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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Wie kommts, daß der verdrieslich Wald
Dir besser als die Stadt gefallt?
Soll dann ein so betrübter Stand
Das grob und rauhe Klausnerg'wand
Den schönsten Kleidern von Drador
Und Silber gehen vor.

Eremit. Ein G'müth, so nach dem Himmel tracht,
Acht' kein Geschmuck noch Kleiderpracht,
Ein Hütt so mich bedecken kann,
Ist stattlich gnug für mein Person:
Dazu wo findt man größre Freud,
Als in der süßen Einsamkeit?
Da kann man in vergnügter Ruh
Sein Leben bringen zu.
Cupido. Ja, ja, hast recht, ich stimm dir bey
Daß es kein gemeiner Wollust sey,
Zubringen seine Lebenszeit
In Wäldern mit der Jagdbarkeit,
Wo man die Hirschen und die Reh
Sieht lustig springen in die Höh,
Doch aber so verschlossen sein,
Das geht mir gar nicht ein.
Eremit. Ist nur ein schnöde Eitelkeit
Das irdisch Geschütz und Jagdbarkeit,
Ein rein anmüthig Klausnerg'müth,
Das ist allein mein Jagdgebieth,
Mit dem Brevier so mein Geschoß,
Geh ich auf gutes Waidwerk los,
Bring meiner Seele einen Schmaus
Von dieser Jagd nach Haus.

Wie kommts, daß der verdrieslich Wald
Dir beſſer als die Stadt gefallt?
Soll dann ein ſo betruͤbter Stand
Das grob und rauhe Klauſnerg'wand
Den ſchoͤnſten Kleidern von Drador
Und Silber gehen vor.

Eremit. Ein G'muͤth, ſo nach dem Himmel tracht,
Acht' kein Geſchmuck noch Kleiderpracht,
Ein Huͤtt ſo mich bedecken kann,
Iſt ſtattlich gnug fuͤr mein Perſon:
Dazu wo findt man groͤßre Freud,
Als in der ſuͤßen Einſamkeit?
Da kann man in vergnuͤgter Ruh
Sein Leben bringen zu.
Cupido. Ja, ja, haſt recht, ich ſtimm dir bey
Daß es kein gemeiner Wolluſt ſey,
Zubringen ſeine Lebenszeit
In Waͤldern mit der Jagdbarkeit,
Wo man die Hirſchen und die Reh
Sieht luſtig ſpringen in die Hoͤh,
Doch aber ſo verſchloſſen ſein,
Das geht mir gar nicht ein.
Eremit. Iſt nur ein ſchnoͤde Eitelkeit
Das irdiſch Geſchuͤtz und Jagdbarkeit,
Ein rein anmuͤthig Klausnerg'muͤth,
Das iſt allein mein Jagdgebieth,
Mit dem Brevier ſo mein Geſchoß,
Geh ich auf gutes Waidwerk los,
Bring meiner Seele einen Schmaus
Von dieſer Jagd nach Haus.

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[351/0363] Wie kommts, daß der verdrieslich Wald Dir beſſer als die Stadt gefallt? Soll dann ein ſo betruͤbter Stand Das grob und rauhe Klauſnerg'wand Den ſchoͤnſten Kleidern von Drador Und Silber gehen vor. Eremit. Ein G'muͤth, ſo nach dem Himmel tracht, Acht' kein Geſchmuck noch Kleiderpracht, Ein Huͤtt ſo mich bedecken kann, Iſt ſtattlich gnug fuͤr mein Perſon: Dazu wo findt man groͤßre Freud, Als in der ſuͤßen Einſamkeit? Da kann man in vergnuͤgter Ruh Sein Leben bringen zu. Cupido. Ja, ja, haſt recht, ich ſtimm dir bey Daß es kein gemeiner Wolluſt ſey, Zubringen ſeine Lebenszeit In Waͤldern mit der Jagdbarkeit, Wo man die Hirſchen und die Reh Sieht luſtig ſpringen in die Hoͤh, Doch aber ſo verſchloſſen ſein, Das geht mir gar nicht ein. Eremit. Iſt nur ein ſchnoͤde Eitelkeit Das irdiſch Geſchuͤtz und Jagdbarkeit, Ein rein anmuͤthig Klausnerg'muͤth, Das iſt allein mein Jagdgebieth, Mit dem Brevier ſo mein Geſchoß, Geh ich auf gutes Waidwerk los, Bring meiner Seele einen Schmaus Von dieſer Jagd nach Haus.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/363>, abgerufen am 28.03.2024.