Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Dich als ihren erwählten Planeten umtanzen. Der hu-
moristische Freund, der mit Dir die Umgegend recognos-
cirt, scheint wohl nur durch die Atmosphäre der heißen
Junitage dem Schlaf zu unterliegen, während er träu-
mend das anmuthige Bild deiner kleinen Person recog-
noscirt, da mag es ihm denn freilich nicht beikommen,
daß Du ihn unterdessen dahin versetzen möchtest, wo
dein heroischer Geist selber weilt.

Was Du mir von Jacobi erzählst, hat mich sehr
ergötzt, seine jugendlichen Eigenheiten spiegeln sich voll-
kommen darin; es ist eine geraume Zeit her, daß ich
mich nicht persönlich mit ihm berührt habe, die artige
Schilderung deiner Erlebnisse mit ihm auf der Seefahrt,
die dein Muthwille ausheckte, haben mir ähnliche heitere
Tage unseres Umgangs wieder zurückgerufen. Zu loben
bist Du, daß Du keiner authentischen Gewalt bedarfst,
um den Achtungswerthen ohne Vorurtheil zu huldigen.
So ist gewiß Jacobi unter allen strebenden und philo-
sophirenden Geistern der Zeit derjenige, der am wenig-
sten mit seiner Empfindung und ursprünglichen Natur
in Widerspruch gerieth, und daher sein sittliches Gefühl
unverletzt bewahrte, dem wir als Prädikat höherer Gei-
ster unsere Achtung nicht versagen möchten. Wolltest

Dich als ihren erwählten Planeten umtanzen. Der hu-
moriſtiſche Freund, der mit Dir die Umgegend recognos-
cirt, ſcheint wohl nur durch die Atmoſphäre der heißen
Junitage dem Schlaf zu unterliegen, während er träu-
mend das anmuthige Bild deiner kleinen Perſon recog-
noscirt, da mag es ihm denn freilich nicht beikommen,
daß Du ihn unterdeſſen dahin verſetzen möchteſt, wo
dein heroiſcher Geiſt ſelber weilt.

Was Du mir von Jacobi erzählſt, hat mich ſehr
ergötzt, ſeine jugendlichen Eigenheiten ſpiegeln ſich voll-
kommen darin; es iſt eine geraume Zeit her, daß ich
mich nicht perſönlich mit ihm berührt habe, die artige
Schilderung deiner Erlebniſſe mit ihm auf der Seefahrt,
die dein Muthwille ausheckte, haben mir ähnliche heitere
Tage unſeres Umgangs wieder zurückgerufen. Zu loben
biſt Du, daß Du keiner authentiſchen Gewalt bedarfſt,
um den Achtungswerthen ohne Vorurtheil zu huldigen.
So iſt gewiß Jacobi unter allen ſtrebenden und philo-
ſophirenden Geiſtern der Zeit derjenige, der am wenig-
ſten mit ſeiner Empfindung und urſprünglichen Natur
in Widerſpruch gerieth, und daher ſein ſittliches Gefühl
unverletzt bewahrte, dem wir als Prädikat höherer Gei-
ſter unſere Achtung nicht verſagen möchten. Wollteſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="88"/>
Dich als ihren erwählten Planeten umtanzen. Der hu-<lb/>
mori&#x017F;ti&#x017F;che Freund, der mit Dir die Umgegend recognos-<lb/>
cirt, &#x017F;cheint wohl nur durch die Atmo&#x017F;phäre der heißen<lb/>
Junitage dem Schlaf zu unterliegen, während er träu-<lb/>
mend das anmuthige Bild deiner kleinen Per&#x017F;on recog-<lb/>
noscirt, da mag es ihm denn freilich nicht beikommen,<lb/>
daß Du ihn unterde&#x017F;&#x017F;en dahin ver&#x017F;etzen möchte&#x017F;t, wo<lb/>
dein heroi&#x017F;cher Gei&#x017F;t &#x017F;elber weilt.</p><lb/>
          <p>Was Du mir von Jacobi erzähl&#x017F;t, hat mich &#x017F;ehr<lb/>
ergötzt, &#x017F;eine jugendlichen Eigenheiten &#x017F;piegeln &#x017F;ich voll-<lb/>
kommen darin; es i&#x017F;t eine geraume Zeit her, daß ich<lb/>
mich nicht per&#x017F;önlich mit ihm berührt habe, die artige<lb/>
Schilderung deiner Erlebni&#x017F;&#x017F;e mit ihm auf der Seefahrt,<lb/>
die dein Muthwille ausheckte, haben mir ähnliche heitere<lb/>
Tage un&#x017F;eres Umgangs wieder zurückgerufen. Zu loben<lb/>
bi&#x017F;t Du, daß Du keiner authenti&#x017F;chen Gewalt bedarf&#x017F;t,<lb/>
um den Achtungswerthen ohne Vorurtheil zu huldigen.<lb/>
So i&#x017F;t gewiß Jacobi unter allen &#x017F;trebenden und philo-<lb/>
&#x017F;ophirenden Gei&#x017F;tern der Zeit derjenige, der am wenig-<lb/>
&#x017F;ten mit &#x017F;einer Empfindung und ur&#x017F;prünglichen Natur<lb/>
in Wider&#x017F;pruch gerieth, und daher &#x017F;ein &#x017F;ittliches Gefühl<lb/>
unverletzt bewahrte, dem wir als Prädikat höherer Gei-<lb/>
&#x017F;ter un&#x017F;ere Achtung nicht ver&#x017F;agen möchten. Wollte&#x017F;t<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0098] Dich als ihren erwählten Planeten umtanzen. Der hu- moriſtiſche Freund, der mit Dir die Umgegend recognos- cirt, ſcheint wohl nur durch die Atmoſphäre der heißen Junitage dem Schlaf zu unterliegen, während er träu- mend das anmuthige Bild deiner kleinen Perſon recog- noscirt, da mag es ihm denn freilich nicht beikommen, daß Du ihn unterdeſſen dahin verſetzen möchteſt, wo dein heroiſcher Geiſt ſelber weilt. Was Du mir von Jacobi erzählſt, hat mich ſehr ergötzt, ſeine jugendlichen Eigenheiten ſpiegeln ſich voll- kommen darin; es iſt eine geraume Zeit her, daß ich mich nicht perſönlich mit ihm berührt habe, die artige Schilderung deiner Erlebniſſe mit ihm auf der Seefahrt, die dein Muthwille ausheckte, haben mir ähnliche heitere Tage unſeres Umgangs wieder zurückgerufen. Zu loben biſt Du, daß Du keiner authentiſchen Gewalt bedarfſt, um den Achtungswerthen ohne Vorurtheil zu huldigen. So iſt gewiß Jacobi unter allen ſtrebenden und philo- ſophirenden Geiſtern der Zeit derjenige, der am wenig- ſten mit ſeiner Empfindung und urſprünglichen Natur in Widerſpruch gerieth, und daher ſein ſittliches Gefühl unverletzt bewahrte, dem wir als Prädikat höherer Gei- ſter unſere Achtung nicht verſagen möchten. Wollteſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/98
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/98>, abgerufen am 16.04.2024.