Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beuthelius, Johann: Christliches Leben vnd Seliges Sterben. Wittenberg, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

Ausoniue
de vita
humana.
Optima
Grajorum
sententia,
quippe ho-
mini, ajunt.
Non nasci
esse bonum
natum aut
cito morte
potiri.
Wenn nun die Heyden solch elend des Menschlichen
lebens erwogen/ so haben sie gesagt: Bonum esse non na-
sci hominem, aut natum cito mori.
Es sey gut/ das der
Mensch nur nicht geboren werde/ oder do er je geboren sey/ dz
er nur bald wider sterbe.

Vnd diese harte klage kömpt daher/ das sie sind gewe-
sen atheoi/ ohn Gott in dieser Welt/ die vom rechten funda-
ment nichts gewust. Wir Christen aber sollen nicht trawrig
sein/ wie die andern/ die keine hoffnung haben. Denn
was dz elend vnd jammer dieses lebens belanget/ so mus doch
denen die Gott lieben/ alle ding zum besten dienen. Ja vnser
2. Cor. 4.trübsal die zeitlich vnd leichte ist/ schaffet eine ewige vnd vber
alle mas wichtige herrligkeit/ vns/ die wir nicht sehen auff das
sichtbare/ sondern auff das vnsichtbare. Vnd wie Augustinus
fein gesagt: Gott liesse nichts böses kommen/ wenn er nicht
wüste etwas bessers daraus zu machen. Was den Todt be-
treffen thut/ ob wol Aristoteles sagt: Mors est omnium ter-
Psal. 116.ribilium terribilissimum: So wissen wir dagegen: Pre-
ciosa in conspectu Domini, mors sanctorum ejus.
Der
Todt seiner Heiligen ist werth gehalten für dem HERRN.
Darumb sollen wir fein lernen die mittelstraß gehen. Wel-
ches geschicht/ wenn wir wissen vnd gleuben/ das ob wir schon
solchem elend vnd zeitlichen Tod vnterworffen sein/ wir den-
Act. 14.noch nicht gar verzagen sollen/ sondern vns gedültig drein er-
geben/ weil wir durch viel trübsal müssen in das Reich Got-
tes gehen. Oder wie vnser abgelesener Spruch lautet: Das
vnser keiner lebet jm selber/ vnd keiner stirbet jm selber: Wir le-
ben oder sterben/ so sind wir des HErren. Denn dieser spruch
vns gleich als ein köstlich gülden Recept ist/ alle Schwermü-
tigkeit/ so aus betrachtung des Elends in dieser Welt/ vnd
aus furcht des zeitlichen Todes entstehet/ damit zuuertreiben
vnd auszuleschen/ alldieweil wir hier nicht vns selbst/ sondern
dem HERRN leben vnd sterben. Vnd es gehe vns hie wie

es

Auſoniue
de vita
humana.
Optima
Grajorum
ſententia,
quippe ho-
mini, ajũt.
Non naſci
eſſe bonum
natum aut
citò morte
potiri.
Wenn nun die Heyden ſolch elend des Menſchlichen
lebens erwogen/ ſo haben ſie geſagt: Bonum eſſe non na-
ſci hominem, aut natum cito mori.
Es ſey gut/ das der
Menſch nur nicht geboren werde/ oder do er je geboren ſey/ dz
er nur bald wider ſterbe.

Vnd dieſe harte klage koͤmpt daher/ das ſie ſind gewe-
ſen ἄθεοι/ ohn Gott in dieſer Welt/ die vom rechten funda-
ment nichts gewuſt. Wir Chriſten aber ſollen nicht trawrig
ſein/ wie die andern/ die keine hoffnung haben. Denn
was dz elend vnd jammer dieſes lebens belanget/ ſo mus doch
denen die Gott lieben/ alle ding zum beſten dienen. Ja vnſer
2. Cor. 4.truͤbſal die zeitlich vnd leichte iſt/ ſchaffet eine ewige vnd vber
alle mas wichtige herrligkeit/ vns/ die wir nicht ſehen auff das
ſichtbare/ ſondern auff das vnſichtbare. Vnd wie Auguſtinus
fein geſagt: Gott lieſſe nichts boͤſes kommen/ wenn er nicht
wuͤſte etwas beſſers daraus zu machen. Was den Todt be-
treffen thut/ ob wol Ariſtoteles ſagt: Mors eſt omnium ter-
Pſal. 116.ribilium terribiliſsimum: So wiſſen wir dagegen: Pre-
cioſa in conſpectu Domini, mors ſanctorum ejus.
Der
Todt ſeiner Heiligen iſt werth gehalten fuͤr dem HERRN.
Darumb ſollen wir fein lernen die mittelſtraß gehen. Wel-
ches geſchicht/ wenn wir wiſſen vnd gleuben/ das ob wir ſchon
ſolchem elend vnd zeitlichen Tod vnterworffen ſein/ wir den-
Act. 14.noch nicht gar verzagen ſollen/ ſondern vns geduͤltig drein er-
geben/ weil wir durch viel truͤbſal muͤſſen in das Reich Got-
tes gehen. Oder wie vnſer abgeleſener Spruch lautet: Das
vnſer keiner lebet jm ſelber/ vnd keiner ſtirbet jm ſelber: Wir le-
ben oder ſterben/ ſo ſind wir des HErren. Denn dieſer ſpruch
vns gleich als ein koͤſtlich guͤlden Recept iſt/ alle Schwermuͤ-
tigkeit/ ſo aus betrachtung des Elends in dieſer Welt/ vnd
aus furcht des zeitlichen Todes entſtehet/ damit zuuertreiben
vnd auszuleſchen/ alldieweil wir hier nicht vns ſelbſt/ ſondern
dem HERRN leben vnd ſterben. Vnd es gehe vns hie wie

es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsExordium" n="2">
          <pb facs="#f0014" n="[14]"/>
          <p><note place="left"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Au&#x017F;oniue<lb/>
de vita<lb/>
humana.<lb/>
Optima<lb/>
Grajorum<lb/>
&#x017F;ententia,<lb/>
quippe ho-<lb/>
mini, aju&#x0303;t.<lb/>
Non na&#x017F;ci<lb/>
e&#x017F;&#x017F;e bonum<lb/>
natum aut<lb/>
citò morte<lb/>
potiri.</hi></hi></note>Wenn nun die Heyden &#x017F;olch elend des Men&#x017F;chlichen<lb/>
lebens erwogen/ &#x017F;o haben &#x017F;ie ge&#x017F;agt: <hi rendition="#aq">Bonum e&#x017F;&#x017F;e non na-<lb/>
&#x017F;ci hominem, aut natum cito mori.</hi> Es &#x017F;ey gut/ das der<lb/>
Men&#x017F;ch nur nicht geboren werde/ oder do er je geboren &#x017F;ey/ dz<lb/>
er nur bald wider &#x017F;terbe.</p><lb/>
          <p>Vnd die&#x017F;e harte klage ko&#x0364;mpt daher/ das &#x017F;ie &#x017F;ind gewe-<lb/>
&#x017F;en &#x1F04;&#x03B8;&#x03B5;&#x03BF;&#x03B9;/ ohn Gott in die&#x017F;er Welt/ die vom rechten funda-<lb/>
ment nichts gewu&#x017F;t. Wir Chri&#x017F;ten aber &#x017F;ollen nicht trawrig<lb/>
&#x017F;ein/ wie die andern/ die keine hoffnung haben. Denn<lb/>
was dz elend vnd jammer die&#x017F;es lebens belanget/ &#x017F;o mus doch<lb/>
denen die Gott lieben/ alle ding zum be&#x017F;ten dienen. Ja vn&#x017F;er<lb/><note place="left"><hi rendition="#i">2. <hi rendition="#aq">Cor.</hi> 4.</hi></note>tru&#x0364;b&#x017F;al die zeitlich vnd leichte i&#x017F;t/ &#x017F;chaffet eine ewige vnd vber<lb/>
alle mas wichtige herrligkeit/ vns/ die wir nicht &#x017F;ehen auff das<lb/>
&#x017F;ichtbare/ &#x017F;ondern auff das vn&#x017F;ichtbare. Vnd wie Augu&#x017F;tinus<lb/>
fein ge&#x017F;agt<hi rendition="#i">:</hi> Gott lie&#x017F;&#x017F;e nichts bo&#x0364;&#x017F;es kommen/ wenn er nicht<lb/>
wu&#x0364;&#x017F;te etwas be&#x017F;&#x017F;ers daraus zu machen. Was den Todt be-<lb/>
treffen thut/ ob wol Ari&#x017F;toteles &#x017F;agt: <hi rendition="#aq">Mors e&#x017F;t omnium ter-</hi><lb/><note place="left"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">P&#x017F;al.</hi> 116.</hi></note><hi rendition="#aq">ribilium terribili&#x017F;simum:</hi> So wi&#x017F;&#x017F;en wir dagegen: <hi rendition="#aq">Pre-<lb/>
cio&#x017F;a in con&#x017F;pectu Domini, mors &#x017F;anctorum ejus.</hi> Der<lb/>
Todt &#x017F;einer Heiligen i&#x017F;t werth gehalten fu&#x0364;r dem <hi rendition="#g">HERRN.</hi><lb/>
Darumb &#x017F;ollen wir fein lernen die mittel&#x017F;traß gehen. Wel-<lb/>
ches ge&#x017F;chicht/ wenn wir wi&#x017F;&#x017F;en vnd gleuben/ das ob wir &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;olchem elend vnd zeitlichen Tod vnterworffen &#x017F;ein/ wir den-<lb/><note place="left"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Act.</hi> 14.</hi></note>noch nicht gar verzagen &#x017F;ollen/ &#x017F;ondern vns gedu&#x0364;ltig drein er-<lb/>
geben/ weil wir durch viel tru&#x0364;b&#x017F;al mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en in das Reich Got-<lb/>
tes gehen. Oder wie vn&#x017F;er abgele&#x017F;ener Spruch lautet: Das<lb/>
vn&#x017F;er keiner lebet jm &#x017F;elber/ vnd keiner &#x017F;tirbet jm &#x017F;elber: Wir le-<lb/>
ben oder &#x017F;terben/ &#x017F;o &#x017F;ind wir des HErren. Denn die&#x017F;er &#x017F;pruch<lb/>
vns gleich als ein ko&#x0364;&#x017F;tlich gu&#x0364;lden Recept i&#x017F;t/ alle Schwermu&#x0364;-<lb/>
tigkeit/ &#x017F;o aus betrachtung des Elends in die&#x017F;er Welt/ vnd<lb/>
aus furcht des zeitlichen Todes ent&#x017F;tehet/ damit zuuertreiben<lb/>
vnd auszule&#x017F;chen/ alldieweil wir hier nicht vns &#x017F;elb&#x017F;t/ &#x017F;ondern<lb/>
dem HERRN leben vnd &#x017F;terben. Vnd es gehe vns hie wie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[14]/0014] Wenn nun die Heyden ſolch elend des Menſchlichen lebens erwogen/ ſo haben ſie geſagt: Bonum eſſe non na- ſci hominem, aut natum cito mori. Es ſey gut/ das der Menſch nur nicht geboren werde/ oder do er je geboren ſey/ dz er nur bald wider ſterbe. Auſoniue de vita humana. Optima Grajorum ſententia, quippe ho- mini, ajũt. Non naſci eſſe bonum natum aut citò morte potiri. Vnd dieſe harte klage koͤmpt daher/ das ſie ſind gewe- ſen ἄθεοι/ ohn Gott in dieſer Welt/ die vom rechten funda- ment nichts gewuſt. Wir Chriſten aber ſollen nicht trawrig ſein/ wie die andern/ die keine hoffnung haben. Denn was dz elend vnd jammer dieſes lebens belanget/ ſo mus doch denen die Gott lieben/ alle ding zum beſten dienen. Ja vnſer truͤbſal die zeitlich vnd leichte iſt/ ſchaffet eine ewige vnd vber alle mas wichtige herrligkeit/ vns/ die wir nicht ſehen auff das ſichtbare/ ſondern auff das vnſichtbare. Vnd wie Auguſtinus fein geſagt: Gott lieſſe nichts boͤſes kommen/ wenn er nicht wuͤſte etwas beſſers daraus zu machen. Was den Todt be- treffen thut/ ob wol Ariſtoteles ſagt: Mors eſt omnium ter- ribilium terribiliſsimum: So wiſſen wir dagegen: Pre- cioſa in conſpectu Domini, mors ſanctorum ejus. Der Todt ſeiner Heiligen iſt werth gehalten fuͤr dem HERRN. Darumb ſollen wir fein lernen die mittelſtraß gehen. Wel- ches geſchicht/ wenn wir wiſſen vnd gleuben/ das ob wir ſchon ſolchem elend vnd zeitlichen Tod vnterworffen ſein/ wir den- noch nicht gar verzagen ſollen/ ſondern vns geduͤltig drein er- geben/ weil wir durch viel truͤbſal muͤſſen in das Reich Got- tes gehen. Oder wie vnſer abgeleſener Spruch lautet: Das vnſer keiner lebet jm ſelber/ vnd keiner ſtirbet jm ſelber: Wir le- ben oder ſterben/ ſo ſind wir des HErren. Denn dieſer ſpruch vns gleich als ein koͤſtlich guͤlden Recept iſt/ alle Schwermuͤ- tigkeit/ ſo aus betrachtung des Elends in dieſer Welt/ vnd aus furcht des zeitlichen Todes entſtehet/ damit zuuertreiben vnd auszuleſchen/ alldieweil wir hier nicht vns ſelbſt/ ſondern dem HERRN leben vnd ſterben. Vnd es gehe vns hie wie es 2. Cor. 4. Pſal. 116. Act. 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/542550
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/542550/14
Zitationshilfe: Beuthelius, Johann: Christliches Leben vnd Seliges Sterben. Wittenberg, 1603, S. [14]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542550/14>, abgerufen am 19.04.2024.