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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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"Dein Glauben ist so ganz und gar,
"Daß ich dir bringe kein Gefahr.
Da gab er auf den Unverfehrt,
Und schenkt ihm gleich das schwarze Pferd.
Der ritt von dannen immerfort
Bis zu der Haard, nach jenem Ort,
Wo er den Schreiber lassen thät,
Beym Hasengarn zu Abends spät.
Dem lags gar übel in dem Sinn,
Daß er nicht wußt wo aus, wo hin,
Nach Lotter er getraut sich nicht,
Weil er vom Herren ohn Bericht.
Der Junker sprach: "Gott sey geehrt,
"Wie hast du Schreiber dich verfehrt,
"Wovon bist du geworden grau?"
Der Schreiber sprach: "Da ich euch schau,
"Wie ihr so stark und unversehrt
"Gewonnen habt das schwarze Pferd,
"So hab ich all mein Leid vergessen."
Herr Thedel sprach: "So häng indessen
"Das Hasengarn wohl auf dein Pferd.
"Ich reit zu meiner Hausfrau heim,
"Die mag in grossen Aengsten seyn."
Die Hausfrau ihm entgegen ging,
Mit ihren Armen ihn umfing,
Und fragt ihn wo er blieben wär:
"Ich hab gejagt bey meiner Ehr!
Da nun die Mahlzeit war gethan,
Da fing die Hausfrau wieder an,
Sprach: "Lieber Junker Unverfehrt;
"Woher habt ihr das schwarze Pferd,

„Dein Glauben iſt ſo ganz und gar,
„Daß ich dir bringe kein Gefahr.
Da gab er auf den Unverfehrt,
Und ſchenkt ihm gleich das ſchwarze Pferd.
Der ritt von dannen immerfort
Bis zu der Haard, nach jenem Ort,
Wo er den Schreiber laſſen thaͤt,
Beym Haſengarn zu Abends ſpaͤt.
Dem lags gar uͤbel in dem Sinn,
Daß er nicht wußt wo aus, wo hin,
Nach Lotter er getraut ſich nicht,
Weil er vom Herren ohn Bericht.
Der Junker ſprach: „Gott ſey geehrt,
„Wie haſt du Schreiber dich verfehrt,
„Wovon biſt du geworden grau?“
Der Schreiber ſprach: „Da ich euch ſchau,
„Wie ihr ſo ſtark und unverſehrt
„Gewonnen habt das ſchwarze Pferd,
„So hab ich all mein Leid vergeſſen.“
Herr Thedel ſprach: „So haͤng indeſſen
„Das Haſengarn wohl auf dein Pferd.
„Ich reit zu meiner Hausfrau heim,
„Die mag in groſſen Aengſten ſeyn.“
Die Hausfrau ihm entgegen ging,
Mit ihren Armen ihn umfing,
Und fragt ihn wo er blieben waͤr:
„Ich hab gejagt bey meiner Ehr!
Da nun die Mahlzeit war gethan,
Da fing die Hausfrau wieder an,
Sprach: „Lieber Junker Unverfehrt;
„Woher habt ihr das ſchwarze Pferd,

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[308/0320] „Dein Glauben iſt ſo ganz und gar, „Daß ich dir bringe kein Gefahr. Da gab er auf den Unverfehrt, Und ſchenkt ihm gleich das ſchwarze Pferd. Der ritt von dannen immerfort Bis zu der Haard, nach jenem Ort, Wo er den Schreiber laſſen thaͤt, Beym Haſengarn zu Abends ſpaͤt. Dem lags gar uͤbel in dem Sinn, Daß er nicht wußt wo aus, wo hin, Nach Lotter er getraut ſich nicht, Weil er vom Herren ohn Bericht. Der Junker ſprach: „Gott ſey geehrt, „Wie haſt du Schreiber dich verfehrt, „Wovon biſt du geworden grau?“ Der Schreiber ſprach: „Da ich euch ſchau, „Wie ihr ſo ſtark und unverſehrt „Gewonnen habt das ſchwarze Pferd, „So hab ich all mein Leid vergeſſen.“ Herr Thedel ſprach: „So haͤng indeſſen „Das Haſengarn wohl auf dein Pferd. „Ich reit zu meiner Hausfrau heim, „Die mag in groſſen Aengſten ſeyn.“ Die Hausfrau ihm entgegen ging, Mit ihren Armen ihn umfing, Und fragt ihn wo er blieben waͤr: „Ich hab gejagt bey meiner Ehr! Da nun die Mahlzeit war gethan, Da fing die Hausfrau wieder an, Sprach: „Lieber Junker Unverfehrt; „Woher habt ihr das ſchwarze Pferd,

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/320>, abgerufen am 23.04.2024.