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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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aber/ unangesehen er an der Amarillis Verbrechen nicht zwei
felt/ auch nach eben demselben Gesetze seines Ortes keine Straf
fe zu leiden hatte/ entschliesset sich dennoch/ der durch die Gesetze
vergönneten Freyheit nach vor sie zu sterben. Als er nun auff
solche Weise von dem Priester Montano seinem obliegendem
Amte gemäß zum Tode geführet wird/ kömmet Carino ihn su
chende darzu/ und findet ihn in so unverhofftem erbärmlichen
Zustande. Also ihn nicht minder als sein eigenes Kind lie
bende bemühet er sich ihn von dem Tode zu erretten/ und zu be
weisen/ daß er als ein Ausländer vor eine andere eingebohrn
Person nicht geopffert werden könne/ und entdecket dadurch
unvermutheter Weise/ daß dieser sein Mirtillo des Priester
Montano leiblicher Sohn sey. Indem sich ermeldter sei
rechter Vater schmertzlich betrübet/ daß er an seinem eigene
Geblütte das grausame Gesetze ausüben solle/ lehret ihn de
blinde Wahrsager Tirenio das Oracul recht verstehen/ nac
dessen Innhalt dieses Opffer nicht zu schlachten/ sondern nun
mehr das Elend des betrübten Arcadiens zu gewünschtem En
de kommen/ und also die göttliche Amarillis dem gleichfall
göttlichem Mirtillo/ als dem rechten treuen Schäffer/ zu ve
mählen sey.

Und nachdem inzwischen der Silvio die ihm aus Liebe fo
gende Dorinda statt eines vermeynten Wildes verwundet
darüber seine gewohnte Härtigkeit in hertzliches Mitleide
und brünstige Liebe verwandelt/ auch ihre von ersten gefährli
geschäzte Wunde sich zu gewünschter Besserung angelassen/ s
heyrathet er dieselbige Dorinda/ wie Mirtillo Amarille
Corisca solch derselben unverhofftes Glücke sehend und dar
ber in sich gehend/ bittet und erlanget von ihnen Verzeihung
sich entschlüssende/ der Welt Urlaub zu geben/ und forthin ei
besseres Leben zu führen.

R

aber/ unangeſehen er an der Amarillis Verbrechen nicht zwei
felt/ auch nach eben demſelben Geſetze ſeines Ortes keine Straf
fe zu leiden hatte/ entſchlieſſet ſich dennoch/ der durch die Geſetze
vergoͤnneten Freyheit nach vor ſie zu ſterben. Als er nun auff
ſolche Weiſe von dem Prieſter Montano ſeinem obliegendem
Amte gemaͤß zum Tode gefuͤhret wird/ koͤmmet Carino ihn ſu
chende darzu/ und findet ihn in ſo unverhofftem erbaͤrmlichen
Zuſtande. Alſo ihn nicht minder als ſein eigenes Kind lie
bende bemuͤhet er ſich ihn von dem Tode zu erretten/ und zu be
weiſen/ daß er als ein Auslaͤnder vor eine andere eingebohrn
Perſon nicht geopffert werden koͤnne/ und entdecket dadurch
unvermutheter Weiſe/ daß dieſer ſein Mirtillo des Prieſter
Montano leiblicher Sohn ſey. Indem ſich ermeldter ſei
rechter Vater ſchmertzlich betruͤbet/ daß er an ſeinem eigene
Gebluͤtte das grauſame Geſetze ausuͤben ſolle/ lehret ihn de
blinde Wahrſager Tirenio das Oracul recht verſtehen/ nac
deſſen Innhalt dieſes Opffer nicht zu ſchlachten/ ſondern nun
mehr das Elend des betruͤbten Arcadiens zu gewuͤnſchtem En
de kommen/ und alſo die goͤttliche Amarillis dem gleichfall
goͤttlichem Mirtillo/ als dem rechten treuen Schaͤffer/ zu ve
maͤhlen ſey.

Und nachdem inzwiſchen der Silvio die ihm aus Liebe fo
gende Dorinda ſtatt eines vermeynten Wildes verwundet
daruͤber ſeine gewohnte Haͤrtigkeit in hertzliches Mitleide
und bruͤnſtige Liebe verwandelt/ auch ihre von erſten gefaͤhrli
geſchaͤzte Wunde ſich zu gewuͤnſchter Beſſerung angelaſſen/ ſ
heyrathet er dieſelbige Dorinda/ wie Mirtillo Amarille
Coriſca ſolch derſelben unverhofftes Gluͤcke ſehend und dar
ber in ſich gehend/ bittet und erlanget von ihnen Verzeihung
ſich entſchluͤſſende/ der Welt Urlaub zu geben/ und forthin ei
beſſeres Leben zu fuͤhren.

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[6/0106] aber/ unangeſehen er an der Amarillis Verbrechen nicht zwei felt/ auch nach eben demſelben Geſetze ſeines Ortes keine Straf fe zu leiden hatte/ entſchlieſſet ſich dennoch/ der durch die Geſetze vergoͤnneten Freyheit nach vor ſie zu ſterben. Als er nun auff ſolche Weiſe von dem Prieſter Montano ſeinem obliegendem Amte gemaͤß zum Tode gefuͤhret wird/ koͤmmet Carino ihn ſu chende darzu/ und findet ihn in ſo unverhofftem erbaͤrmlichen Zuſtande. Alſo ihn nicht minder als ſein eigenes Kind lie bende bemuͤhet er ſich ihn von dem Tode zu erretten/ und zu be weiſen/ daß er als ein Auslaͤnder vor eine andere eingebohrn Perſon nicht geopffert werden koͤnne/ und entdecket dadurch unvermutheter Weiſe/ daß dieſer ſein Mirtillo des Prieſter Montano leiblicher Sohn ſey. Indem ſich ermeldter ſei rechter Vater ſchmertzlich betruͤbet/ daß er an ſeinem eigene Gebluͤtte das grauſame Geſetze ausuͤben ſolle/ lehret ihn de blinde Wahrſager Tirenio das Oracul recht verſtehen/ nac deſſen Innhalt dieſes Opffer nicht zu ſchlachten/ ſondern nun mehr das Elend des betruͤbten Arcadiens zu gewuͤnſchtem En de kommen/ und alſo die goͤttliche Amarillis dem gleichfall goͤttlichem Mirtillo/ als dem rechten treuen Schaͤffer/ zu ve maͤhlen ſey. Und nachdem inzwiſchen der Silvio die ihm aus Liebe fo gende Dorinda ſtatt eines vermeynten Wildes verwundet daruͤber ſeine gewohnte Haͤrtigkeit in hertzliches Mitleide und bruͤnſtige Liebe verwandelt/ auch ihre von erſten gefaͤhrli geſchaͤzte Wunde ſich zu gewuͤnſchter Beſſerung angelaſſen/ ſ heyrathet er dieſelbige Dorinda/ wie Mirtillo Amarille Coriſca ſolch derſelben unverhofftes Gluͤcke ſehend und dar ber in ſich gehend/ bittet und erlanget von ihnen Verzeihung ſich entſchluͤſſende/ der Welt Urlaub zu geben/ und forthin ei beſſeres Leben zu fuͤhren. R

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/106>, abgerufen am 19.04.2024.