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Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.

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die Resl mit erheitertem Gesicht, "Gott sei Dank, dann ist doch
eine Person dabei, die ich kenn', und die ich gern hab'!" "Und
wenn Jhr sie vielleicht statt meiner einladen wollt", fuhr der
Bote fort, "so bin ich dieser Mühe überhoben, was mir ganz
recht wäre." "Von Herzen gern, Herr", ewiederte die Resl
freudestrahlend, "so wie ich mit meiner Arbeit fertig bin, will
ich's der Leni gleich sagen." "Vortrefflich", sagte der Fremde,
"so kann ich gute Botschaft zu Hof bringen." "Nur Eines,
Herr", murmelte der Adler etwas verlegen, "möchte ich noch
fragen, wer ist denn der Bräutigam?" "Jhr habt volles Recht,
danach zu fragen", war die Erwiederung. "Der Bräutigam ist
der bravste Bursch der ganzen Gegend, und ein Preisschütze
dazu, denn er hat beim letzten Schießen den Meisterschuß ge-
macht. Ueber den seid nur ganz ruhig." "Ja, ja", meinte
der Adler, "ich bin darüber schon ruhig, aber ich möcht' nur
nicht", -- "daß aus dem Spiel Ernst wird", ergänzte der Bote,
"ich verstehe Euch, nicht wahr? seid aber unbesorgt, nach dem
Fest ist Eure Tochter so frank und frei wie heute, und der
Bursche braucht Euch gar nichts mehr anzugehen." "Nun, dann
ist alles in Ordnung", warf der Alte ein, "indem er sich ver-
gnügt die Hände rieb. "Weißt du, Resl, es ist ja nur ein
G'spiel." "Freilich Vater ist's nur ein G'spiel, sonst möcht' ich
wahrhaftig nicht dabei sein." "So gehabt Euch wohl, bis zum
Fest!" und mit diesen Worten schwang sich der Abgesandte auf's
Pferd, und im Schnelltrab ging's nach Tegernsee zurück.

Der Werber beim Bräutigam hatte anfangs mit ähnlichen
Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Franzl meinte, er sei ja ein
armer Bursch, und denke an kein Heirathen; werde sich auch
gar nicht zu benehmen wissen, und überdies habe er gar kein
schönes Gewand. Nachdem er aber endlich über alles beruhigt
wurde, versprach er, am Sonntag, und zwar in aller Frühe,
nach Tegernsee zu kommen. Die andern Boten kamen mit der
gleichen zusagenden Antwort zurück, und so war denn gegrün-
dete Hoffnung, daß nach des Königs Wunsch das Fest in vollem
Glanz gefeiert werden würde.

die Resl mit erheitertem Geſicht, „Gott ſei Dank, dann iſt doch
eine Perſon dabei, die ich kenn’, und die ich gern hab’!“ „Und
wenn Jhr ſie vielleicht ſtatt meiner einladen wollt“, fuhr der
Bote fort, „ſo bin ich dieſer Mühe überhoben, was mir ganz
recht wäre.“ „Von Herzen gern, Herr“, ewiederte die Resl
freudeſtrahlend, „ſo wie ich mit meiner Arbeit fertig bin, will
ich’s der Leni gleich ſagen.“ „Vortrefflich“, ſagte der Fremde,
„ſo kann ich gute Botſchaft zu Hof bringen.“ „Nur Eines,
Herr“, murmelte der Adler etwas verlegen, „möchte ich noch
fragen, wer iſt denn der Bräutigam?“ „Jhr habt volles Recht,
danach zu fragen“, war die Erwiederung. „Der Bräutigam iſt
der bravſte Burſch der ganzen Gegend, und ein Preisſchütze
dazu, denn er hat beim letzten Schießen den Meiſterſchuß ge-
macht. Ueber den ſeid nur ganz ruhig.“ „Ja, ja“, meinte
der Adler, „ich bin darüber ſchon ruhig, aber ich möcht’ nur
nicht“, — „daß aus dem Spiel Ernſt wird“, ergänzte der Bote,
„ich verſtehe Euch, nicht wahr? ſeid aber unbeſorgt, nach dem
Feſt iſt Eure Tochter ſo frank und frei wie heute, und der
Burſche braucht Euch gar nichts mehr anzugehen.“ „Nun, dann
iſt alles in Ordnung“, warf der Alte ein, „indem er ſich ver-
gnügt die Hände rieb. „Weißt du, Resl, es iſt ja nur ein
G’ſpiel.“ „Freilich Vater iſt’s nur ein G’ſpiel, ſonſt möcht’ ich
wahrhaftig nicht dabei ſein.“ „So gehabt Euch wohl, bis zum
Feſt!“ und mit dieſen Worten ſchwang ſich der Abgeſandte auf’s
Pferd, und im Schnelltrab ging’s nach Tegernſee zurück.

Der Werber beim Bräutigam hatte anfangs mit ähnlichen
Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Franzl meinte, er ſei ja ein
armer Burſch, und denke an kein Heirathen; werde ſich auch
gar nicht zu benehmen wiſſen, und überdies habe er gar kein
ſchönes Gewand. Nachdem er aber endlich über alles beruhigt
wurde, verſprach er, am Sonntag, und zwar in aller Frühe,
nach Tegernſee zu kommen. Die andern Boten kamen mit der
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dete Hoffnung, daß nach des Königs Wunſch das Feſt in vollem
Glanz gefeiert werden würde.

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Zitationshilfe: Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/30>, abgerufen am 28.03.2024.