vergangne Zeiten zwischen Euch beiden wieder aufer- stehen.
Der lieben Meline Mützchen ist auch angekommen. Ich darf's nicht laut sagen; es steht aber niemand so gut als ihr. Freund Stollen's Attention auf dem blauen Papier hat Dir doch Freude gemacht. Adieu mein ar- tig Kind! schreibe bald, daß ich wieder was zu über- setzen habe.
An Goethe.
G. 17. September.
Freundlicher Mann! Du bist zu gut, Du nimmst alles, was ich Dir im heiteren Übermuth biete, als wenn es noch so viel Werth habe; aber ich fühl's recht in deinem freundlichen Herabneigen, daß Du mir gut bist, wie dem Kind, das Gras und Kräuter bringt und meint, es habe einen auserlesenen Strauß zusammen ge- sucht; dem lächelt man auch so zu und sagt; wie schön ist dein Strauß, wie angenehm duftet er, er soll mir blühen in meinem Garten, hier unter mein Fenster will ich ihn pflanzen; und doch sind es nur wurzellose Feld- blumen, die bald welken. Ich aber sehe mit Lust, wie
I. 8
vergangne Zeiten zwiſchen Euch beiden wieder aufer- ſtehen.
Der lieben Meline Mützchen iſt auch angekommen. Ich darf's nicht laut ſagen; es ſteht aber niemand ſo gut als ihr. Freund Stollen's Attention auf dem blauen Papier hat Dir doch Freude gemacht. Adieu mein ar- tig Kind! ſchreibe bald, daß ich wieder was zu über- ſetzen habe.
An Goethe.
G. 17. September.
Freundlicher Mann! Du biſt zu gut, Du nimmſt alles, was ich Dir im heiteren Übermuth biete, als wenn es noch ſo viel Werth habe; aber ich fühl's recht in deinem freundlichen Herabneigen, daß Du mir gut biſt, wie dem Kind, das Gras und Kräuter bringt und meint, es habe einen auserleſenen Strauß zuſammen ge- ſucht; dem lächelt man auch ſo zu und ſagt; wie ſchön iſt dein Strauß, wie angenehm duftet er, er ſoll mir blühen in meinem Garten, hier unter mein Fenſter will ich ihn pflanzen; und doch ſind es nur wurzelloſe Feld- blumen, die bald welken. Ich aber ſehe mit Luſt, wie
I. 8
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0201"n="169"/>
vergangne Zeiten zwiſchen Euch beiden wieder aufer-<lb/>ſtehen.</p><lb/><p>Der lieben Meline Mützchen iſt auch angekommen.<lb/>
Ich darf's nicht laut ſagen; es ſteht aber niemand ſo<lb/>
gut als ihr. Freund Stollen's Attention auf dem blauen<lb/>
Papier hat Dir doch Freude gemacht. Adieu mein ar-<lb/>
tig Kind! ſchreibe bald, daß ich wieder was zu über-<lb/>ſetzen habe.</p></div><lb/><divn="2"><opener><salute>An Goethe.</salute><lb/><dateline><hirendition="#et">G. 17. September.</hi></dateline></opener><lb/><p>Freundlicher Mann! Du biſt zu gut, Du nimmſt<lb/>
alles, was ich Dir im heiteren Übermuth biete, als<lb/>
wenn es noch ſo viel Werth habe; aber ich fühl's recht<lb/>
in deinem freundlichen Herabneigen, daß Du mir gut<lb/>
biſt, wie dem Kind, das Gras und Kräuter bringt und<lb/>
meint, es habe einen auserleſenen Strauß zuſammen ge-<lb/>ſucht; dem lächelt man auch ſo zu und ſagt; wie ſchön<lb/>
iſt dein Strauß, wie angenehm duftet er, er ſoll mir<lb/>
blühen in meinem Garten, hier unter mein Fenſter will<lb/>
ich ihn pflanzen; und doch ſind es nur wurzelloſe Feld-<lb/>
blumen, die bald welken. Ich aber ſehe mit Luſt, wie<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">I.</hi> 8</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[169/0201]
vergangne Zeiten zwiſchen Euch beiden wieder aufer-
ſtehen.
Der lieben Meline Mützchen iſt auch angekommen.
Ich darf's nicht laut ſagen; es ſteht aber niemand ſo
gut als ihr. Freund Stollen's Attention auf dem blauen
Papier hat Dir doch Freude gemacht. Adieu mein ar-
tig Kind! ſchreibe bald, daß ich wieder was zu über-
ſetzen habe.
An Goethe.
G. 17. September.
Freundlicher Mann! Du biſt zu gut, Du nimmſt
alles, was ich Dir im heiteren Übermuth biete, als
wenn es noch ſo viel Werth habe; aber ich fühl's recht
in deinem freundlichen Herabneigen, daß Du mir gut
biſt, wie dem Kind, das Gras und Kräuter bringt und
meint, es habe einen auserleſenen Strauß zuſammen ge-
ſucht; dem lächelt man auch ſo zu und ſagt; wie ſchön
iſt dein Strauß, wie angenehm duftet er, er ſoll mir
blühen in meinem Garten, hier unter mein Fenſter will
ich ihn pflanzen; und doch ſind es nur wurzelloſe Feld-
blumen, die bald welken. Ich aber ſehe mit Luſt, wie
I. 8
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/201>, abgerufen am 14.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.