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Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].

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Die über diesen Fall mein Hertz gantz eingenommen.
Mein GOTT in welche Pein läßt du die Deinen kommen!

Jedoch wüst ich ein Wort für euren Schmertz zu finden,
So brächt ich es ietzund zum Liebes-Opffer dar;
Und könte Hertz und Mund Euch von der Last entbinden,
So machte meine Schuld die heissen Triebe klar,
So die Natur erregt. Doch da die Lippen schweigen,
Wil ich von weitem nur den Grund des Trostes zeigen.
Der heißt uns nicht auf das, was sichtbar ist, gedencken;
Des Geistes Auge muß im Glauben weiter sehn.
Und wil der bange Schmertz die trübe Sinnen kräncken,
So darff der Seele nicht dabey zu viel geschehn,
Die nach der Seeligen in jenem Stande blicket,
Wo Sie die Seeligkeit als Braut des Lammes schmücket.
Drum setzt das bittre Leid nur etwas auf die Seite,
Jhr Eltern, das der Tod der eintzgen Tochter macht,
Und stellt die Seelige mit in die Zahl der Bräute,
Auf deren kluge Wahl das schönste Glücke lacht,
Nicht das, so auf der Welt sich offt zu ändern pfleget,
Nein, sondern das allein der Himmel in sich heget.
Die Braut, so JEsu Blut und reine Unschuld zieret,
Die keinen Mangel kennt, wird durch das theure Lamm
Zum höchsten Uberfluß zum Hochzeit-Mahl geführet.
Ach wie vergnügt sie sich mit ihrem Bräutigam!
Der sich in Ewigkeit getreu mit Jhr verbindet,
Wie kostbar ist der Schmuck, der sich an Jhr befindet.
Umsonst bemüht man sich die Schönheit zu beschreiben,
Womit die seelge Braut dort bey dem Lamme prangt.
Kein Auge hats gesehn, doch kans ein Hertze gläuben,
Das mit der Seeligen nach gleicher Lust verlangt.
Wie kan der Eltern Hertz mit Blut und Thränen flüssen,
Die ihr geliebtes Kind so wohl versorget wissen.
Ein Vater hat den Fleiß geseegnet angewendet,
Der seiner Liebe Pfand in solchem Glücke sieht.
Der

Die uͤber dieſen Fall mein Hertz gantz eingenommen.
Mein GOTT in welche Pein laͤßt du die Deinen kommen!

Jedoch wuͤſt ich ein Wort fuͤr euren Schmertz zu finden,
So braͤcht ich es ietzund zum Liebes-Opffer dar;
Und koͤnte Hertz und Mund Euch von der Laſt entbinden,
So machte meine Schuld die heiſſen Triebe klar,
So die Natur erregt. Doch da die Lippen ſchweigen,
Wil ich von weitem nur den Grund des Troſtes zeigen.
Der heißt uns nicht auf das, was ſichtbar iſt, gedencken;
Des Geiſtes Auge muß im Glauben weiter ſehn.
Und wil der bange Schmertz die truͤbe Sinnen kraͤncken,
So darff der Seele nicht dabey zu viel geſchehn,
Die nach der Seeligen in jenem Stande blicket,
Wo Sie die Seeligkeit als Braut des Lammes ſchmuͤcket.
Drum ſetzt das bittre Leid nur etwas auf die Seite,
Jhr Eltern, das der Tod der eintzgen Tochter macht,
Und ſtellt die Seelige mit in die Zahl der Braͤute,
Auf deren kluge Wahl das ſchoͤnſte Gluͤcke lacht,
Nicht das, ſo auf der Welt ſich offt zu aͤndern pfleget,
Nein, ſondern das allein der Himmel in ſich heget.
Die Braut, ſo JEſu Blut und reine Unſchuld zieret,
Die keinen Mangel kennt, wird durch das theure Lamm
Zum hoͤchſten Uberfluß zum Hochzeit-Mahl gefuͤhret.
Ach wie vergnuͤgt ſie ſich mit ihrem Braͤutigam!
Der ſich in Ewigkeit getreu mit Jhr verbindet,
Wie koſtbar iſt der Schmuck, der ſich an Jhr befindet.
Umſonſt bemuͤht man ſich die Schoͤnheit zu beſchreiben,
Womit die ſeelge Braut dort bey dem Lamme prangt.
Kein Auge hats geſehn, doch kans ein Hertze glaͤuben,
Das mit der Seeligen nach gleicher Luſt verlangt.
Wie kan der Eltern Hertz mit Blut und Thraͤnen fluͤſſen,
Die ihr geliebtes Kind ſo wohl verſorget wiſſen.
Ein Vater hat den Fleiß geſeegnet angewendet,
Der ſeiner Liebe Pfand in ſolchem Gluͤcke ſieht.
Der
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[[54]/0054] Die uͤber dieſen Fall mein Hertz gantz eingenommen. Mein GOTT in welche Pein laͤßt du die Deinen kommen! Jedoch wuͤſt ich ein Wort fuͤr euren Schmertz zu finden, So braͤcht ich es ietzund zum Liebes-Opffer dar; Und koͤnte Hertz und Mund Euch von der Laſt entbinden, So machte meine Schuld die heiſſen Triebe klar, So die Natur erregt. Doch da die Lippen ſchweigen, Wil ich von weitem nur den Grund des Troſtes zeigen. Der heißt uns nicht auf das, was ſichtbar iſt, gedencken; Des Geiſtes Auge muß im Glauben weiter ſehn. Und wil der bange Schmertz die truͤbe Sinnen kraͤncken, So darff der Seele nicht dabey zu viel geſchehn, Die nach der Seeligen in jenem Stande blicket, Wo Sie die Seeligkeit als Braut des Lammes ſchmuͤcket. Drum ſetzt das bittre Leid nur etwas auf die Seite, Jhr Eltern, das der Tod der eintzgen Tochter macht, Und ſtellt die Seelige mit in die Zahl der Braͤute, Auf deren kluge Wahl das ſchoͤnſte Gluͤcke lacht, Nicht das, ſo auf der Welt ſich offt zu aͤndern pfleget, Nein, ſondern das allein der Himmel in ſich heget. Die Braut, ſo JEſu Blut und reine Unſchuld zieret, Die keinen Mangel kennt, wird durch das theure Lamm Zum hoͤchſten Uberfluß zum Hochzeit-Mahl gefuͤhret. Ach wie vergnuͤgt ſie ſich mit ihrem Braͤutigam! Der ſich in Ewigkeit getreu mit Jhr verbindet, Wie koſtbar iſt der Schmuck, der ſich an Jhr befindet. Umſonſt bemuͤht man ſich die Schoͤnheit zu beſchreiben, Womit die ſeelge Braut dort bey dem Lamme prangt. Kein Auge hats geſehn, doch kans ein Hertze glaͤuben, Das mit der Seeligen nach gleicher Luſt verlangt. Wie kan der Eltern Hertz mit Blut und Thraͤnen fluͤſſen, Die ihr geliebtes Kind ſo wohl verſorget wiſſen. Ein Vater hat den Fleiß geſeegnet angewendet, Der ſeiner Liebe Pfand in ſolchem Gluͤcke ſieht. Der

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733], S. [54]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542451/54>, abgerufen am 29.03.2024.