Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Anzengruber, Ludwig: Der G'wissenswurm. Wien, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite
wie ich Dir's zuschick. Dö Dirn, was heunt zu'n zweitenmal
bei Dir einspricht, is im Deckerl in mein Haus bracht word'n,
weil's Dein Weib nöt hat auf'n Hof vor Augen haben woll'n,
aber es war ihr'Meinung, wann a rechtschaffen G'schöpf aus
ihr word'n wär', sollt ich Dir's zuschicken, lang hab' ich mir
dös verspart, aber ohne Schaden für sie, könnt ich's hizt
nimmer bei mir verhalten. Dö Dirn heißt nach ihr'n Ruf-
namen: Horlacherlies, weil's von Klein auf bei mir war,
hat bis heunt für vater- und mutterlos golten und weiß's
selber net anders; nach'm Kirchbuch heißt's: Elisabeth Riesler
und is, wie dö Magdalen' ausg'sagt hat, Dein Kind!! Es
grüßt Dich und laßt Dir Dein'n freien Will'n, dö alte Hor-
lacherin."
(Legt den Brief vor sich auf den Tisch und hält sich den Kopf mit beiden
Händen).
O Du mein Gott, is mer denn recht? Steht's wohl
a a so da?
Liesl (hat diese Bewegung bemerkt und wendet sich). Was is Dir?
Was schreibt denn die Mahm?!
Grillhofer. Ich weiß net recht -- ich muß's nomal lesen,
kimm zu mir -- kimm zu mir mein Dirndl und halt mer'
es Licht.
Liesl (eilt hinzu und steht neben Grillhofer und hält die Lampe).
Grillhofer. (liest). "Mit schweren Herzen schick ich Dir a
Anvertraut's z'ruck, doch steht Dir frei, wann'd den Brief
g'lesen hast, ob du's als das Deine anerkenna willst, sunst
nimm ich's mit Freuden wieder an mich. J mein, brauch mich
net z'schamen, wie ich Dir's zuschick. Dö Dirn, was heunt
zu'n zweitenmal bei Dir einspricht, is im Deckerl in mein
Haus bracht word'n, weils dein Weib net hat am Hof vor
Augen hab'n woll'n' aber es war ihr'Meinung, wann a recht-
schaffen G'schöpf aus ihr word'n wär, sollt ich Dir's zu-
schick'n" ....... Vergelt Dir's Gott, Mirzl, in sein'n
Himmel ob'n, vergelt dir's Gott. Vergelt er's a der Hor-
lacherin und all'n braven Weibsleuten, wie's an uns thun! .....
Liesl (ahnungsvoll). Aber ich kenn mi no net aus!
Grillhofer (liest). "Dö Dirn hoaßt mit ihr'm Rufnamen
Horlacherlies, weil's von Klein auf bei mir war, hat bis heut
für vater- und mutterlos golten und weiß's selber net anders,
nach'm Kirchbuch heißt's: Elisabeth Riesler und is, wie die
Magdalen' ausg'sagt hat: Dein Kind." -- Dirndl, was
wie ich Dir’s zuſchick. Dö Dirn, was heunt zu’n zweitenmal
bei Dir einſpricht, is im Deckerl in mein Haus bracht word’n,
weil’s Dein Weib nöt hat auf’n Hof vor Augen haben woll’n,
aber es war ihr’Meinung, wann a rechtſchaffen G’ſchöpf aus
ihr word’n wär’, ſollt ich Dir’s zuſchicken, lang hab’ ich mir
dös verſpart, aber ohne Schaden für ſie, könnt ich’s hizt
nimmer bei mir verhalten. Dö Dirn heißt nach ihr’n Ruf-
namen: Horlacherlies, weil’s von Klein auf bei mir war,
hat bis heunt für vater- und mutterlos golten und weiß’s
ſelber net anders; nach’m Kirchbuch heißt’s: Eliſabeth Riesler
und is, wie dö Magdalen’ ausg’ſagt hat, Dein Kind!! Es
grüßt Dich und laßt Dir Dein’n freien Will’n, dö alte Hor-
lacherin.“
(Legt den Brief vor ſich auf den Tiſch und hält ſich den Kopf mit beiden
Händen).
O Du mein Gott, is mer denn recht? Steht’s wohl
a a ſo da?
Liesl (hat dieſe Bewegung bemerkt und wendet ſich). Was is Dir?
Was ſchreibt denn die Mahm?!
Grillhofer. Ich weiß net recht — ich muß’s nomal leſen,
kimm zu mir — kimm zu mir mein Dirndl und halt mer’
es Licht.
Liesl (eilt hinzu und ſteht neben Grillhofer und hält die Lampe).
Grillhofer. (liest). „Mit ſchweren Herzen ſchick ich Dir a
Anvertraut’s z’ruck, doch ſteht Dir frei, wann’d den Brief
g’leſen haſt, ob du’s als das Deine anerkenna willſt, ſunſt
nimm ich’s mit Freuden wieder an mich. J mein, brauch mich
net z’ſchamen, wie ich Dir’s zuſchick. Dö Dirn, was heunt
zu’n zweitenmal bei Dir einſpricht, is im Deckerl in mein
Haus bracht word’n, weils dein Weib net hat am Hof vor
Augen hab’n woll’n’ aber es war ihr’Meinung, wann a recht-
ſchaffen G’ſchöpf aus ihr word’n wär, ſollt ich Dir’s zu-
ſchick’n“ ....... Vergelt Dir’s Gott, Mirzl, in ſein’n
Himmel ob’n, vergelt dir’s Gott. Vergelt er’s a der Hor-
lacherin und all’n braven Weibsleuten, wie’s an uns thun! .....
Liesl (ahnungsvoll). Aber ich kenn mi no net aus!
Grillhofer (liest). „Dö Dirn hoaßt mit ihr’m Rufnamen
Horlacherlies, weil’s von Klein auf bei mir war, hat bis heut
für vater- und mutterlos golten und weiß’s ſelber net anders,
nach’m Kirchbuch heißt’s: Eliſabeth Riesler und is, wie die
Magdalen’ ausg’ſagt hat: Dein Kind.“ — Dirndl, was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#GRI">
            <p><pb facs="#f0069" n="61"/>
wie ich Dir&#x2019;s zu&#x017F;chick. Dö Dirn, was heunt zu&#x2019;n zweitenmal<lb/>
bei Dir ein&#x017F;pricht, is im Deckerl in mein Haus bracht word&#x2019;n,<lb/>
weil&#x2019;s Dein Weib nöt hat auf&#x2019;n Hof vor Augen haben woll&#x2019;n,<lb/>
aber es war ihr&#x2019;Meinung, wann a recht&#x017F;chaffen G&#x2019;&#x017F;chöpf aus<lb/>
ihr word&#x2019;n wär&#x2019;, &#x017F;ollt ich Dir&#x2019;s zu&#x017F;chicken, lang hab&#x2019; ich mir<lb/>
dös ver&#x017F;part, aber ohne Schaden für &#x017F;ie, könnt ich&#x2019;s hizt<lb/>
nimmer bei mir verhalten. Dö Dirn heißt nach ihr&#x2019;n Ruf-<lb/>
namen: Horlacherlies, weil&#x2019;s von Klein auf bei mir war,<lb/>
hat bis heunt für vater- und mutterlos golten und weiß&#x2019;s<lb/>
&#x017F;elber net anders; nach&#x2019;m Kirchbuch heißt&#x2019;s: Eli&#x017F;abeth Riesler<lb/>
und is, wie dö Magdalen&#x2019; ausg&#x2019;&#x017F;agt hat, Dein Kind!! Es<lb/>
grüßt Dich und laßt Dir Dein&#x2019;n freien Will&#x2019;n, dö alte Hor-<lb/>
lacherin.&#x201C;</p>
            <stage>(Legt den Brief vor &#x017F;ich auf den Ti&#x017F;ch und hält &#x017F;ich den Kopf mit beiden<lb/>
Händen).</stage>
            <p>O Du mein Gott, is mer denn recht? Steht&#x2019;s wohl<lb/>
a a &#x017F;o da?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LIE">
            <speaker> <hi rendition="#b">Liesl</hi> </speaker>
            <stage>(hat die&#x017F;e Bewegung bemerkt und wendet &#x017F;ich).</stage>
            <p>Was is Dir?<lb/>
Was &#x017F;chreibt denn die Mahm?!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRI">
            <speaker> <hi rendition="#b">Grillhofer.</hi> </speaker>
            <p>Ich weiß net recht &#x2014; ich muß&#x2019;s nomal le&#x017F;en,<lb/>
kimm zu mir &#x2014; kimm zu mir mein Dirndl und halt mer&#x2019;<lb/>
es Licht.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LIE">
            <speaker> <hi rendition="#b">Liesl</hi> </speaker>
            <stage>(eilt hinzu und &#x017F;teht neben Grillhofer und hält die Lampe).</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRI">
            <speaker> <hi rendition="#b">Grillhofer.</hi> </speaker>
            <stage>(liest).</stage>
            <p>&#x201E;Mit &#x017F;chweren Herzen &#x017F;chick ich Dir a<lb/>
Anvertraut&#x2019;s z&#x2019;ruck, doch &#x017F;teht Dir frei, wann&#x2019;d den Brief<lb/>
g&#x2019;le&#x017F;en ha&#x017F;t, ob du&#x2019;s als das Deine anerkenna will&#x017F;t, &#x017F;un&#x017F;t<lb/>
nimm ich&#x2019;s mit Freuden wieder an mich. J mein, brauch mich<lb/>
net z&#x2019;&#x017F;chamen, wie ich Dir&#x2019;s zu&#x017F;chick. Dö Dirn, was heunt<lb/>
zu&#x2019;n zweitenmal bei Dir ein&#x017F;pricht, is im Deckerl in mein<lb/>
Haus bracht word&#x2019;n, weils dein Weib net hat am Hof vor<lb/>
Augen hab&#x2019;n woll&#x2019;n&#x2019; aber es war ihr&#x2019;Meinung, wann a recht-<lb/>
&#x017F;chaffen G&#x2019;&#x017F;chöpf aus ihr word&#x2019;n wär, &#x017F;ollt ich Dir&#x2019;s zu-<lb/>
&#x017F;chick&#x2019;n&#x201C; ....... Vergelt Dir&#x2019;s Gott, Mirzl, in &#x017F;ein&#x2019;n<lb/>
Himmel ob&#x2019;n, vergelt dir&#x2019;s Gott. Vergelt er&#x2019;s a der Hor-<lb/>
lacherin und all&#x2019;n braven Weibsleuten, wie&#x2019;s an uns thun! .....</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LIE">
            <speaker> <hi rendition="#b">Liesl</hi> </speaker>
            <stage>(ahnungsvoll).</stage>
            <p>Aber ich kenn mi no net aus!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRI">
            <speaker> <hi rendition="#b">Grillhofer</hi> </speaker>
            <stage>(liest).</stage>
            <p>&#x201E;Dö Dirn hoaßt mit ihr&#x2019;m Rufnamen<lb/>
Horlacherlies, weil&#x2019;s von Klein auf bei mir war, hat bis heut<lb/>
für vater- und mutterlos golten und weiß&#x2019;s &#x017F;elber net anders,<lb/>
nach&#x2019;m Kirchbuch heißt&#x2019;s: Eli&#x017F;abeth Riesler und is, wie die<lb/>
Magdalen&#x2019; ausg&#x2019;&#x017F;agt hat: Dein Kind.&#x201C; &#x2014; Dirndl, was<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0069] wie ich Dir’s zuſchick. Dö Dirn, was heunt zu’n zweitenmal bei Dir einſpricht, is im Deckerl in mein Haus bracht word’n, weil’s Dein Weib nöt hat auf’n Hof vor Augen haben woll’n, aber es war ihr’Meinung, wann a rechtſchaffen G’ſchöpf aus ihr word’n wär’, ſollt ich Dir’s zuſchicken, lang hab’ ich mir dös verſpart, aber ohne Schaden für ſie, könnt ich’s hizt nimmer bei mir verhalten. Dö Dirn heißt nach ihr’n Ruf- namen: Horlacherlies, weil’s von Klein auf bei mir war, hat bis heunt für vater- und mutterlos golten und weiß’s ſelber net anders; nach’m Kirchbuch heißt’s: Eliſabeth Riesler und is, wie dö Magdalen’ ausg’ſagt hat, Dein Kind!! Es grüßt Dich und laßt Dir Dein’n freien Will’n, dö alte Hor- lacherin.“ (Legt den Brief vor ſich auf den Tiſch und hält ſich den Kopf mit beiden Händen). O Du mein Gott, is mer denn recht? Steht’s wohl a a ſo da? Liesl (hat dieſe Bewegung bemerkt und wendet ſich). Was is Dir? Was ſchreibt denn die Mahm?! Grillhofer. Ich weiß net recht — ich muß’s nomal leſen, kimm zu mir — kimm zu mir mein Dirndl und halt mer’ es Licht. Liesl (eilt hinzu und ſteht neben Grillhofer und hält die Lampe). Grillhofer. (liest). „Mit ſchweren Herzen ſchick ich Dir a Anvertraut’s z’ruck, doch ſteht Dir frei, wann’d den Brief g’leſen haſt, ob du’s als das Deine anerkenna willſt, ſunſt nimm ich’s mit Freuden wieder an mich. J mein, brauch mich net z’ſchamen, wie ich Dir’s zuſchick. Dö Dirn, was heunt zu’n zweitenmal bei Dir einſpricht, is im Deckerl in mein Haus bracht word’n, weils dein Weib net hat am Hof vor Augen hab’n woll’n’ aber es war ihr’Meinung, wann a recht- ſchaffen G’ſchöpf aus ihr word’n wär, ſollt ich Dir’s zu- ſchick’n“ ....... Vergelt Dir’s Gott, Mirzl, in ſein’n Himmel ob’n, vergelt dir’s Gott. Vergelt er’s a der Hor- lacherin und all’n braven Weibsleuten, wie’s an uns thun! ..... Liesl (ahnungsvoll). Aber ich kenn mi no net aus! Grillhofer (liest). „Dö Dirn hoaßt mit ihr’m Rufnamen Horlacherlies, weil’s von Klein auf bei mir war, hat bis heut für vater- und mutterlos golten und weiß’s ſelber net anders, nach’m Kirchbuch heißt’s: Eliſabeth Riesler und is, wie die Magdalen’ ausg’ſagt hat: Dein Kind.“ — Dirndl, was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/anzengruber_gwissenswurm_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/anzengruber_gwissenswurm_1874/69
Zitationshilfe: Anzengruber, Ludwig: Der G'wissenswurm. Wien, 1874, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anzengruber_gwissenswurm_1874/69>, abgerufen am 29.03.2024.