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Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.

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Tochter ist aber reich, wie ich hörte?" "Den ganzen Bauern-
hof und was dazu gehört, ja, alles was mein ist, Herr, das
bekommt meine Resl." -- "Nun, das reicht doch aus, denke
ich." -- "Das thät's grad schon, aber eine Schand' ist's, Herr,
wenn sie einen heirathet, der gar nichts in's Haus bringt." --
"Ah so! ich verstehe, Jhr glaubt, Eure Ehre leidet darunter.
Was verlangt denn wohl der Anstand, daß der Bräutigam mit-
bringt?" -- "Jch mein' halt, so anderthalb tausend Gulden
könnten's grad thun." -- "Also wenn der, den ich im Sinn
hab', diese Summe mitbringt und sonst tadellos ist, so gebt
Jhr ihm Eure Tochter?" -- "Herr, ich weiß ja gar nicht, wer's
ist, und ob meine Resl einverstanden ist." -- "So thut mir
den Gefallen, ruft Eure Tochter, und erlaubt, daß ich sie selbst
frage." -- "Resl! komm' herunter", rief der Alte. -- Diese
hatte auch diesmal den Sinn des Gespräches aufgefaßt, sprang
in froher Ahnung herunter, und stellte sich mit einem freund-
lichen Knix vor den Fremden. -- "Sagt mir, Jungfer Theres",
frug dieser, "könntet Jhr Euch entschließen, den Franz Wies-
bauer von Gmund zum Mann zu nehmen?" -- "Den Franzl",
sagte das Mädchen erröthend, "ja, Herr, den nehm' ich gleich."
"Was?" schrie der Adler, "wie's nur ein G'spiel war, da hast
du dich so lang gewehrt, und jetzt, da 's für's ganze Leben gilt,
bist du gleich dabei? Jhr Dirndeln seid's doch ein gespaßiges
Volk." "Ja, wißt's Vater", antwortete sie, "jetzt kenn' ich halt
den Franzl, und wir haben uns einander gern." "So, gern
habt's Euch einander? schau', das hast du mir ja noch gar nicht
gesagt, daß Jhr so handelseins geworden seid." -- Der Alte
schritt ein paarmal rasch auf und ab, zählte an den Fingern,
dann blieb er vor der Resl stehen und sah sie nachdenkend
an, -- das Mädchen war aber jetzt mit den glühenden Wangen
noch schöner als sonst, -- und unter diesem Eindruck brach
denn die letzte Eiskruste. "So mag's halt g'scheh'n in Gott's
Namen!" rief der Adler, "wenn dem Herrn König ein Gefallen
geschieht und du glücklich wirst." -- "Glücklich, Vater, werd' ich
gewiß", sagte das entzückte Mädchen und fiel dem Vater um
den Hals. -- "Also die Sache ist fertig", sagte der Fremde.

Tochter iſt aber reich, wie ich hörte?“ „Den ganzen Bauern-
hof und was dazu gehört, ja, alles was mein iſt, Herr, das
bekommt meine Resl.“ — „Nun, das reicht doch aus, denke
ich.“ — „Das thät’s grad ſchon, aber eine Schand’ iſt’s, Herr,
wenn ſie einen heirathet, der gar nichts in’s Haus bringt.“ —
„Ah ſo! ich verſtehe, Jhr glaubt, Eure Ehre leidet darunter.
Was verlangt denn wohl der Anſtand, daß der Bräutigam mit-
bringt?“ — „Jch mein’ halt, ſo anderthalb tauſend Gulden
könnten’s grad thun.“ — „Alſo wenn der, den ich im Sinn
hab’, dieſe Summe mitbringt und ſonſt tadellos iſt, ſo gebt
Jhr ihm Eure Tochter?“ — „Herr, ich weiß ja gar nicht, wer’s
iſt, und ob meine Resl einverſtanden iſt.“ — „So thut mir
den Gefallen, ruft Eure Tochter, und erlaubt, daß ich ſie ſelbſt
frage.“ — „Resl! komm’ herunter“, rief der Alte. — Dieſe
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in froher Ahnung herunter, und ſtellte ſich mit einem freund-
lichen Knix vor den Fremden. — „Sagt mir, Jungfer Theres“,
frug dieſer, „könntet Jhr Euch entſchließen, den Franz Wies-
bauer von Gmund zum Mann zu nehmen?“ — „Den Franzl“,
ſagte das Mädchen erröthend, „ja, Herr, den nehm’ ich gleich.“
„Was?“ ſchrie der Adler, „wie’s nur ein G’ſpiel war, da haſt
du dich ſo lang gewehrt, und jetzt, da ’s für’s ganze Leben gilt,
biſt du gleich dabei? Jhr Dirndeln ſeid’s doch ein geſpaßiges
Volk.“ „Ja, wißt’s Vater“, antwortete ſie, „jetzt kenn’ ich halt
den Franzl, und wir haben uns einander gern.“ „So, gern
habt’s Euch einander? ſchau’, das haſt du mir ja noch gar nicht
geſagt, daß Jhr ſo handelseins geworden ſeid.“ — Der Alte
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dann blieb er vor der Resl ſtehen und ſah ſie nachdenkend
an, — das Mädchen war aber jetzt mit den glühenden Wangen
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denn die letzte Eiskruſte. „So mag’s halt g’ſcheh’n in Gott’s
Namen!“ rief der Adler, „wenn dem Herrn König ein Gefallen
geſchieht und du glücklich wirſt.“ — „Glücklich, Vater, werd’ ich
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Zitationshilfe: Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/63>, abgerufen am 23.04.2024.