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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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"Hier unter uns erwähl von dreyen!"
Da er nun diese Wort gehört,
Aus seinem Schlaf geschwind auffährt,
Erwacht mit himmlischer Lieb durchgossen,
Seine Auge rannen von ihm erschlossen;
Ein Jungfrau sprach zu ihm da gnädig:
"Nimm die, so jezt mit dir geredet,
"Dann wie sie schöner ist als wir
"Kann ich jezund versprechen dir,
"Also ist sie vor Gott auch höher,
"Und deiner Bitt Gewährung näher,
"Ihr Name ist dir wohlbekannt,
"Sankt Katarina ist genannt."
Darauf der Jüngling sie thät grüssen,
Und fiel der Jungfrau still zu Füssen,
Hub an zu weinen inniglich,
Und bat die Heilige demüthlich,
Sie wolle seiner sich des Armen
Allzeiten über ihn erbarmen.
Sie setzt' ihm auf ein Rosenkranz,
Der gab von sich ein Sonnenglanz,
Und sprach: "Nimm diesen Kranz der Liebe
"Von mir, die du sollst stetig üben!"
Verschwand also vor seinen Augen,
Mit ihren zweyen Beyjungfrauen.
Da nun der Graf jezund erwacht,
Hat er des Rosenkranz gedacht,
Auf seinem Haupt thät er den finden,
Thät ihn mit Wohlgeruch umwinden.
Nachdem es aber sich begab,
Daß man dem Grafen sehr oblag,

„Hier unter uns erwaͤhl von dreyen!“
Da er nun dieſe Wort gehoͤrt,
Aus ſeinem Schlaf geſchwind auffaͤhrt,
Erwacht mit himmliſcher Lieb durchgoſſen,
Seine Auge rannen von ihm erſchloſſen;
Ein Jungfrau ſprach zu ihm da gnaͤdig:
„Nimm die, ſo jezt mit dir geredet,
„Dann wie ſie ſchoͤner iſt als wir
„Kann ich jezund verſprechen dir,
„Alſo iſt ſie vor Gott auch hoͤher,
„Und deiner Bitt Gewaͤhrung naͤher,
„Ihr Name iſt dir wohlbekannt,
„Sankt Katarina iſt genannt.“
Darauf der Juͤngling ſie thaͤt gruͤſſen,
Und fiel der Jungfrau ſtill zu Fuͤſſen,
Hub an zu weinen inniglich,
Und bat die Heilige demuͤthlich,
Sie wolle ſeiner ſich des Armen
Allzeiten uͤber ihn erbarmen.
Sie ſetzt' ihm auf ein Roſenkranz,
Der gab von ſich ein Sonnenglanz,
Und ſprach: „Nimm dieſen Kranz der Liebe
„Von mir, die du ſollſt ſtetig uͤben!“
Verſchwand alſo vor ſeinen Augen,
Mit ihren zweyen Beyjungfrauen.
Da nun der Graf jezund erwacht,
Hat er des Roſenkranz gedacht,
Auf ſeinem Haupt thaͤt er den finden,
Thaͤt ihn mit Wohlgeruch umwinden.
Nachdem es aber ſich begab,
Daß man dem Grafen ſehr oblag,

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[320/0332] „Hier unter uns erwaͤhl von dreyen!“ Da er nun dieſe Wort gehoͤrt, Aus ſeinem Schlaf geſchwind auffaͤhrt, Erwacht mit himmliſcher Lieb durchgoſſen, Seine Auge rannen von ihm erſchloſſen; Ein Jungfrau ſprach zu ihm da gnaͤdig: „Nimm die, ſo jezt mit dir geredet, „Dann wie ſie ſchoͤner iſt als wir „Kann ich jezund verſprechen dir, „Alſo iſt ſie vor Gott auch hoͤher, „Und deiner Bitt Gewaͤhrung naͤher, „Ihr Name iſt dir wohlbekannt, „Sankt Katarina iſt genannt.“ Darauf der Juͤngling ſie thaͤt gruͤſſen, Und fiel der Jungfrau ſtill zu Fuͤſſen, Hub an zu weinen inniglich, Und bat die Heilige demuͤthlich, Sie wolle ſeiner ſich des Armen Allzeiten uͤber ihn erbarmen. Sie ſetzt' ihm auf ein Roſenkranz, Der gab von ſich ein Sonnenglanz, Und ſprach: „Nimm dieſen Kranz der Liebe „Von mir, die du ſollſt ſtetig uͤben!“ Verſchwand alſo vor ſeinen Augen, Mit ihren zweyen Beyjungfrauen. Da nun der Graf jezund erwacht, Hat er des Roſenkranz gedacht, Auf ſeinem Haupt thaͤt er den finden, Thaͤt ihn mit Wohlgeruch umwinden. Nachdem es aber ſich begab, Daß man dem Grafen ſehr oblag,

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/332>, abgerufen am 28.03.2024.