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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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treuer Schäffer.
A. Nun gutte Nacht ihr Wälder! ihr lieben Wälder gutte
Nacht!
Nehmt an den letzten Seuffzer/ den ich bey euch hervor ge-
bracht/
Biß mir ein grimmig Eisen die abgematte Seel entreißt/
Und euren Schatten wieder im Schatten sucht mein kalter
Geist:
Denn/ an den Ort der Qualen verdammt ihn keine Missethat/
Bey reinen Geistern findet Schmertz und Verzweifeln keine
Stat.
Mirtillo/ ach Mirtillo/ wie so unglücklich war der Tag/
An dem ich dich gesehn/ an dem ich dir zu erst gefiel/
Nun ich mein armes Leben/ das ich kein Leben nennen mag/
Soll deinet wegen schlüssen mit so elendem Trauer-Spiel.
Ich soll verurtheilt sterben/ als schuldig wegen deiner Brunst/
Da ich/ ohn Schuld zu bleiben/ dir nicht erzeigt die mindste
Gunst.
Ach/ vor mich allzu hitzig/ vor dich nur allzu lauer Sinn!
Viel besser wärs gewesen/ geniessen oder gar zu fliehn.
Ich muß nun einmahl sterben/ ohn alle Schuld/ die mich be-
schwärtze/
Ohn alle Frucht der Liebe/ und leider! ohne dich/ mein Hertze!
Ich sterbe. Ach Mirtill!
N. In Warheit sie vergeht/
Die Aermste! kommt herzu/ und helfft sie wieder halten.
O wunderlicher Fall!
Uber des Mirtillo Nahmen sieht man sie erkalten.
Lieb' und Schmertzen kömmt bey ihr
Dem geschärfften Eisen für.
O Unglückselige! Doch sie ist noch bey Leben:
Ich fühl ihr mattes Hertz ein zitternd Zeugniß geben:
Laßt schauen/ ob sie noch zu retten steht/
Tragt sie zu jenem Quall/
Und kühlt sie mit der frischen Flutt.
Ob ihr nicht besser wär/ in stiller Ohnmacht zu vergehn/
Als öffentlich hernach den schweren Streich zu überstehn?
Doch/ dem sey wie ihm will/ fahrt fort ihr beyzuspringen/
Und/ was die gegenwärtge Noth erheischet/ zu voll bringen.
Der Himmel kan allein urtheilen von zukünfftgen Dingen.
Vierd-
H 3
treuer Schaͤffer.
A. Nun gutte Nacht ihr Waͤlder! ihr lieben Waͤlder gutte
Nacht!
Nehmt an den letzten Seuffzer/ den ich bey euch hervor ge-
bracht/
Biß mir ein grimmig Eiſen die abgematte Seel entreißt/
Und euren Schatten wieder im Schatten ſucht mein kalter
Geiſt:
Denn/ an den Ort der Qualen verdam̃t ihn keine Miſſethat/
Bey reinen Geiſtern findet Schmertz und Verzweifeln keine
Stat.
Mirtillo/ ach Mirtillo/ wie ſo ungluͤcklich war der Tag/
An dem ich dich geſehn/ an dem ich dir zu erſt gefiel/
Nun ich mein armes Leben/ das ich kein Leben nennen mag/
Soll deinet wegen ſchluͤſſen mit ſo elendem Trauer-Spiel.
Ich ſoll verurtheilt ſteꝛben/ als ſchuldig wegen deiner Brunſt/
Da ich/ ohn Schuld zu bleiben/ dir nicht erzeigt die mindſte
Gunſt.
Ach/ vor mich allzu hitzig/ vor dich nur allzu lauer Sinn!
Viel beſſer waͤrs geweſen/ genieſſen oder gar zu fliehn.
Ich muß nun einmahl ſterben/ ohn alle Schuld/ die mich be-
ſchwaͤrtze/
Ohn alle Frucht der Liebe/ und leider! ohne dich/ mein Hertze!
Ich ſterbe. Ach Mirtill!
N. In Warheit ſie vergeht/
Die Aermſte! kommt herzu/ und helfft ſie wieder halten.
O wunderlicher Fall!
Uber des Mirtillo Nahmen ſieht man ſie erkalten.
Lieb’ und Schmertzen koͤmmt bey ihr
Dem geſchaͤrfften Eiſen fuͤr.
O Ungluͤckſelige! Doch ſie iſt noch bey Leben:
Ich fuͤhl ihr mattes Hertz ein zitternd Zeugniß geben:
Laßt ſchauen/ ob ſie noch zu retten ſteht/
Tragt ſie zu jenem Quall/
Und kuͤhlt ſie mit der friſchen Flutt.
Ob ihr nicht beſſer waͤr/ in ſtiller Ohnmacht zu vergehn/
Als oͤffentlich hernach den ſchweren Streich zu uͤberſtehn?
Doch/ dem ſey wie ihm will/ fahrt fort ihr beyzuſpringen/
Und/ was die gegenwaͤrtge Noth erheiſchet/ zu voll bringen.
Der Himmel kan allein urtheilen von zukuͤnfftgen Dingen.
Vierd-
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[117/0217] treuer Schaͤffer. A. Nun gutte Nacht ihr Waͤlder! ihr lieben Waͤlder gutte Nacht! Nehmt an den letzten Seuffzer/ den ich bey euch hervor ge- bracht/ Biß mir ein grimmig Eiſen die abgematte Seel entreißt/ Und euren Schatten wieder im Schatten ſucht mein kalter Geiſt: Denn/ an den Ort der Qualen verdam̃t ihn keine Miſſethat/ Bey reinen Geiſtern findet Schmertz und Verzweifeln keine Stat. Mirtillo/ ach Mirtillo/ wie ſo ungluͤcklich war der Tag/ An dem ich dich geſehn/ an dem ich dir zu erſt gefiel/ Nun ich mein armes Leben/ das ich kein Leben nennen mag/ Soll deinet wegen ſchluͤſſen mit ſo elendem Trauer-Spiel. Ich ſoll verurtheilt ſteꝛben/ als ſchuldig wegen deiner Brunſt/ Da ich/ ohn Schuld zu bleiben/ dir nicht erzeigt die mindſte Gunſt. Ach/ vor mich allzu hitzig/ vor dich nur allzu lauer Sinn! Viel beſſer waͤrs geweſen/ genieſſen oder gar zu fliehn. Ich muß nun einmahl ſterben/ ohn alle Schuld/ die mich be- ſchwaͤrtze/ Ohn alle Frucht der Liebe/ und leider! ohne dich/ mein Hertze! Ich ſterbe. Ach Mirtill! N. In Warheit ſie vergeht/ Die Aermſte! kommt herzu/ und helfft ſie wieder halten. O wunderlicher Fall! Uber des Mirtillo Nahmen ſieht man ſie erkalten. Lieb’ und Schmertzen koͤmmt bey ihr Dem geſchaͤrfften Eiſen fuͤr. O Ungluͤckſelige! Doch ſie iſt noch bey Leben: Ich fuͤhl ihr mattes Hertz ein zitternd Zeugniß geben: Laßt ſchauen/ ob ſie noch zu retten ſteht/ Tragt ſie zu jenem Quall/ Und kuͤhlt ſie mit der friſchen Flutt. Ob ihr nicht beſſer waͤr/ in ſtiller Ohnmacht zu vergehn/ Als oͤffentlich hernach den ſchweren Streich zu uͤberſtehn? Doch/ dem ſey wie ihm will/ fahrt fort ihr beyzuſpringen/ Und/ was die gegenwaͤrtge Noth erheiſchet/ zu voll bringen. Der Himmel kan allein urtheilen von zukuͤnfftgen Dingen. Vierd- H 3

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/217>, abgerufen am 24.04.2024.