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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Bald zug er aus sie Hemdli weiß
Er drukt es in die Wunde mit Fleiß.
Das Hemdli war vom Blut so roth
Als ob mes drinn gewasche hätt.
Und doner in de' Hof nei ritt
Si Mutter ihm entgege schritt; --
"Bis mir Gottwillche Sohn dahai!
Mit deinem bleiche Bräuteley! --
Wie ist doch deine Braut so bleicht
Als ob sie ne Kindli hätt gesäugt,
Wie sieht sie nit so höniglich
Als ob sie gar scho schwanger ist."
""Nu stille mi Mutterli stille! --
Sie red't's nit us Uwille! --
Sie ist Kindshalbe nit ugsund,
Sie ist bis auf de Tod verwundt."" --
Sie führet die Braut zum Tisch,
Bringet ihr viel Brät und Fisch,
Sie schenket ihr i vom beste Wi,
Das Bräutli möcht nit lustig sy;
Möcht weder trinke noch esse,
Ihres Unmuths nit vergesse.
Sie sprach, sie wöll's zu ner andern Zeit.
Als ihre ne Bettli wär bereit.
Sie führet die Braut zu Betli,
Vor Unmuth sie nit redti.
Mit Lichter und mit Leuchter
Mit lauter Edelleute.
Sie führet die Braut ge schlofe
Mit Reuter und mit Grofe;
Mit brennede Kirze und Fakle gut,

Bald zug er aus ſie Hemdli weiß
Er drukt es in die Wunde mit Fleiß.
Das Hemdli war vom Blut ſo roth
Als ob mes drinn gewaſche haͤtt.
Und doner in de' Hof nei ritt
Si Mutter ihm entgege ſchritt; —
„Bis mir Gottwillche Sohn dahai!
Mit deinem bleiche Braͤuteley! —
Wie iſt doch deine Braut ſo bleicht
Als ob ſie ne Kindli haͤtt geſaͤugt,
Wie ſieht ſie nit ſo hoͤniglich
Als ob ſie gar ſcho ſchwanger iſt.“
„„Nu ſtille mi Mutterli ſtille! —
Sie red't's nit us Uwille! —
Sie iſt Kindshalbe nit ugſund,
Sie iſt bis auf de Tod verwundt.““ —
Sie fuͤhret die Braut zum Tiſch,
Bringet ihr viel Braͤt und Fiſch,
Sie ſchenket ihr i vom beſte Wi,
Das Braͤutli moͤcht nit luſtig ſy;
Moͤcht weder trinke noch eſſe,
Ihres Unmuths nit vergeſſe.
Sie ſprach, ſie woͤll's zu ner andern Zeit.
Als ihre ne Bettli waͤr bereit.
Sie fuͤhret die Braut zu Betli,
Vor Unmuth ſie nit redti.
Mit Lichter und mit Leuchter
Mit lauter Edelleute.
Sie fuͤhret die Braut ge ſchlofe
Mit Reuter und mit Grofe;
Mit brennede Kirze und Fakle gut,

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[295/0307] Bald zug er aus ſie Hemdli weiß Er drukt es in die Wunde mit Fleiß. Das Hemdli war vom Blut ſo roth Als ob mes drinn gewaſche haͤtt. Und doner in de' Hof nei ritt Si Mutter ihm entgege ſchritt; — „Bis mir Gottwillche Sohn dahai! Mit deinem bleiche Braͤuteley! — Wie iſt doch deine Braut ſo bleicht Als ob ſie ne Kindli haͤtt geſaͤugt, Wie ſieht ſie nit ſo hoͤniglich Als ob ſie gar ſcho ſchwanger iſt.“ „„Nu ſtille mi Mutterli ſtille! — Sie red't's nit us Uwille! — Sie iſt Kindshalbe nit ugſund, Sie iſt bis auf de Tod verwundt.““ — Sie fuͤhret die Braut zum Tiſch, Bringet ihr viel Braͤt und Fiſch, Sie ſchenket ihr i vom beſte Wi, Das Braͤutli moͤcht nit luſtig ſy; Moͤcht weder trinke noch eſſe, Ihres Unmuths nit vergeſſe. Sie ſprach, ſie woͤll's zu ner andern Zeit. Als ihre ne Bettli waͤr bereit. Sie fuͤhret die Braut zu Betli, Vor Unmuth ſie nit redti. Mit Lichter und mit Leuchter Mit lauter Edelleute. Sie fuͤhret die Braut ge ſchlofe Mit Reuter und mit Grofe; Mit brennede Kirze und Fakle gut,

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/307>, abgerufen am 28.03.2024.