben. Geſetzt Sie haͤtte es mit Jhrer Ehe,
wie es ſcheinet, und wir hofften, wohl getroffen, ſo wuͤrde doch das Weh
nicht ſeyn auſſen blieben, und Freud und Leid einen ſteten Wechſel, wie
in aller andern, getrieben haben. Nun aber wird Sie mit Wolluſt ge-
traͤnckt wie mit einem Strom.
Pſ. 36, 9. Das irdiſche Band wuͤrde
durch den Tod ſeyn zerriſſen worden. Aber die himmliſche Verknuͤpffung
wehret in Ewigkeit. O hoͤchſt begluͤckte Eltern! da ſtatt Jhrer GOTT
ſelbſt Jhre Tochter ſo wohl aus geſtattet. Es iſt beſſer ich gebe Sie dir,

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(n) Mich. Sachs. Kayſer-Chron. I. p. 275.
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[42/0042] ſehen bey ihrem Himmels-Braͤutigam, den Sie ſo hertzlich geliebet, und der Jhr niemahls zu fruͤh, ſondern allzeit zu langſam kommen koͤnnen. Und was iſts, daß die wohlſeelige Jungfer Braut ihre angefangene Ehe auf Erden nicht koͤnnen vollziehen? Hat Sie doch eine viel beſſere Ehe durch den zeitigen Tod gefunden. Hier ſind die Ehen zweiffelhafft, ob ſie auch gera- then. Allemahl ſchlaͤgets nicht wohl aus, manchmahl iſt das Ungluͤck groͤſ- ſer, als das Gluͤck. Zuvor habe ich gedacht des Leontis, eines Schul- Mannes Tochter, die durch die Heyrath zu einer Roͤmiſchen Kayſerin worden; aber wie ging es ihr in der Ehe? Sie mußte inne werden, wie kein Gluͤck vollkommen und beſtaͤndig. Der Kayſer, gedachter Theo- doſius, bekam einen wunderſchoͤnen Apffel einmahls verehrt, denſelben ſchenckte er der Kayſerin, ſie aber ſchickte ihn Paulino, einem gelehrten und geehrten Hoff-Manne, der bey beyden Majeſtaͤten in groſſen Gnaden ſtund, aus gutter Intention, weil er eben kranck war, dieſer beſchenckte mit dieſem Apffel den Kayſer, unwiſſend, daß er ſchon in ſeiner Hand ge- weſen; der Kayſer ſchoͤpffte aus Antrieb des boͤſen Geiſtes einen Argwohn, Paulinus muͤßte mit der Eudocia in unziemlichen Vernehmen ſtehen, ließ ihn ums Leben bringen, und expoſtulierte ſehr ſcharff mit ſeiner Gemahlin, die aus Unmuth freywillig davon zog, ſich gen Jeruſalem begab, und GOtt, nebſt andern andaͤchtigen Chriſten, eiferig dienete, biß ſie 458. ihren Geiſt ſanft und ſeelig aufgab, nachdem ſie vorher ihre Unſchuld wegen des Verdachts mit Paulino durch einen Eyd nochmahls bekraͤftiget. (n) So gehts noch, irdiſche Ehen gerathen nicht allemahl wohl. Ein gottſeliger Hiob bekoͤmmt offt eine boͤſe Haus-Mutter, eine kluge Abigail wird offt ei- nem Nabal zugefuͤhret. Dieſes Kummers, Hochbetruͤbte Eltern, ſind Sie nunmehr gaͤntzlich uͤberhoben. Geſetzt Sie haͤtte es mit Jhrer Ehe, wie es ſcheinet, und wir hofften, wohl getroffen, ſo wuͤrde doch das Weh nicht ſeyn auſſen blieben, und Freud und Leid einen ſteten Wechſel, wie in aller andern, getrieben haben. Nun aber wird Sie mit Wolluſt ge- traͤnckt wie mit einem Strom. Pſ. 36, 9. Das irdiſche Band wuͤrde durch den Tod ſeyn zerriſſen worden. Aber die himmliſche Verknuͤpffung wehret in Ewigkeit. O hoͤchſt begluͤckte Eltern! da ſtatt Jhrer GOTT ſelbſt Jhre Tochter ſo wohl aus geſtattet. Es iſt beſſer ich gebe Sie dir, denn (n) Mich. Sachs. Kayſer-Chron. I. p. 275.

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733], S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542451/42>, abgerufen am 28.03.2024.