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Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].

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So du zeigest, doch nicht giebest.
Geh! du giebst zu klar an Tag,
Daß man dir nicht trauen mag,
Daß du nur zum Scheine liebest.
Geh! du zeigst, daß auch die Frommen
Recht durch dich in Jammer kommen.

Schicksal, höchster Unbestand!
Muß denn Böttnern deine Hand
Darum höhre Staffeln bauen,
Nur daß wir diß grosse Haupt
Seiner grösten Lust beraubt
Jn der tieffsten Trauer schauen?
Du wilst geben, um zunehmen,
Du erfreuest, sich zu grämen.
Scheint es doch, daß Seidels Fuß
Nicht zur Freude, zum Verdruß,
Lauban sich genähert habe.
Führet deine Grausamkeit
Dieses Mannes Seltenheit
Von dem Leben, zu dem Grabe,
Von der angenehmen Pleisse
Zu dem Thränen-vollen Qveisse?
Wird, was Jhm die Liebe gönnt,
Durch den Tod sobald getrennt?
Soll und muß es so geschehen?
Jst denn keine Hülffe da!
O, wahrhafftig es geht nah,
Seine Braut im Sarge sehen!
Müssen die beliebten Nelcken
Welcken und auch gar verwelcken?
Ach wie leichte zeiget sich
Durch Morbonens Pinsel-Strich
Auf

So du zeigeſt, doch nicht giebeſt.
Geh! du giebſt zu klar an Tag,
Daß man dir nicht trauen mag,
Daß du nur zum Scheine liebeſt.
Geh! du zeigſt, daß auch die Frommen
Recht durch dich in Jammer kommen.

Schickſal, hoͤchſter Unbeſtand!
Muß denn Boͤttnern deine Hand
Darum hoͤhre Staffeln bauen,
Nur daß wir diß groſſe Haupt
Seiner groͤſten Luſt beraubt
Jn der tieffſten Trauer ſchauen?
Du wilſt geben, um zunehmen,
Du erfreueſt, ſich zu graͤmen.
Scheint es doch, daß Seidels Fuß
Nicht zur Freude, zum Verdruß,
Lauban ſich genaͤhert habe.
Fuͤhret deine Grauſamkeit
Dieſes Mannes Seltenheit
Von dem Leben, zu dem Grabe,
Von der angenehmen Pleiſſe
Zu dem Thraͤnen-vollen Qveiſſe?
Wird, was Jhm die Liebe goͤnnt,
Durch den Tod ſobald getrennt?
Soll und muß es ſo geſchehen?
Jſt denn keine Huͤlffe da!
O, wahrhafftig es geht nah,
Seine Braut im Sarge ſehen!
Muͤſſen die beliebten Nelcken
Welcken und auch gar verwelcken?
Ach wie leichte zeiget ſich
Durch Morbonens Pinſel-Strich
Auf
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[[56]/0056] So du zeigeſt, doch nicht giebeſt. Geh! du giebſt zu klar an Tag, Daß man dir nicht trauen mag, Daß du nur zum Scheine liebeſt. Geh! du zeigſt, daß auch die Frommen Recht durch dich in Jammer kommen. Schickſal, hoͤchſter Unbeſtand! Muß denn Boͤttnern deine Hand Darum hoͤhre Staffeln bauen, Nur daß wir diß groſſe Haupt Seiner groͤſten Luſt beraubt Jn der tieffſten Trauer ſchauen? Du wilſt geben, um zunehmen, Du erfreueſt, ſich zu graͤmen. Scheint es doch, daß Seidels Fuß Nicht zur Freude, zum Verdruß, Lauban ſich genaͤhert habe. Fuͤhret deine Grauſamkeit Dieſes Mannes Seltenheit Von dem Leben, zu dem Grabe, Von der angenehmen Pleiſſe Zu dem Thraͤnen-vollen Qveiſſe? Wird, was Jhm die Liebe goͤnnt, Durch den Tod ſobald getrennt? Soll und muß es ſo geſchehen? Jſt denn keine Huͤlffe da! O, wahrhafftig es geht nah, Seine Braut im Sarge ſehen! Muͤſſen die beliebten Nelcken Welcken und auch gar verwelcken? Ach wie leichte zeiget ſich Durch Morbonens Pinſel-Strich Auf

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733], S. [56]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542451/56>, abgerufen am 19.04.2024.