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Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.

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Verlust 150. Mann wider abgetrieben worden. Den 15. August. haben sie eine Schaluppe mit Proviandt geladen / welche nach der Vestung zufuhr / bekommen / vnd 2. Freyherrn / die darauff waren / gefangen. Drey vom Adel / die auch mit fuhren / sind erschoffen. Dieweil nun die Engelländer wußten / daß die Belägerte Mangel an frisch Wasser hetten / haben sie einen Brunnen / der nahe bey der Vestung war / vergifftet / damit die Frantzosen kein Wasser darauß holen solten. Von der Zeit an ist das frisch Wasser so klemm in der Vestung gewesen / daß mancher gern ein Teston vmb einen guten Trunck Wasser gegeben hette. Die Weiber der Catholischen / welche jhre Männer in der Vestung hatten / wurden von den Engelländern mit Stecken vnnd Mußqueten Schiessen in die Vestung getrieben. Der Buckingam ließ viel Fewerballen vnnd Granaten hineyn werffen / mit welchen er vermeynte / der Frantzosen Provianthäuser in Brandt zustecken / vnd suchte auff alle Mittel vnd Wege / die Belägerten zu quelen. Anfänglichen hatten die Belägerten ein zimlichen Vorrath an Brodt / Butter vnd Wein / aber zu end deß Monats Augusti hatten sie nicht mehr dann Brodt vnd Wasser / vnd dessen nicht genug. Sie waren vbel bedeckt vor dem Regen / vnd mußten bißweilen Knies tieff im Koth gehen. Es waren schon 7. Wochen verflossen / daß sie vom festen Land keine Aviß vernommen hatten / vnd wußten nicht ob sie auff Hülff zu warten hetten / oder nicht. Es fielen täglich etliche vber vnd ergaben sich den Engelländern: die Belägerteschickten drey hinauß / welche mit Brieffen an das feste Land schwimmen / vnd jren Zustandt dem König zuwissen thun solten. Der eine ward erschossen / der ander wurd von den Engelländern gefangen / der dritte kam zwar vber / aber er brachte kein Antwort. Vnderdessen thären die Engelländer denen in der Vestung die ärgste Zeitung / die sie erdencken konten / zuwissen. Daß nemblich der König in Franckreich todtkranck vnd keine Hülff vorhanden were: aber endlich bekam der von Toiras ein Schreiben vom König / datirt den 25. Augusti zu Versailles. In welchem der König seine vnnd seiner vnderhabenden Soldaten / die in der Vestung lagen Tapfferkeit höchlich lobte / vnd thäte jhm zuwissen / daß er ein starcke Armee zurichten ließ / jhn zu entsetzen: solte deß wegen gutes Muths seyn / vnd sich biß dahin dapffer halten.

Den 7. Sept. kamen etliche Barcken mit Proviandt geladen / in die Vestung hineyn gefahren. Wiewol aber dasselbe / daß sie brachten / wenig war / vnd kaum eine Wochen klecken mochte / so machte es doch den Belägerten ein Hertz / dieweil sie dardurch Hoffnung schöpfften / es würde bald mehr kommen / vnd daß der Paß nicht so schwer were / wie man jhn machte. Den 12. Dito kam wider ein Barck mit Proviandt hineyn / welche sich durchschlaqen mußte. Denselben Tag war der Colonell Borrach / Obrister Leutenant vber die Englische Flotta erschossen. Welches den Engelländern dermassen wehe thäte / daß sie mit jhren Schiffen an die Vestung herzu naheten / vnd den gantzen Tag mit Schiessen zubrachten. Dazumal verlohren die Belägerten auch einen trefflichen Mann / den Herrn von Monferrie / welchen sie sehr beklagten.

Den 7. Octobris / als der Wind etliche Tag Sudwest / vnd also den Belägerten zuwider war gewesen / änderte er sich plötzlich / vnd war Nordwest. Bald darauff kam ein starcke Convoy mit Schiffen in die Vestung / also daß die Belägerten auff 6. Wochen proviandtiert / vnd mit 80. Mannen verstärckt wurden. Als der Buckingam vernahm / daß der König in Franckreich mit einer starcken Hülff im Anzug were / die Belägerten zu entsetzen / vnd daß schon etwas Volck in die Insul ankommen were / welche in der Vestung de la Pre eingezogen waren / vnderließ er das Schiessen etlich Tag / vnd war Willens / das Geschültz wider in die Schiff bringen zulassen / vnnd von der Belägerung abzuziehen; aber der von Soubise kam zu jhm mit etlichen Deputierten von der Statt Rochelle / vnd bath jhn / daß er sie nicht verlassen / sondern Fuß halten wolte: mit Anerbietung / daß sie jhm mit Volck vnd Munition beyspringen wolten. Dardurch ward Buckingam bewegt / noch eine weil zuverharren / vnnd vor seinem Abzug einen Sturm auff die Vestung S. Martin anlauffen zulassen: welches den 6. Nov. geschehen. Die Engelländer lieffen dapffer an / an vnderschiedlichen Orthen / vnd setzten jhre Leitern an etliche Bollwerck: aber die Belägerten empfingen sie dermassen / daß sie vnverrichter Sachen wider zurück weichen mußten. In diesem Sturm / welcher fast zwo Stund lang gewäret / haben die Engelländer in 600. Mann verlohren: auff der Belägerten Seiten aber nur 18. Soldaten / ein Leutenant / vnd ein Sergant geblieben.

Nach diesem Sturmb haben die Engelländer angefangen / jhre Lauff gräben zuverlassen / vnnd sich zum Abzug zuschicken. In der Vestung seyn Zeit wärender Belägerung auff die 800. Mann theils durch feindlichen Gewalt / theils durch Kranck heiten vmbkommen. Die Engelländer aber haben weit ein grössere Anzahl vnd etlich tausendt Mann verlohren. Den 8. Novembr. kamen 4000. Soldaten zu Fuß vnd 200. Pferd in die Insul / welche der Marschalck von Schomberg führte. Diese waren auch vom König den Belägerten zu Hülff geschickt.

Engelländer ziehen vor S. Martin ab: vnd werden von den Frantzosen geschlagen. Als sich nun die Frantzosen in der Insul zimlich starck befunden / haben sie darfür gehalten / es würde jhnen nicht rühmlich seyn / wann sie den Feind ohn einigen Angriff abziehen liessen: Derhalben sie jhm das Valete geben wollen / damit er nicht Lust haben solte / so bald wider zukommen. Die Engelländer eylten sich nicht sehr in jhrem Abzug / derowegen die Frantzosen Zeit genug hatten / sie zuverfolgen / vnnd jhnen ein Schlacht zulieffern.

Gleichwol als die Frantzosen den Handel mit Ernst angreiffen wolten / waren die Engelländer schon ein gut stück Wegs fortgeruckt / vnd zogen in richtiger Ordnung dahin. Damit nun bey so gestalten Sachen das Frantzösische Fußvolck

Verlust 150. Mann wider abgetrieben worden. Den 15. August. haben sie eine Schaluppe mit Proviandt geladen / welche nach der Vestung zufuhr / bekommen / vnd 2. Freyherrn / die darauff waren / gefangen. Drey vom Adel / die auch mit fuhren / sind erschoffen. Dieweil nun die Engelländer wußten / daß die Belägerte Mangel an frisch Wasser hetten / haben sie einen Brunnen / der nahe bey der Vestung war / vergifftet / damit die Frantzosen kein Wasser darauß holen solten. Von der Zeit an ist das frisch Wasser so klemm in der Vestung gewesen / daß mancher gern ein Teston vmb einen guten Trunck Wasser gegeben hette. Die Weiber der Catholischen / welche jhre Männer in der Vestung hatten / wurden von den Engelländern mit Stecken vnnd Mußqueten Schiessen in die Vestung getrieben. Der Buckingam ließ viel Fewerballen vnnd Granaten hineyn werffen / mit welchen er vermeynte / der Frantzosen Provianthäuser in Brandt zustecken / vnd suchte auff alle Mittel vnd Wege / die Belägerten zu quelen. Anfänglichen hatten die Belägerten ein zimlichen Vorrath an Brodt / Butter vnd Wein / aber zu end deß Monats Augusti hatten sie nicht mehr dann Brodt vnd Wasser / vnd dessen nicht genug. Sie waren vbel bedeckt vor dem Regen / vnd mußten bißweilen Knies tieff im Koth gehen. Es waren schon 7. Wochen verflossen / daß sie vom festen Land keine Aviß vernommen hatten / vnd wußten nicht ob sie auff Hülff zu warten hetten / oder nicht. Es fielen täglich etliche vber vnd ergaben sich den Engelländern: die Belägerteschickten drey hinauß / welche mit Brieffen an das feste Land schwimmen / vnd jren Zustandt dem König zuwissen thun solten. Der eine ward erschossen / der ander wurd von den Engelländern gefangen / der dritte kam zwar vber / aber er brachte kein Antwort. Vnderdessen thären die Engelländer denen in der Vestung die ärgste Zeitung / die sie erdencken konten / zuwissen. Daß nemblich der König in Franckreich todtkranck vnd keine Hülff vorhanden were: aber endlich bekam der von Toiras ein Schreiben vom König / datirt den 25. Augusti zu Versailles. In welchem der König seine vnnd seiner vnderhabenden Soldaten / die in der Vestung lagen Tapfferkeit höchlich lobte / vnd thäte jhm zuwissen / daß er ein starcke Armee zurichten ließ / jhn zu entsetzen: solte deß wegen gutes Muths seyn / vnd sich biß dahin dapffer halten.

Den 7. Sept. kamen etliche Barcken mit Proviandt geladen / in die Vestung hineyn gefahren. Wiewol aber dasselbe / daß sie brachten / wenig war / vnd kaum eine Wochen klecken mochte / so machte es doch den Belägerten ein Hertz / dieweil sie dardurch Hoffnung schöpfften / es würde bald mehr kommen / vnd daß der Paß nicht so schwer were / wie man jhn machte. Den 12. Dito kam wider ein Barck mit Proviandt hineyn / welche sich durchschlaqen mußte. Denselben Tag war der Colonell Borrach / Obrister Leutenant vber die Englische Flotta erschossen. Welches den Engelländern dermassen wehe thäte / daß sie mit jhren Schiffen an die Vestung herzu naheten / vnd den gantzen Tag mit Schiessen zubrachten. Dazumal verlohren die Belägerten auch einen trefflichen Mann / den Herrn von Monferrie / welchen sie sehr beklagten.

Den 7. Octobris / als der Wind etliche Tag Sudwest / vnd also den Belägerten zuwider war gewesen / änderte er sich plötzlich / vnd war Nordwest. Bald darauff kam ein starcke Convoy mit Schiffen in die Vestung / also daß die Belägerten auff 6. Wochen proviandtiert / vnd mit 80. Mannen verstärckt wurden. Als der Buckingam vernahm / daß der König in Franckreich mit einer starcken Hülff im Anzug were / die Belägerten zu entsetzen / vnd daß schon etwas Volck in die Insul ankommen were / welche in der Vestung de la Pre eingezogen waren / vnderließ er das Schiessen etlich Tag / vnd war Willens / das Geschültz wider in die Schiff bringen zulassen / vnnd von der Belägerung abzuziehen; aber der von Soubise kam zu jhm mit etlichen Deputierten von der Statt Rochelle / vnd bath jhn / daß er sie nicht verlassen / sondern Fuß halten wolte: mit Anerbietung / daß sie jhm mit Volck vnd Munition beyspringen wolten. Dardurch ward Buckingam bewegt / noch eine weil zuverharren / vnnd vor seinem Abzug einen Sturm auff die Vestung S. Martin anlauffen zulassen: welches den 6. Nov. geschehen. Die Engelländer lieffen dapffer an / an vnderschiedlichen Orthen / vnd setzten jhre Leitern an etliche Bollwerck: aber die Belägerten empfingen sie dermassen / daß sie vnverrichter Sachen wider zurück weichen mußtẽ. In diesem Sturm / welcher fast zwo Stund lang gewäret / haben die Engelländer in 600. Mann verlohren: auff der Belägerten Seiten aber nur 18. Soldaten / ein Leutenant / vnd ein Sergant geblieben.

Nach diesem Sturmb haben die Engelländer angefangen / jhre Lauff gräben zuverlassen / vnnd sich zum Abzug zuschicken. In der Vestung seyn Zeit wärender Belägerung auff die 800. Mann theils durch feindlichen Gewalt / theils durch Kranck heiten vmbkommen. Die Engelländer aber haben weit ein grössere Anzahl vnd etlich tausendt Mann verlohren. Den 8. Novembr. kamen 4000. Soldaten zu Fuß vnd 200. Pferd in die Insul / welche der Marschalck von Schomberg führte. Diese waren auch vom König den Belägerten zu Hülff geschickt.

Engelländer ziehen vor S. Martin ab: vnd werden von den Frantzosen geschlagen. Als sich nun die Frantzosen in der Insul zimlich starck befunden / haben sie darfür gehalten / es würde jhnen nicht rühmlich seyn / wann sie den Feind ohn einigen Angriff abziehen liessen: Derhalben sie jhm das Valete geben wollen / damit er nicht Lust haben solte / so bald wider zukommen. Die Engelländer eylten sich nicht sehr in jhrem Abzug / derowegen die Frantzosen Zeit genug hatten / sie zuverfolgen / vnnd jhnen ein Schlacht zulieffern.

Gleichwol als die Frantzosen den Handel mit Ernst angreiffen wolten / waren die Engelländer schon ein gut stück Wegs fortgeruckt / vnd zogen in richtiger Ordnung dahin. Damit nun bey so gestalten Sachen das Frantzösische Fußvolck

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Verlust 150. Mann wider                      abgetrieben worden. Den 15. August. haben sie eine Schaluppe mit Proviandt                      geladen / welche nach der Vestung zufuhr / bekommen / vnd 2. Freyherrn / die                      darauff waren / gefangen. Drey vom Adel / die auch mit fuhren / sind erschoffen.                      Dieweil nun die Engelländer wußten / daß die Belägerte Mangel an frisch Wasser                      hetten / haben sie einen Brunnen / der nahe bey der Vestung war / vergifftet /                      damit die Frantzosen kein Wasser darauß holen solten. Von der Zeit an ist das                      frisch Wasser so klemm in der Vestung gewesen / daß mancher gern ein Teston vmb                      einen guten Trunck Wasser gegeben hette. Die Weiber der Catholischen / welche                      jhre Männer in der Vestung hatten / wurden von den Engelländern mit Stecken vnnd                      Mußqueten Schiessen in die Vestung getrieben. Der Buckingam ließ viel                      Fewerballen vnnd Granaten hineyn werffen / mit welchen er vermeynte / der                      Frantzosen Provianthäuser in Brandt zustecken / vnd suchte auff alle Mittel vnd                      Wege / die Belägerten zu quelen. Anfänglichen hatten die Belägerten ein                      zimlichen Vorrath an Brodt / Butter vnd Wein / aber zu end deß Monats Augusti                      hatten sie nicht mehr dann Brodt vnd Wasser / vnd dessen nicht genug. Sie waren                      vbel bedeckt vor dem Regen / vnd mußten bißweilen Knies tieff im Koth gehen. Es                      waren schon 7. Wochen verflossen / daß sie vom festen Land keine Aviß vernommen                      hatten / vnd wußten nicht ob sie auff Hülff zu warten hetten / oder nicht. Es                      fielen täglich etliche vber vnd ergaben sich den Engelländern: die                      Belägerteschickten drey hinauß / welche mit Brieffen an das feste Land schwimmen                      / vnd jren Zustandt dem König zuwissen thun solten. Der eine ward erschossen /                      der ander wurd von den Engelländern gefangen / der dritte kam zwar vber / aber                      er brachte kein Antwort. Vnderdessen thären die Engelländer denen in der Vestung                      die ärgste Zeitung / die sie erdencken konten / zuwissen. Daß nemblich der König                      in Franckreich todtkranck vnd keine Hülff vorhanden were: aber endlich bekam der                      von Toiras ein Schreiben vom König / datirt den 25. Augusti zu Versailles. In                      welchem der König seine vnnd seiner vnderhabenden Soldaten / die in der Vestung                      lagen Tapfferkeit höchlich lobte / vnd thäte jhm zuwissen / daß er ein starcke                      Armee zurichten ließ / jhn zu entsetzen: solte deß wegen gutes Muths seyn / vnd                      sich biß dahin dapffer halten.</p>
          <p>Den 7. Sept. kamen etliche Barcken mit Proviandt geladen / in die Vestung hineyn                      gefahren. Wiewol aber dasselbe / daß sie brachten / wenig war / vnd kaum eine                      Wochen klecken mochte / so machte es doch den Belägerten ein Hertz / dieweil sie                      dardurch Hoffnung schöpfften / es würde bald mehr kommen / vnd daß der Paß nicht                      so schwer were / wie man jhn machte. Den 12. Dito kam wider ein Barck mit                      Proviandt hineyn / welche sich durchschlaqen mußte. Denselben Tag war der                      Colonell Borrach / Obrister Leutenant vber die Englische Flotta erschossen.                      Welches den Engelländern dermassen wehe thäte / daß sie mit jhren Schiffen an                      die Vestung herzu naheten / vnd den gantzen Tag mit Schiessen zubrachten.                      Dazumal verlohren die Belägerten auch einen trefflichen Mann / den Herrn von                      Monferrie / welchen sie sehr beklagten.</p>
          <p>Den 7. Octobris / als der Wind etliche Tag Sudwest / vnd also den Belägerten                      zuwider war gewesen / änderte er sich plötzlich / vnd war Nordwest. Bald darauff                      kam ein starcke Convoy mit Schiffen in die Vestung / also daß die Belägerten                      auff 6. Wochen proviandtiert / vnd mit 80. Mannen verstärckt wurden. Als der                      Buckingam vernahm / daß der König in Franckreich mit einer starcken Hülff im                      Anzug were / die Belägerten zu entsetzen / vnd daß schon etwas Volck in die                      Insul ankommen were / welche in der Vestung de la Pre eingezogen waren /                      vnderließ er das Schiessen etlich Tag / vnd war Willens / das Geschültz wider in                      die Schiff bringen zulassen / vnnd von der Belägerung abzuziehen; aber der von                      Soubise kam zu jhm mit etlichen Deputierten von der Statt Rochelle / vnd bath                      jhn / daß er sie nicht verlassen / sondern Fuß halten wolte: mit Anerbietung /                      daß sie jhm mit Volck vnd Munition beyspringen wolten. Dardurch ward Buckingam                      bewegt / noch eine weil zuverharren / vnnd vor seinem Abzug einen Sturm auff die                      Vestung S. Martin anlauffen zulassen: welches den 6. Nov. geschehen. Die                      Engelländer lieffen dapffer an / an vnderschiedlichen Orthen / vnd setzten jhre                      Leitern an etliche Bollwerck: aber die Belägerten empfingen sie dermassen / daß                      sie vnverrichter Sachen wider zurück weichen mußte&#x0303;. In diesem                      Sturm / welcher fast zwo Stund lang gewäret / haben die Engelländer in 600. Mann                      verlohren: auff der Belägerten Seiten aber nur 18. Soldaten / ein Leutenant /                      vnd ein Sergant geblieben.</p>
          <p>Nach diesem Sturmb haben die Engelländer angefangen / jhre Lauff gräben                      zuverlassen / vnnd sich zum Abzug zuschicken. In der Vestung seyn Zeit wärender                      Belägerung auff die 800. Mann theils durch feindlichen Gewalt / theils durch                      Kranck heiten vmbkommen. Die Engelländer aber haben weit ein grössere Anzahl vnd                      etlich tausendt Mann verlohren. Den 8. Novembr. kamen 4000. Soldaten zu Fuß vnd                      200. Pferd in die Insul / welche der Marschalck von Schomberg führte. Diese                      waren auch vom König den Belägerten zu Hülff geschickt.</p>
          <p><note place="right">Engelländer ziehen vor S. Martin ab: vnd werden von                          den Frantzosen geschlagen.</note> Als sich nun die Frantzosen in der Insul                      zimlich starck befunden / haben sie darfür gehalten / es würde jhnen nicht                      rühmlich seyn / wann sie den Feind ohn einigen Angriff abziehen liessen:                      Derhalben sie jhm das Valete geben wollen / damit er nicht Lust haben solte / so                      bald wider zukommen. Die Engelländer eylten sich nicht sehr in jhrem Abzug /                      derowegen die Frantzosen Zeit genug hatten / sie zuverfolgen / vnnd jhnen ein                      Schlacht zulieffern.</p>
          <p>Gleichwol als die Frantzosen den Handel mit Ernst angreiffen wolten / waren die                      Engelländer schon ein gut stück Wegs fortgeruckt / vnd zogen in richtiger                      Ordnung dahin. Damit nun bey so gestalten Sachen das Frantzösische Fußvolck
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[1177/1320] Verlust 150. Mann wider abgetrieben worden. Den 15. August. haben sie eine Schaluppe mit Proviandt geladen / welche nach der Vestung zufuhr / bekommen / vnd 2. Freyherrn / die darauff waren / gefangen. Drey vom Adel / die auch mit fuhren / sind erschoffen. Dieweil nun die Engelländer wußten / daß die Belägerte Mangel an frisch Wasser hetten / haben sie einen Brunnen / der nahe bey der Vestung war / vergifftet / damit die Frantzosen kein Wasser darauß holen solten. Von der Zeit an ist das frisch Wasser so klemm in der Vestung gewesen / daß mancher gern ein Teston vmb einen guten Trunck Wasser gegeben hette. Die Weiber der Catholischen / welche jhre Männer in der Vestung hatten / wurden von den Engelländern mit Stecken vnnd Mußqueten Schiessen in die Vestung getrieben. Der Buckingam ließ viel Fewerballen vnnd Granaten hineyn werffen / mit welchen er vermeynte / der Frantzosen Provianthäuser in Brandt zustecken / vnd suchte auff alle Mittel vnd Wege / die Belägerten zu quelen. Anfänglichen hatten die Belägerten ein zimlichen Vorrath an Brodt / Butter vnd Wein / aber zu end deß Monats Augusti hatten sie nicht mehr dann Brodt vnd Wasser / vnd dessen nicht genug. Sie waren vbel bedeckt vor dem Regen / vnd mußten bißweilen Knies tieff im Koth gehen. Es waren schon 7. Wochen verflossen / daß sie vom festen Land keine Aviß vernommen hatten / vnd wußten nicht ob sie auff Hülff zu warten hetten / oder nicht. Es fielen täglich etliche vber vnd ergaben sich den Engelländern: die Belägerteschickten drey hinauß / welche mit Brieffen an das feste Land schwimmen / vnd jren Zustandt dem König zuwissen thun solten. Der eine ward erschossen / der ander wurd von den Engelländern gefangen / der dritte kam zwar vber / aber er brachte kein Antwort. Vnderdessen thären die Engelländer denen in der Vestung die ärgste Zeitung / die sie erdencken konten / zuwissen. Daß nemblich der König in Franckreich todtkranck vnd keine Hülff vorhanden were: aber endlich bekam der von Toiras ein Schreiben vom König / datirt den 25. Augusti zu Versailles. In welchem der König seine vnnd seiner vnderhabenden Soldaten / die in der Vestung lagen Tapfferkeit höchlich lobte / vnd thäte jhm zuwissen / daß er ein starcke Armee zurichten ließ / jhn zu entsetzen: solte deß wegen gutes Muths seyn / vnd sich biß dahin dapffer halten. Den 7. Sept. kamen etliche Barcken mit Proviandt geladen / in die Vestung hineyn gefahren. Wiewol aber dasselbe / daß sie brachten / wenig war / vnd kaum eine Wochen klecken mochte / so machte es doch den Belägerten ein Hertz / dieweil sie dardurch Hoffnung schöpfften / es würde bald mehr kommen / vnd daß der Paß nicht so schwer were / wie man jhn machte. Den 12. Dito kam wider ein Barck mit Proviandt hineyn / welche sich durchschlaqen mußte. Denselben Tag war der Colonell Borrach / Obrister Leutenant vber die Englische Flotta erschossen. Welches den Engelländern dermassen wehe thäte / daß sie mit jhren Schiffen an die Vestung herzu naheten / vnd den gantzen Tag mit Schiessen zubrachten. Dazumal verlohren die Belägerten auch einen trefflichen Mann / den Herrn von Monferrie / welchen sie sehr beklagten. Den 7. Octobris / als der Wind etliche Tag Sudwest / vnd also den Belägerten zuwider war gewesen / änderte er sich plötzlich / vnd war Nordwest. Bald darauff kam ein starcke Convoy mit Schiffen in die Vestung / also daß die Belägerten auff 6. Wochen proviandtiert / vnd mit 80. Mannen verstärckt wurden. Als der Buckingam vernahm / daß der König in Franckreich mit einer starcken Hülff im Anzug were / die Belägerten zu entsetzen / vnd daß schon etwas Volck in die Insul ankommen were / welche in der Vestung de la Pre eingezogen waren / vnderließ er das Schiessen etlich Tag / vnd war Willens / das Geschültz wider in die Schiff bringen zulassen / vnnd von der Belägerung abzuziehen; aber der von Soubise kam zu jhm mit etlichen Deputierten von der Statt Rochelle / vnd bath jhn / daß er sie nicht verlassen / sondern Fuß halten wolte: mit Anerbietung / daß sie jhm mit Volck vnd Munition beyspringen wolten. Dardurch ward Buckingam bewegt / noch eine weil zuverharren / vnnd vor seinem Abzug einen Sturm auff die Vestung S. Martin anlauffen zulassen: welches den 6. Nov. geschehen. Die Engelländer lieffen dapffer an / an vnderschiedlichen Orthen / vnd setzten jhre Leitern an etliche Bollwerck: aber die Belägerten empfingen sie dermassen / daß sie vnverrichter Sachen wider zurück weichen mußtẽ. In diesem Sturm / welcher fast zwo Stund lang gewäret / haben die Engelländer in 600. Mann verlohren: auff der Belägerten Seiten aber nur 18. Soldaten / ein Leutenant / vnd ein Sergant geblieben. Nach diesem Sturmb haben die Engelländer angefangen / jhre Lauff gräben zuverlassen / vnnd sich zum Abzug zuschicken. In der Vestung seyn Zeit wärender Belägerung auff die 800. Mann theils durch feindlichen Gewalt / theils durch Kranck heiten vmbkommen. Die Engelländer aber haben weit ein grössere Anzahl vnd etlich tausendt Mann verlohren. Den 8. Novembr. kamen 4000. Soldaten zu Fuß vnd 200. Pferd in die Insul / welche der Marschalck von Schomberg führte. Diese waren auch vom König den Belägerten zu Hülff geschickt. Als sich nun die Frantzosen in der Insul zimlich starck befunden / haben sie darfür gehalten / es würde jhnen nicht rühmlich seyn / wann sie den Feind ohn einigen Angriff abziehen liessen: Derhalben sie jhm das Valete geben wollen / damit er nicht Lust haben solte / so bald wider zukommen. Die Engelländer eylten sich nicht sehr in jhrem Abzug / derowegen die Frantzosen Zeit genug hatten / sie zuverfolgen / vnnd jhnen ein Schlacht zulieffern. Engelländer ziehen vor S. Martin ab: vnd werden von den Frantzosen geschlagen. Gleichwol als die Frantzosen den Handel mit Ernst angreiffen wolten / waren die Engelländer schon ein gut stück Wegs fortgeruckt / vnd zogen in richtiger Ordnung dahin. Damit nun bey so gestalten Sachen das Frantzösische Fußvolck

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Frederike Neuber, Marcus Baumgarten: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Das zweispaltige Layout wurde bei Transkription und Auszeichnung des Textes nicht berücksichtigt.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



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Zitationshilfe: Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 1177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/1320>, abgerufen am 24.04.2024.