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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Vor Gott ist Klage, bi schuldig dara!"
Der Vater sprach in wilder Wuth:
"Hast du verursacht ihr unschuldigs Blut,
So mußt du au darum aufgebe
Durch mei Hand dei jugendlich Lebe."
Er zog wohl us sei glänziges Schwerdt
Und stichts dem adeliche Grofe durs Herz,
Mit grosser Gwalt dur seinen Leib,
Bis daß er tod auf der Erde leit.
Sie vergrabet d Braut uf das veste Schloß,
Grof Friedrich in e tiefes Moos.
Dahin man seinen Leib vergrub,
Allda es kürzlich zu blühen erhub.
Und dones wär am dritte Tag
So wachset drey Lilie uf sim Grab.
Darinne stund geschriebe;
Bey Gott sey er gebliebe.
Sie nemmet Grof Friedrich us dem Moos,
Sie führet ihn uf sei vestes Schloß,
Zu seiner Braut man ihn vergrub,
Und kürzlich zu blühe das erhub,
Er ist de dritte Tag scho todt,
Er blühet wie'ne Rose roth,
Ein grosses Wunder au geschah,
Das menger Mensch glaubhaftig sah.
Mit weissen Armen er sie umfieng,
Ein Red' us seinem Munde gieng:
"Ich danke eu ihr liebe Leut,
Daß ihr mi zu meim Schaz geleit;
Weil ih by meiner Buhle by
Fahr ich us dieser Welt dahi,

Vor Gott iſt Klage, bi ſchuldig dara!“
Der Vater ſprach in wilder Wuth:
„Haſt du verurſacht ihr unſchuldigs Blut,
So mußt du au darum aufgebe
Durch mei Hand dei jugendlich Lebe.“
Er zog wohl us ſei glaͤnziges Schwerdt
Und ſtichts dem adeliche Grofe durs Herz,
Mit groſſer Gwalt dur ſeinen Leib,
Bis daß er tod auf der Erde leit.
Sie vergrabet d Braut uf das veſte Schloß,
Grof Friedrich in e tiefes Moos.
Dahin man ſeinen Leib vergrub,
Allda es kuͤrzlich zu bluͤhen erhub.
Und dones waͤr am dritte Tag
So wachſet drey Lilie uf ſim Grab.
Darinne ſtund geſchriebe;
Bey Gott ſey er gebliebe.
Sie nemmet Grof Friedrich us dem Moos,
Sie fuͤhret ihn uf ſei veſtes Schloß,
Zu ſeiner Braut man ihn vergrub,
Und kuͤrzlich zu bluͤhe das erhub,
Er iſt de dritte Tag ſcho todt,
Er bluͤhet wie'ne Roſe roth,
Ein groſſes Wunder au geſchah,
Das menger Menſch glaubhaftig ſah.
Mit weiſſen Armen er ſie umfieng,
Ein Red' us ſeinem Munde gieng:
„Ich danke eu ihr liebe Leut,
Daß ihr mi zu meim Schaz geleit;
Weil ih by meiner Buhle by
Fahr ich us dieſer Welt dahi,

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[297/0309] Vor Gott iſt Klage, bi ſchuldig dara!“ Der Vater ſprach in wilder Wuth: „Haſt du verurſacht ihr unſchuldigs Blut, So mußt du au darum aufgebe Durch mei Hand dei jugendlich Lebe.“ Er zog wohl us ſei glaͤnziges Schwerdt Und ſtichts dem adeliche Grofe durs Herz, Mit groſſer Gwalt dur ſeinen Leib, Bis daß er tod auf der Erde leit. Sie vergrabet d Braut uf das veſte Schloß, Grof Friedrich in e tiefes Moos. Dahin man ſeinen Leib vergrub, Allda es kuͤrzlich zu bluͤhen erhub. Und dones waͤr am dritte Tag So wachſet drey Lilie uf ſim Grab. Darinne ſtund geſchriebe; Bey Gott ſey er gebliebe. Sie nemmet Grof Friedrich us dem Moos, Sie fuͤhret ihn uf ſei veſtes Schloß, Zu ſeiner Braut man ihn vergrub, Und kuͤrzlich zu bluͤhe das erhub, Er iſt de dritte Tag ſcho todt, Er bluͤhet wie'ne Roſe roth, Ein groſſes Wunder au geſchah, Das menger Menſch glaubhaftig ſah. Mit weiſſen Armen er ſie umfieng, Ein Red' us ſeinem Munde gieng: „Ich danke eu ihr liebe Leut, Daß ihr mi zu meim Schaz geleit; Weil ih by meiner Buhle by Fahr ich us dieſer Welt dahi,

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/309>, abgerufen am 23.04.2024.