Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

voll Freude und rief: Wenn ihm jemand Verstand über
Musik beibringen kann so bin ich's. Die Idee Dich im
Carlsbade aufzusuchen ergriff er mit Begeistrung, er
schlug sich vor den Kopf und sagte: konnte ich das nicht
schon früher gethan haben? -- aber wahrhaftig ich hab
schon daran gedacht ich hab's aus Timidität unterlassen,
die neckt mich manchmal als ob ich kein rechter Mensch
wär, aber vor dem Goethe fürcht ich mich nun nicht
mehr. -- Rechne daher darauf daß Du ihn im näch-
sten Jahr siehst.

Nun antworte ich nur noch auf die letzten Punkte
deines Briefs aus denen ich Honig sammle: Die Gegen-
stände um mich her verändern sich zwar aber sie ver-
schönern sich nicht, das Schönste ist ja doch, daß ich
von Dir weiß, und mich würde nichts freuen wenn Du
nicht wärst vor dem ich es aussprechen dürfte; und
zweifelst Du daran so ist Dir auch dran gelegen, und
bin ich auch glücklicher als mich alle gezählten und un-
gezählten Freunde je machen können. Mein Wolfgang
Du zählst nicht mit unter den Freunden, lieber will ich
gar keinen zählen.

Den Herzog grüße, leg mich ihm zu Füßen, sag
ihm daß ich ihn nicht vergessen habe, auch keine Minute
die ich dort mit ihm erlebt habe. -- Daß er mir er-

voll Freude und rief: Wenn ihm jemand Verſtand über
Muſik beibringen kann ſo bin ich's. Die Idee Dich im
Carlsbade aufzuſuchen ergriff er mit Begeiſtrung, er
ſchlug ſich vor den Kopf und ſagte: konnte ich das nicht
ſchon früher gethan haben? — aber wahrhaftig ich hab
ſchon daran gedacht ich hab's aus Timidität unterlaſſen,
die neckt mich manchmal als ob ich kein rechter Menſch
wär, aber vor dem Goethe fürcht ich mich nun nicht
mehr. — Rechne daher darauf daß Du ihn im näch-
ſten Jahr ſiehſt.

Nun antworte ich nur noch auf die letzten Punkte
deines Briefs aus denen ich Honig ſammle: Die Gegen-
ſtände um mich her verändern ſich zwar aber ſie ver-
ſchönern ſich nicht, das Schönſte iſt ja doch, daß ich
von Dir weiß, und mich würde nichts freuen wenn Du
nicht wärſt vor dem ich es ausſprechen dürfte; und
zweifelſt Du daran ſo iſt Dir auch dran gelegen, und
bin ich auch glücklicher als mich alle gezählten und un-
gezählten Freunde je machen können. Mein Wolfgang
Du zählſt nicht mit unter den Freunden, lieber will ich
gar keinen zählen.

Den Herzog grüße, leg mich ihm zu Füßen, ſag
ihm daß ich ihn nicht vergeſſen habe, auch keine Minute
die ich dort mit ihm erlebt habe. — Daß er mir er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0214" n="204"/>
voll Freude und rief: Wenn ihm jemand Ver&#x017F;tand über<lb/>
Mu&#x017F;ik beibringen kann &#x017F;o bin ich's. Die Idee Dich im<lb/>
Carlsbade aufzu&#x017F;uchen ergriff er mit Begei&#x017F;trung, er<lb/>
&#x017F;chlug &#x017F;ich vor den Kopf und &#x017F;agte: konnte ich das nicht<lb/>
&#x017F;chon früher gethan haben? &#x2014; aber wahrhaftig ich hab<lb/>
&#x017F;chon daran gedacht ich hab's aus Timidität unterla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die neckt mich manchmal als ob ich kein rechter Men&#x017F;ch<lb/>
wär, aber vor dem Goethe fürcht ich mich nun nicht<lb/>
mehr. &#x2014; Rechne daher darauf daß Du ihn im näch-<lb/>
&#x017F;ten Jahr &#x017F;ieh&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Nun antworte ich nur noch auf die letzten Punkte<lb/>
deines Briefs aus denen ich Honig &#x017F;ammle: Die Gegen-<lb/>
&#x017F;tände um mich her verändern &#x017F;ich zwar aber &#x017F;ie ver-<lb/>
&#x017F;chönern &#x017F;ich nicht, das Schön&#x017F;te i&#x017F;t ja doch, daß ich<lb/>
von <hi rendition="#g">Dir</hi> weiß, und mich würde nichts freuen wenn Du<lb/>
nicht wär&#x017F;t vor dem ich es aus&#x017F;prechen dürfte; und<lb/>
zweifel&#x017F;t Du daran &#x017F;o i&#x017F;t Dir auch dran gelegen, und<lb/>
bin ich auch glücklicher als mich alle gezählten und un-<lb/>
gezählten Freunde je machen können. Mein Wolfgang<lb/>
Du zähl&#x017F;t nicht mit unter den Freunden, lieber will ich<lb/>
gar keinen zählen.</p><lb/>
          <p>Den Herzog grüße, leg mich ihm zu Füßen, &#x017F;ag<lb/>
ihm daß ich ihn nicht verge&#x017F;&#x017F;en habe, auch keine Minute<lb/>
die ich dort mit ihm erlebt habe. &#x2014; Daß er mir er-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0214] voll Freude und rief: Wenn ihm jemand Verſtand über Muſik beibringen kann ſo bin ich's. Die Idee Dich im Carlsbade aufzuſuchen ergriff er mit Begeiſtrung, er ſchlug ſich vor den Kopf und ſagte: konnte ich das nicht ſchon früher gethan haben? — aber wahrhaftig ich hab ſchon daran gedacht ich hab's aus Timidität unterlaſſen, die neckt mich manchmal als ob ich kein rechter Menſch wär, aber vor dem Goethe fürcht ich mich nun nicht mehr. — Rechne daher darauf daß Du ihn im näch- ſten Jahr ſiehſt. Nun antworte ich nur noch auf die letzten Punkte deines Briefs aus denen ich Honig ſammle: Die Gegen- ſtände um mich her verändern ſich zwar aber ſie ver- ſchönern ſich nicht, das Schönſte iſt ja doch, daß ich von Dir weiß, und mich würde nichts freuen wenn Du nicht wärſt vor dem ich es ausſprechen dürfte; und zweifelſt Du daran ſo iſt Dir auch dran gelegen, und bin ich auch glücklicher als mich alle gezählten und un- gezählten Freunde je machen können. Mein Wolfgang Du zählſt nicht mit unter den Freunden, lieber will ich gar keinen zählen. Den Herzog grüße, leg mich ihm zu Füßen, ſag ihm daß ich ihn nicht vergeſſen habe, auch keine Minute die ich dort mit ihm erlebt habe. — Daß er mir er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/214
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/214>, abgerufen am 29.03.2024.