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Anzengruber, Ludwig: Der G'wissenswurm. Wien, 1874.

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Dusterer (stößt sein Glas hart auf den Tisch). Do singst nöt mit,
Schwager! Möcht wissen wie'd da mit singst, ohne daß dir
der Stimmstock umfallt! Sing mit, wann'd kannst. Hast all
dein Lebtag koan Schlechtigkeit nöt than? Hast net? Han?!
Grillhofer (der schon beim Jodler der ersten Strophe mit aufgestanden war,
sinkt jetzt zurück auf die Bank; finster):
I sing' eh net mit;
Dusterer (leise und angelegentlich). Und laß der sagen, so is
die Weis' net, wie mer d'armen Seel'n d'erlöst und so ver-
stirbt a der Wurm net. Wann d'n a jetzt mit Wein ein-
schlaferst, moanst er wird neamer munter? O er wird schon.
Liesl (ganz verwundert, tritt hinzu). Jo was is's denn? Was
hast denn auf einmal, Bauer?
Grillhofer. Laß's gut sein, laß's gut sein, Dirndl, ich
dank Dir schön, hast es recht gut g'meint, aber ich und Du
sein a gar z'ungleich G'spann, tauget mir schon, kunnt ich no
Schritt halten mit Dir, aber so bin halt ich der Stützige.
Jo, jo, d'Lustbarkeit sind't da in mein'm Einwendigen ein
gar' strengen Herrn, der's austreibt, es leidt sich amal koan
Fröhlichkeit auf mein Hof, no wirst selber kaum verbleib'n
woll'n und ich darf Dich a net verhalt'n, s'wird völlig Ernst
mit'm Furtschicken, -- na, na, daß'd mer net ganz harb
bist, soll der Wastl, wann Feierabend is, a Stuck Weg mit
Dir geh'n.
Liesl. No sollt ich fort, und is Dir's Lustigsein doch
so gut ang'standen; geh ich, fangst mer wieder zu'n Duck-
mausern an.
Grillhofer. Mein lieb Dirndl, anders schickt sa sich neamer
für mich.
Liesl. Möcht doch wissen warum?
Grillhofer. Jo siehst, Derndl, Du bist für Leut', was
nöt schwer trag'n unter'm Brustfleck, für Solchene aber
(auf
Dusterer)
is der der Rechte. Vor ein halb'n Jahrl hob ich mein'
Deuter kriegt, sunst allwal g'sund, streift mich af amal der
Schlag. Elendig bin ich dag'leg'n, hon aber no net g'wust,
wo dös h'naus soll, aber der hat sich gleich auskennt, is
gleich zu mir in's Haus g'rennt und hat g'sagt: Schwoger,
hat er g'sogt, Du hast a Sünd af Dir, was d'nie no recht
bereut hast, hast's allweil af d'leichte Achsel g'nummen, und
unter der Zeit is der Wurm in Dir foast word'n, so foast,
Duſterer (ſtößt ſein Glas hart auf den Tiſch). Do ſingſt nöt mit,
Schwager! Möcht wiſſen wie’d da mit ſingſt, ohne daß dir
der Stimmſtock umfallt! Sing mit, wann’d kannſt. Haſt all
dein Lebtag koan Schlechtigkeit nöt than? Haſt net? Han?!
Grillhofer (der ſchon beim Jodler der erſten Strophe mit aufgeſtanden war,
ſinkt jetzt zurück auf die Bank; finſter):
I ſing’ eh net mit;
Duſterer (leiſe und angelegentlich). Und laß der ſagen, ſo is
die Weiſ’ net, wie mer d’armen Seel’n d’erlöst und ſo ver-
ſtirbt a der Wurm net. Wann d’n a jetzt mit Wein ein-
ſchlaferſt, moanſt er wird neamer munter? O er wird ſchon.
Liesl (ganz verwundert, tritt hinzu). Jo was is’s denn? Was
haſt denn auf einmal, Bauer?
Grillhofer. Laß’s gut ſein, laß’s gut ſein, Dirndl, ich
dank Dir ſchön, haſt es recht gut g’meint, aber ich und Du
ſein a gar z’ungleich G’ſpann, tauget mir ſchon, kunnt ich no
Schritt halten mit Dir, aber ſo bin halt ich der Stützige.
Jo, jo, d’Luſtbarkeit ſind’t da in mein’m Einwendigen ein
gar’ ſtrengen Herrn, der’s austreibt, es leidt ſich amal koan
Fröhlichkeit auf mein Hof, no wirſt ſelber kaum verbleib’n
woll’n und ich darf Dich a net verhalt’n, s’wird völlig Ernſt
mit’m Furtſchicken, — na, na, daß’d mer net ganz harb
biſt, ſoll der Waſtl, wann Feierabend is, a Stuck Weg mit
Dir geh’n.
Liesl. No ſollt ich fort, und is Dir’s Luſtigſein doch
ſo gut ang’ſtanden; geh ich, fangſt mer wieder zu’n Duck-
mauſern an.
Grillhofer. Mein lieb Dirndl, anders ſchickt ſa ſich neamer
für mich.
Liesl. Möcht doch wiſſen warum?
Grillhofer. Jo ſiehſt, Derndl, Du biſt für Leut’, was
nöt ſchwer trag’n unter’m Bruſtfleck, für Solchene aber
(auf
Duſterer)
is der der Rechte. Vor ein halb’n Jahrl hob ich mein’
Deuter kriegt, ſunſt allwal g’ſund, ſtreift mich af amal der
Schlag. Elendig bin ich dag’leg’n, hon aber no net g’wuſt,
wo dös h’naus ſoll, aber der hat ſich gleich auskennt, is
gleich zu mir in’s Haus g’rennt und hat g’ſagt: Schwoger,
hat er g’ſogt, Du haſt a Sünd af Dir, was d’nie no recht
bereut haſt, haſt’s allweil af d’leichte Achſel g’nummen, und
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[36/0044] Duſterer (ſtößt ſein Glas hart auf den Tiſch). Do ſingſt nöt mit, Schwager! Möcht wiſſen wie’d da mit ſingſt, ohne daß dir der Stimmſtock umfallt! Sing mit, wann’d kannſt. Haſt all dein Lebtag koan Schlechtigkeit nöt than? Haſt net? Han?! Grillhofer (der ſchon beim Jodler der erſten Strophe mit aufgeſtanden war, ſinkt jetzt zurück auf die Bank; finſter): I ſing’ eh net mit; Duſterer (leiſe und angelegentlich). Und laß der ſagen, ſo is die Weiſ’ net, wie mer d’armen Seel’n d’erlöst und ſo ver- ſtirbt a der Wurm net. Wann d’n a jetzt mit Wein ein- ſchlaferſt, moanſt er wird neamer munter? O er wird ſchon. Liesl (ganz verwundert, tritt hinzu). Jo was is’s denn? Was haſt denn auf einmal, Bauer? Grillhofer. Laß’s gut ſein, laß’s gut ſein, Dirndl, ich dank Dir ſchön, haſt es recht gut g’meint, aber ich und Du ſein a gar z’ungleich G’ſpann, tauget mir ſchon, kunnt ich no Schritt halten mit Dir, aber ſo bin halt ich der Stützige. Jo, jo, d’Luſtbarkeit ſind’t da in mein’m Einwendigen ein gar’ ſtrengen Herrn, der’s austreibt, es leidt ſich amal koan Fröhlichkeit auf mein Hof, no wirſt ſelber kaum verbleib’n woll’n und ich darf Dich a net verhalt’n, s’wird völlig Ernſt mit’m Furtſchicken, — na, na, daß’d mer net ganz harb biſt, ſoll der Waſtl, wann Feierabend is, a Stuck Weg mit Dir geh’n. Liesl. No ſollt ich fort, und is Dir’s Luſtigſein doch ſo gut ang’ſtanden; geh ich, fangſt mer wieder zu’n Duck- mauſern an. Grillhofer. Mein lieb Dirndl, anders ſchickt ſa ſich neamer für mich. Liesl. Möcht doch wiſſen warum? Grillhofer. Jo ſiehſt, Derndl, Du biſt für Leut’, was nöt ſchwer trag’n unter’m Bruſtfleck, für Solchene aber (auf Duſterer) is der der Rechte. Vor ein halb’n Jahrl hob ich mein’ Deuter kriegt, ſunſt allwal g’ſund, ſtreift mich af amal der Schlag. Elendig bin ich dag’leg’n, hon aber no net g’wuſt, wo dös h’naus ſoll, aber der hat ſich gleich auskennt, is gleich zu mir in’s Haus g’rennt und hat g’ſagt: Schwoger, hat er g’ſogt, Du haſt a Sünd af Dir, was d’nie no recht bereut haſt, haſt’s allweil af d’leichte Achſel g’nummen, und unter der Zeit is der Wurm in Dir foaſt word’n, ſo foaſt,

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Zitationshilfe: Anzengruber, Ludwig: Der G'wissenswurm. Wien, 1874, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anzengruber_gwissenswurm_1874/44>, abgerufen am 29.03.2024.