Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Teufel sprach zum Unverfehrden:
"Nun soll es gar nicht lange werden,
"Laßt euer Rütteln, sitzet still,
"Ich über die Pfütze springen will."
Nun kamen sie zum heilgen Grab,
Sie stiegen von der Geiße ab.
Der Teufel blieb für sich allein,
Herr Thedel ging in Jerusalem ein,
Da ließ er zum Gedächtniß sein
Sich mahlen dort ein Schild so fein,
Was ich allda noch hab gesehen,
Hoch in der Kirche thut es stehen.
All seine Wunder beichtet gern,
Geht auch zum Nachtmal unsres Herrn,
Und dann besah er alles mein ich,
Ward auch gewahr den Herzog Heinrich,
Der damals mit dem Löwen sein,
Und einem Grus im Dom erscheint:
"Wie geht es unserm lieben Gemahl
"Mit unsern Kindern auf dem Saal?
Der Unverfehrt war da bekannt,
"Es steht noch wohl im ganzen Land,
"Doch sagt man, daß ihr seyd ertrunken,
"Mit Rittern und mit Gut versunken,
"Die Herzogin will sich vermählen,
"Den Pfalzgraf thut sie sich erwählen."
Darob erschrak der Herzog sehr,
Und bat sogleich den Unverfehrt,
Zur Mahlzeit sollt er zu ihm kommen,
Und Briefe würd er da bekommen.
Darauf gab Thedel sein Bericht:

Der Teufel ſprach zum Unverfehrden:
„Nun ſoll es gar nicht lange werden,
„Laßt euer Ruͤtteln, ſitzet ſtill,
„Ich uͤber die Pfuͤtze ſpringen will.“
Nun kamen ſie zum heilgen Grab,
Sie ſtiegen von der Geiße ab.
Der Teufel blieb fuͤr ſich allein,
Herr Thedel ging in Jeruſalem ein,
Da ließ er zum Gedaͤchtniß ſein
Sich mahlen dort ein Schild ſo fein,
Was ich allda noch hab geſehen,
Hoch in der Kirche thut es ſtehen.
All ſeine Wunder beichtet gern,
Geht auch zum Nachtmal unſres Herrn,
Und dann beſah er alles mein ich,
Ward auch gewahr den Herzog Heinrich,
Der damals mit dem Loͤwen ſein,
Und einem Grus im Dom erſcheint:
„Wie geht es unſerm lieben Gemahl
„Mit unſern Kindern auf dem Saal?
Der Unverfehrt war da bekannt,
„Es ſteht noch wohl im ganzen Land,
„Doch ſagt man, daß ihr ſeyd ertrunken,
„Mit Rittern und mit Gut verſunken,
„Die Herzogin will ſich vermaͤhlen,
„Den Pfalzgraf thut ſie ſich erwaͤhlen.“
Darob erſchrak der Herzog ſehr,
Und bat ſogleich den Unverfehrt,
Zur Mahlzeit ſollt er zu ihm kommen,
Und Briefe wuͤrd er da bekommen.
Darauf gab Thedel ſein Bericht:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <pb facs="#f0318" n="306"/>
                <l>Der Teufel &#x017F;prach zum Unverfehrden:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Nun &#x017F;oll es gar nicht lange werden,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Laßt euer Ru&#x0364;tteln, &#x017F;itzet &#x017F;till,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Ich u&#x0364;ber die Pfu&#x0364;tze &#x017F;pringen will.&#x201C;</l><lb/>
                <l>Nun kamen &#x017F;ie zum heilgen Grab,</l><lb/>
                <l>Sie &#x017F;tiegen von der Geiße ab.</l><lb/>
                <l>Der Teufel blieb fu&#x0364;r &#x017F;ich allein,</l><lb/>
                <l>Herr Thedel ging in Jeru&#x017F;alem ein,</l><lb/>
                <l>Da ließ er zum Geda&#x0364;chtniß &#x017F;ein</l><lb/>
                <l>Sich mahlen dort ein Schild &#x017F;o fein,</l><lb/>
                <l>Was ich allda noch hab ge&#x017F;ehen,</l><lb/>
                <l>Hoch in der Kirche thut es &#x017F;tehen.</l><lb/>
                <l>All &#x017F;eine Wunder beichtet gern,</l><lb/>
                <l>Geht auch zum Nachtmal un&#x017F;res Herrn,</l><lb/>
                <l>Und dann be&#x017F;ah er alles mein ich,</l><lb/>
                <l>Ward auch gewahr den Herzog Heinrich,</l><lb/>
                <l>Der damals mit dem Lo&#x0364;wen &#x017F;ein,</l><lb/>
                <l>Und einem Grus im Dom er&#x017F;cheint:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Wie geht es un&#x017F;erm lieben Gemahl</l><lb/>
                <l>&#x201E;Mit un&#x017F;ern Kindern auf dem Saal?</l><lb/>
                <l>Der Unverfehrt war da bekannt,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Es &#x017F;teht noch wohl im ganzen Land,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Doch &#x017F;agt man, daß ihr &#x017F;eyd ertrunken,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Mit Rittern und mit Gut ver&#x017F;unken,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Die Herzogin will &#x017F;ich verma&#x0364;hlen,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Den Pfalzgraf thut &#x017F;ie &#x017F;ich erwa&#x0364;hlen.&#x201C;</l><lb/>
                <l>Darob er&#x017F;chrak der Herzog &#x017F;ehr,</l><lb/>
                <l>Und bat &#x017F;ogleich den Unverfehrt,</l><lb/>
                <l>Zur Mahlzeit &#x017F;ollt er zu ihm kommen,</l><lb/>
                <l>Und Briefe wu&#x0364;rd er da bekommen.</l><lb/>
                <l>Darauf gab Thedel &#x017F;ein Bericht:</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0318] Der Teufel ſprach zum Unverfehrden: „Nun ſoll es gar nicht lange werden, „Laßt euer Ruͤtteln, ſitzet ſtill, „Ich uͤber die Pfuͤtze ſpringen will.“ Nun kamen ſie zum heilgen Grab, Sie ſtiegen von der Geiße ab. Der Teufel blieb fuͤr ſich allein, Herr Thedel ging in Jeruſalem ein, Da ließ er zum Gedaͤchtniß ſein Sich mahlen dort ein Schild ſo fein, Was ich allda noch hab geſehen, Hoch in der Kirche thut es ſtehen. All ſeine Wunder beichtet gern, Geht auch zum Nachtmal unſres Herrn, Und dann beſah er alles mein ich, Ward auch gewahr den Herzog Heinrich, Der damals mit dem Loͤwen ſein, Und einem Grus im Dom erſcheint: „Wie geht es unſerm lieben Gemahl „Mit unſern Kindern auf dem Saal? Der Unverfehrt war da bekannt, „Es ſteht noch wohl im ganzen Land, „Doch ſagt man, daß ihr ſeyd ertrunken, „Mit Rittern und mit Gut verſunken, „Die Herzogin will ſich vermaͤhlen, „Den Pfalzgraf thut ſie ſich erwaͤhlen.“ Darob erſchrak der Herzog ſehr, Und bat ſogleich den Unverfehrt, Zur Mahlzeit ſollt er zu ihm kommen, Und Briefe wuͤrd er da bekommen. Darauf gab Thedel ſein Bericht:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/318
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/318>, abgerufen am 28.03.2024.