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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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GUARINI
Daß ich noch solches Leid vor Augen sehen soll?
Mirtillo/ der du mehr denn alle Plagen
Der Erde must ertragen/
Ach zweifle weiter nicht an dem/ was niemand leugnen
kan.
Dein eignes Auge hats gesehn/ dein Ohr gehöret an.
Ein ander hat/ was du geliebt/
Nicht durch das Recht/ dadurch ein ieder um sie kümmt/
Durch Liebe/ die sie dir alleine nimmt
Und einem Fremden übergiebt.
So kan dich Grausame denn nicht mein Tod versohnen?
Mustu mich noch darzu beschimpffen und verhönen?
Muß dieser falsche Mund voll Trug und Unbestand/
Der doch Mirtillens Kuß einmahl so gut befand/
Den Nahmen/ der dir izt verdrüßlich beygefallen
Und dein untreues Hertz im Leibe machet wallen/
Damit er dir nicht mehr in deiner Brust/
Als Zeuge der verstolnen Lust/
Beschwerlich könne seyn/
Zuvor von deinen Lippen speyn.
Was hält dich auff Mirtill. Die/ so dir gab das Leben/
Hat dir es izt geraubt/ und andern hingegeben/
Und du Elender lebst? Und du bist noch nicht todt?
Ach stirb Mirtillo/ stirb/ erstirb auch deiner Noth.
Stirb deinen Schmertzen ab/ stirb ab von deinem Leiden/
Wie du erstorben bist zu allem Glück und Freuden.
Dein Leben/ deine Lust/ dein Hoffen ist dahin/
Darum du billich auch des Jammers End erlangst:
Befrey den müden Geist der schweren Todes-Angst/
Die dich zu größrer Qual allein zu leben zwingt.
Doch/ soll ich auch vergehn/ eh' ich gerochen bin?
Es sterbe der zuvor/ der mich zu sterben dringt.
Es weichen die bluttigen Schmertzen
Der Rache des brennenden Hertzen/
Dem flammenden Eyfer zum Streit
Erbarmen und weibisches Leid.
Es müsse dem wüttenden Leben
Die Liebe zu sterben nachgeben/
Biß
GUARINI
Daß ich noch ſolches Leid vor Augen ſehen ſoll?
Mirtillo/ der du mehr denn alle Plagen
Der Erde muſt ertragen/
Ach zweifle weiter nicht an dem/ was niemand leugnen
kan.
Dein eignes Auge hats geſehn/ dein Ohr gehoͤret an.
Ein ander hat/ was du geliebt/
Nicht durch das Recht/ dadurch ein ieder um ſie kuͤmmt/
Durch Liebe/ die ſie dir alleine nimmt
Und einem Fremden uͤbergiebt.
So kan dich Grauſame denn nicht mein Tod verſohnen?
Muſtu mich noch darzu beſchimpffen und verhoͤnen?
Muß dieſer falſche Mund voll Trug und Unbeſtand/
Der doch Mirtillens Kuß einmahl ſo gut befand/
Den Nahmen/ der dir izt verdruͤßlich beygefallen
Und dein untreues Hertz im Leibe machet wallen/
Damit er dir nicht mehr in deiner Bruſt/
Als Zeuge der verſtolnen Luſt/
Beſchwerlich koͤnne ſeyn/
Zuvor von deinen Lippen ſpeyn.
Was haͤlt dich auff Mirtill. Die/ ſo dir gab das Leben/
Hat dir es izt geraubt/ und andern hingegeben/
Und du Elender lebſt? Und du biſt noch nicht todt?
Ach ſtirb Mirtillo/ ſtirb/ erſtirb auch deiner Noth.
Stirb deinen Schmertzen ab/ ſtirb ab von deinem Leiden/
Wie du erſtorben biſt zu allem Gluͤck und Freuden.
Dein Leben/ deine Luſt/ dein Hoffen iſt dahin/
Darum du billich auch des Jammers End erlangſt:
Befrey den muͤden Geiſt der ſchweren Todes-Angſt/
Die dich zu groͤßrer Qual allein zu leben zwingt.
Doch/ ſoll ich auch vergehn/ eh’ ich gerochen bin?
Es ſterbe der zuvor/ der mich zu ſterben dringt.
Es weichen die bluttigen Schmertzen
Der Rache des brennenden Hertzen/
Dem flammenden Eyfer zum Streit
Erbarmen und weibiſches Leid.
Es muͤſſe dem wuͤttenden Leben
Die Liebe zu ſterben nachgeben/
Biß
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[94/0194] GUARINI Daß ich noch ſolches Leid vor Augen ſehen ſoll? Mirtillo/ der du mehr denn alle Plagen Der Erde muſt ertragen/ Ach zweifle weiter nicht an dem/ was niemand leugnen kan. Dein eignes Auge hats geſehn/ dein Ohr gehoͤret an. Ein ander hat/ was du geliebt/ Nicht durch das Recht/ dadurch ein ieder um ſie kuͤmmt/ Durch Liebe/ die ſie dir alleine nimmt Und einem Fremden uͤbergiebt. So kan dich Grauſame denn nicht mein Tod verſohnen? Muſtu mich noch darzu beſchimpffen und verhoͤnen? Muß dieſer falſche Mund voll Trug und Unbeſtand/ Der doch Mirtillens Kuß einmahl ſo gut befand/ Den Nahmen/ der dir izt verdruͤßlich beygefallen Und dein untreues Hertz im Leibe machet wallen/ Damit er dir nicht mehr in deiner Bruſt/ Als Zeuge der verſtolnen Luſt/ Beſchwerlich koͤnne ſeyn/ Zuvor von deinen Lippen ſpeyn. Was haͤlt dich auff Mirtill. Die/ ſo dir gab das Leben/ Hat dir es izt geraubt/ und andern hingegeben/ Und du Elender lebſt? Und du biſt noch nicht todt? Ach ſtirb Mirtillo/ ſtirb/ erſtirb auch deiner Noth. Stirb deinen Schmertzen ab/ ſtirb ab von deinem Leiden/ Wie du erſtorben biſt zu allem Gluͤck und Freuden. Dein Leben/ deine Luſt/ dein Hoffen iſt dahin/ Darum du billich auch des Jammers End erlangſt: Befrey den muͤden Geiſt der ſchweren Todes-Angſt/ Die dich zu groͤßrer Qual allein zu leben zwingt. Doch/ ſoll ich auch vergehn/ eh’ ich gerochen bin? Es ſterbe der zuvor/ der mich zu ſterben dringt. Es weichen die bluttigen Schmertzen Der Rache des brennenden Hertzen/ Dem flammenden Eyfer zum Streit Erbarmen und weibiſches Leid. Es muͤſſe dem wuͤttenden Leben Die Liebe zu ſterben nachgeben/ Biß

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/194>, abgerufen am 24.04.2024.